Chevy Stevens: That Night. Schuldig für immer

  • Chevy Stevens: That Night. Schuldig für immer
    FISCHER Taschenbuch 2015. 464 Seiten
    ISBN-13: 978-3596030330. 9,99€
    Originaltitel: That Night
    Übersetzerin: Maria Poets


    Verlagstext
    Als die rebellische Toni achtzehn Jahre alt ist, wird ihre jüngere Schwester Nicole am See ermordet. Man verurteilt Toni und ihren Freund Ryan dafür. Jahre später wird Toni auf Bewährung entlassen. Sie will nur eines: ein neues Leben beginnen. Doch was damals geschehen ist, ist noch lange nicht vorbei …


    Die Autorin
    Chevy Stevens, geboren 1973, ist auf einer Ranch auf Vancouver Island aufgewachsen und lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter auf der Insel vor der kanadischen Westküste. Ihre psychologischen Spannungsromane sind internationale Top-Bestseller. Wenn sie nicht gerade am Schreiben ist, geht Chevy Stevens gern mit ihrer Familie in den umliegenden Bergen campen oder paddeln.


    Inhalt
    Als Toni Murphy nach 16 Jahren Haft auf Bewährung entlassen wird, ist sie 34 Jahre alt. Verurteilt wurden Toni und ihr Freund Ryan wegen des Mordes an Tonis jüngerer Schwester, nur aufgrund von Zeugenaussagen. Beide haben damals vor Gericht ihre Unschuld beteuert. Toni lebt während ihrer Bewährungszeit in einem Freigängerhaus in Victoria auf Vancouver Island; der Kontakt zu Ryan ist ihr untersagt. Ein Wiederaufnahmeverfahren kann und will ihre Familie sich nicht leisten. Falls Ryan und Toni unschuldig sein sollten, leben Täter und Zeugen noch immer unbehelligt in der Heimatstadt der beiden. Tonis und Ryans Rückkehr nach Campbell River, eine Kleinstadt von 30 000 Einwohnern, lässt deshalb Übles befürchten.


    In Rückblenden berichtet Toni als Icherzählerin von der Zeit vor dem Mord an Nicole. Stets machte Toni als Jugendliche Ärger, während Nicole es schaffte, sich oberflächlich anzupassen, um Auseinandersetzungen mit den Eltern aus dem Weg zu gehen. Toni plant, möglichst bald finanziell unabhängig zu werden und mit Ryan zusammenzuziehen. Ihre Beziehung zum Bad Boy Ryan festigte damals Tonis Ruf als Mädchen, das immer Ärger macht, so dass nach Nicoles Tod niemand ihren Unschuldsbeteuerungen glaubte. Ausweglos breitet sich auch nach Tonis Haftentlassung ihr schlechter Ruf über ihr gesamtes Leben aus. Ähnlich wie in "Gone Girl" stehen sich hier skrupellose Mobber als das personifizierte Böse und ihr hilfloses Opfer gegenüber.


    Toni ist während ihrer Haftstrafe älter geworden, aber nicht reifer. Durch die unreflektierte Sicht aus der Ichperspektive liest sich ihre Vorgeschichte auf den ersten 200 Seiten wie eine Teeniegeschichte. Ohne innere und äußere Spannung fand ich diese Tonlage für einen Thriller sehr mühsam zu lesen. Eine weitere Perspektive hätte die Rückblende erheblich straffen können und mehr Raum für einen kritischen Blick auf Nicoles Opferhaltung gelassen. Dass in einem Kapitalverbrechen gegen zwei sehr junge Menschen allein von zwei Kleinstadtpolizisten ermittelt wurde, wirkt auf mich als europäischen Leser mehr als sonderbar.


    Fazit
    Die Beschränkung auf die Ichperspektive lässt Chevy Stevens Thriller in der ersten Hälfte wie ein durchschnittliches Jugendbuch wirken. Die einseitige Sicht des Opfers von möglicherweise falschen Zeugenaussagen finde ich zwar psychologisch interessant, meinem Anspruch an einen Thriller wird der Plot damit nicht gerecht.


    7 von 10 Punkten

  • Toni Murphy saß seit ihrem 18. Lebensjahr für den Mord an ihrer jüngeren Schwester im Frauengefängnis. Jetzt ist sie auf Bewährung draußen und hat 2 Wünsche: ein normales Leben führen und den wahren Mörder ihrer Schwester Nicole zu überführen. Denn Toni war es nicht, zumindest behauptet sie das immer wieder. Was geschah wirklich in der Nacht am See, als Nicole starb? Sind Toni und ihr damaliger Freund Ryan wirklich unschuldig?


    "That Night – Schuldig für immer" ist der mittlerweile 4. Thriller aus der Feder von Chevy Stevens und hat mir wieder sehr gut gefallen. Dieses Mal nimmt sie sich einer jungen Gefängnisinsassin ein, die immer wieder ihre Unschuld beteuert.


    Die Geschichte wird von der Insassin Toni selbst erzählt. Dabei folgt man ihr über drei Zeitebenen hinweg: im hier und jetzt, zur Highschool – Zeit und zum Zeitpunkt ihrer Inhaftierung. Alle 3 Ebenen verwebt die Autorin sehr geschickt und spannend miteinander. Während der Schulzeit hat man es mit einer rebellischen Toni zu tun, während sie im Knast abstumpft und bei ihrer Entlassung resigniert und kraftlos wirkt. Und das merkt man auch an der Erzählweise. Denn jeder Zeitabschnitt beinhaltet einen anderen Grundtenor. Das fand ich sehr faszinierend.


    Auch die Story an sich hat mich gefesselt. Chevy Stevens hat ein Gespür dafür, auch Menschen, deren Leben weder geradlinig noch wirklich gut verlaufen ist, sympathisch oder zumindest herzerwärmend darzustellen. Toni ist dabei keine heroische Figur, die übertrieben für etwas kämpft oder überzeichnet wurde. Die junge Frau wirkt sehr realitätsnah und ich konnte beim Lesen spüren, dass sie einfach nur Ruhe und ein einigermaßen normales Leben suchte. Das, was Ex-Häftlinge in vielen Fällen wollen. Auch die Wut, die ich in den Kapiteln über die Haftzeit gespürt habe, war großteilig in der Gegenwart verraucht. Das hat mir gut gefallen, da ich das Gefühl hatte, hier einer wirklichen und nicht gewollt kämpferischen Figur zu folgen. Toll!


    Obwohl man nur die Sicht einer Figur erfährt, hatte ich das Gefühl, dass Toni beim Erzählen so neutral wie möglich bleibt. Klar, ich habe ihre Wut, Ohnmacht und auch ihre Liebe gespürt, aber dennoch versuchte sie, ein umfassendes Bild der anderen Figuren zu geben. Neben Toni habe ich vor allem Ryan, ihre Highschool – Liebe ins Herz geschlossen. Der junge Mann versucht, ebenso wie Toni, das Beste aus seinem Leben zu machen. Und das, obwohl sein Elternhaus nicht das Beste ist. Dies mag ich generell an den Thrillern von Chevy Stevens: die Figuren haben kein geradliniges, ausgelutschtes, 08/15 – Leben.


    Das Ende hat mich überrascht, wurde jedoch logisch herbeigeführt. Die Auflösung fand ich sehr gut und passend gewählt und alle losen Stränge wurden zusammengeführt. Klasse!


    Der Stil der Autorin ist sehr gut und flüssig zu lesen. Ihre Erzählweise passt sehr gut zu einer verbitterten, teilweise resignierten und abgekämpften Mittdreißigern, die nichts als Ruhe will. Daher wirken auch manche Erzählungen unterkühlt und fast teilnahmslos. Mich hat das nicht gestört, denn dadurch wirkte die Geschichte glaubwürdiger.


    Fazit: ein toller Thriller von Chevy Stevens. Wer ihre anderen Bücher mochte, sollte zugreifen!

  • Die rebellische Toni, die sowohl als Teenie wie auch als Erwachsene ein ernsthaftes Wut-Problem hat, sitzt 15 Jahres ihres Lebens ab für den Mord an ihrer Schwester. Sie ist es nicht gewesen, aber alle Beweise sprachen gegen sie und ihren damaligen Freund Ryan. Einige Zeugen haben gelogen, denn Toni war eine Aussenseiterin und ein Mobbing-Opfer für die coolen Mädchen der Schule. In Rückblenden erfahren wir von Tonis Jugend und wie es zu dem Mord kam. Parallel dazu sind wir bei der erwachsenen Toni, die auf Bewährung raus kommt und alles versucht, wieder ein normales Leben zu führen. Doch schon bald taucht Ryan bei ihr auf, den sie laut Bewährungsauflagen nicht mehr sehen darf. Er überzeugt sie davon, herauszufinden, was in dieser Nacht wirklich geschah, damit sie endlich davon befreit sind und wirklich ein neues Leben anfangen können.


    Dieses Buch ist etwas schwierig zu bewerten, da es einerseits nur durchschnittlich spannend , wenig innovativ und auch vorhersehbar ist. Und doch ist da etwas.


    Mit ihrem ersten Roman "Still Missing" hat mich die Autorin begeistern können. Hier bin ich zwar nicht begeistert aber trotzdem beeindruckt. Oder vielmehr berührt. Ihr Können besteht nicht darin, eine originelle Krimihandlung zu erzählen. Dazu verwendet sie zu viele der typischen Bausteine, es gibt viele Zufälle und auch Unwahrscheinlichkeiten. Aber sie kann das ganze gut erzählen. Und vor allem kann sie sehr eindringlich in die Gefühlswelt der Hauptfigur eindringen. Toni Zorn ist greifbar, ihr typische Teenagertrotzigkeit sehr real. Sie zieht, auch später, den Ärger an. Wie schon im erwähnten "Still Missing", wo der Hauptfigur in ihrer Gefangenschaft etwas sehr schlimmes passiert, was mich schlucken ließ während des Lesens, ist es hier die Mord an der erst 16jährigen Schwester, der mich wirklich mitgenommen hat. Wir lernen Nicole kennen, sehen sie mit den Augen ihrer Schwester und wissen, das sie sterben wird. Und wie es dann dazu kommt, was wirklich passiert ist, die Seiten, bevor es passierte, fand ich schon hart zu lesen. Irgendwie bekommt Chevy Stevens es gut hin, mich mit ihren tragischen Geschehnissen zu berühren.


    "That Night" ist ein durchaus solider Krimi, der sich gut weglesen lässt. Weder im Aufbau noch in der Ausführung ist er im Grunde besonders. Toni ist eine schwierige Figur, für die ich mich erst nach und nach erwärmen konnte, einfach weil sie durch ihre Art einige ihrer Probleme wirklich provoziert. Die Autorin lässt sie aber auch immer die genau falschen Entscheidungen treffen. Es dauert auch eine Weile, bis man sich zusammen mit Toni auf die Suche macht nach dem wirklichen Täter. Vorher ist man lange bei ihr auf ihrem Weg durch die lange Haft und parallel dazu in ihrer Jugend auf dem Weg zur Mordnacht. Für mich persönlich zeichnet sie das Buch aber durch seine Tragik aus. Letztendlich tat mir auch Toni leid, die so viele Jahre unschuldig in Haft saß. Aber vor allem die kleine Nicole wird mich noch eine Weile in meinen Gedanken verfolgen.

  • "Schuldig für immer" war mein erstes Buch der Autorin und wird sicher nicht das Letzte sein. Ich fand den Schreibstil flüssig zu lesen und da es in Ich-Form geschrieben ist, bekommt man hier ein gutes Gefühl für die Protagonistin Toni. Obwohl schon am Anfang klar ist, dass sie ins Gefängnis gehen wird, habe ich trotzdem mit ihr gebangt und gehofft. Die Autorin hat es gut rüber gebracht, wie Toni die Zeit im Gefängnis durchlebt und aus welchen Gründen sie sich verändert hat.
    Auch wenn es kein typischer Thriller ist, fand ich das Buch sehr gut und spannend zu lesen.

    :lesendIlsa J. Bick - Brennendes Herz


    Es gibt mehr Schätze in Büchern als Piratenbeute auf der Schatzinsel... und das Beste ist, du kannst diesen Reichtum jeden Tag deines Lebens genießen. (Walt Disney )