Broschiert: 416 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
erschienen am 14. April 2015
Originaltitel: Hidden
zur Autorin: Quelle Randomhouse
Catherine McKenzie lebt mit ihrem Ehemann im kanadischen Montreal. Sie studierte Geschichte und Jura und arbeitet heute als Anwältin. Nebenbei bloggt sie für The Huffington Post.
Ebenfalls gibt es eine informative Website der Autorin.
zum Inhalt:
Wenn der Partner und Vater des eigenen Kindes viel zu früh aus dem Leben gerissen wird, ist das schwer zu verkraften. Jeff ist erst 39 Jahre alt als er auf dem Heimweg durch einen Autounfall tödlich verletzt wird. Auf seiner Beerdigung trägt sein zwölfjähriger Sohn Seth ein bewegendes Gedicht vor. Auf Fragen seiner Mutter zeigt er ihr ein Buch, das er in der unausgepackten Reisetasche seines Vaters gefunden hat. Darin ist auch eine persönliche Widmung. Plötzlich stellt sich für Claire die Frage, was besagte Tish für Jeff dargestellt hat. War es tatsächlich nur eine Kollegin, oder war da mehr?
meine Meinung:
Catherine McKenzies vierter Roman beginnt mit einem emotionalen Thema. Jeff steht vor der Aufgabe, einen langjährigen Kollegen entlassen zu müssen. Seine Kollegin Tish aus der Personalabteilung gibt ihm vorher wertvolle Tipps. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sie ihm später mehrere SMS schickt und ihn erreichen will. Sobald die Perspektive aber auf ihre Sicht wechselt, erscheint das Verhältnis nicht mehr so harmlos kollegial. Der Leser ahnt, dass da mehr gewesen sein muss. Tish trauert allein um ihren Kollegen und kann außer mit ihrer besten Freundin mit niemanden darüber reden.
Auch bei Claire ist nur scheinbar alles so, wie man es erwartet. Die junge Witwe ist verständlicherweise durch ihre Trauer wie gelähmt. Ihre Schwester Beth steht ihr in dieser Zeit bei und kümmert sich vor allem um Seth. Auch Jeffs Bruder Tim ist aus Australien gekommen und versucht so weit es geht, Trost zu spenden. Was nach familiären Zusammenhalt aussieht, ist für manche ein Anstoß. Claire und Tim waren früher ein Paar. Aus Jeffs Perspektive wird schnell deutlich, dass die fehlende Aussprache darüber die Ehe belastet hat.
Der stete Wechsel zwischen den drei Ansichten in der Ich-Form gibt ein umfassendes Bild. Während Jeff die Vergangenheit erklärt, kommen die beiden Frauen mehr im Jetzt zu Wort. Da jede Figur so ihre geheimsten Gedanken mitteilt, bleibt nichts ungeklärt. Der Leser ist mit seinem Wissen jedoch immer eine Nasenlänge voraus. Das hat vor allem beim Verständnis des Verhältnisses der beiden Arbeitskollegen von Vorteil. Sie fühlen sich zueinander hingezogen, wollen aber ihre Familie aus Verantwortungsgefühl auch nicht aufgeben. Es geht um zerbrechliche Gefühle, die die Partner verletzen würden.
Die Charaktere werden lebendig genug dargestellt, um sie authentisch wahrzunehmen. Man hat stets das Gefühl, die Familien könnten auch nebenan wohnen. Trotzdem geben sie nur soviel von sich preis, damit der Fokus allein bei ihrem Verhältnis zueinander bleibt. Auffallend ist, dass niemand vollkommen schuldlos an der entstandenen Situation ist. Der Originaltitel Hidden trifft den Inhalt des Buches meiner Meinung nach besser. Es geht dabei um das Verstecken von Gefühlen vor Kollegen, vor der Familie und auch vor sich selbst. Die Gefühlswelt wird komplex dargestellt mit all den Entscheidungen, die jeder einzelne treffen muss und es lassen sich die Konsequenzen nur erahnen. Immer wieder stellt sich die Frage, ob da vielleicht mehr war als Tish jetzt zugibt. Hat Beth doch recht, wenn sie sagt, manche Dinge müsse man ruhen lassen? Man muss bei dieser leisen Erzählweise schon sehr genau hinhören, um eine Antwort darauf zu erhalten.