'Der Traum von Meer und Wind' - Seiten 067 - 121

  • Huih, die Stimmung im Hause Ahlhusen ist ja wirklich eher übel. Zumindestens zwischen den Erwachsenen.... Von Mina und Bethy bekommt man in dem Abschnitt ja leider nicht viel mit.


    Wilhelm ist wirklich sehr nervig, allerdings ist der Auftritt vor den Bankern doch recht wagemutig. So nach dem Motto Werner wird es dann schon richten... Aber die Aktion hinterher fand ich schon sehr grenzwertig. Vor allem als er anfängt Werner von Alba vorzuschwärmen.


    Hedwig hingegen ist mir in diesem Abschnitt sympathischer geworden, vielleicht auch, weil man mal hinter die Fassade kucken konnte. Den Wissensdurst hat Mina wohl von Ihrer Großmutter :-)

  • Zu Beginn hätte ich gern eine Kleinigkeit mehr über die Widerstände in Hamburg und den Zollverein etc erfahren. Klar, kann ich googlen. Und es steht ja auch nur "Roman" und nicht "Historischer Roman" vorne drauf. Ich sags ja auch nur ganz freundlich und am Rande.
    Gut, dass kurz vor Abschnittsende dann doch noch wenigstens eine Idee zu beobachten war.
    Im ersten Abschnitt wollte ich mir noch kein Urteil über das Verhalten von Minas Vater erlauben, irgendwie hatte ich immer noch die Hoffnung, ihn als - wenn auch nicht so frommen - Augustine St. Clare Nr. 2 zu sehen, also so wie der Papa von dem kleinen Mädchen aus "Onkel Toms Hütte" - schwach, aber nicht böse. Aber das hier ist kein St. Clare, das ist ein verlogener und verantwortungsloser Tropf, der sich nicht um seine finanziell von ihm abhängige Familie schert und auch nicht an seine Angestellten denkt.
    Allerdings sehe ich bei allem, was da nun vermutlich passieren wird, auf jeden Fall eine Mitschuld von beiden erwachsenen Borgmanns. Schon, weil die immer noch im Hause von Minas Eltern wohnen. Als Finanzmensch mit freier Hand verdient Vater Borgmann doch sicher so viel, dass es für eine kleine Wohnung reichen würde, Freundschaft der Mädchen hin oder her.
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Dann ist ja der Gedanke für die neue Geschäftsidee geboren. Und sie kam natürlich nicht von Wilhelm. Denn der hat ja weiterhin andere Dinge zu tun, als sich Gedanken über sein marodes Unternehmen zu machen. Ich möcht eihn manchmal nur packen und ordentlich schütteln.
    Auf Hedwig trifft wohl sehr gut der Spruch "Harte Schale, weicher Kern" zu. So wie sie ihre Ehe schildert, wurde es ja früher in den besseren Kreisen gerne getan. Hauptsache es ist zum Nutzen für das Geschäft, was die Gefühle wollen, ist Nebensache. Und das ein Leben lang.
    Das Werner mit seiner Familie noch bei Wilhelm wohnt, kann ich auch nicht verstehen. Schließlich hat er ja den besten Überblick, wie es um den Betrieb steht.

  • Mit solchen Leuten wie Wilhelm, die 10 Minuten vor dem Termin immer noch die Ruhe weg haben, hab ich echt meine Schwierigkeiten. Schon beim zu spät kommen alleine, aber dann auch noch unvorbereitet zu so einem wichtigen Termin zu kommen ist echt unglaublich...



    Zitat


    Original von Maikäfer
    Allerdings sehe ich bei allem, was da nun vermutlich passieren wird, auf jeden Fall eine Mitschuld von beiden erwachsenen Borgmanns. Schon, weil die immer noch im Hause von Minas Eltern wohnen. Als Finanzmensch mit freier Hand verdient Vater Borgmann doch sicher so viel, dass es für eine kleine Wohnung reichen würde, Freundschaft der Mädchen hin oder her.


    da hast du sicherlich nicht ganz unrecht. Zumal Werner ja auf öfter ziemlich deutlich vor Augen geführt wird was Wilhelm für eine Type ist. Das er ausgerechnet hinter Alba nicht her sein soll ist da eigentlich ziemlich abwegig.
    Vielleicht ist es zum Großteil Dankbarkeit die die Borgmanns noch im Haus der Alhusens hält, trotzdem wird das am Ende sicherlich nicht gut ausgehen...


    Die Geschäftsidee ist also geboren, natürlich nicht von unserem versoffenen "Freund" sondern von Alba....

  • Mina gefällt mir mit ihrem großen Wissensdurst sehr gut, was wiederum aber sicherlich sehr schwer zu leben ist. Am Beispiel Hedwigs ist das ja gut zu erkennen. Das Frauenbild dieser Zeit ist eben ein ganz anderes. Das Beispiel, das Mina vom Hauslehrer erwähnt, bringt es auch gut auf den Punkt: "Herr Köpke will mir einfach keine Bücher über Physik u. Technik mitbringen. Er behauptet, dass der Geist von Frauen dergleichen nicht erfassen kann...." (S. 76)


    Der Banktermin war schon eine totale Farce, Werners Bedenken kann ich da gut verstehen. Als zwischen Wilhelm und seiner Mutter die Fetzen flogen, wird schon auch sehr klar, wie sehr beide in ihren jeweiligen "Rollen", die sie zu jener Zeit zu spielen bzw. leben hatten, gefangen sind.


    Bin sehr gespannt, wie's weitergeht, wo die Gründe für die im Prolog angedeuteten Streitigkeiten liegen :gruebel

  • Gestern und heute kam ich praktisch nicht zum Lesen, weshalb ich leider noch kaum weiter gekommen bin. Nur ein paar Anmerkungen (bin etwa in der Hälfte des Abschnitts):


    S 73, den Begriff „Geschäftsidee“ empfand ich als ziemlich modern (also eher unserer Zeit angehörend).


    S. 75 Linde. Ich habe erst überlegt, ob wir einen Linde Kühlschrank hatten, war in meiner Kindheit aber einer von Bosch. Der Name war mir dennoch bekannt, in meiner Heimatstadt Aschaffenburg gab (und ich meine gibt) es ein Werk der Linde AG.


    S. 78, die Dampfmaschine. Also das ist für mich ganz leicht zu beantworten. Dampfmaschinen sind in ihrer Funktionsweise ziemlich einfach zu verstehen. :grin ;-)


    Ansonsten sind meine Vermutungen, daß Wilhelm Alba nachstellt, anscheinend richtig gewesen. Nur bisher ist wohl noch nichts passiert.


    Hätte Hedwig mehr zu sagen, ginge es der Werft vermutlich besser.


    Mehr, wenn ich den Abschnitt durch habe.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hedwig gefällt mir in diesem Abschnitt auch viel besser als im vorherigen.
    Wilhelm finde ich immer furchtbarer :-(. Wie er sich vor dem wichtigem Termin benimmt... und dann auch noch hinterher... Hoffentlich bekommt er für sein unmögliches Verhalten nicht noch eine "Rechnung" präsentiert...


    Mina scheint wirklich sehr wissbegierig zu sein. Und die Familie Borgmann hat es bei den Ahlhusens gut angetroffen. Für Werner ein echter "Aufstieg". Hoffentlich macht die Firma jetzt nicht pleite...


    Alba ist immer noch eine meiner Lieblingspersonen, dicht gefolgt von Mina. Bethy kann ich nicht richtig einschätzen - über sie muss ich erst noch mehr lesen... :gruebel

  • Zitat

    Original von SiCollier


    S 73, den Begriff „Geschäftsidee“ empfand ich als ziemlich modern (also eher unserer Zeit angehörend).


    Es ist allerdings wirklich so gewesen, dass Albert Ballin seine Idee später als "ingeniöse Geschäftsidee" bezeichnet hat. Also dürfte der Ausdruck damals durchaus gebräuchlich gewesen sein.

  • Zitat

    Original von CarlaFederico
    Es ist allerdings wirklich so gewesen, dass Albert Ballin seine Idee später als "ingeniöse Geschäftsidee" bezeichnet hat. Also dürfte der Ausdruck damals durchaus gebräuchlich gewesen sein.


    Danke. :-) Ich war sowieso an manchen Stellen überrascht, wie modern das wirkt. Etwa S. 86 und 106, als Hedwig über einen ehrenhaften Kaufmann sinniert. Die Beschreibung über die Aktiengesellschaften passt auch heute noch wie die Faust aufs Auge. Die "schrecklichen Zeiten" sind geblieben.


    Mit einem Riesen Bluff ergaunert sich Ahlhusen einen neuen Kredit. Aber ich schätze, seine Affäre mit Frau Graff wird ihm später noch zum Verhängnis werden. Zu sehr ist ihr Mann gekränkt.


    Anschließend will Ahlhusen feiern, und zwingt Werner, mit ihm zu gehen. Er muß ziemlich betrunken sein, daß er zu Werner so offen über dessen Frau spricht. (Wir sind immerhin im Jahr 1889!) Der bleibt erstaunlich ruhig.


    Währenddessen kommt es zwischen Hedwig und Alba zu einer Art Gespräch. Kein Wunder, daß Hedwig so hart geworden ist. Bei dem Leben! Das hat dann, wie man aus Wilhelms Äußerungen Alba gegenüber schließen kann, im Gegenzug dazu geführt, daß Wilhelm so wurde, wie er ist. Er will nicht so leben wie seine Mutter. Bis zu einem gewissen Grade sind die in einem Teufelskreis gefangen. Aber durchbrechen werden sie ihn wohl nicht.


    Derweil macht Wilhelm sich tatsächlich an Alba heran und läßt durchblicken, daß er ihre geheimen Wünsche durchschaut hat. Dabei entsteht dann tatsächlich eine Idee, die Reederei zu retten. Zum Leidwesen von Wilhelm. Nur was stellt der sich vor, wenn er bankrott gehen sollte? Dann fällt er doch auch ins Nichts. Aber soweit zu denken, reicht es bei ihm vermutlich nicht (mehr).



    Irritiert hat mich auf S. 108, daß Hewig erwähnt, sie sei mit ihrem verstorbenen Mann vor über zwanzig Jahren dabei gewesen, als der Kaiser Hamburg besuchte. Sie spricht etwa 1889, zwanzig Jahre vorher wären etwa 1869. Ähm, da gab es keinen deutschen Kaiser. Es ist auch von "Schwarz-Weiß-Rot" die Rede, den Farben der Flagge des Norddeutschen Bundes. Vielleicht ist der der preußische König gemeint?

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")


  • Die Kritik an den Aktiengesellschaften, die damals sehr oft geäußert wurde, ist in der Tat sehr aktuell.


    Was des Kaisers Buch in Hamburg anbelangt, hat sich tatsächlich hier ein Fehler eingeschlichen. Der Besuch hat 1877 stattgefunden und in der Erstfassung meines MS spricht Hedwig deswegen auch von "zehn Jahren". Keine Ahnung wie in der Überarbeitung dann zwanzig Jahre draus wurden ;-)

  • Dachte ich mir doch, das Ahlhusen irgendwie nicht so in den Job passt, wie die Familie bzw. seine Mutter das erwarteten.


    Mit seinem Bluff (er steht ja noch nicht mal dazu, das er „Hilfestellung“ bei den Gedanken zu dieser Geschäftsidee hatte) ergaunert er sich bei der Bank den neuen, notwendigen Kredit. Allerdings vermute ich auch, das Herr Graff noch irgend etwas im Schilde führt – denn keiner wird sich so zum Hahnrei machen lassen…


    Nach Kreditzusage will Ahlhusen das machen, was er am liebsten macht: Feiern. Am liebsten natürlich mit viel Alkohol und auch gerne in einschlägigen Etablissements. Das er nicht alleine feiern möchte, zeigt mir, das er nie wirklich Freunde gehabt hat bzw. immer irgendwie ein Außenseiter gewesen ist. Das er Werner mitnimmt und mit ihm über Alba spricht, finde ich schon sehr gewagt.


    Während die Damen zu Hause warten, erzählt Hedwig erstmals Alba etwas von ihrem früheren Leben. Jetzt wird deutlicher, warum Hedwig so eine starke, harte, große Person ist. Wenn sie diese Erfahrungen auch in die Erziehung von Wilhelm eingebracht hat, wird mir klarer, warum er so ein weicher Mann ist – er hätte einen vollkommen anderen Job wählen sollen und müssen – sprich, sich komplett von der Familie abwenden müssen, um „normal“ zu leben.


    Das Ahlhusen sich an Alba heranmacht, kann ich einerseits verstehen, andererseits stößt es mich ab. Das er schöne Frauen mag, ist ja ok, und Alba scheint eine solche gewesen zu sein, aber: es heißt doch: die Frau eines anderen ist Tabu – nur nicht wenn man Ahlhusen heißt. Nicht, das ihm das eines Tages zum Verhängnis wird.


    Ich frage mich, was Ahlhusen machen will, wenn seine Idee nicht zündet oder irgend eine außergewöhnliche Situation eintritt und er pleite geht bzw. wie man damals sagte: liquidieren muss (Buddenbrooks lassen grüßen).

  • Zitat

    Original von CarlaFederico
    Die Kritik an den Aktiengesellschaften, die damals sehr oft geäußert wurde, ist in der Tat sehr aktuell.


    Mir fällt sowieso immer mehr auf, daß sich grundsätzlich so vieles eigentlich nicht geändert hat, höchsten das Niveau (z. B. wirtschaftlich) ist heute ein anderes. Die Gedanken hatte ich kürzlich bei Titus Müllers "Berlin Feuerland" und auch beim danach gelesenen Buch von Christoph Nonn "Das 19. und 20. Jahrhundert".



    Zitat

    Original von CarlaFederico
    Was des Kaisers Buch in Hamburg anbelangt, hat sich tatsächlich hier ein Fehler eingeschlichen. Der Besuch hat 1877 stattgefunden und in der Erstfassung meines MS spricht Hedwig deswegen auch von "zehn Jahren". Keine Ahnung wie in der Überarbeitung dann zwanzig Jahre draus wurden ;-)


    Och so ein Mißgeschick passiert ganz leicht. Und man entdeckt es immer´erst in der fertigen Auflage. :-)



    Zitat

    Original von hke
    (...) pleite geht bzw. wie man damals sagte: liquidieren muss (Buddenbrooks lassen grüßen).


    "Pleite gehen" und "liquidieren" sind zwei völlig verschiedene Dinge! Ersteres bedeutet, daß man zahlungsunfähig wird und Konkurs anmeldet (wie das früher hieß), Letzteres ist eine geordnete Abwicklung und Schließung der Firma, eben gerade OHNE einen Konkurs bzw. Insolvenz.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von hke
    in diesem speziellen Fall glaube ich nicht, das Mina den Unterschied ad hoc kennt. Für sie ist liquidieren und pleite gehen erst einmal das gleiche.


    Wahrscheinlich hast Du recht. Vor einiger Zeit habe ich sogar einer Mitarbeiterin der IHK (das sind die Institutionen, in denen Zwangsmitgliedschaft herrscht) den Unterschied zwischen Insolvenz und Liquidation erklären müssen. Mina ist also in guter Gesellschaft. :grin ;-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ahlhusen ist nicht geborene Reeder, aber das hatte ich mir schon gedacht und das er dadurch sein Glück woanders sucht egal wie es aussieht war mir eigentlich auch schon klar.
    Ich verstehe einfach nie wieso die Familien ihre Kinder in die Unternehmen zwingen auch wenn sie kein Interesse haben, ist ja heute teilweise noch nicht anders.


    Alba erfährt komischerweise von beiden Ahlhusens ihre Geschichte und tja sie gibt wohl Wilhelm den richtigen Anstoss seine Firma zu retten nur ob es klappt, da kann man sich noch nicht so ganz sicher sein.


    Werner tut mir irgendwie leid, denn er buckelt sich krumm und hat noch nicht was erreicht, denn sie leben und arbeiten immer noch mit Ahlhusen unter einem Dach.


    Bei Bethy bin ich mir auch noch nicht so sicher, ob der Umgang mit Mina der richtige ist, aber ich bin gespannt und werde mich jetzt ans weiterlesen machen.

  • Na, das ist ja eine tolle Atmosphäre bei den Ahlhusens. Schon jetzt scheint sich abzuzeichnen, dass Wilhelm sein Erbe gegen die Wand fährt, oder knapp an einer Pleite vorbei schliddert. Sie treffen sich ja schließlich auf einer Kreuzfahrt, also muss ihm zu der Zeit ja doch noch nicht das Geld ausgegangen sein.


    Die arme Alba mag Wilhelm nicht, ist aber trotzdem von ihm irgendwie fasziniert. Mal sehen, ob sie auch noch sein Opfer wird. Das wäre natürlich übel für ihre Familie zumal Wilhelm nicht sehr diskret ist, wie man bei Ilse und ihrem Mann sieht.


    Was wohl aus Bethy und Mina wird? Ich bin gespannt, ob ihre Freundschaft haltbarer wird als die Beziehung zwischen ihren Vätern. :gruebel


    Ich hoffe, dass es bald mal wieder um die Kreuzfahrt geht und freue mich schon auf den nächsten Abschnitt.