Angelina ist Putzfrau und "funktioniert" ganz gut. Sie erledigt ihren Job ordentlich, kümmert sich brav um ihre Mutter, kocht für ihren Freund, der sie immer wieder versetzt, und gibt ihm auch noch ihr hart verdientes Geld, das er dann im Casino verspielt. Das ist nicht das Leben, das Angelina sich gewünscht hat, aber was soll sie schon machen. Sie kommt ja eh nicht daraus, hat ja in der Schule nicht einmal richtig lesen und schreiben gelernt.
Christian ist Anwalt. Verdient mehr Geld als er ausgeben kann. Ist ein wichtiger Mann in der Kanzlei, weil es ihm immer wieder gelingt die richtig großen Fische an Land zu ziehen. Seine Freundin hingegen ist ihm davon geschwommen. Nun sitzt er da, einsam, mit einem Haufen Schwarzgeld, an das er irgendwie unglücklich geraten ist und dass er nun loswerden muss, um nicht im Gefängnis zu landen.
Da kommt es ihm ganz recht, dass seine - unangemeldete - Putzfrau bei einem Sturz von der Leiter ihr Gedächtnis verloren hat. Eigentlich wollte er nur hilfsbereit sein - musste er ja, denn er hätte sie kaum blutend in seiner Wohnung liegen lassen können -, aber dann erkennt er in ihr eine Möglichkeit sich selbst zu retten.
Rettung ist ein Schlagwort dieses Romans, der von Eva Baronsky in feinen Fäden verwoben wurde. Sowohl Christian als auch Angelina sind auf dem Weg sich in eine Richtung zu entwickeln, in der sie beide nur Schaden nehmen können. Angelina, die sich unter Wert verkauft und nach dem Unfall plötzlich ganz prächtig lesen und schreiben kann, die Klavier spielt, als sei sie mit Musik zur Welt gekommen und könne Töne fühlen, und Christian, der von Macht und Gier besessen in eine unglückliche und einsame Zukunft schippert und durch Angelinas "Echtheit", der Neugier eines Menschen, der die Dinge zum ersten Mal sieht und versucht sie bis ins kleinste Detail zu verstehen, zurück geholt wird in die Realität. Der nun seine Augen öffnet.
Besonders ergreifende Momente des Romans sind solche, in denen Angelina die Welt, die ihr so unbekannt geworden ist, erkundet. Melodiös und anrührend beschreibt die Friedrich-Hölderlin Preisträgerin Angelinas Schritte ins (neue) Leben.
Als modernes Märchen wird der Roman beschrieben. Eine Meinung, die ich teile. Märchen, weil es trotz offenen Endes doch einen eher "happy ending" Verlauf gibt und weil der Leser unbewusst ins Fahrwasser der Hoffnung und Gutgläubigkeit gerät, modern nicht nur wegen Christians Handykonsum, sondern vor allem deswegen weil die Rettung eben nicht nur vom Prinzen ausgeht. Mehr und mehr entwickelt sich die scheue Prinzessin zur wahren Heldin des Romans. Schön, strahlend, aber vor allem mit viel Stärke, spielt sie sich ins Herz der Leser und macht "Manchmal Rot" zu einem Roman, an den man gerne zurück denkt.