Marie war Rocksängerin. Jetzt ist sie durch einen Schlaganfall an einen Rollstuhl gefesselt und mürrischer denn je. Die Nachbarn haben nichts zu lachen, wenn die gerade mal 42-jährige, einstige Karrierefrau, mit Kommentaren um sich schießt. Was diese so treiben, weiß sie ganz genau, denn wie Hitchocks Mann am Fenster, sitzt sie auf ihrem Beobachtungsposten und schaut in fremde Fenster. Kein Wunder, dass sie die erste ist, die mitbekommt, wie in der Nachbarschaft eingebrochen wird. Dass ihr ausgerechnet ein türkische Bodybuilder zur Seite steht, in Begleitung von zwei rumänischen Waisenkindern, das hätte Marie nicht gedacht. Und doch hat sie sich schon lange nicht mehr so gut gefühlt.
Ich habe Gaby Köster als Komikerin immer sehr gemocht. Ihr loses Mundwerk und ihre taffe, vorwitzige Art, haben mich immer sehr zum Lachen gebracht. Umso schockierter war ich, als ich von ihrem Schlaganfall hörte. Eine Krankheit, die einen heimtückisch überfällt und nur von denen besiegt werden kann, die wirklich harte Kämpfer sind. Gaby Köster ist so eine Kämpferin. Sie hat sich nicht unterkriegen lassen, ist wieder auf die Bühne gestiegen, hat ihren Beeinträchtigungen getrotzt, einen Roman geschrieben und diesen sogar selbst als Hörbuch eingelesen. Dafür verdient sie vollsten Respekt und Hochachtung.
In "Die Chefin" spiegelt sich ein wenig ihr eigenes Schicksal wieder. Doch anders als die Autorin selbst, lässt Protagonistin Marie sich hängen und hadert so sehr mit ihrem eigenen Leben, dass sie zur unausstehlichsten Person wird, mit denen ihre Nachbarn zu tun haben. Doch irgendwie öffnet sich irgendwo immer eine Tür, so auch für Marie.
Im Roman findet sich ganz viel Gaby Köster wieder, so dass Freunde ihres Humors definitiv auf ihre Kosten kommen. Ein paar der Sprüche, die wir zu hören bekommen, haben sicher schon einen Bart, aber Köster bleibt sich in ihrer Art treu und das finde ich gut so. Was die Handlung angeht, dachte ich zunächst auf eine ebenfalls schon etwas abgehalfterte Geschichte zu stoßen, doch dem ist nicht so. Mehr und mehr nimmt der Roman, der eine Mischung aus Road Trip und Gaunerkomödie, mit einer sättigenden Prise Herz ist, an Fahrt auf. Gaby Köster nimmt Leser und Hörer mit in Maries Leben und bereitet ihnen dabei jede Menge Freude.
Ich finde es bewundernswert, dass Gaby Köster ihren Roman selbst liest. Die Spuren des Schlaganfalls sind ihr noch deutlich anzuhören und hier und da kommt der Fluss der Geschichte dadurch an einigen Stellen zum Stocken. Dennoch habe ich ihr gerne zugehört und mich bei jedem Satz gefreut, dass sie und ihr toller Humor wieder zurück in der Öffentlichkeit sind. Ein Humor, der sich nicht unterkriegen lässt und jede Menge Lebensmut vermittelt. Toll!!