Weiße Magie – mordsgünstig - Steve Hockensmith, Lisa Falco

  • Steve Hockensmith, Lisa Falco: Weiße Magie – mordsgünstig, Kriminalroman, OT: The White Magic Five and Dime, aus dem amerikanischen Englisch von Britta Mümmler, München 2015, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-21591-6, Softcover, 347 Seiten mit s/w-Abbildungen von Tarotkarten, Format: 12 x 3 x 19,2 cm, Buch: EUR 9,95 (D), EUR 10,30 (A), Kindle Edition: EUR 7,99.


    „Okay, Mom. Was stimmt jetzt? Hast du daran geglaubt oder nicht? War das ‚Weiße Magie gut & günstig’ ein Geschenk oder eine Falle? Hast du versucht, mich zu vernichten oder mir einen neuen Weg zu zeigen?“ (Seite 347)


    Alanis McLachlan, 36, arbeitet in einem Callcenter in Chicago und fällt aus allen Wolken, als sie einen Anruf von einem Rechtsanwalt bekommt. Ihre Mutter sei gestorben, verkündet der Mann, und habe ihr in Bardache, Arizona einen Esoterikladen mit dem schönen Namen „Weiße Magie gut & günstig“ hinterlassen. Das findet Alanis erstaunlicher als die Tatsache, dass sich ihre Mutter mittlerweile den Namen Athena Passalis angenommen hat – und ermordet worden ist.


    Ihr Erbe: Ein Esoterik-Laden! Echt jetzt?
    Athena, die in Wirklichkeit wahrscheinlich Barbra Harper hieß – und auch das ist nicht sicher –, war eine ausgebuffte Trickbetrügerin. Seit 20 Jahren hatten Mutter und Tochter keinen Kontakt mehr. Bis zum ihrem 16. Lebensjahr ist Alanis – in Wahrheit vermutlich Sophie Harper – mit ihrer Mom und deren wechselnden Lebens- und Geschäftspartnern mit ständig wechselnden Tricks und immer neuen Namen durch die USA gezogen. Nach einem dramatischen Vorfall haben sich ihre Wege dann für immer getrennt. Jetzt ahnt Alanis zwar, dass ihre Mutter ihr einen Haufen Ärger hinterlassen hat, fliegt aber trotzdem nach Arizona, um den Nachlass zu regeln.


    Dass die gänzlich unspirituelle Athena zuletzt als Tarotkartenlegerin gearbeitet hat, überrascht die Tochter doch ein wenig. Andererseits ... so weit weg ist das nicht von ihrer angestammten Profession. Sie musste ja nicht Karten lesen können, sondern Menschen. Und, bei Gott, das konnte sie!


    Dass ihre Mutter eine junge afroamerikanischen Studentin als Mitbewohnerin hatte, damit hat Alanis nicht gerechnet. Athena soll Clarice Stewart aus desolaten Familienverhältnissen gerettet und bei sich aufgenommen haben. Das klingt so gar nicht nach Mom! Dass sie die junge Frau angelernt, ihr Hoffnungen auf das Erbe gemacht und ansonsten im großen Stil einsame alte Leute und unbedarfte Hausfrauen abgezockt hat, das passt schon eher.


    Alanis soll verschwinden!
    Clarice ist gar nicht begeistert von Alanis’ Auftauchen. Niemand ist das. Doch das lässt die frischgebackene Erbin kalt. Selbst anonyme Drohungen können sie nicht einschüchtern. Sie wird die Beisetzung ihrer Mutter arrangieren, den ganzen Krempel hier verkaufen und, wenn möglich, ein paar von Moms übelsten Gaunereien wieder ausbügeln. So sarkastisch und ausgekocht Alanis auch wirkt, sie hat doch mehr Anstand als ihre Mutter. Und auch wenn sie nicht viel von ihr gehalten hat: Sie will, verdammt nochmal, herausfinden, wer sie so gehasst hat, dass er sie erwürgte.


    Logan, der zuständige Police Officer ist zwar recht attraktiv, überschlägt sich aber nicht gerade vor Diensteifer. Also kann die Mördersuche ein Weilchen dauern. Und solange Alanis in der Stadt ist, kann sie doch eigentlich Moms Laden wieder aufmachen, oder? Vielleicht kommt ja ein Kunde, der etwas weiß und verplappert sich. Vom Kartenlegen hat Alanis zwar keine Ahnung, aber ein Sachbuch aus Mutters Beständen – DER WEISHEIT UNERSCHÖPFLICHE WEGE – wird’s schon richten. Der Rest ist Improvisation, Menschenkenntnis und Unverfrorenheit. Gelernt ist schließlich gelernt!


    Nach und nach kommen die verschiedensten Gestalten daher, die sich von Athena Passalis Hilfe erhofft oder noch ein Hühnchen mit ihr zu rupfen haben. Jetzt soll’s die Tochter richten. Manche sind bemitleidenswerte Kreaturen, andere üble Gesellen. Bei einigen weiß man nicht so recht, in welche Kategorie sie gehören. Überhaupt ist hier kaum eine/r das, was er oder sie zu sein vorgibt. Das macht die Geschichte so interessant.


    Wer hat Athena umgebracht?
    Jeder könnte die zwielichtige Athena umgebracht haben, Motive gibt es genügend. Dem Leser ist es im Grunde egal, wer es war. Die Art, wie Alanis mit den unterschiedlichsten Menschen umgeht, besonders mit denen, die sie auszutricksen versuchen, hält einen hier bei der Stange.


    Eine Schule hat Alanis nie von innen gesehen. Ihre Bildung kommt aus dem Fernsehen und ihre Berufsausbildung von ihrer Mutter und deren Partnern erhalten. In zahlreichen Rückblicken auf Alanis’ Jugendzeit wird uns klar, wie sie so geworden ist, wie sie jetzt ist. Mich hat sie gleich an mehrere literarische Figuren erinnert: Sie erzählt die ungeheuerlichsten Vorfälle so ironisch und lakonisch wie Ben Aaronovitchs Zauberlehrling Peter Grant in DIE FLÜSSE VON LONDON, sie ist so abgebrüht und auf sich allein gestellt wie Addie in Joe David Browns Roman DIE GESCHICHTE VON ADDIE UND LONG BOY, der 1973 unter dem Titel PAPER MOON verfilmt wurde, und sie ist so entwurzelt und desillusioniert wie Charlaine Harris’ Heldin Harper Connelly in GRABESSTIMMEN.


    Kartenlegen für Anfänger
    Man muss weder etwas von Tarotkarten verstehen noch daran glauben, um sich bei diesem Roman gut zu unterhalten. Alles, was wir wissen müssen, lernen wir zusammen mit Alanis aus dem Buch ihrer Mutter. Und das enthält nicht etwa wolkiges Eso-Geschwurbel, sondern kommt ohne viel Federlesens zur Sache. So wird uns beispielsweise die Karte des Magiers erklärt:
    „Er wird Magier genannt“, sagst du, „aber was zum Teufel macht er denn? Wo ist das Kaninchen, das er aus dem Hut zaubert? Wo ist die MAGIE?“ Na hör mal, nur weil du sie nicht sehen kannst, heißt das noch lange nicht, dass es sie nicht gibt. Umgeben dich in diesem Augenblick etwa keine Kräfte, die dich beeinflussen und dich vielleicht sogar kontrollieren, die DU aber trotzdem nicht sehen kannst? Eben! (Seite 27)


    Jedem Kapitel ist die Abbildung einer Tarotkarte zusammen mit einer solchen Erklärung vorangestellt. Und es empfiehlt sich, sie mitzulesen. Nicht nur, weil die Texte zum Piepen sind, sondern weil sie in verklausulierter Form einen Ausblick geben auf das, was in dem Kapitel passieren wird. Nicht, dass hier irgendetwas vorhersehbar wäre.


    Natürlich ist die Story meilenweit von der Realität entfernt. Aber sie ist witzig, schräg und unterhaltsam. Okay: Die Krimihandlung selbst ist jetzt keine Offenbarung. Wie man hört, soll WEISSE MAGIE – MORDSGÜNSTIG der Auftakt zu einer Serie sein. Es wäre in der Tat interessant zu sehen, wie sich die Figuren und ihre Geschichte entwickeln.


    Die Autoren
    Steve Hockensmith, geboren 1968 in Kentucky, hat als Journalist gearbeitet, bevor er sich ganz auf das Schreiben von Büchern verlegt hat. Er lebt mit seiner Familie in Kalifornien.
    Lisa Falco lebt in Los Angeles. Sie hat dafür gesorgt, dass mit den Tarotkarten und ihrer Auslegung in diesem Buch alles seine Richtigkeit hat.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Taschenbuch: 352 Seiten
    Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. Juni 2015)
    Originaltitel: The White Magic Five and Dime


    Klappentext:
    Als Alanis McLachlan erfährt, dass ihre Mutter ermordet wurde, hat sie sie seit 20 Jahren nicht mehr gesehen. Ihr seltsames Erbe: ein kleiner Laden für okkulten Bedarf in Arizona. Das lässt nichts Gutes vermuten – denn Alanis‘ Mutter war eine Trickbetrügerin mit zweifelhafter Karriere. Offenbar war ihre neueste Masche das Tarotkartenlegen. Wurde sie von einem betrogenen Kunden umgebracht?
    Alanis beschließt, ihr Erbe anzutreten, und übernimmt mit Hilfe eines Tarot-Handbuchs das Kartenlegen selbst. In der Hoffnung, dass der Mörder an den Schauplatz seiner Tat zurückkehrt ...


    Der Autor:
    Steve Hockensmith, geboren 1968 in Kentucky, hat als Journalist gearbeitet, bevor er sich ganz auf das Schreiben von Büchern verlegt hat. Er lebt mit seiner Familie in Kalifornien.


    Meine Meinung:
    Es ist zwanzig Jahre her, seitdem Alanis ihre Mutter gesehen hat. Nun bekommt sie eine erschütternde Nachricht: Sie wurde umgebracht, der Mörder ist noch nicht gefasst, und ihre Mutter hat ihr einen okkulten Laden in Berdache, Arizona, hinterlassen. Ein Geschäft im Nirgendwo, das der Trickbetrügerin gehörte und mit dem sie viel Geld verdiente.
    Alanis macht sich auf den Weg, wohlwissend, dass alte Wunden aufreißen, denn die Vergangenheit und das Verhältnis zu ihrer toten Mutter Athena, die eigentlich Barbra hieß, war eines, was man keinem Kind wünscht. In Rückblenden verfolgt man, was für eine Kindheit und Jugendzeit Alanis erlebt und was sie geprägt hat.
    Trotz allem ist sie wild entschlossen, den Mörder zu finden. Und so lernt sie das Kartenlegen, geht jedem noch so kleinem Hinweis nach und bekommt unerwartet Hilfe von dem gutaussehendem Cop Josh Logan.
    Wird Alanis das Rätsel lösen? Sind die Tarotkarten dabei eine Hilfe?


    "Weiße Magie - mordsgünstig" ist kein typischer Kriminalroman. In denen findet man meistens einen abgehalfterten Cop, der den Mörder einer entstellten Leiche sucht. Dabei versucht er, seine eigenen Probleme zu lösen. Nun gut, Alanis geht in der Geschichte auch in sich, trotzdem ist sie eine ganz andere. Es ist heiß, die Karten sind nicht willig und der Tod der Mutter scheint nicht viele Leute zu stören.


    Alanis ist sarkastisch, hat schwarzen Humor, so manche Tricks drauf und weiß sich durchzusetzen. Mit den Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend formt sich das Bild einer Frau, die es nie einfach hatte, die unter der Mutter litt und plötzlich wird der Zynismus, den sie ausstrahlt, nachvollziehbar. Mir war sie gleich sympathisch. Hart und doch zart zugleich.
    Die Mördersuche geht eher ruhig vonstatten, und vor allem: humorvoll. Wer bei dem Buch nicht einmal schmunzeln oder grinsen muss, der tut's wohl von jeher im Keller.
    Herrliche Dialoge, Gedanken und Anspielungen! Ein Krimi mit viel Spaß, auch wenn es um so etwas Ernstes wie einen Mord geht. Die Balance gelingt dem Autor richtig gut.
    Thema Tarotkarten: Die sind ja bei vielen Menschen beliebt und von anderen werden sie belächelt. Fakt ist, so wie Alanis sagt, dass man aus jeder Karte etwas für sich herauslesen kann, wenn man möchte, und so tut sie das auch. Irgendwann. Man kann schließlich auch mit den Karten helfen, anstatt jemanden damit auszunehmen.
    Hier gibt es auch Einblicke ins Trickbetrüger-Leben. Wie die Falschspieler vorgehen und was sie sich ausdenken, ist sagenhaft. Meister ihres Faches, ohne Rücksicht auf Verluste.


    Abschließend bleibt mir zu sagen, dass die Geschichte andersartig ist, ruhig erzählt, ohne Eile, sich aber die ganze Zeit mit der Suche des geheimnisvollen Mörders beschäftigt und mit Alanis, die immer mehr über Athena herausfindet und auch über sich selbst.
    Die Nebenfiguren wurden vom Autor wunderbar ausgearbeitet, ich musste oft schmunzeln, denn in Arizona scheint es ganz besondere Charaktere zu geben.
    Manchmal hätte ich mir durchaus etwas Action gewünscht, aber das Leben vor Ort scheint nicht dafür ausgelegt zu sein. Auch langsam kommt man zum Ziel.


    Das Buch ist mit den abgebildeten Tarotkarten passend gestaltet, das Cover ein Blickfang schlechthin. Selten habe ich ein so schönes Cover gesehen.


    Für Krimifans, die mal etwas Neues in dem Genre lesen wollen, ist "Weiße Magie - mordsgünstig" auf jeden Fall etwas.


    8 Punkte.

  • Titel: Weiße Magie – mordsgünstig
    OT: The White Magic Five And Dime
    Autor: Steve Hockensmith
    Übersetzt aus dem Englischen von: Britta Mümmler
    Verlag: DTVErschienen: Juni 2015
    Seitenzahl: 347
    ISBN-10: 3423215917
    ISBN-13: 978-3423215916
    Preis: 9.95 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Als Alanis McLachlan erfährt, dass ihre Mutter ermordet wurde, hat sie sie seit 20 Jahren nicht mehr gesehen. Ihr seltsames Erbe: ein kleiner Laden für okkulten Bedarf in Arizona. Das lässt nichts Gutes vermuten - denn Alanis' Mutter war eine Trickbetrügerin mit zweifelhafter Karriere. Offenbar war ihre neueste Masche das Tarotkartenlegen. Wurde sie von einem betrogenen Kunden umgebracht? Alanis beschließt, ihr Erbe anzutreten, und übernimmt mit Hilfe eines Tarot-Handbuchs das Kartenlegen selbst. In der Hoffnung, dass der Mörder an den Schauplatz seiner Tat zurückkehrt ...


    Der Autor:
    Steve Hockensmith , geboren 1968 in Kentucky, hat als Journalist gearbeitet, bevor er sich ganz auf das Schreiben von Büchern verlegt hat. Er lebt mit seiner Familie in Kalifornien.


    Meine Meinung:Ein Kriminalroman der es schafft seine Leser sehr ordentlich und angenehm zu unterhalten. Sicher nicht das ultimative Krimihighlight – aber nichtsdestotrotz gute Krimiunterhaltung. Als Leser erfährt man so einige interessante Dinge über das Legen von Tarotkarten. Sicher ahnt man relativ schnell wohin der Hase läuft, aber das mindert das Lesevergnügen allenfalls marginal. Man könnte meinen, das Motto des Krimis lautet: Die Welt will betrogen sein.
    Der Autor erzählt launig und schreibt mit „lockerer Hand“. Der Stil ist flüssig und sehr angenehm zu lesen.
    Angenehme und solide Krimiunterhaltung. 7 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.