Robin & Jennifer - Elke Weigel

  • Taschenbuchausgabe mit 347 Seiten,erschienen im konkursbuch Verlag, 2014


    ISBN 978-3887697389


    Über die Autorin (Klappentext):


    Elke Weigel ist Diplom-Psychologin und Tanztherapeutin mit einer eigenen Praxis in Stuttgart.


    Ihr Debüt "Fußballtöchter" (Roman) erschien 2012.


    Eine Krimiserie ist in Vorbereitung.




    Inhalt (angelehnt an amazon):


    1900: Der Aufbruch in ein neues Jahrhundert.


    Robin (eigentlich Roberta) möchte frei und selbstbestimmt leben wie ein Mann und das im konservativen Bad Cannstatt.
    Man hält sie für verrückt. Ihre (Stief-)Tante will sie gar einweisen lassen, um das Übel in ihr zu bekämpfen.
    Robin selber wird neben all ihrer Stärke von Selbstzweifeln geplagt.


    Jennifer kommt aus einer ganz anderen Welt, wächst in der Pariser Boheme auf, in einer mondänen Welt aus Kunst, Literatur und Musik.


    Beiden Figuren wird in abwechselnden Kapiteln die Beschreibung ihres Lebensweges von Kindheit an zugestanden.
    Beide Figuren müssen eines Tages ihren Lebensumständen entfliehen und begegnen sich auf dem Monte Verità einem Ort, an dem sich Menschen zu einem freien Leben zusammenfinden.


    Erst Mädchengymnasium, dann Studium in Tübingen, Kurzhaarfrisur und Hosen; Tante Erna findet, dass Robin den falschen Weg einschlägt. Ihre Liebe zu Paula versteckt Robin, weil Homosexualismus und conträres Sexualempfinden als schwere nervöse Leiden diagnostiziert und in Anstalten behandelt werden.


    Doch Gefühle lassen sich nicht abstellen und Paula verwirrt sie immer wieder mit ihrem wechselhaften Verhalten.
    Mit Disziplin und Fleiß schließt Robin ihr Studium ab und freut sich auf einen Sommer mit Paula, fern von Cannstatt und Tante Ernas Überwachung. Doch dann kommt alles anders, als sie es sich erträumte, und nur die Flucht in die Schweiz, wo ihr Bruder inzwischen in einer alternativen Gemeinschaft lebt, kann sie noch retten.


    Jennifer genießt in Paris die Aufmerksamkeit von Sophie, einer etwas älteren und begabten Pianistin. So kann sie ihren gewalttätigen Stiefvater in Fantasien von einer Karriere als Tänzerin des Neuen Tanzes, bei der Sophie sie auf dem Klavier begleitet, verdrängen.


    Doch Sophie, ganz Bohemien und Dandy, spielt herum und Jennifer verliert ihre Träume. Ihr Stiefvater betrachtet sie als ideale Frau für die Idee der Rassenhygiene und arischer Familienplanung und sie muss sich vor ihm verstecken.


    Auf dem Monte Verita lernen die beiden Frauen sich kennen. Gedanken der Lebensreform werden hier tatsächlich gelebt, Vegetarismus, Sonnenbäder und Frauenemanzipation.
    Aber Robin und Jennifer müssen erst erkennen, was sie aufgeben müssen, um zueinander finden zu können.


    Meine Meinung:


    Wer nun denkt, dieser Roman gehöre eigentlich in die Liebesschnulzen-Ecke, sitzt auf dem falschen Pferd.
    Der Entwicklung der Figuren wird viel Raum gegeben, unabhängig voneinander, bis sie sich auf Seite 260 zum ersten Mal begegnen.


    Am Anfang war ich etwas befremdet vom sehr beschreibungs-verliebten Schreibstil, die Autorin lässt dem Leser hier nicht viel Platz für die eigenen Vorstellungen und wirkte auch etwas bemüht. Dies ließ aber bald nach.


    Elke Weigel ging sehr einfühlsam auf die Veränderungen und Selbst-Erkennungen ihrer Hauptfiguren ein. Die Verwirrung darum, anders zu sein, zumal in der Pubertät (anfangs), und sich trotzdem vor allem gegen die Moralvorstellungen der eigenen Familie durchzusetzen, wurde sehr gut ausgearbeitet. Ich denke hier vor allem an die Figur Robin, da Jennifer in einer anderen, offeneren Umgebung aufwächst.


    FAZIT: Alles in allem hat mich der Roman sehr berührt. Er ist gut geschrieben und bietet viele interassante Themen, vor allem natürlich die Emanzipationskämpfe der Frauen um 1910 herum, die nicht nur Wahlfreiheit, Bildungsmöglichkeiten und Ausbrechen aus der konservativen Lebensvorstellung beinhalteten.
    Man kann Elke Weigel gut und gern auf eine Stufe mit Charlotte Roth stellen.


    Von mir gibt es 8 sehr gute Punkte, ich habe das Buch sehr gerne gelesen und wünsche ihm viele weitere Leserinnen, die gern mal über den Tellerrand schauen und sich für die Geschichte der Frauen in Romanform vor dem ersten Weltkrieg interessieren.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

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  • Robin und Jennifer wachsen in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts zu jungen Frauen heran. Im schwäbischen Cannstatt wacht eine strenge, überaus konservative Tante über die Erziehung der mutterlosen Robin. Für diese eine besondere Tortur, entwickelt sie sich doch von Jugend an „anders“ als es von den Frauen jener Zeit erwartet wird. Zum Glück findet sie in ihrem Vater und vor allem in einem ihrer Brüder gewissen Rückhalt.


    Jennifer ist in der Pariser Bohème zuhause, mit einer leichtlebigen Mutter, die in unglücklicher Ehe mit Jennifers dominantem Stiefvater lebt. Trotz der damit verbundenen Probleme bewahrt sich Jennifer ein relativ unbeschwertes Naturell.


    Bis zur ersten Begegnung auf dem Monte Veritá werden ihre Lebenswege im Wechsel geschildert. Geprägt von den komplett verschiedenen Milieus, in denen sie aufgewachsen sind, könnten sie verschiedener kaum sein. Und doch fühlen sich die ernste, verantwortungsbewusste Robin und die leichtfüßige, lebenshungrige Jennifer sogleich zueinander hingezogen.


    Elke Weigel zeichnet in ihrem Roman ein überaus einfühlsames Bild von Robins und Jennifers Entwicklung, u. a. wie sie sich zunehmend ihrer Andersartigkeit“ bewusst werden und lernen damit zu leben. Für Jennifer kein allzu großes Problem, doch für Robin, mit ihrem „schwäbischen Umfeld“, umso mehr.


    Obgleich es in erster Linie um die beiden jungen Frauen geht, spielt der zeitgeschichtliche Hintergrund eine wichtige Rolle in der Geschichte. Besonders in Verbindung mit Robin, die sich für die Frauenrechtsbewegung interessiert und zunehmend auch engagiert.


    Neben den überwiegend positiven Eindrücken haben mich zwei Dinge nicht ganz so überzeugt.
    Zum einen fehlte mir ein Spannungsbogen, der mich an die Geschichte fesselt. Mir war der Erzählstil zu episodenhaft. Und zum anderen fand ich die Figuren recht extrem in ihrer Ausgestaltung. Auf mich wirkten sie irgendwann mehr wie Stellvertreterfiguren ihrer Zeit und ihrer Gesellschaftschichten und dadurch etwas schablonenhaft.


    Zu der alternativen Künstlerkolonie vom Monte Veritá gibt hier weitere Informationen.


    Für mich war es eine interessante und lesenswerte Geschichte, mit den vorgenannten Abstrichen.
    7 Punkte