Fragen an Andrea Jolander

  • Noch ein Nachtrag: Das mit den Diagnosen ist für Psychiater erheblich relevanter als für uns, denn sie müssen meist schon zu Beginn der Behandlung entscheiden, welches Medikament sie geben. Wir haben mehr Zeit, den Patienten kennenzulernen. Und egal, ob Verhaltenstherapeut, Psychoanalytiker oder Tiefenpsychologe: Wir interesseieren uns vor allem dafür, wie de Mensch so geworden ist, wie er ist, für seine Lerngeschichte, für das, was er gut kann und das, was er noch an Fähigkeiten erwerben will. Das Etikett kleben wir der Krankenkasse zuliebe drauf.

  • Sorry, ich denke das steht schon irgendwo in den Bekloppten, ich frage trotzdem. Wer erklärt eigentlich dem Patienten welche Art Therapie für ihn richtig ist? Das man beim Therapeuten "probeliegen" kann hatten wir ja schon, aber die Therapieform?

  • Zitat

    Original von beowulf
    Sorry, ich denke das steht schon irgendwo in den Bekloppten, ich frage trotzdem. Wer erklärt eigentlich dem Patienten welche Art Therapie für ihn richtig ist? Das man beim Therapeuten "probeliegen" kann hatten wir ja schon, aber die Therapieform?


    Ich mache das gleich in der ersten Sitzung, und schicke dann öfter Patienten zum Verhaltenstherapeuten. Von anderen Aspekten abgesehen sind die, die keine Lust auf Lebensgeschichte haben, dort glücklicher. ;-)

  • Bösartig ausgedrückt der Patient wartet dann weitere sechs Monate auf Therapie? Gutartig ausgedrückt :Vielleicht hat dann ja die Wartezeit was gutes. In meinem Beruf gibt es viele Kollegen die überheben sich lieber als Umsatz abzugeben. Dabei haben auch wir es eigentlich mit Menschen, nicht mit Umsatz zu tun.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Bösartig ausgedrückt der Patient wartet dann weitere sechs Monate auf Therapie?


    Von weiteren sechs Monaten kann nicht die Rede sein, da ich keine Warteliste führe. Wenn ein Platz frei wird, kriegt der Nächste einen Termin, der anruft, normalerweise innerhalb einer Woche. Und wenn sich dann abzeichnet, dass es nicht passt (Patient und Therapeut, Patient und Methode) hat er keine Zeit verloren.


    Zitat

    Gutartig ausgedrückt :Vielleicht hat dann ja die Wartezeit was gutes. In meinem Beruf gibt es viele Kollegen die überheben sich lieber als Umsatz abzugeben. Dabei haben auch wir es eigentlich mit Menschen, nicht mit Umsatz zu tun.


    Das funktioniert bei uns aus mehreren Gründen nicht. Zum einen musst du als Therapeut jeden Moment aufmerksam sein. Der Patient merkt sofort, wenn du mit den Gedanken woanders bist. Das schafft du nicht, wenn du dich überlastest.
    Und wie sollst du als Therapeut dem Patienten beibringen, gut auf sich achtzugeben, wenn du es selbst nicht tust?
    Ich hatte einmal einen Kollegen, der tatsächlich so viele Patienten pro Woche hatte, wie es den falsch berechneten ursprünglichen Vorgaben entsprach. Nicht weil er geldgeil gewesen wäre, sondern weil er einfach ein sehr netter Mensch war. Er hatte dann mit 45 seinen ersten Herzinfarkt.