Claire Winter - Die verbotene Zeit

  • Gebundene Ausgabe: 576 Seiten
    Verlag: Diana Verlag
    erschienen am 14. April 2015


    zur Autorin: Quelle Randomhouse
    Claire Winter studierte Literaturwissenschaften und arbeitete einige Jahre als Journalistin, bevor sie entschied, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie liebt es, in fremde Welten einzutauchen, und hat schon immer eine Schwäche für die mystischen Landschaften Englands und Schottlands gehabt. Nach Die Schwestern von Sherwood wird 2015 ihr neuer Roman Die verbotene Zeit bei Diana erscheinen. Die Autorin lebt heute in Berlin.


    zum Inhalt:
    1975 hat Carla Whiteman in London einen Unfall. Die Folge davon ist eine Amnesie. Sie kann sich an die Ereignisse der letzten Monate nicht mehr erinnern. Der jungen Frau fällt es schwer, ihrem Umfeld bedingungslos zu vertrauen. Zu viele Dinge passen nicht zueinander. Ihr Ehmann Tom scheint etwas vor ihr zu verbergen. Ebenso ihr Vater sagt ihr nicht die ganze Wahrheit. Die Mutter ist in Cornwall in einem Heim für psychisch Kranke untergebracht. Sie hatte das Verschwinden ihrer älteren Tochter Anastasia offenbar nie ganz verwunden. Lediglich durch David, einem Journalisten, erhält Carla Hinweise, mit welchen Themen sie sich bis zu ihrem Unfall beschäftigt hat. Je mehr sie forscht, desto mehr breitet sich eine unglaubliche Familiengeschichte vor ihr aus, die ihre Anfänge in der Weimarer Republik in Berlin hat.


    Der zweite Handlungsstrang beginnt 1922. Dora und ihre Mutter leben im Haus einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie in Berlin. Deren Tochter Edith ist seit frühester Kindheit Doras beste Freundin. Ihr Leben scheint relativ sorglos zu verlaufen. Ediths Vater versucht sich aus den Wirren der Politik weitgehend herauszuhalten. Als die seinerzeit häufig wechselnden Regierungen durch die Nationalsozialisten abgelöst wurden, hoffte man im Hause Theußenberg auf ein schnelles Ende dieser Zeit. 1934 lernen die beiden Frauen ihre späteren Ehemänner kennen. Dora plant ein gemeinsames Leben mit dem Steuerberater und ehemaligen Olympioniken Paul und Edith bekommt von dem adeligen Maximilian einen Heiratsantrag.


    meine Meinung:
    Die Geschichte des Zweiten Weltkriegs wird nun aus der Perspektive der beiden Frauen erzählt. Beide halten sich aus den Machenschaften der braunen Partei heraus und werden doch so davon beeinflusst. Sie stehen den Veränderungen ohnmächtig gegenüber. Befreundete Juden bekommen plötzlich Auflagen und dürfen sich nicht mehr frei bewegen. Es entsteht ein immer größer werdender Druck von der Partei, die immer brutaler gegenüber den Schwächeren vorgeht. Immer wieder zeigt Dora allerdings Zivilcourage und verhilft dadurch eben diesen Juden zu einer Möglichkeit zur Flucht. Auch Edith bekommt durch ihren Freund Jules Einblick in die Leiden der jüdischen Familien. Sie schließt sich einer Widerstandsbewegung an. Nun ist natürlich Vorsicht geboten, dass sie nicht von anderen entdeckt wird und als Volksverräterin bestraft wird.


    Edith wird seit jeher von Heinrich verehrt. Dieser junge Mann schließt sich schon früh der Partei an und erfährt im Verlauf der Geschichte einen verheerenden Gesinnungswandel. So brutal wie sich diese Figur verhalten darf, verdeutlicht sie gleichzeitig, wie fremdbestimmt und vor allem hörig das Militär damals agierte. Die latent vorhandene Wut über die Ungerechtigkeit des Versailler Vertrags schwillt an und entlädt sich im Umgang mit dem vermeintlichen Feind im eigenen Land. Nur wenige schafften es, sich nicht gänzlich unterdrücken zu lassen und fanden Möglichkeiten, auch anderen zu helfen. Dabei stand immer die Gefahr des eigenen Todes im Hintergrund. Beim Leser breitet sich das Entsetzen über diese Grausamkeiten aus, ohne dass es explizit benannt werden muss.


    Claire Winter beweist auch in ihrem zweiten Roman, dass sie spannende Familiengeschichten auf zwei Zeitebenen verteilen kann und dabei den Spannungsbogen über die gesamte Seitenzahl ziehen kann. Die geschichtlich gut recherchierte Kulisse bietet den Figuren ein plausibles Handeln. Die Charaktere erhalten dabei reichlich Facetten, sodass sie immer wieder überraschen können, aber sich selber auch treu bleiben. Schnell stellen sich ein paar Fragen, die die Neugier des Lesers wecken. Man möchte einfach wissen, wie sich die Geschichte entwickelt hat, wenn man das Heute kennt und die Anfänge als Rückblick kurz vorgestellt bekommen hat. Der Schreibstil kommt dabei ohne große Paukenschläge aus. Der Ablauf wirkt eher wie ein Fluss, der stetig schneller strömt und unaufhaltsam in einen Strudel mündet. Genau so soll es sein und erhält von mir auch volle Punktzahl.

  • 1959 in Cornwall, England. Sie war aus dem Haus gerannt zu den Klippen, weinte. Da kam ein Mann auf sie zu. Instinktiv wollte sie fliehen, doch er hielt sie fest und erzählte ihr etwas, was sie zunächst gar nicht hören wollte. Doch dann packte sie Entsetzen, und sie riss sich los…
    Sechzehn Jahre später. Carla hatte einen Unfall und kann sich an die sieben Monate davor nicht mehr erinnern. Obwohl ihr Mann Tom und ihr Vater ihr vieles, was in dieser Zeit passiert ist, erzählt hatten, war sie davon überzeugt, dass ihr etwas verheimlicht wurde. Vor sechzehn Jahren war ihre Schwester Anastasia verschwunden, eine Leiche nie gefunden worden. Doch alle waren von ihrem Tod überzeugt. Sie trafden Journalisten David Grant. Und sie schien ihm schon einmal begegnet zu sein. Ob sie ihm allerdings vertrauen kann? Sie wusste es nicht…
    1922. Zwei Mädchen im gleichen Alter, die eine reich, die andere die Tochter einer Dienstbotin. Obwohl der Gesellschaftsunterschied so groß war, wuchsen die beiden fast wie Geschwister zusammen auf. Denn das eine Mädchen hatte dem anderen einmal das Leben gerettet. Außerdem war die reiche Familie nicht so mit Standesdünkeln behaftet. Das reiche Mädchen, Edith, hatte einen Adligen geheiratet, und merkte später, dass er nicht der richtige war, denn sie traf einen Bekannten wieder… Es waren Kriegszeiten, die Zeiten der Judenverfolgung, und sie liebte einen Juden…
    Das arme Mädchen, Dora, verliebte sich in den ehemaligen Sportler Paul Behringer und heiratete diesen. Ihr erstes Kind verlor sie, hatte eine Fehlgeburt. Doch dann wurde sie wieder schwanger – und ihre Freundin Edith auch…
    Dann gab es da noch einen total überzeugten Nazi, der Edith vor ihrer Heirat nachgestellt hatte und sie auch danach nicht in Ruhe ließ. Er ließ sie von einem Schergen überwachen….
    Wer war das Mädchen, von welchem im Prolog erzählt wird? Welchen Grund hatte Carlas Mann Tom, ihr manche Erinnerung zu verheimlichen? Ist Anastasia wirklich tot? Wer ist dieser Journalist, und was hat er mit Carla zu tun? Wer war der Jude, in den sich die Edith verliebt hatte? Was fand der Mann, der Edith überwacht hatte heraus und wie wurde es von dem Nazi verwendet? Von wem wurde Edith schwanger? Die Antworten auf alle diese Fragen erfährt der Leser in diesem Buch.
    Das Buch ließ sich leicht und flüssig lesen. Der Schreibstil der Autorin trifft meinen Geschmack, denn er ist unkompliziert, und man muss sich nicht nach jedem Satz fragen, was diese wohl gerade meint. Das Buch fängt auch gleich spannend an und die Autorin versteht es, die Spannung zu halten bis zum Ende. Es hat zwei Erzählstränge. Einmal ab 1922 über Dora und Edith, und dann noch 1975 als Carla den Unfall hatte und ihren Erinnerungen nachspürt. Beide Erzählstränge sind spannend, denn ein armes und ein reiches Mädchen befreundet, und die Eltern des reichen Mädchens lassen es zu, das war selten. Und dann natürlich die verlorenen Erinnerungen von Carla, würde sie sie wiederfinden? Das Buch hatte mich gepackt und ich war so gefesselt und fasziniert von ihm, dass ich es in einem Rutsch ausgelesen habe. Es hat mir super gefallen und bekommt von mir zehn Punkte.

    Gruß


    Lerchie


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    Nur wer aufgibt hat schon verloren

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  • Zitat

    Original von Lerchie
    Es hat mir super gefallen und bekommt von mir fünf Sterne.


    Hallo Lerchie,
    bei uns im Forum kann man 10 Punkte vergeben, bitte pass doch deine Bewertung entsprechend an. Du meinst in diesem Fall hier sicherlich 10 Punkte - wenn ich deine Rezension richtig verstehe, oder? :wave

  • Danke für das Aufmerksammachen.
    Ich habe die Rezi noch auf anderen Plattformen eingestellt daher die 'Sterne'. Oft schreibe ich das auch gar nicht dazu, aber dieses Buch hat mir wirklich super gefallen. Daher dann der Fehler.

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Das Geheimnis der verlorenen Zeit


    Da mir immer wieder von der Autorin Claire Winter vorgeschwärmt worden ist, habe ich mich ihrem neusten Werk angenommen und begann gespannt zu lesen. Nach der Lektüre wusste ich die Begeisterung der anderen Leser zu werten.


    Die Autorin entführt uns in eine Geschichte, die auf zwei Zeitebenen spielt, beide Ebenen sind jedoch in der Vergangenheit angesiedelt.


    1975 begleiten wir Carla, die nach einem schlimmen Autounfall ihr Gedächtnis verloren hat. In der Zeit, die ihr fehlt, müssen entscheidende Ereignisse passiert sein. Nur was?


    1922 begleiten wir die beiden Freundinnen Edith und Dora. Beide sind fast wie Schwestern und sind sich auch als Erwachsene eine feste Stütze, obwohl sie aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten kommen. Doch dann muss Edith ihre Freundin um etwas bitten, dass ihr Leben auf dramatische Weise beeinflussen wird. Kann sie das ihrer Freundin wirklich zumuten?


    Beide Handlungsstränge sind für sich spannend, wobei ich den um 1922 bevorzuge aufgrund der Zeit, die mich einfach noch viel mehr anspricht und der damaligen politischen Umwälzungen. Man liest nicht nur eine spannende Geschichte, sondern lernt auch noch Geschichtliches dazu.


    Besonders gefallen hat mir der detailverliebte und bildhafte Schreibstil der Autorin, denn die Handlung zog an mir vorbei wie ein schillernder Film. Ich konnte mir alles gut vorstellen. Der Stil von Frau Winter lässt sich leicht und flüssig lesen, man wird regelrecht in die Geschichte gesogen.


    Ebenfalls gelungen sind die einzelnen Charaktere, die sehr ausführlich beschrieben sind, so dass man ein genaues Bild von ihnen hat. Gerade dadurch kann man sich richtig gut in die Figuren einfühlen. Es gab keinen Charakter, den ich nicht irgendwie mochte. Zudem liebe ich es ja Geheimnisse zu lüften und genau dies darf man hier als Leser.


    Die Perspektivwechsel sorgen dafür, dass man die Handlung aus mehreren Blickwinkeln betrachten kann und so noch mehr Verständnis für die einzelnen Personen hat. Der Wechsel zwischen den Zeiten war zu jeder Zeit nachvollziehbar, aber man muss schon konzentriert lesen, um nicht durcheinander zu kommen.


    Fazit: Eine unglaublich fesselnde, niveauvolle Geschichte, die mich vollends überzeugt hat. Das wird sicher nicht mein letztes Buch der Autorin gewesen sein. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Must- Read 2015!


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten

  • Über das Buch:
    1975: Nach einem schweren Autounfall sind Carlas Erinnerungen wie ausgelöscht, und sie setzt alles daran, die verlorene Zeit zu rekonstruieren. Der Journalist David Grant behauptet, sie sei auf der Suche nach ihrer Schwester gewesen, die vor sechzehn Jahren spurlos an der Küste von Cornwall verschwand. Doch kann sie ihm vertrauen? Lügen ihre Eltern sie an? Die Wahrheit führt Carla weit zurück in die Vergangenheit, in das Berlin der Dreißigerjahre, zu einer ungewöhnlichen Freundschaft und einer verbotenen Liebe, aber auch einer schrecklichen Schuld ...


    Berlin, 1922: Trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft verbindet Edith und Dora von Kindheit an eine so enge und treue Freundschaft, als wären sie Schwestern. Dora ist die Tochter eines einfachen Hausmädchens, Edith die eines reichen Papierfabrikanten. Die beiden wachsen im schillernden Treiben der Großstadt heran, und ihre Verbundenheit bleibt ihnen auch als Erwachsene erhalten. Dora findet ihr Glück mit dem ehemaligen Sportler Paul Behringer, und Edith heiratet den Adeligen Maximilian von Stettenheim. Doch wahre Liebe begegnet Edith erst mit dem charismatischen Violinisten Jules Cohn. In den gefährlichen politischen Zeiten der Dreißigerjahre lässt Edith sich auf ein gewagtes Spiel ein, denn Jules ist Jude und im Widerstand aktiv. Dora bleibt der einzige Mensch, dem sie vertrauen kann. Und Edith wird schließlich gezwungen, die Freundin um etwas zu bitten, das ihrer aller Leben auf dramatische Weise für immer verändern wird ... (Quelle: http://www.randomhouse.de)


    Über die Autorin:
    Claire Winter studierte Literaturwissenschaften und arbeitete einige Jahre als Journalistin, bevor sie entschied, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie liebt es, in fremde Welten einzutauchen, und hat schon immer eine Schwäche für die mystischen Landschaften Englands und Schottlands gehabt. Nach »Die Schwestern von Sherwood« ist »Die verbotene Zeit« ihr zweiter Roman im Diana Verlag. Die Autorin lebt heute in Berlin. (Quelle: http://www.randomhouse.de)


    Meine Meinung:
    Ein fantastischer Roman der unter die Haut geht. Claire Winter muss sich vor den großen des Genres wie Kate Morton oder Lucinda Riley wirklich nicht verstecken, denn dieser Roman zieht einen in den Bann, beschert Gänsehaut und lässt einen ein paar Tränen verdrücken.
    In dem einen Handlungsstrang nimmt uns Claire Winter mit in das Berlin der 20er Jahre. Die goldenen Zwanziger lassen sich erahnen, aber auch die Zeit des Umsturzes ist schon erkennbar, bis schließlich die Nationalsozialisten an die Macht kommen. Als Leser leiden und lieben wir mit Paul, Dora, Edith und Jules. Wir begleiten die vier durch die wohl schwerste Zeit ihres Lebens.
    In dem anderen Handlungsstrang lernen wir Clara kennen, die Tochter von Paul und Dora, die sich nach einem Unfall nicht an das Erinnern kann, was kurz vorher geschehen ist. Getrieben von der inneren Unruhe macht Clara sich auf die Suche nach den Ereignissen die vor ihrem Unfall geschehen sind und ist dabei, den Mantel des jahrelangen Schweigens zu Lüften.
    Beeindruckt hat mich vor allen Dingen die Erzählweise von Claire Winter. Sie hat die beiden Erzählstränge gekonnt verwoben und erzählt immer mal wieder aus einer anderen Perspektive, sodass es uns als Leser nicht langweilig wird und wir jede Figur hautnah erleben dürfen. Dieser Roman geht wahrhaft unter die Haut, denn das Schicksal dieser vier jungen Menschen zur Zeit des NS-Regimes wird so eindringlich geschildert, dass man sich am liebsten aus dem Sessel erheben möchte, um den Vieren und so vielen anderen zu helfen. Ein Roman über Freundschaft, Werte, Vertrauen und der Sehnsucht nach dem ganz großen Glück.
    Das Cover des Buches gefällt mir sehr gut und ich finde es passt auch sehr gut. Für mich sind es Dora und Jules auf dem Cover, nachdem Jules Dora das Leben gerettet hat, Warum Jules der besten Freundin seiner Geliebten das Leben rettet und wie? Tja, das müssen Sie dann wohl oder übel selber lesen ;-) Ich wünsche Ihnen jedenfalls schöne und intensive Lesestunden mit diesem herausragenden und fantastischen Roman. Volle Leseempfehlung!


    10/10 Eulenpukten

  • Dieses Buch steht schon auf dem Merkzettel, da mir das erste ;-) Buch der Autorin sehr gut gefallen hat. Nachdem jetzt aber fast 2 Jahre vergangen sind, warte ich wohl auf das Taschenbuch :-)


    Edit hat gerade gesehen dass es das Taschenbuch ab dem 13.02.2017 zu kaufen gibt :-]

  • Ich habe es eben zu Ende gelesen. Es war ein tolles Buch.
    Am Anfang hatte ich zwar Probleme mit dem einlesen und wollte es schon weglegen, aber gut das ich durchgehalten habe.


    Mal sehen wann und ob es einen dritten Roman gibt, ich bin gespannt.

  • Wie schwer ist es, nach einem Gedächtnisverlust herauszufinden, was wirklich war, wenn man das Gefühl hat, dass die Menschen, die Dir nahestehen, Dir etwas verheimlichen? Das stelle ich mir sehr beunruhigend vor. Die Autorin hat es großartig geschafft, diese Situation zu schildern. Dabei spielt auch die Vergangenheit der Eltern eine große Rolle, der Carla vor ihrem Unfall auf der Spur war.


    Die Zeitsprünge zwischen den 70er Jahren und den 20er - 40er Jahren waren gut gemacht, denn manchmal ging es mir bei anderen Romanen so, dass ich jeden Zeitsprung als nervig empfand, doch hier war das ein fließender, sehr passender Übergang.
    Ich fand die 70er Jahre als Gegenwart gut gewählt, denn so ist der Abstand zum Dritten Reich noch nicht allzu lange her.


    Ich mochte das Buch kaum aus der Hand legen, denn ich wollte unbedingt wissen, was in der Nazizeit passiert ist, was Claras Eltern anscheinend verheimlichen. Wohltuend empfand ich, dass dieses Mal die Hauptfiguren nicht jüdisch waren, sondern aus Sicht der Nicht-Juden geschildert wurde, wie sie die Behandlung von Juden empfanden und wie sie darauf reagierten, wie der Staat die Freiheit immer mehr einschränkte und alles kontrollierte.


    Die Nazis sind meiner Meinung nach treffend geschildert, wie z.B. Heinrich, der nach oben strebte und seine Macht ausnutze, war ein gutes Beispiel. Interessant fand ich ebenso, wie die Nazis sich nach dem verlorenen Krieg gerettet haben und angesehene Bürger wurden.


    Spannend und mitreißend geschrieben mit interessanten Wendungen, die ich nicht erwartet hatte. Ich habe wirklich mitgelitten und war sehr zufrieden, als ich das Buch beendet habe.


    10 Punkte von mir.

  • Bei diesen vielen positiven Rezis sollte ich es wohl endlich lesen - auf dem reader ist es schon :grin

    Am 8. Jan. 2017 hatte ich es auf dem reader und jetzt endlich gelesen :lache


    Den Inhalt möchte ich jetzt nicht mehr wiederholen. Es war ein fesselndes, interessantes Buch, das mich nicht mehr losgelassen hat und das ich in einem Rutsch gelesen habe. Die Figuren und ihre Handlungen wurden sehr gut und authentisch beschrieben. Die verschiedenen Perspektiven und auch diverse Andeutungen ließen mit der Zeit ahnen worauf es hinauslaufen wird. Ich konnte mit etlichen Personen mitleiden und mitfühlen, andere hingegen waren und blieben (logischerweise) bis zum Ende unsympathisch. Ein rundum gelungener Roman.


    Von mir auch volle Punktezahl!

  • Nur die Wahrheit macht Dich frei...


    London 1975. Die deutschstämmige Journalistin Carla Whitman leidet nach einem schweren Autounfall unter Gedächtnisverlust, die Erinnerung an die vergangenen Monate vor dem Unfall fehlen ihr. In ihrer Ehe mit Ehemann Tom fühlt sie sich unwohl und hat ständig das Gefühl, dass er und auch ihre Eltern Paul und Dora Behringer sie belügen oder ihr etwas verheimlichen. Da Carla das Gefühl hat, dass die verlorene Zeit sehr wichtig für sie und ihr Leben ist, strengt sie eigene Nachforschungen an, um die ihr fehlenden Puzzlesteine wieder an ihren Platz zu setzen. Bei Gesprächen mit ihrem Ehemann Tom weicht dieser ihr immer wieder aus, auch ihr Vater Paul kann ihr nicht in die Augen sehen und ihre Mutter Dora lebt seit geraumer Zeit in einem Sanatorium in Cornwall, sie hat den Verlust der ältesten Tochter Anastasia, Carlas Schwester, vor rund 16 Jahren nicht verwunden, die von jetzt auf gleich spurlos verschwunden ist. Carla findet ein altes Notizbuch und eine Telefonnummer, die sie zum Journalisten David Gray führt. David stand vor dem Unfall mit Carla in Verbindung, weil er für seinen alten jüdischen Freund und Violinisten Jules Cohn nach einer engen Freundin von Carlas Mutter Dora suchte, Edith von Stettenheim. Diese ist nach dem zweiten Weltkrieg spurlos verschwunden, doch laut Carlas Vater Paul waren Dora und Edith gar nicht so eng befreundet. Carla und David begeben sich auf Spurensuche in die Vergangenheit und stoßen auf viele Geheimnisse und Wahrheiten, durch die Carla die Geschichte ihrer Eltern kennenlernt und die auch ihr eigenes Leben für immer verändern werden.


    Nach ihrem ersten Roman „Die Schwestern von Sherwood“ legt Claire Winter nun ihr neues Buch „Die verbotene Zeit“ vor. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, zieht er den Leser doch bereits im Prolog völlig in Bann und fesselt ihn mit Vermutungen, Rätselraten sowie geschickt gelegten Wendungen bis zur letzten Seite. Die Handlung ist aufgeteilt in zwei Zeitebenen, zum einen begleitet der Leser Carla 1975 bei dem Versuch, ihre Erinnerungen wieder zu finden und ihr Leben zu ordnen. Die zweite Zeitebene beginnt im Berlin 1922 und zeichnet das Leben von Dora, Edith, Paul und Jules bis kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges ins Jahr 1946 auf.

    Der Spannungsbogen wird bereits auf den ersten Seiten aufgebaut und zieht sich durch die Zeitebenen hindurch bis zum Schluss. Der geschichtliche Hintergrund wurde von der Autorin sehr akribisch recherchiert und außerordentlich geschickt mit der Handlung verflochten. Die Beschreibung der Lebensumstände, der politischen Situation und auch der örtlichen Gegebenheiten wie auch die Grausamkeiten des Nazi-Regimes wirken sehr authentisch und lebensecht und bringen dem Leser einmal mehr diese Zeit ganz nah.


    Die Charaktere sind sehr vielfältig und detailliert angelegt, so dass man sie sich wunderbar vorstellen kann. Man hat beim Lesen das Gefühl, als begleite man alte Freunde und schaue ihnen bei ihren Handlungen über die Schulter. Carla ist eine sehr sympathische, wahrheitsliebende Frau. Der Unfall und seine Folgen machen ihr schwer zu schaffen und lassen sie sich in ihrem eigenen Leben unwohl fühlen. Erst wenn sie alle Teile wieder an ihrem Platz weiß, kann sie sich wieder sicher fühlen. Carla ist intelligent, hartnäckig und folgt ihrer Intuition, die ihr den Weg weist, was Gut und Böse ist. David ist ein ehrlicher und sympathischer Mann, der bei der Hilfe für einen alten Freund auf Carla trifft und sich dadurch das Leben der beiden verändert. Er ist hilfsbereit und unterstützt Carla in all ihren Unternehmungen. Dora und Edith werden schon als Kinder Freundinnen, obwohl Dora die Tochter der Haushälterin ist und Edith die Tochter aus wohlhabendem Hause. Auch wenn beide vom Typ her grundverschieden sind, wachsen sie wie Schwestern zusammen und teilen ihre Freude und ihr Leid miteinander. Edith hat eine starke Persönlichkeit, trägt ihr Herz auf der Zunge und schert sich nicht um Konventionen. Dora dagegen ist die zurückhaltendere und empfindsamere, die sich alles sehr zu Herzen nimmt und daran zu zerbrechen droht. Die Entwicklung der Protagonisten innerhalb dieses Romans ist außerordentlich gelungen, sehr lebendig und realitätsnah. Gerade das macht dieses Buch sehr außergewöhnlich und lesenswert.


    „Die verbotene Zeit“ ist ein Gesellschaftsroman mit historischem Hintergrund par excellence. Die Geschichte fesselt vom ersten Moment an und lässt einen nicht mehr los, bis man hinter alle Geheimnisse gekommen ist. Dabei wachsen einem die Protagonisten und ihre Schicksale so sehr ans Herz, dass man sie auch lange nach der Lektüre noch im Gedächtnis bewahren wird.


    Eine absolute Leseempfehlung für diesen Roman, der seinesgleichen sucht. Ausgezeichnet gemacht, Frau Winter. Chapeau!

    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben"(Oscar Wilde) :)

    "Bücher sind wie Drogen, nur ohne die Gefahr einer Überdosierung" (Karl Lagerfeld)