Alle da! Unser kunterbuntes Leben – Anja Tuckermann/Tine Schulz (ab ca 5 J.)

  • Alle da ist ein Bilderbuch, so ‚kunterbunt‘ wie der Untertitel schon sagt. Es geht um Vielfalt hierzulande, um die vielen Menschen aus anderen Ländern, die in Deutschland leben.
    Tuckermann erzählt, wieso es so viele unterschiedliche Menschen gibt, was Menschen gemeinsam haben, was sie verbindet. Sie erzählt von Armut, Flucht, Vertreibung, von verschiedenen Sprachen. Von Vorurteilen und wie sie entstehen.
    Die einzelnen Themen werden auf Doppelseiten präsentiert, knallig bunt und mit viel, viel Witz gezeichnet.
    Tatsächlich sind die Zeichnungen von Tine Schulz die Stärke dieses Bilderbuchs. Die herumtollenden Kinder, die Grimassen, die sie schneiden, wie sie lachen, weinen, sich prügeln und sich wieder gernhaben. Natürlich kommen auch Katzen vor.
    Was im Text steht, wird zum größten Teil in Bilder umgesetzt, sie erweitern den Text in manchen Fällen ein wenig, gehen aber letztlich nicht über ihn hinaus.


    Das hat seinen Grund, der Text ist nämlich äußerst belehrend. Das hat den Vorteil, daß er eine Menge Informationen ungeschminkt übermitteln kann. Die Informationen sind aufschlußreich und wichtig. Man erfährt, wie viele Sprachen Kinder aus anderen Ländern tatsächlich sprechen, zum Deutschen dazu. Warum Menschen ihre Heimat verlassen. Man hört fremde Namen, Wörter in fremden Sprachen oder auch nur Lautäußerungen. Das macht viel Spaß, etwa wenn man mitliest, wie auf japanisch oder kurdisch geniest wird, wie man auf griechisch oder französisch ‚Au‘ sagt und ob man auf arabisch beim ‚Ja‘ sagen nickt oder nicht.


    Eine Doppelseite ist gefüllt mit kleinen Bildern zu verschiedenen Festen, vom indischen Holi bis zum jüdischen Chanukka. Manche Seiten ähneln Wimmelbildern, etwas großflächiger, aber voller Lebendigkeit und strahlend vor Farben. Vor allem sind überall Kinder, im Stuhlkreis, auf der Wiese, sie toben, lachen, spielen, spielen, spielen. Gemeinsam.


    Kinder allein werden mit dem Buch nur beim Anschauen ihren Spaß haben. Zum Selberlesen ist es für sie nicht geeignet. Die Texte sind in einer Art handgeschriebener Druckschrift wiedergegeben, für die man viel Übung braucht, um sie zu entziffern. Das gilt besonders, wenn es um fremde Vornamen, Grußformeln und Bezeichnung von Festen geht. Konnichiwa, Weihnachten, Purim, Salam, Xing, Nouruz, Good Morning, Andrzej, Dilara. Das ist eine beträchtliche Herausforderung.
    Das Buch ist eher zum Vorlesen und Anschauen mit Erwachsenen gedacht. Dabei kann es allerdings passieren, daß die Kleinen streiken, weil die pädagogische Absicht dahinter zu deutlich ist. Am besten serviert man das Ganze in kleinen Portionen oder läßt Kinder blättern, liest vor, worauf sie deuten und bricht ab, wenn sie das Interesse verlieren.


    Insgesamt einfach zu gut gemeint und in der Frage der Zielgruppe nicht ganz entschieden. Was die Grundinformationen angeht, täte es vielen Erwachsenen gut, sich das einmal anzuschauen. Was Kinder betrifft, so wäre ein Buch, in dem die Kinder im Buch etwas zusammen erleben, und zwar ohne daß unaufhörlich auf ihre Herkunft hingewiesen wird, besser angebracht.


    Wer sich das Buch anschauen will, kann es broschiert bei der Bundeszentrale für politische Bildung zu einem günstigen Preis erwerben. Allein die putzigen Bilder sind das schon wert.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus