Die Sache mit dem Dezember - Donal Ryan

  • Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
    Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (25. Februar 2015)
    ISBN-13: 978-3257069273
    Originaltitel: The Thing about December
    Preis Gebundene Ausgabe: Euro 19.90
    Preis Kindle E-Book: Euro 17.99


    Autor


    Donal Ryan, geboren 1976 in Nenagh, im Süden Irlands, studierte Bauingenieurwesen und Jura in Limerick, wo er bei der Staatlichen Behörde für Arbeitnehmerrechte beschäftigt ist. Für seinen zweiten Roman ›The Spinning Heart‹ (2012) wurde Ryan mit dem Irish Book Award und dem Guardian First Book Award ausgezeichnet. Der Roman stand außerdem auf der Longlist des Man Booker Prize 2013. Donal Ryan lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Castletroy, Limerick.


    Kurzbeschreibung / Klappentext


    In einer Kleinstadt in Irland soll die Investition eines riesigen Konzerns alle Bewohner zu Millionären machen. Wenn da nicht Johnsey Cunliffe wäre, der seltsame und stille Johnsey, der kaum je ein Wort sagt. Die Farm seiner kürzlich verstorbenen Eltern ist das Kernstück des geplanten Bauprojekts. Gerade als sich ihm das Glück zuwendet, wird Johnsey von allen Seiten unter Druck gesetzt. Er soll verkaufen. Doch genau das will er nicht.


    Meine Meinung


    Johnsey ist ein Aussenseiter, ein Sonderling dessen Leben primär im eigenen Kopf stattfindet und nicht in der realen Welt. Zum einen führt er einen nicht enden wollenden Kampf mit den krampfenden Gedanken und dann gibts wieder diese Stunden in seinem Leben in denen er bloss dasitzt und um ihn herum nur Leere ist. Zu seinem Leid gesellt sich ein unattraktiveres Äusseres, Johnsey ist dick, und beides zusammen führt ihn in eine extreme soziale Isolation. Kaum zwischenmenschliche Kontakte und wenn dann wird der 24-jährige drangsaliert. Seine geliebten Eltern sind sein ein und alles und als sie sterben bleiben ihm nur seine starken Erinnerungen an sie. Ab und zu plagen ihn Suizid-Gedanken und da erscheinen eine Gumpe im Fluss oder der Querbalken im Kuhstall wie eine süsse Erlösung von der elenden Qual seines irdischen Daseins.


    Ein tragischer wie auch brutaler Zwischenfall bei dem er mit heftigen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden musste beschert ihm sowas wie die ersten Bekanntschaften in seinem einsamen Leben. Nuschel-Dave, ein anderer Patient und Siobhán die Krankenschwester mit der schönen Stimme. Da scheint sich ein weiterer Glücksfall für jungen Eigenbrötler anzubahnen. Sein einziger Besitztum, ein Stück Land samt kleiner Farm, wird von der Gemeinde umgewidmet und so wird aus der Landwirtschaftszone plötzlich begehrtes Bauland. Alle Nachbarn haben der Grundsatzvereinbarung zum Landverkauf schnell zugestimmt nur Johnsey weigert sich beharrlich ja zum lukrativen Geschäft zu sagen. Zu sehr hängen seine Erinnerungen an diesem Haus als das er es verkaufen und umziehen würde. Irgendwann bringt er aus dem Nichts die willkürliche Summe von 20 Millionen Pfund ins Spiel … viel zu viel! Mit dem gierigen Blick auf das schnell verdiente Geld vor Augen erhöhen die verärgerten Dorfbewohner den Druck auf den fragilen Johnsey endlich zu verkaufen. Die ländliche Idylle schlägt in Anfeindungen um und das in Gang gesetzte Rad der Turbulenzen dreht sich und niemand scheint es mehr stoppen zu können! Die kleine (Gedanken-) Welt von Johnsey droht zu zerbrechen.


    Der Schriftsteller Donal Ryan erzählt von der Verlorenheit von Menschen inmitten dörflicher Beschaulichkeit. Gemeinhin gelten Grossstädte als kalt und egoistisch und ein Dorf ist ein Platz in dem man sich noch um seine Nachbarn kümmert. Das kann so sein muss es aber längst nicht mehr. Der Gang der Zeit, die Veränderung der Menschen hin zum Egoismus räumen mit diesem harmonisch verklärten Vorurteil auf. Auch in ländlichen Siedlungen hält die Ichsucht Einzug. Wer sich nicht konformistisch Verhält wird schnell zum Einzelgänger. Das ist auch in einem kleinen irischen Kaff so.


    Dieses dünne Buch liest man in kurzer Zeit weg, es sind ja auch nur knapp 260 Seiten. Der Schreibstil ist nüchtern, klar und der Autor verzichtet dankenswerter Weise darauf unnötig auf die Tränendrüse zu drücken. Der Inhalt hat genügend Tragik in sich als das man dies noch künstlich verstärken müsste. Dennoch blitzen auch ein paar komische Textstellen durch. Ich bin überzeugt, dass dies ein Buch ist das die Gesamtheit der Leserschaft uneinig zurück lässt. Bei diesem Roman hängt so manches von der aktuellen Stimmung des Lesers ab. Kann er sich in die Personen hineinversetzen? Kann er den zwölf Kapiteln die jeweils einen Monat des Kalenderjahres repräsentieren und mit Rückblenden, Erinnerungen beginnen etwas abgewinnen? Hätte man den Roman möglicherweise textlich ausbauen können? Ist am Schluss alles gesagt was gesagt werden muss? Wertung: 8 Eulenpunkte

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Ein Jahr, das alles verändert…


    Bei dem vorliegenden Buch hat mich der Klappentext so sehr angesprochen, dass ich neugierig geworden bin. Was ich aber letztendlich geboten bekam war so viel mehr als ich erwartet hatte.


    Johnsey Cunliffe hat immer nur mit seinen Eltern zusammen gelebt und nach deren Tod ist er mit dem Leben überfordert. Warum sollte er den Besitz seiner Eltern verkaufen, wenn es doch das Einzige ist, was von ihnen übrig ist? Johnsey spürt alsbald, dass seine Entscheidung weitreichende Konsequenzen für sein Leben haben wird. Kann er sich der Mehrheit widersetzen?


    Bevor ich überhaupt auf den Inhalt eingehe, möchte ich erst einmal den unheimlich bildhaften Schreibstil des Autors loben, der einfach ein Lesegenuss an sich ist, unabhängig von der Geschichte. Man kann sich alles sehr genau vorstellen und regelrecht in Johnseys Welt abtauchen.


    Johnsey ist als Protagonist etwas ganz Besonderes, der mich manches Mal an Forrest Gump erinnert hat. Johnsey sieht sich selbst als Hornochsen an und die Kleinstadtbewohner behandeln ihn auch als solchen, dabei ist er ein Meister der Beobachtung und kann sehr gut andere Menschen einschätzen. Sein Schicksal berührt und nimmt einen als Leser emotional total mit, für mich eine sehr tragische Figur.


    Die Kleinstadtbewohner mit all ihren Eigenarten und vor allem Vorurteilen sind sehr gut dargestellt.


    Das Buch selbst ist in zwölf Kapitel unterteilt, die nach den Monaten des Jahres benannt sind. Die Handlung wird uns zum einen über Rückblenden, zum anderen als Gegenwartshandlung näher gebracht. Durch die Rückblenden bekommt man einen intensiveren Einblick in die Familie Cunliffe.


    Das Ende kommt dann sehr plötzlich und ist offen. Mich hat dies anfänglich gestört, doch nachdem ich das Gelesene etwas hatte sacken lassen, habe ich den Kunstgriff des Autors verstanden, denn egal welches Ende er gewählt hätte, als Leser wäre man nie so recht glücklich geworden, daher ist es besser, wenn man sich selbst noch seine Gedanken dazu machen kann.


    Fazit: Ein Roman mit Tiefgang, der zum Nachdenken anregt und mir wohl noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Unbedingt lesen!


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten