Lucky Newman - Carl Nixon

  • Gebundene Ausgabe: 280 Seiten
    Verlag: Weidle (9. März 2015)
    ISBN-10: 3938803711
    ISBN-13: 978-3938803714
    Originaltitel: The Virgin and the Whale
    Preis Gebundene Ausgabe: Euro 23.00
    Preis Kindle E-Book: Euro 14.99


    Autor


    Carl Nixon wurde 1967 in Christchurch geboren. Neben Romanen schreibt er Theaterstücke und Erzählungen. Auf deutsch erschienen im Weidle Verlag ROCKING HORSE ROAD (2012) und SETTLERS CREEK (2013), übersetzt von Stefan Weidle.


    Kurzbeschreibung/Klappentext


    Der dritte Roman von Carl Nixon führt weit in der Zeit zurück: zu einem Maimorgen im Jahr 1919, an dem die Krankenschwester Elizabeth Whitman auf dem Weg zu ihrer Arbeit ist. Ein Wagen hält neben ihr, und der Fahrer überreicht ihr einen Brief, der ihr Leben verändern wird. Zu der Zeit wohnt sie mit ihrem 4jährigen Sohn Jack äußerst beengt bei ihren Eltern; Jacks Vater, den sie während des Kriegs in London geheiratet hat, wird seit zwei Jahren vermißt. Der Brief enthält das Angebot, einen sehr wohlhabenden Mann zu pflegen, der mit einer Kopfverletzung aus dem Krieg zurückgekehrt ist; sie zögert lange, als sie erkennt, um welche Verletzung es sich handelt: Paul Blackwell hat sein Gedächtnis verloren, weiß nicht, wer oder wo er ist. Langsam, ganz langsam gewinnt sie sein Vertrauen, vor allem dadurch, daß sie ihm Geschichten erzählt. Und sie erzählt ihrem Sohn eine Geschichte, ein Märchen besser: Der Ballonfahrer. Es handelt von einem Mann, der in exotischen Ländern wilde Abenteuer erlebt – und der nicht wiederkehren wird. Durch die Kraft der Erzählung soll ihr Sohn den Verlust vermittelt bekommen, vielleicht ist das für ihn leichter zu ertragen als die harten Fakten. Der Roman zeigt, was Geschichten vermögen, und beginnt mit derjenigen eines alten Mannes, der Carl Nixon bittet, seine Geschichte aufzuschreiben, beziehungsweise die seiner Eltern: Elizabeth Whitman und Lucky Newman.


    Meine Meinung


    Das schöne Cover und der verführerische Klappentext haben mich zum Kauf dieses Buches bewogen. Zur Abwechslung mal ein Roman von einem Kleinverlag. Der stattliche Preis für die 280 Seiten hat mich nicht abgeschreckt, zu neugierig war ich auf den vielversprechenden Inhalt. Der Schriftsteller Carl Nixon erzählt in diesem Buch die Geschichte der Krankenschwester Elizabeth Whitman die in der neuseeländischen Kleinstadt Mansfield wohnt und ihren Dienst verrichtet. Im Jahre 1919 kümmert sie sich Hauptsächlich um die Versehrten des 1. Weltkrieges die von der Front eine halbe Weltreise um die Erdkugel zurück in ihre Heimat durften und dort (weiter-) behandelt werden. Elizabeth war während dem Krieg selbst in Europa und hat sich dort im Lazarett um Verletzte gekümmert. Da hat sie den Soldaten Jonathan kennengelernt den sie im Militärspital gepflegt und sich prompt in ihn verliebt hat. Die beiden haben noch in Europa während der Kriegswirren geheiratet. Jonathan wurde nach seiner Genesung wieder auf das Schlachtfeld beordert und gilt seit einem Manövereinsatz seit Monaten als vermisst. Elizabeth kehrt nach bangen Wochen des Wartens schliesslich nach Neuseeland zurück. Im Bauch ein Vermächtnis ihres verschollen Gatten ... ihr Sohn Jack wird geboren.


    Elizabeth lebt mit Jack und ihren Eltern in einfachen Verhältnissen und so kommt ein finanziell lukratives Angebot der reichen Mrs. Blackwell gerade recht. Elizabeth soll sich ausschliesslich um Paul Blackwell kümmern der auch im Krieg war und dort bei einem schrecklichen Feuergefecht eine Kopfverletzung erlitten und sein Gedächtnis verloren hat. Seit er wieder in seinem Haus und seiner Frau ist verhält er sich aggressiv und renitent. Elizabeth gelingt es tatsächlich Pauls harte Schale aufzubrechen und langsam zu seinem neuen Ich bzw. seiner Persönlichkeit vorzudringen. Das Erzählen erfundener Geschichten aber auch das gegenseitige Auseinandersetzen mit der Wahrheit spielen in diesem Prozess um Vertrauensgewinn und Umgang mit der Vergangenheit und der Zukunft eine wichtige Rolle.


    Stilistisch und inhaltlich ist dieses Buch höchst ungewöhnlich und dieses atypische Schreiben und Gliedern des Textes dürfte die Leserschaft in ihrer Meinung spalten. So wendet sich der Autor Carl Nixon mehrfach an den Leser und spricht ihn direkt an. Wieso, warum, weshalb er dies so erzählt, es aber auch anders möglich gewesen wäre. Zudem kommt es mir vor, als hätte der Verlag hier nicht die Endfassung gedruckt sondern ein Mittelding in dem die Geschichten irgendwo zwischen Rohfassung und finalem Endprodukt liegen. Ich bin zwar nur ein einfacher Leser aber ich bin der Meinung, hier hätte man noch einiges feilen und schleifen können bis die Geschmeidigkeit eines handelsüblichen Romans erreicht wird. Aber vielleicht macht auch genau der Mut zur Unperfektion den Charme dieser Geschichten aus. Perfektion hat definitiv ihre Reize, kann aber ein stückweit langweilig sein. Die welligen Unebenheiten, die erzählerischen Dornen die über den Rand herausragen, vielleicht gar literarische Holperer die man hätte ausmerzen können machen dieses Buch für mich zu etwas ganz Besonderem. Es ist anders als gewohnt aber gut.


    Warum in diesem Buch ein Ballonfahrer, ein majestätischer Tiger und schlussendlich sogar ein riesiger Blauwal und eine Mondjungfrau eine Rolle spielen müsst ihr selbst herausfinden. Mir jedenfalls hat das Lesen dieses ungewöhnlichen Romans enorm viel Spass bereitet, es hat mir sehr gut gefallen und mich berührt. Vielleicht auch weil es endet wie es eben endet. Ich werde deshalb großzügig über kleinere Makel hinwegsehen und satte 9 Eulenpunkte vergeben.

  • Lucky Newman - Carl Nixon


    Verlag: Weidle , 2015


    Originaltitel: The Virgin and the Whale
    Aus dem Englischen von Stefan Weidle und Ruth Keen


    Kurzbeschreibung:
    Carl Nixons neuer Roman "Lucky Newman" ist Liebesgeschichte, Kriegsgeschichte und literarisches Spiel in einem.


    Über den Autor:
    Carl Nixon, geboren 1967 in Christchurch, ist ein neuseeländischer Autor von Romanen, Kurzgeschichten und Dramen. Er adaptierte Lloyd Jones' Roman "The Book of Fame" und J. M. Coetzees "Schande" für das Theater. Er gewann mit seinen Werken viele Preise, darunter den Katherine Mansfield Short Story Contest. 2007 war Nixon der Ursula Bethell/Creative New Zealand Writer in Residence an der University of Canterbury. Dort vollendete er seinen ersten Roman "Rocking Horse Road". Darüber hinaus schrieb er zahlreiche Theaterstücke für Kinder.


    Über die Übersetzer:
    Seit 20 Jahren führt Stefan Weidle den Bonner Weidle Verlag, der sich mit Exilliteratur und internationaler Belletristik einen Namen machte.
    Ruth Keen, Literaturübersetzerin, Sinologin und Journalistin. Ihr wurde der C.H. Beck-Übersetzerpreis in der Kategorie Sachbuch verliehen.


    Mein Eindruck:
    Schon der erste Roman Rocking Horse Road war überaus beeindruckend. Zeit diesen neuseeländischen Autor einmal wieder zu lesen.

    Die Handlung von “Lucky Newman” ist ab 1919 angesiedelt und spricht von den Folgen des ersten Weltkriegs.


    Da es schon eine ausführliche Rezension zu dem Roman gibt, werde ich mich kurz halten.


    Ich möchte nur sagen, dass mir das Buch außerordentlich gut gefallen hat. Das liegt zum großen Teil an der verschachtelten, originellen Erzählweise, die spielerisch, aber sehr überlegt gestaltet ist. Es liegt auch an den Figuren, besonders die toughe Krankenschwester Elizabeth.
    Dazu gibt es noch eine wichtige Geschichte in der Geschichte: Sie heißt “Der Ballonfahrer“. Eine dramatische und faszinierende Abenteuergeschichte, die Elizabeth ihren kleinen Sohn Jack erzählt und die eine wichtige Komponente des Romans bildet.


    Der Roman besitzt Leichtigkeit, aber nichts geschieht zufällig. Carl Nixon hat sein Buch meisterhaft komponiert!

  • Carl Nixon erzählt von einem Autor, der den Auftrag erhält, die Geschichte von drei Personen niederzuschreiben, die auf unterschiedliche Art vom Grauen des Ersten Weltkriegs betroffen sind.


    Die australische Krankenschwester Elizabeth ernährt 1920 und in den folgenden Jahren sich und ihren kleinen Sohn Jack; denn ihr Mann ist im Krieg vermisst und sein Schicksal bisher ungeklärt. Lucky Newman ist ihr Patient, der an den körperlichen Folgen einer schweren Kopfverletzung leidet und zugleich an der Traumatisierung im Schützengraben. Der vierjährige Jack würde sicherlich wissen wollen, ob sein Vater evtl. irgendwo verwundet oder gefangen genommen wurde und er vielleicht doch noch auf dessen Rückkehr hoffen kann. Elizabeths und Jacks gemeinsame Sprache bildet die Geschichte vom Ballonfahrer, die die Mutter ihrem kleinen Sohn in Fortsetzungen erzählt.


    Die Ereignisse haben auf mich streckenweise grotesk gewirkt durch die Hilflosigkeit, mit der Laien und Mediziner in ihrer für die damalige Zeit typischen Ahnungslosigkeit über Posttraumatische Belastungsstörungen mit Luckys Kriegstrauma umgehen. Elizabeth scheint die einzig vernünftige Person weit und breit zu sein, die Lucky als Mensch wahrnimmt, egal, ob er nun an den Folgen einer Kopfverletzung leidet, an einer psychischen Krankheit oder an beidem. Der deutsche Text wirkt teils holprig. Möglich, dass er es im Vergleich zum Original ist, ebenso möglich, dass diese Wirkung zusammen mit der Rahmenhandlung des Auftragsschreibers vom Autor so beabsichtigt ist. Ein inhaltlich ungewöhnliches Buch, auch äußerlich beeindruckend mit seinem illustrierten Buchdeckel.


    9 von 10 Punkten