Broschiert: 315 Seiten
Verlag: Goldmann Wilhelm GmbH
’OT: Oomblik in die wind. / An Instant in the Wind
Aus d. Engl. Übersetzt von Christiane Agricola
Kurzbeschreibung:
Die junge Elisabeth Larsson findet sich im Jahre 1749 plötzlich allein irgendwo am Great Fish River in der südafrikanischen Wildnis. Sie hatte ihren Mann auf einer Expedition begleitet, die mit einer Katastrophe endete. Elizabeth überlebt nur, weil sie ein Schwarzer findet - ein Schwarzer, der, vor Jahren der Sklaverei entronnen, in der Natur seine Freiheit gefunden und zu leben gelernt hat. Das schier Unmögliche gelingt: Erst nach zahllosen Gefahren und Schwierigkeiten bringt Adam sie in einem langen Fußmarsch nach Kapstadt zurück.
Selten ist die überwältigende Schönheit der südafrikanischen Natur so lebendig geworden wie in diesem Roman. Frei von den Tabus und Zwängen einer rassistischen Gesellschaft kommt es hier zu einer unmittelbaren Begegnung zwischen einem schwarzen Mann und einer weißen Frau.
Über den Autor:
André Brink, geboren 1935, war neben Breyten Breytenbach eine der Schlüsselfiguren im Kampf weißer südafrikanischer Autoren gegen die Apartheid. Seine überwiegend simultan in Afrikaans und Englisch geschriebenen Romane wurden in 30 Sprachen übersetzt, verfilmt und vielfach international mit Preisen ausgezeichnet.
Mein Eindruck:
Der dieses Jahr leider verstorbene südafrikanische Schriftsteller Andre Brink hat es wie kaum ein anderer verstanden, das historische und gegenwärtige Südafrika in einen Kontext zu stellen.
Die Romane, die ich von ihm kenne, fand ich faszinierend, doch leider wurden seine letzten Bücher nicht mehr ins Deutsche übersetzt. Unverständlich und ärgerlich.
So bleibt nichts anders übrig, als auf die alten Romane von ihm zurückzugreifen. Stimmen im Wind ist 1975 geschrieben und es ist ein historischer Roman, der im Jahr 1749 angesiedelt ist, und der doch auch viel mit dem Südafrika der Apartheid zu tun hat.
Andre Brink besitzt eine reiche Sprache, nutzt aber auch einen sachlichen Stil als Rahmen, in der Ausführung wird er dann sehr emotional.
Es sind historische Bezüge, wie schon am Anfang klar wird. Ich zitiere mal die ersten Sätze, um das zu verdeutlichen:
Zitat“Wer sind sie gewesen? Die Namen kennt man - Adam Mantoor und Elisabeth Larsson - und etwas von ihrer Geschichte ist überliefert worden. Wir wissen, dass Elisabeth im Jahre 1749, dem letzten Regierungsjahr des Gouverneurs Swellengrebel, ihren Mann, dem schwedischen Reisenden Erik Alexis Larsson, auf einer Reise ins Innere des Kaps der guten Hoffnung begleitete, wo er nach einiger Zeit starb, auch dass sie schließlich von dem entlaufendem Sklaven Adam entdeckt wurde und dass sie zusammen Ende Februar 1751 Kapstadt erreichten. Eine interessante Belanglosigkeit, eine bloße Fußnote, die dem, was man über das Land oder seine Geschichte weiß, nichts hinzufügt.”
So der Anfang,. Das aber die schicksalhafte Geschichte nicht belanglos ist, beweist Andre Brink durch die Kraft seiner Prosa, mit der er die bloßen Fakten in einen berührenden Roman verwandelt.
Er zeigt, wie sich die Beziehung des ungleichen Paares im Verlauf ihrer Reise wandelt.
Eigentlich sind beide geflohene. Adam aus der erniedrigen Sklaverei, Elisabeth aus der Enge und Unfreiheit des Kaps.
Ihre aufkommende, von der Gesellschaft geächtete Liebe kann nur in der Wildnis möglich sein.
Andre Brink beschreibt die südafrikanische Wildnis auf mitreißende Art:
Zita von Seite 219:
Zitat“Sie verlassen das ausgetrocknete Flussbett und gehen in Richtung der nördlichen Bergkette, an den vorgelagerten Hügeln und am Fuß der hohen Felswände entlang, auf der Suche nach einem Einschnitt, der sich ihnen öffnet. Aus der Nähe wirken die Berge noch furchtbarer als von weitem; die roten Klippen türmen sich zu grotesken Formationen, gezeichnet von der Gewalt des Wassers und der Sonne und des Windes und der Bergstürze. Aber nach 4 Tagen finden sie, wonach sie suchen: Eine Schlucht, die Fels und Erde durchbricht, um einen schmalen Fluss den Weg zu bahnen, von dem nur noch das trockene Bett da ist.”
Hin und wieder wechselt der Text in Erinnerungen an die Vergangenheit, zum Beispiel wie Elisabeth aufwuchs.
Wie alle Bücher Andre Brinks ist auch Stimmen im Wind ein anspruchsvoller Roman, aber doch überwiegend gut zu lesen und sogar mit spannenden Momenten.
Der Roman ist zwar schon älter, wirkt aber vollkommen zeitlos. Wer sich für das historische Südafrika interessiert, ist hier nicht falsch!