Kurzbeschreibung (Klappentext)
Jesse Berg ist ein erfolgreicher Kinderarzt. Frisch geschieden, kümmert er sich liebevoll um seine kleine Tochter Isa. Über seine Vergangenheit spricht er nicht. Bis plötzlich seine Exfrau ermordet und seine Tochter entführt wird. Der Täter hinterlässt für Berg eine Nachricht: Sie gehört dir nicht. Du musst sie vergessen. Berg ist klar, dass er selbst das Ziel des Anschlags ist. Eine langvergessene Schuld drängt ans Licht. Um Isa zu finden, muss er das tun, was er nie wollte: zurück in seine Vergangenheit. Zurück ins Heim. Dort hat er gelernt, sich zu wehren, und dort wäre er beinahe getötet worden. Berg nimmt die Kampfansage an. Denn für Isa würde er alles tun. Auch ein zweites Mal durch die Hölle gehen.[...]
Autor (Quelle: amazon)
Marc Raabe wurde 1968 in Köln geboren. Mit 15 Jahren entdeckte er seine Leidenschaft fürs Geschichtenerzählen und begann mit einem Freund Filme zu drehen. Drei Jahre später entstand daraus eine Produktionsfirma für Industriefilme, Musikvideos und Fernsehen.
Zusätzlich studierte er Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften sowie Germanistik, beendete jedoch das Studium vorzeitig, um sich ganz seiner Firma zu widmen. Heute ist er Gesellschafter und Geschäftsführer einer Fernsehproduktion und lebt mit seiner Familie in Köln.
Allgemeines
Erschienen am 8.Juni 2015 im Ullstein Verlag als Taschenbuch mit 432 Seiten
Aufbau: Prolog (1981) - Hauptteil mit 63 Kapiteln (2013 / 1979-1981) - Epilog (2013)
Erzählung in der dritten Person, meist aus der Perspektive des Protagonisten
Handlungsorte: Berlin, Garmisch-Partenkirchen, Ehrwald (Österreich)
Zum Inhalt
Im Mittelpunkt des Romans steht Jesse Berg, ein Berliner Kinderarzt Mitte Vierzig, der vor kurzem geschieden wurde, sich aber trotzdem intensiv um seine achtjährige Tochter Isa(bella) kümmert. Im Januar 2013 wird seine Tochter Isa entführt, seine Exfrau Sandra wird ermordet. Statt einer Lösegeldforderung wird Jesse mitgeteilt, er solle Isa für immer vergessen, denn er verdiene sie nicht.
Jesse vermutet gleich, dass der Mord an Sandra und die Entführung seiner Tochter ihr Motiv in seiner Vergangenheit haben müssen, als er und seine spätere Frau im Kinderheim Adlerhof in Bayern aufwuchsen. Sein größtes Problem besteht darin, dass er sich seit einem schweren Unfall im Alter von 13 Jahren nicht mehr an seine frühe Kindheit erinnern kann. Gemeinsam mit Jule, einer Freundin seiner Frau, die ihm misstraut, fährt er nach Garmisch, um im Adlerhof die Geheimnisse seiner Kindheit zu entschlüsseln und Isa zu finden.
Ein weiterer Protagonist ist Artur Messner, der ehemalige Heimleiter, der die Leitung inzwischen an seinen Sohn Richard übergeben hat, aber noch im Adlerhof lebt. Auch Artur wird bedroht. Als ihm die abgehackte Hand eines Jugendfreundes zugeschickt wird, begreift er, dass er noch eine "Rechnung" aus der Vergangenheit zu begleichen hat...
Beurteilung
Nach einem etwas schleppenden Beginn steigt die Spannungskurve schnell an. Die Handlung wird nicht chronologisch erzählt, sondern in einander abwechselnden Kapiteln aus der Gegenwart (Januar 2013) und der Kindheit des Protagonisten im Kinderheim (1979 - 1981). Durch diesen Wechsel der Zeitebenen und die kleinen Cliffhanger am Ende der Kapitel wird beim Leser der Wunsch zum möglichst pausenlosen Weiterlesen geweckt. Die in der Gegenwart spielenden Kapitel präsentieren eine gewöhnliche Krimihandlung mit Mord(en) und Entführung, der Erzählstrang aus der Vergangenheit ist noch fesselnder, denn hier geht es um das soziale Gefüge und die Hierarchie in der relativ kleinen und abgeschotteten Gesellschaft pubertierender Jugendlicher in einem Kinderheim.
Das Gesamtkonstrukt der Handlung ist in dieser Form nicht realistisch und würde kritischem Hinterfragen nicht in allen Punkten standhalten, dennoch ist diese Handlung geschickt konstruiert, da sie den Leser mehrfach auf Irrwege führt und zum Ende hin zu überraschen vermag.
Was die Charakterisierung der Romanfiguren betrifft, so ist vor allem die Darstellung der um einen Platz in der heim-internen Hackordnung ringenden Jungen gelungen. Auch die Figur des ehemaligen Heimleiters Artur ist mit seiner realitätsnahen Mischung aus guten und schlechten Eigenschaften beeindruckend. Sympathieträgerin des Krimis ist für mich die kleine Isa!
Der Erzählstil ist flüssig und vermittelt - vor allem in der zweiten Hälfte - viel Spannung.
Fazit
Vom Handlungsaufbau her ziemlich "konstruiert", bietet "Heimweh" flüssige und spannende Unterhaltung. Besonders Freunde von auf verschiedenen Zeitebenen spielenden Krimis/Thrillern kommen hier auf ihre Kosten.
8 Punkte