'Denken Sie jetzt nichts!' - Seiten 144 - 176

  • Zitat

    Original von Katerina
    Niemand nimmt Drogen, niemand geht auf den Strich, niemand ist im Knast?
    (Das ist die Fragen, die ich Eltern stelle, wenn sie Angst haben, vielleicht was verkehrt gemacht zu haben. ;-))

    Aber im Ernst, selbst wenn vielleicht was nicht optimal war: Es ist nie zu spät, noch etwas zu klären. Ich habe Patienten aus wirklich schlimmen Elternhäusern gehabt, wo beispielsweise die Mutter noch was dazu gelernt hat und auch anfing, Fehler einzusehen. Selbst das hat für die Tochter noch mal ungeheuer viel verändert. Wirklich schlimme Fehler begeht man nur, wenn man selbstgerecht meint, man habe alles richtig gemacht, habe nur ein schreckliches Kind gehabt. Dass es jetzt Drogen nehme (auf den Strich gehe, im Knast sitze) beweise ja, dass es von Anfang an verknorkst gewesen sei. Ihr merkt, ich messe da mit ganz anderen Maßstäben. :-)


    Genau das hat eine Mutter auch mal zu meiner gemeint, da ging es aber (leider) nicht um mögliche Fehler ihrerseits, sondern darum, dass wir (ich und meine Schwester) ganz schlimme Kinder ("die schlimmsten der Welt" O-Ton Mutter) wären. Als Kind glaubt man seinen Eltern das dann. Irgendwie habe ich das erst in letzter Zeit wirklich realisiert. Vielleicht wissen es meine Eltern nicht besser, auch weil sie anders erzogen wurden. Damals waren Misshandlungen normal und ich möchte nicht wissen, was sie sich von ihren Eltern anhören mussten und so trägt sich das dann weiter. Vielleicht war ihnen nie bewusst, wie sehr sie mit ihrer Erziehung meine Schwester und mich geprägt hatten. Es hört sich zwar schlimmer an, aber ich würde schon sagen, dass viele Probleme nur vorhanden waren, eben weil man es von den Eltern so mitbekam. Vielleicht auch weil beide selbst nicht stark sind und so können sie diese Angst und Unsicherheit etwas kompensieren. Als ich meine Mutter darauf ansprach, meinte sie nur, dass man doch selber wisse was gut ist und was nicht und ich müsse mich ja nicht beeinflussen lassen. Ja jetzt stimmt das, aber sich nicht, wenn man 5 Jahre etc ist, da man zu den Eltern auch aufschaut und denkt, dass sie alles wüssten. Sogar jetzt ertappe ich mich noch ab und an, dass ich mir Rat hole, aber bereue es dann auch, weil ich es doch eigentlich (intuitiv) besser weiß.



    Zitat

    Original von shaiara
    Wahnsinn wieviel unserer Erwachsenen Persönlichkeit tatsächlich mit der Kindheit zu tun hat.
    Und verrückt zu sehen, wieviel ich schon "falsch" gemacht habe :-(
    Meine große würden manche wohl auch als nerviges Kind bezeichnen. Ich war damals jung und wollte alles richtig machen und habe viel auf meine Mama und Oma gehört (bloß nicht verwöhnen, in Watte packen, ..) :rolleyes


    Bei den beiden anderen haben wir nicht mehr in der Nähe meiner Familie gewohnt und mir wurde nicht mehr so oft über die Schulter geguckt und ich hab auf meine Instinkte gehört.
    Komischerweise sind die zwei keine Kaugummis, die an mir kleben und lange ins Familienbett wollten sie auch nicht..


    Ich denke, dass es das wichtigste ist auf sich selbst zu hören, auch was die Kindererziehung betrifft. Jeder will irgendwie reinreden oder weiß es besser etc.

  • So...Abschnitt beendet und wieder mal bin ich eigentlich recht zufrieden - ein paar bereits bekannte Sachen (die Bindungsgeschichten und den Fremden-Test haben wir ja im Studium auch durchgekaut), aber auch paar sehr neue. Die Ü-Ei-Werbung kenn ich sehr gut, den Marshmallow-Test hab ich dagegen entweder verdrängt oder - was ich eher glaube - nie gekannt. Fand ich sehr sehr spannend. Hab ich das jetzt eigentlich richtig verstanden, was gemeint ist? Der Grund, warum die Kinder durchhalten, ist eigentlich ihre sichere Bindung und das ist auch der Grund dafür, dass diese Kinder später glücklicher und z.B. besser in Aufnahmetests sind? So hab ich das nämlich verstanden. Also, dass es nicht um Disziplin geht, sondern um etwas ganz anderes, das aber leicht übersehen wird, wenn man sich auf die Erklärung mit der Disziplin versteift.


    Also, falls ich das richtig verstanden habe, finde ich das aus einem ganz anderen Grund interessant - man könnte ja ganz leicht eine ziemlich falsche Schlussfolgerung ziehen und Disziplin als Ursache für beides sehen (lange aushalten bei Marshmallows und gut sein bei den Tests), dabei hat beides mit etwas anderem zu tun. Finde ich deswegen spannend, weil solche falschen Schlüsse bei vielen Experimenten bestimmt auch vorkommen und es zeigt, dass man doch genauer hingucken muss.


    Was ich auch ganz toll fand, war das Wort "Selbstvergessen". Ich hab dieses Wort lange nicht mehr genutzt und vergessen, heute würde ich tatsächlich eher von "Achtsamkeit" oder vielleicht auch von "im Flow sein" sprechen (kein genauer Plan, inwiefern das vergleichbar ist), aber ich finde das Wort und die Idee dahinter wirklich gut. Vor allem glaube ich auch, dass wir in unserer ach so gestressten Welt diese Tätigkeiten heute oft vernachlässigen. Werde ab heute evtl. öfter an dieses Wort denken, gefällt mir sehr.


    Danke auch, dass hier - wieder mal - jemand mit dem Phänomen Multitasking aufräumt oder es zumindest versucht. Mit Multitasking steh ich seit Ewigkeiten auf dem Kriegsfuß. Mit Menschen, die es verteidigen, noch mehr. :lache


    Was mich auch sehr freut, ist die Sicht der Autorin auf die Menschen - sie schreibt ja oft von der natürlichen Neugier und dass kein Mensch vom Haus aus faul ist und falls jemand faul "wird", ist da etwas schiefgelaufen bzw. liegt etwas im Argen. Würde ich sofort unterschreiben.


    Insgesamt ein sehr schöner Abschnitt, auch wenn nicht immer erfreulich, so doch interessant, informativ und spannend.

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  • Zitat

    Original von Katerina


    Wie wenig das Wissen verbreitet ist, habe ich erst vor wenigen Tagen in einer Zeitschrift für Nervenärzte gelesen. Da wurde eine Untersuchung zitiert, bei der Zusammenhänge zwischen Depressionen und entzündlichen Erkrankungen festgestellt wurden. Und da hieß es allen Ernstes, die Zusammenhänge müssten weiter untersucht werden, möglich sei zum Beispiel, dass Depressive sich einfach zu wenig bewegen. :pille
    Dabei hieß es schon in meinem ersten Semester auf Seite drei des Statistiklehrbuchs, dass die Tatsache, dass es immer weniger Störche gibt und dass immer weniger Kinder geboren werden, nicht zu der voreiligen Schlussfolgerung führen dürfte, dass der Storch die Kinder bringt. :grin
    Sondern dass zwei Dinge, die gemeinsam auftreten, eben nicht unbedingt voneinander abhängen, sondern von etwas anderem. Im Fall von Depressionen und entzündlichen Erkrankungen eben von Cortisol.


    Ehrlich? In einer Zeitschrift für Nervenärzte? Nicht wahr?! :rolleyes :bonk
    Ungefähr sowas meinte ich, als ich über falsche Schlussfolgerungen bzgl. des Marshmallows-Tests schrieb.


    Ich kann mich irren und bitte legt mich nicht drauf fest, aber ich glaube, dass ich irgendwo vor einiger Zeit las, dass Depression eher eine Erkrankung des Immunsystems seien - ich glaube, Anfälligkeit für entzündliche Erkrankungen wurde da auch erwähnt und evtl. auch, dass man auch psychisch weniger immun ist - eben sensibler, verletzlicher usw. Aber wie gesagt - ich hab das leider nicht mehr so genau im Kopf und evtl. schreibe ich gerade Unsinn.


    Edit: Ach, ich glaube, das hier war es. http://www.spiegel.de/gesundhe…-ausloesen-a-1026767.html
    Aber da sagen die doch etwas anderes, als ich gedacht habe. Und außerdem ist das so ne Sache - ich finde es durchaus logisch, dass z.B. ein Rheuma-Patient irgendwann auch depressiv wird. Aber gut, das geht hier zu weit jetzt.

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  • Zitat

    Original von Gummibärchen



    Was ich auch ganz toll fand, war das Wort "Selbstvergessen". Ich hab dieses Wort lange nicht mehr genutzt und vergessen, heute würde ich tatsächlich eher von "Achtsamkeit" oder vielleicht auch von "im Flow sein" sprechen (kein genauer Plan, inwiefern das vergleichbar ist), aber ich finde das Wort und die Idee dahinter wirklich gut. Vor allem glaube ich auch, dass wir in unserer ach so gestressten Welt diese Tätigkeiten heute oft vernachlässigen. Werde ab heute evtl. öfter an dieses Wort denken, gefällt mir sehr


    Ich erinnere mich noch an die Medienpsychologie, wo das sehr häufig vorkam und auch unter dem Begriff flow lief.
    War immer sehr spannend - ok, sonst hätt ich es auch nicht gemacht :grin

  • Zitat

    Original von Johanna


    Ich erinnere mich noch an die Medienpsychologie, wo das sehr häufig vorkam und auch unter dem Begriff flow lief.
    War immer sehr spannend - ok, sonst hätt ich es auch nicht gemacht :grin


    Ich hatte Medienpsychologie gar nicht (gab es bei uns nicht, ts), weiß nicht, ob ich das genommen hätte, aber Flow hat ja viel mit Selbstvergessen zu tun. Bei uns in der Küche hängt ein Kühlschrankmagnet, da heißt es "Glück ist die Zeit, in der man sie vergisst". (Ich musste länger nachdenken, bis ich kapiert hat, was hier mit "sie" gemeint ist. :grin)

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  • Da hatte ich Glück, bei uns wurde das damals gerade eingeführt und ich hab sofort zugegriffen, da das so interessant klang.
    Man konnte mit 3 Seminaren auch noch Extrascheine machen - nicht, daß ich heute viel damit anfangen könnte - aber ich find sie trotzem toll :grin


    Obs das heute mit dem leidigen Bachelor noch gibt, wage ich allerdings zu bezweifeln, da es da ja eher darum geht, die Leutchen durchs Studium zu schleifen, anstatt ihnen Blicke über den Tellerrand zu ermöglichen.
    Aber ich schweife ab - Du kennst ja meine Meinung zum abschaffen des Diploms für diese schulischen "Schnelldurchgangsstudien" :grin

  • Zitat

    Original von Gummibärchen
    Hab ich das jetzt eigentlich richtig verstanden, was gemeint ist? Der Grund, warum die Kinder durchhalten, ist eigentlich ihre sichere Bindung und das ist auch der Grund dafür, dass diese Kinder später glücklicher und z.B. besser in Aufnahmetests sind? So hab ich das nämlich verstanden. Also, dass es nicht um Disziplin geht, sondern um etwas ganz anderes, das aber leicht übersehen wird, wenn man sich auf die Erklärung mit der Disziplin versteift.


    Also, falls ich das richtig verstanden habe, finde ich das aus einem ganz anderen Grund interessant - man könnte ja ganz leicht eine ziemlich falsche Schlussfolgerung ziehen und Disziplin als Ursache für beides sehen (lange aushalten bei Marshmallows und gut sein bei den Tests), dabei hat beides mit etwas anderem zu tun.


    Walter Mischel, der Marshmallowtesterfinder, hat damals noch von Disziplin gesprochen. Da war die Bindungsforschung noch nicht so allgemein bekannt, dass man die Bindungsformen zur Erklärung hätte heranziehen können. Ich hab vor kurzem ein Interview mit ihm gelesen, da benutzte er den Begriff immer noch, aber zwischen den Zeilen klang durch, dass er der Bindungsforschung durchaus zustimmt.
    Und die meint halt, wenn die zwei Bedingungen gestimmt haben: Ich kann mich auf meine Eltern verlassen, und: Meine Eltern haben mir geholfen, meine Gefühle zu regulieren, dann kann ich eben auch besser warten, Frustrierendes besser ertragen und dadurch längerfristige Ziele besser verfolgen.
    Wer das Disziplin nennen will, mag das tun. Ich finde, der Begriff verschleiert eher und führt aufs falsche Gleis.


    Zitat

    Was mich auch sehr freut, ist die Sicht der Autorin auf die Menschen - sie schreibt ja oft von der natürlichen Neugier und dass kein Mensch vom Haus aus faul ist und falls jemand faul "wird", ist da etwas schiefgelaufen bzw. liegt etwas im Argen. Würde ich sofort unterschreiben.


    Man wird ja im Alter angeblich oft etwas stur, und ich habe gemerkt, dass ich meine naturwissenschaftliche Seite immer erbitterter die Macht übernimmt. :grin
    D.h. mir ist vieles oft zu wertend. Und ich sehe einfach nicht ein, dass wir auf Menschen so einen komplett anderen Blick haben als auf Tiere.
    Tiere können nichts verkehrt machen, bei denen hat auch zunächst scheinbar Unbegreifbares immer irgendwas mit Instinkt oder Lebenserfahrungen zu tun.
    Und der Mensch besteht grundsätzlich aus Schadhaftem und Dysfunktionalem? Come on!
    Ich habe den Eindruck, dass Psychologie und Hirnforschung immer mehr in die Freudsche Richtung des "Irgendwie hat alles Psychische seinen Sinn" gehen, was mich sehr freut. Dieses stark Wertende, das einem im Alltag pausenlos über den Weg läuft, hat für mich oft fast pseudoreligiöse Züge. "An den Feiertagen wieder gesündigt?" - "Überwinden Sie den inneren Schweinehund!"

  • Zitat

    Original von Katerina
    Walter Mischel, der Marshmallowtesterfinder, hat damals noch von Disziplin gesprochen. Da war die Bindungsforschung noch nicht so allgemein bekannt, dass man die Bindungsformen zur Erklärung hätte heranziehen können. Ich hab vor kurzem ein Interview mit ihm gelesen, da benutzte er den Begriff immer noch, aber zwischen den Zeilen klang durch, dass er der Bindungsforschung durchaus zustimmt.
    Und die meint halt, wenn die zwei Bedingungen gestimmt haben: Ich kann mich auf meine Eltern verlassen, und: Meine Eltern haben mir geholfen, meine Gefühle zu regulieren, dann kann ich eben auch besser warten, Frustrierendes besser ertragen und dadurch längerfristige Ziele besser verfolgen.
    Wer das Disziplin nennen will, mag das tun. Ich finde, der Begriff verschleiert eher und führt aufs falsche Gleis. "


    Meine laienhafte Vorstellung ist hier, dass die sicher gebundenen Kinder mit ihrem Verhalten bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht haben, d. h. sie hatten in der Familie Vorteile davon. Im Kindergarten und in der Schule erleben sie dann häufig, dass sie mit ihrem Verhalten eine Minderheit bilden und ausnutzbar sind. Ein an sich sinnvolles Verhalten erlebt einen Rückschlag, wenn man erfährt, dass andere nicht warten, nicht teilen und einem begehrte Dinge wegschnappen, wenn man nicht mindestens so schnell ist wie sie. Dazugehörige Mütter sind oft noch stolz, wenn ihr eigener Nachwuchs sich zum Schaden anderer durchsetzt. ;-)

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    Meine laienhafte Vorstellung ist hier, dass die sicher gebundenen Kinder mit ihrem Verhalten bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht haben, d. h. sie hatten in der Familie Vorteile davon. Im Kindergarten und in der Schule erleben sie dann häufig, dass sie mit ihrem Verhalten eine Minderheit bilden und ausnutzbar sind. Ein an sich sinnvolles Verhalten erlebt einen Rückschlag, wenn man erfährt, dass andere nicht warten, nicht teilen und einem begehrte Dinge wegschnappen, wenn man nicht mindestens so schnell ist wie sie. Dazugehörige Mütter sind oft noch stolz, wenn ihr eigener Nachwuchs sich zum Schaden anderer durchsetzt. ;-)


    Zum Glück bilden die sicher gebundenen Kinder die Mehrheit. Von daher besteht noch Hoffnung für die Welt ...

  • Zitat

    Original von Buchdoktor


    Meine laienhafte Vorstellung ist hier, dass die sicher gebundenen Kinder mit ihrem Verhalten bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht haben, d. h. sie hatten in der Familie Vorteile davon. Im Kindergarten und in der Schule erleben sie dann häufig, dass sie mit ihrem Verhalten eine Minderheit bilden und ausnutzbar sind. Ein an sich sinnvolles Verhalten erlebt einen Rückschlag, wenn man erfährt, dass andere nicht warten, nicht teilen und einem begehrte Dinge wegschnappen, wenn man nicht mindestens so schnell ist wie sie. Dazugehörige Mütter sind oft noch stolz, wenn ihr eigener Nachwuchs sich zum Schaden anderer durchsetzt. ;-)


    Da magst du recht haben, dass das zum Ausnutzen führen kann, weil die Person dann "zu nett" ist. Aber ich glaube, ein sicher gebundenes Kind kann damit umgehen, nimmt das nicht persönlich, lässt sich nicht so schnell entmutigen usw. Und außerdem...ich werde nicht gerne ausgenutzt, aber andere auszunutzen oder über den Tisch ziehen fühlt sich in der Regel für mich auch nicht gut an. Ich entscheide dann für mich, inwiefern ich authentisch bleiben will, um nochmal in den Spiegel gucken zu können, auch auf die Gefahr hin, ausgenutzt zu werden oder ob ich einfach eine Bremse ziehe. Ausnutzen ist ja nicht immer gleich Ausnutzen und manchmal kann man es gut vermeiden und lebt gut damit, manchmal ist es schon quasi zu spät und es geht um Rache ja/nein.


    Ich wäre nicht stolz, wenn sich mein Kind zum Schaden anderer durchsetzt...

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  • Zitat

    Original von Katerina
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    Und die meint halt, wenn die zwei Bedingungen gestimmt haben: Ich kann mich auf meine Eltern verlassen, und: Meine Eltern haben mir geholfen, meine Gefühle zu regulieren, dann kann ich eben auch besser warten, Frustrierendes besser ertragen und dadurch längerfristige Ziele besser verfolgen.
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    Vielleicht ist es auch so eine Mischung aus beidem - das, was manch einer als Disziplin betrachtet, ist für die sicher gebundenen Menschen einfach leichter zu bewerkstelligen. Wenn ich gelernt habe, dass ich aus einem sicheren Hafen komme und das Vertrauen entwickelt habe, dass "alles schon irgendwie gut wird" (und wenn nicht, ist jemand da, der mich auffängt oder ich kann es selbst), kann ich evtl. auch meine Ziele langfristiger setzen, auf sie hinarbeiten und vertraue mir und meinen Fähigkeiten. Wenn ich aber immer in der Angst lebe, ob das morgen noch genauso gut ist, dann kann ich meinen Impuls vielleicht doch nicht so kontrollieren und gebe ihm lieber nach.
    Du hast an einer Stelle Disziplin und Impulskontrolle unterschieden, aber ich bin nicht sicher, ob ich da wirklich diesen Unterschied sehe bzw. inwiefern es doch Überlappungen gibt.


    So oder so find ich das eine interessante und spannende Erkenntnis.



    Zitat


    Man wird ja im Alter angeblich oft etwas stur, und ich habe gemerkt, dass ich meine naturwissenschaftliche Seite immer erbitterter die Macht übernimmt. :grin
    D.h. mir ist vieles oft zu wertend. Und ich sehe einfach nicht ein, dass wir auf Menschen so einen komplett anderen Blick haben als auf Tiere.
    Tiere können nichts verkehrt machen, bei denen hat auch zunächst scheinbar Unbegreifbares immer irgendwas mit Instinkt oder Lebenserfahrungen zu tun.
    Und der Mensch besteht grundsätzlich aus Schadhaftem und Dysfunktionalem? Come on!
    Ich habe den Eindruck, dass Psychologie und Hirnforschung immer mehr in die Freudsche Richtung des "Irgendwie hat alles Psychische seinen Sinn" gehen, was mich sehr freut.


    Hm, ich habe das nie anders wahrgenommen, sprich ich hatte bisher nicht das Gefühl, dass Psychologie bestimmten Verhaltensweisen den Sinn abspricht. Es kann sein, dass z.B. in der VT weniger der Sinn hinter etwas gesucht wird, sondern man eher sagt: "Ist doch egal, ob das einen Sinn hatte oder nicht zu dem Zeitpunkt, als sich dieses Verhalten entwickelt hat. Heute hat es keinen Sinn mehr, wird geändert, hopp hopp." (übertrieben ausgedrückt). Bei der TP schaut man vielleicht genauer hin, weil man gemerkt hat, dass oberflächliches Rumdoktern nicht viel bringt. Wobei ich auch da einfach glaube, dass es an die Art und die Tiefe des Problems ankommt.



    Vielleicht hab ich das aber auch nie so wahrgenommen, weil es für mich immer so war - jedes Verhalten hat seinen Sinn, egal, wie seltsam das einem vorkommt. Und man kann das Verhalten eines anderen eben oft nicht nachvollziehen, weil man nicht alles in sich trägt, was der andere in sich trägt.


    Beim Thema "wertend/nicht wertend" muss ich immer grundsätzlich an Marshall Rosenberg denken, der ja auch sagte, dass alles, was ein Mensch tut, der Erfüllung seiner Bedürfnisse dienen soll. Manche Menschen haben vielleicht (in Augen andere) etwas seltsame Art, ihre Bedürfnisse zu erfüllen, aber den Gedanken mag ich.


    Johanna : Ich bin auch kein Freund von Bachelor und Master, aber das ginge jetzt zu weit... :lache

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