Taschenbuch: 304 Seiten
Verlag: Knaur TB (1. April 2015)
Klappentext:
Hier kommt Mimi Balu! Diesen Namen sollten Sie sich merken, denn Mimi steht kurz vor dem internationalen Durchbruch als Sängerin. Sie ist hochtalentiert, äußerst fotogen und hat es aus ihrem sächsischen Geburtsort bis nach London geschafft. Das Einzige, was ihre Karriere als Weltstar behindern könnte, ist ihr fortgeschrittenes Alter, denn Mimi geht unaufhaltsam auf die Vierzig zu. Nichts liegt Mimi ferner als der Gedanke an ihre Heimat, doch genau dorthin muss sie wegen eines familiären Notfalls zurück – eine Heimkehr mit ungeahnten Folgen …
Die Autorin:
Kati Naumann wurde 1963 in Leipzig geboren und lebt mit ihrer Familie inLeipzig und London. Sie studierte Museologie und arbeitete im Buchmuseum der Deutschen Bücherei Leipzig und im Musikinstrumenten-Museum der Universität Leipzig.Sie schrieb Gedichte und lyrische Texte für Rockbands, Songtexte für meditativen Ethnopop und für verschiedene Künstler. Ihr Erfolgs-Musical "Elixier" (Musik vom "Prinzen" Tobias Künzel), an der Oper Leipzig uraufgeführt, wurde vom Spiegel als "Eastside
Story aus Bitterfeld" bezeichnet und mit der "Rocky Horror Picture Show" verglichen. Außerdem arbeitete sie an diversen Musiksendungen des NDR Fernsehens mit und schrieb Drehbücher.
Meine Meinung:
Mimi Balu, gerade 40 geworden, bürgerlicher Name Michaela Balutzke, ist gelernte Bäckereifachverkäuferin. Ihre Familie besitzt seit vielen Jahrzehnten ein Geschäft in Limbach-Oberfrohna, und Mimi ist vor zwanzig Jahren nach London getürmt, um das pulsierende Leben zu spüren und ihrem Geburtsort mit all den neugierigen Einwohnen zu entfliehen. In der Bäckerei stehen und schwitzen? Nich mit Mimi!
Und sie hat es tatsächlich geschafft. Denkt man. Doch dem ist nicht ganz so, denn sie hält sich mit Gelegenheitsjobs und vor allem einem herzensguten Sponsor, ihrer Oma Trude, über Wasser. Von ihr erhält sie viel Geld, um alle möglichen Zertifikate zu bekommen. Sei es nun im Klempnerbereich, im Nähen oder Tanzen. Mimi kann so ziemlich alles, doch von Nutzen scheint es nicht zu sein.
Ihr Zuhause in London ist spartanisch eingerichtet, das Dasein in der Metropole schnelllebig, verrückt und eben ganz anders als das in Sachsen. Und das gefällt ihr. Mit ihrer Band "Girls Club" will sie richtig durchstarten, doch dann kommt es anders als gedacht.
Ich gebe zu, dass ich mit Mimi anfangs meine Probleme hatte. Jeder hat seine Träume, Wünsche und Vorstellungen vom Leben, und das muss auch so sein, denn wenn man diese nicht hat, und nicht einen Traum davon erfüllt, hat man nicht gelebt. Trotzdem sollte man sich nicht auf liebe Großmütter verlassen, die einem das aufregende Leben in einer Millionenstadt finanzieren. Doch was wäre eine Geschichte, die sich nicht weiterentwickelt? Und was wäre eine weibliche Hauptfigur, die das ebenfalls nicht tut? Dann würde man sich am Ende der Lektüre fragen, was sie (nicht) dazugelernt hat, und was man als Leserin für sich mitnehmen sollte.
Dieser Selbstfindungstrip ist gut gelungen. Wir sind für uns verantwortlich, nur wir können etwas ändern, es muss aus uns und aus dem Herzen kommen, dann kann man etwas ändern und auch schaffen.
Der heimliche Star ist aber Oma Trude, die ein gut gehütetes Geheimnis hat. Sie ist eine aktive und rüstige Frau, die so manches Schmunzeln hervorruft. Überhaupt funktioniert und gestaltet sich der Roman um sie und ihre Freundinnen herum. Das hatte ich so nicht erwartet, ist aber für die Handlung sehr ausschlaggebend.
Es gibt keine Liebesgeschichte, in der ein Londoner Prinz vom Doppeldeckerbus springt und sich Mimi Balu vor die Füße wirft, und es gibt auch keinen Mann, der in der Balutzke-Bäckerei ein großes Streuselherz backen lässt und es ihr feierlich mit Liebesbekundungen überreicht.
Das fand ich erfrischend, denn nicht in jedem Buch muss es die beiden ulimativen Verliebten geben. Hier agieren Männer gerade mal am Rande.
Vielleicht gibt es doch eine Liebesgeschichte, oder sogar mehrere: Die Liebe zu einem erfüllten Leben, zu Großmüttern, die nach Tosca duften, zu London, der überfüllten, aber spannenden Stadt im Herzen von Großbritannien, zu hausgemachtem Kuchen mit viel Butter. Sind das nicht auch kleine und feine Liebesgeschichten, die das Leben prägen? Ich denke doch.
Das Buch erzählt von Träumen, Hoffnungen, davon, sich selbst zu finden, ehrlich zu sich zu sein, das Leben in die Hand zu nehmen und etwas zu wagen, denn nur so hat man die Chance, sich einen langgehegten Wunsch zu erfüllen.
Sehr gelungen fand ich die Beschreibungen von London.
Sächsische Sehnsüchte treffen auf britische Lebensfreude.
7 Punkte.