Die 16-jährige Jessica kommt bei einem Autounfall ums Leben. Tragisch für sie und ihre Familie, Glück für Misty, Samuel, Vivian und Leif, denn sie alle vier sind auf Spenderorgane angewiesen, um weiter zu leben.
"Er betete für ein Wunder, aber er würde nicht dafür beten, dass jemand starb, um ihn zu retten. Wie konnte er ein langes Leben mehr verdient haben als jemand anders?"
Am Anfang benutzt Amber Kizer von allem zu viel. Die Beschreibung von Jessicas Leben ist etwas überladen von Drama und Kitsch, so dass ich wirklich unsicher war, ob mir das Buch wohl gefallen wird. Doch nach Jessicas Tod zeigt entfaltete die Autorin ihr wahres Können und fesselte mich so sehr an den Roman, der von einem nicht nur emotional belasteten, sondern auch ethnisch schwierigen Thema berichtet, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte und innerhalb weniger Stunden durchlas.
"Es ist wirklich erstaunlich, wie Zeit an Bedeutung verliert, wenn es in einem riesigen Meer aus Schmerz nur eine einzige gute Sache gibt."
Mit viel Gefühl und sensiblen Antennen geht sie auf die Probleme ihrer Figuren ein. Sowohl Samuel, als auch Vivian haben nicht nur mit der Krankheit an sich zu kämpfen, sondern auch deren Auswirkung auf ihr Sozialleben. Mistys Eltern sind arm, wissen nicht wie sie die Arzt Rechnungen bezahlen sollen, weshalb Misty permanent Schuldgefühle mit sich herum trägt. Leif war vor seinem Unfall ein erfolgreicher Sportler, ist diesen Weg jedoch nicht selbstständig gegangen, sondern von seinen sehr ehrgeizigen Eltern dazu getrieben worden. Vier Jugendliche, die auf den ersten Blick sehr unterschiedlich wirken und doch von etwas verbunden werden: Jessica.
"Sie schaut nicht nach vorne, weil es zu sehr weh tut."
Amber Kizer hat mich sehr berührt mit ihrem tiefgründigen Blick auf das Thema Organspende, auf das sie sich wie es scheint , sehr gut vorbereitet hat. Deutlich wird, wie schwer ein Leben mit Spenderorgan ist. Wie sehr die Patienten einen Spagat vollbringen müssen, zwischen dem Wunsch weiter zu leben und auch einem gewissen Schuldgefühl, dass sie ihr Leben auf dem Tod eines anderen aufbauen. Eine Schuld, die niemand von außen so sieht, die sich aber sicherlich einige auflasten. Leben und sterben liegen so dicht zusammen. Vor allem dann, wenn man an so schweren Erkrankungen leidet wie die Protagonisten in "Mein Leben für deins". Die kaum Zeit haben ein normales Teenagerleben zu führen, die mit Angst leben und wissen, dass es auch mit Spenderorgan noch schwierig ist, denn der Körper kann sich dagegen wehren.
" 'Ganz egal, was passiert, an diesem Tag werden wir Jessica von all dem Mehr in unserem Leben berichten. [...]'
'Mehr Atemzüge.'
'Mehr Geburtstage', fügte Sam hinzu.
Leif lächelte. 'Mehr Küsse.'
'Mehr Gekicher.'
[...]"
Wer jetzt glaubt, dass "Mein Leben für deins" aufgrund der Thematik nicht nur sehr bewegend, sondern auch sehr drückend ist, der hat sich geirrt. Ich habe ganz sicher einige Tränchen verdrückt, aber dank Amber Kizers Geschick das Thema in eine wirklich gute Story zu verpassen, war das Lesen des Romans auch ein Vergnügen. Denn die Jugendlichen im Roman zeigen, dass sie all ihre Stärke auffahren und ihren Erkrankungen trotzen können, dass sie durchaus in der Lage sind, sich zwischen all den Krankenhaus besuchen ein Teenagerleben zu ergaunern, sich zu verlieben und Zukunftspläne zu schmieden. Und so ist "Mein Leben für deins" nicht nur ein Roman, der berührt und traurig macht, sondern vor allem einer, der Hoffnung weckt, der Mut macht und Freude bringt.