Titus Müller: Der den Sturm stillt

  • Vor dem Lesen war ich ein wenig skeptisch, ob das Buch so viel Neues hergibt. Die meisten Geschichten aus den Evangelien kennt man nach einiger Zeit ziemlich gut. Doch da ich noch kein anderes Buch von Titus Müller kenne, aber unbedingt mal eines von ihm lesen wollte, habe ich mit dem Lesen begonnen.


    Das Buch enthält 25 Geschichten, die sich auf Bibelstellen aus den vier Evangelien Matthäus, Markus, Lukas und Johannes sowie auf Bibelstellen aus der Apostelgeschichte stützen. Dabei wird die Reihenfolge, wie die Geschichten in der Bibel erzählt werden eingehalten. Die erste Erzählung handelt von der Geburt Jesu, weiter geht es mit der Verführung Jesu durch den Teufel, mit den Wundern die Jesus tat, Auseinandersetzungen mit den Pharisäern und der Kreuzigung und Auferstehung von Jesus. Hinten im Buch gibt es eine Übersicht über die verwendeten Bibelstellen und den Namen der behandelten Geschichten, so dass bei Unsicherheiten, auf welche Bibelstelle die Erzählung sich bezieht, dort nachgeschlagen werden kann.


    Mir hat das Lesen des Buches einen sehr interessanten, neuen Perspektivwechsel gebracht. Die Geschichten sind nicht wie in der Bibel erzählt, sondern werden durch zusätzliche Details und viele Dialoge lebendiger. Das Besondere an dem Buch sind aber die verschiedene Perspektive, aus denen die Erzählungen erzählt sind. Ob aus Sicht eines Dämons, aus Sicht von einem Pharisäer, von Judas, Barrabas oder Johannes dem Täufer, es sind keine typischen Perspektiven, die der Leser einnimmt. Aber durch diese Perspektiven wird das Buch spannend, denn man muss sich zwangsläufig mit der Interpretation der Geschichte auseinandersetzen und wird zur (inneren) Diskussion angeregt. Da die Erzählungen außerdem sehr kurz sind, könnte ich mir vorstellen, dass sie sich gut für einen Imput im Hauskreis oder für eine Andacht eignen.


    Mein erstes Buch von Titus Müller hat mir sehr gut gefallen. Ich kann es jedem empfehlen, der sich gerne auf eine neue Art und Weise mit den Geschichten aus den Evangelien auseinandersetzen möchte und neue Inputs sucht.

  • Ein erstaunlicher Mann. Bin mir sicher, dass wir noch viel von ihm hören werden. Man hat den Eindruck er bringt etwas völlig Neues in die Welt. Oder etwas Uraltes auf eine neue Art. (Seite 90)


    Meine Meinung


    Nachdem ich kürzlich Titus Müllers „Berlin Feuerland“ gelesen hatte, war ich sehr gespannt auf dieses so ganz andere Buch des Autors. Schon im Erstgenannten war mir aufgefallen, daß er das Thema Religion nicht, wie heute ansonsten üblich, ausklammerte, sondern es an passender Stelle Erwähnung fand. Wie würde der Autor mit den Berichten des Neuen Testamentes umgehen?


    Um es vorwegzunehmen: die hohen Erwartungen, mit denen ich an dieses Buch heranging, wurden voll und ganz erfüllt. Titus Müller erzählt bekannte Stellen aus dem Neuen Testament in Form von Kurzgeschichten nach. Dabei schmückt er die teils knappen Texte des Neuen Testamentes mit lebensnahen Details aus, so daß man beim Lesen das Gefühl hat, direkt dabei zu sein.
    Nicht ganz meine Erwartungen erfüllt hat die Ausstattung des Buches: im Anhang findet sich zwar sowohl eine Aufstellung der beschriebenen Bibelgeschichten wie auch der verwendeten Bibelstellen. Jedoch in zwei einzelnen, nicht miteinander verbundenen Beiträgen. Zwar gibt es dabei jeweils die Seitenzahlen im Buch, besser handhabbar wäre es jedoch gewesen, beide Angaben jeweils entweder den Geschichten direkt beizugeben oder diese am Ende mit den Kapitelüberschriften zusammenzuführen.


    Es ist vielfach bekannt, daß die Apostel Frauen und Kinder hatten, hier treten sie in manchen Geschichten selbst auf und verleihen den Erzählungen eine persönliche Note. Manche Begebenheiten oder Jesuszitate wurden mir erst durch die hier versammelten Geschichten so richtig verständlich und nachvollziehbar, etwa der Ausspruch „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder...“.


    Am Beeindruckendsten fand ich die Geschichte „Der Himmelsfürst“. Fast möchte ich meinen, sie gibt der Passion und der Auferstehung erst die richtige Dimension bzw. stellt diese in den richtigen Zusammenhang.


    Zum Ausklang bringt Titus Müller einige Begebenheiten nach der Auferstehung bis hin zum Hinweis auf die entstehenden Evangelien. Man stelle sich vor, Markus wäre nicht so „feige“ gewesen und hätte „nur“ alles aufgeschrieben. Wer weiß, ob das Christentum ohne das geschriebene Wort durch die Jahrhunderte bzw. Jahrtausende überlebt hätte. So hat vermutlich gerade dieses „feige“ Verhalten mehr zur Ausbreitung des Christentums beigetragen als so manche heldenhafte Tat.



    Kurzfassung


    Ein überaus lesenswertes Buch, das manche Begebenheiten aus dem Neuen Testament in völlig neuem Licht erstrahlen läßt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")