Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
Verlag: Kiepenheuer&Witsch (11. Mai 2015)
ISBN-13: 978-3462047424
Preis Gebundene Ausgabe: Euro 19.99
Preis Kindle E-Book: Euro 17.99
Autorin
Vea Kaiser, geb. 1988 in Österreich, veröffentlichte 2012 ihren Debütroman Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam, der Platz 1 der ORF-Bestenliste erreichte und Leser wie Presse gleichermaßen begeisterte. Übersetzungen ins Tschechische, Niederländische, Französische sowie eine Verfilmung sind in Arbeit. Nach ihrer Lesereise in über 100 Städte und 10 Länder studiert sie nun in Wien Altgriechisch. Vea Kaisers zweiter Roman Makarionissi oder Die Insel der Seligen erscheint im Mai 2015.
Kurzbeschreibung / Klappentext
Von Griechenland bis Niedersachsen, von den Fünfzigerjahren bis in die Gegenwart: In ihrem neuen Roman erzählt Vea Kaiser in ihrem einzigartigen Ton von der Glückssuche einer Familie und deren folgenreichen Katastrophen, von Möchtegern-Helden und Herzensbrechern. Und von der großen Liebe, die man mehrmals trifft. In einer niedersächsischen Kleinstadt wird die Erotik der deutschen Sprache entdeckt. In der österreichischen Provinz sehnt sich ein skurriler Schlagerstar nach einer Frau, die er vor 40 Jahren verlor. In einer Schweizer Metropole macht ein liebeskranker Koch dank pürierter Ameisen Karriere. Und auf einer griechischen Insel sucht ein arbeitsloser Gewerkschafter verzweifelt seinen Ehering, um dem Tod ein Schnippchen zu schlagen. Doch alles beginnt in einem vom Krieg entzweiten Dorf an der albanisch-griechischen Grenze. Mit einer Großmutter und Kupplerin par excellence, die keine Intrige scheut, um den Fortbestand ihrer Familie zu sichern. Und mit der klugen, sturen, streitbaren Eleni und ihrem Cousin Lefti, der sich nichts sehnlicher wünscht als Frieden. Als Kinder unzertrennlich, entzweien sich die beiden umso stärker als Erwachsene. Und kommen doch nie voneinander los. Mit hinreißender Tragikomik, einem liebevollen Blick für Details und furioser Fabulierlust folgt Vea Kaiser der Geschichte einer unvergesslichen Familie, die auseinandergerissen werden musste, um zusammenzufinden. Ein Roman über das Aushalten von Sehnsucht und Einsamkeit, über Neuanfänge, Sandburgen für die Ewigkeit und die Schönheit des Lebens als Postkartenmotiv.
Meine Meinung
Auf den neuen Roman von Vea Kaiser war ich gespannt und ich habe dem Erscheinungstermin erwartungsvoll entgegen geblickt. Vor knapp zweieinhalb Jahren hat mich das junge Fräuleinwunder mit ihrem in jeder Hinsicht herzerfrischenden Debüt "Blasmusikpop" überrascht und bis auf ein oder zwei kleine Kritikpunkte auch begeistert. Die Geschichten eines kleinen fiktiven Bergdorfes und deren schrullige Bewohner wurden zur Verblüffung aller zu einem Bestseller und ich weiss bis heute nicht, ob das nun eine leidenschaftliche Proklamation für den Alpen-Heimatroman war oder eine Persiflage auf das Genre der Heimatfilme wie wir es aus dem Fernsehen der 50er/60er/70er Jahre kennen oder ob sie sogar schelmisch den Spiess umdreht und mit einem listigen Konter die Possenreißer auf die Schippe nimmt die billig über Heimatfilme spötteln und sich darüber lustig machen? Ich weiss es nicht und frage mich ob sie das wohl selbst weiss?
Wenn unbekannte Schriftsteller/-innen mit ihrem ersten Buch unerwartet viel Erfolg haben steigt die Erwartungshaltung und der Druck mit einem mindestens gleichwertiges Werk nachzulegen dürfte immens gewesen sein. Thematisch hat sie den Familienroman der mehrere Generationen umfasst und das Leben in der Abgeschiedenheit eines Bergdorfes beibehalten aber sonst einiges neu mit eingebracht. Stilistisch hat sie sich weiterentwickelt und die ernsteren Passagen im vielfältigen zwischenmenschlichen Beziehungsgeflecht sind einerseits mehr geworden und haben andererseits an Tiefe gewonnen. Die Szenen in denen der Humor durchblitzt sind etwas weniger klamaukig und subtiler erzählt aber nicht minder spritzig mit feiner Feder niedergeschrieben worden. Die Handlungsfäden sind feiner gesponnen und Eva Kaiser hat sich ein klitzekleines bisschen davon gelöst ihre Figuren zu betüdeln aber die Herzenswärme mit denen sie sich ihnen widmet hat sie beibehalten. Insgesamt wirkt dieser Roman deutlich reifer als der Erstling.
"Blasmusikpop" war in vielerlei Hinsicht All-Age Literatur für Leser zwischen 15 und 99 Jahren aber hier dürften sich die untere Schwelle des Lesealters erhöht haben. Ich bin mir nicht sicher, ob junge Leser unter 25 Jahren, Ausnahmen wird es immer geben, mit diesem Buch restlos glücklich werden. Ich glaube, das Buch richtet sich eher an Leser die Zeitgeschichtlich etwas bewandert sind und sich durch das geschilderte Lebensgefühl ein paar Dekaden zurück in die Vergangenheit angesprochen fühlen und es möglicherweise Erinnerungen an die gute alte Zeit auslöst. *seufzer* Achja, früher war ja bekanntlich immer alles besser. Kann aber auch sein das ich mich in dieser Hinsicht komplett täusche denn immerhin wurde dieses Buch von einem 26-jährigen jungen Frollein geschrieben …
Die Geschichten nehmen ihren Ursprung im Jahre 1956 in der Gebirgslandschaft der albanisch-griechisch Grenzregion. Das dörfliche Leben fernab von Städten hat die Familien (-strukturen) geprägt und sie wirken auf mich irgendwie verschroben und eigenbrötlerisch. Wegen der explosiven politischen Situation in Griechenland der 60er Jahre verschlägt es die zwei Hauptfiguren ins niedersächsische Hildesheim und von dort zieht es sie in die Weltstädte Chicago und St. Pölten. Obwohl St. Pölten keine klassische Weltmetropole ist … oder doch? Die fiktive griechische Insel Makarionissi wird irgendwann zum neuen Lebensmittelpunkt und zum Schmelztiegel der Lebenswege und Generationen.
Vea Kaiser hat eine eigene Ausdrucksform gefunden Geschichten zu erfinden, zu erzählen und phantasievoll nach ihrem Gusto auszuschmücken. Manchmal wirkt sie damit etwas neunmalklug wenn sie in der Schwebe zwischen den Elementen der Realität und Dichtung Sätze, Abschnitte und Kapitel schmiedet aber sie macht das durch Charme und gewinnender Fabulierlust mehr als wett. Für mich ein tolles Buch voller seltsamer Personen und Ereignisse, manchmal etwas ausufernd aber immer voller erzählerischer Überraschungsmomente. Wertung: Mindestens 9 Eulenpunkte.