Glendon Swarthout - The Homesman - Es führt ein Weg zurück

  • Taschenbuch: 368 Seiten
    Verlag: Heyne Verlag (10. November 2014)
    ISBN-13: 978-3453418172
    Originaltitel: The Homesman
    Preis Taschenbuch: Euro 9.99
    Preis Kindle E-Book: Euro 8.99


    Autor


    Glendon Fred Swarthout, 1918 in der Nähe von Pinckney, Michigan geboren, schrieb 16 Romane und zahlreiche Kurzgeschichten. Berühmt wurde er vor allem durch seine großen Western, die heute als Klassiker gelten. Viele seiner Bücher wurden erfolgreich in Hollywood verfilmt, u. a. mit John Wayne und Paul Newman. Swarthout verstarb 1992 in Scottsdale, Arizona, und wurde 2008 posthum in die Western Writers Hall of Fame aufgenommen.


    Kurzbeschreibung / Klappentext


    Amerika 1862 – irgendwo in Missouri: Das Leben der Siedler ist unerträglich hart. In diesen dunklen Zeiten zerbrechen vier Frauen an Einsamkeit und Hunger. Man beschließt, sie in den Osten zurückzubringen, in ein besseres Leben. Die resolute Mary Bee Cuddy wird ausgewählt, um den Treck zu führen. Doch sie weiß, dass sie allein keine Chance hat, und muss sich auf die Unterstützung des Abenteurers Briggs verlassen. Entschlossen treten sie den gefahrvollen Weg an, der durch die Weiten der gnadenlosen Wildnis führt ...


    Meine Meinung


    Ob es ein Blick nur ein paar Wochen zurück oder gar ein paar Jahrhunderte in die Vergangenheit ist, eines steht fest: Die Geschichte wird meistens von den Siegern geschrieben. Dies führt zu einer Glorifizierung von Menschen, Taten und Handlungen und blendet die unangenehmen Tatsachen aus. Im Genre der Western, sei es nun Film oder Literatur, ist diese Verherrlichung besonders gut zu sehen. Eine romantisch verklärte Sicht auf Heldengeschichten wie John Wayne oder Winnetou kennen wir alle aber wie hart und brutal das Leben im Wilden Westen tatsächlich war und welche Tragödien es gegeben hat wird nur in wenigen Berichten festgehalten. Der Schriftsteller Glendon Swarthout hat sich einem unbekannten Kapitel der Eroberung des Wilden Westens angenommen. Er interessiert sich für die Verlierer, die Geschundenen und die gebrochenen Menschen deren Schicksale verschwiegen werden und die nur eine kleine Fussnote in der Geschichtsschreibung sind. Menschen die in kaum zivilisiert zu nennender Umgebung an den Hoffnungen und Träumen mit denen sie aufgebrochen waren, an den Aufgaben die sie sich aufgehalst haben gescheitert sind und dabei den Verstand verloren haben. Oder wie man umgangssprachlich sagt verrückt geworden sind.


    Die Siedler zogen in kleinen Trecks in den verheissungsvollen Westen und fast jeder konnte ein Grundstück erwerben und sich dort seine Existenz mit harter Arbeit aufbauen. Aber selbst die unermüdlichsten Farmer waren machtlos wenn die Natur ihre fatalen Wetterkapriolen schlug. Brennend heisse Sommer die den Großteil der angebauten Pflanzen verbrannten und Nutzvieh verdursten liessen oder eiskalte Winter die länger anhielten als gewohnt wirken zerstörerisch und bringen die Siedler in finanzielle Notlagen und schlagen stark auf deren psychische Verfassung. Mehrere Meilen entfernt vom nächsten Nachbarn bleiben die Familien in autarker Lebensform monatelang unter sich und mussten für ihre Überleben selbst sorgen. Aber was wenn eine Geburt im tief verschneiten Winter ansteht? Was wenn Kinder schwer erkrankt sind und keine Medizin oder Doktor erreichbar ist? Was wenn ein ausgehungertes Wolfsrudel ein notdürftig zusammengebautes Farmhaus umstellt? Die seelischen Qualen, den Schmerz, das Elend das die Menschen aushalten mussten können wir uns heute nicht ansatzweise vorstellen. Kein Wunder das einige ab dem Kummer und Leid sich in ihre eigene geistige Welt zurückzogen und eine undurchdringliche Barrikade um ihre Seele schufen. Kurz, sie wurden verrückt.


    In diesem Roman geschieht dies nach einem nicht enden wollenden Winter vier Frauen. Apathisch, unansprechbar, geistig weggetreten leben sie auf den Farmen und sind für ihre Familien zur Last geworden. Es gab damals, die Geschichte spielt im Jahre 1862, tatsächlich kleine Trecks die irre gewordene Menschen in den Osten zurückgebracht haben. Mary Bee Cuddy, selbst eine Farmerin, nimmt die beschwerliche Aufgabe an, sammelt die geisteskranken Frauen ein und führte sie mit einem Kastenwagen Richtung Ostküste. Unterwegs gabelt sie das Raubein Briggs auf der sich wohl oder übel der kleinen Truppe anschliessen muss. Gemeinsam begeben sie sich auf eine gefährliche Reise.


    Ein Western der sich vom gewohnten Einheitsbrei abhebt und ganz anders ist als alles was ich in dieser Rubrik kenne. Ich glaube, dass dieses Anders sein vom Autoren bewusst so gewollt war und mit dem er bis zu einem gewissen Punkt auch spielt. Dies bezieht sich nicht nur auf das Thema sondern auch die unerwarteten Wendungen die die Handlung nimmt. Besonders in der zweiten Hälfte war ich des öfteren überrascht, in welche Bahnen der Autor das Geschehen nun leitet. Ob dies gelungen ist oder ob es aus dramaturgischer Sicht ein Fehler war wird jeder Leser für sich selbst beurteilen müssen. Der Schreibstil ist prägnant, einfach zu lesen und gibt zu keiner Kritik Anlass aber lässt mich auch nicht gerade vor Freude tirilieren.


    Ich muss zugeben, dass mich die Geschichte inhaltlich beeindruckt und berührt hat. Mal etwas ganz anderes abseits des Mainstreams und für mich lesenswert. Es gibt berechtigte Argumente für eine bessere Bewertung aber auch Passagen mit denen ich nicht sonderlich glücklich war und deshalb bewerte ich das Buch per Saldo aller relevanten Fakten und aus dem Bauch heraus mit acht Eulenpunkten mit Tendenz zum neunten.

  • „The Homesman“ ist ein Roman über die Pioniere der Besiedelung des amerikanischen Westens im Jahr 1862. Man lebte noch in Sodenhäusern und das Leben verlangte den Menschen viel, sehr viel ab, manchmal mehr, als sie zu ertragen in der Lage waren. Voller Hoffnungen begannen sie ihr Leben in der Wildnis. Dort waren die Siedler nicht nur den Naturgewalten ausgesetzt, auch Krankheiten und die Einsamkeit machten das Leben mitunter nur schwer erträglich. Besonders die Frauen litten unter den Bedingungen und nicht alle waren den Widrigkeiten gewachsen. Von vier dieser Frauen, die daran zerbrachen, erzählt Glendon Fred Swarthout in seinem Roman. Die Frauen waren aber nicht besonders zart besaitete Wesen, das Leben verlangte ihnen einfach mehr ab, als sie psychisch verkraften konnten. Ihre Männer wussten keinen anderen Rat, als einen Treck gen Osten zu organisieren.


    Zugegeben, ein wirklich glühender Liebhaber von Wild-West-Romanen bin ich nicht. Trotzdem habe ich diesen unglaublich gern gelesen. Was war nun genau so fesselnd an diesem Roman?


    „The Homesman“ ist keiner der üblichen von Wild-West-Romantik, Revolverhelden und Indianerüberfällen strotzenden Western. In ihm geht es vorrangig um das Leben und Leiden der Pioniere und die lange, beschwerliche und gefährliche Reise der Gescheiterten zurück in die Zivilisation. So grundverschieden die Schicksale der vier Frauen sind, so sehr ähneln sie sich auch. Mit viel Einfühlungsvermögen schildert Glendon Fred Swarthout das Geschehen, das zum Erkranken der Frauenseelen führte. Er hat damit das Bild einer Gesellschaft geschaffen, das weit entfernt von jener gängigen Western-Idylle a la Karl May oder John Wayne ist. So kommt dieser Roman (fast) völlig ohne Schießereien aus, was nicht bedeutet, dass er nicht hart ist. Die darin vorkommende Härte ist anders, es ist die des Lebens der amerikanischen Pioniere, die sehr authentisch wirkend und intensiv beschrieben wurde.


    The Homesman hat mich stark beeindruckt, weil er auf mich so real und glaubhaft wirkte, so intensiv war und über eine sehr dichte Atmosphäre verfügt. Mit den geschilderten Problemen und Grausamkeiten, auch besonders denen im Umgang mit den psychisch kranken Frauen, konnte ich gut umgehen, wurden diese doch nicht des Effektes wegen beschrieben, sondern gehörten untrennbar zur Besiedelung des Westens. Es war zwar nicht immer leicht, davon zu lesen, doch öffnete sich damit auch ein völlig neuer Blick auf die damalige Zeit, die von Pioniergeist, Mut und unbändigem Willen geprägt war.