'Als der Himmel uns gehörte' - Seiten 001 - 097


  • Donovan :-) Juniper ist doch Wacholder?? Was mag er da assoziiiert haben :gruebel


    Ich dachte nur, ich hätte eine Person übersehen.


    Römisch katholisch ist doch denke ich hauptsächlich deshalb etwas spektakulär, wegen des irischen Konflikts, da sich Protestanten und Katholiken nicht grün waren.

  • So, ich habe jetzt auch den ersten Abschnitt beendet - und ich musste mich tatsächlich zwingen, aufzuhören, wo doch gerade die Geschichten von Giselher und Alberta aufeinanderprallen.


    Schon lustig - beim Ende von Albertas Erzählung habe ich mir den "Kavallerieoffizier" als einen klassischen eben solchen vorgestellt: vermutlich adlig, in seinem ganzen Auftreten und Benehmen Offizier. Und dann stellt sich heraus, dass es Giselher ist, der trotz seines Beamten-Papas so unpreußisch auf mich wirkt.


    Alberta und Auguste sind so herrlich konträr, und irgendwie wundert es mich auch nicht, dass die ruhige Auguste (so wirkt sie auf mich) sich in einen solchen Mann verliebt. Dass Alberta so gemein ist, Karl als untreu hinzustellen, ging allerdings gar nicht, obwohl ich Karl spontan eigentlich auch nicht mag. Ich mag lieber ganze Kerle ... und hübsch fände ich ihn wohl auch nicht.


    Das Thema Rasse springt uns natürlich ins Auge, weil wir mit dem Wissen der Nachwelt auf die Geschichte schauen, aber damals? Wenn ich mich recht erinnere, waren Rassenlehre und Eugenik um die Jahrhundertwende und danach in manchen Schichten schon "angesagt" bzw. salonfähig. Und Giselhers Ausbilder, dessen Namen mir entfällt, gehörte zu denen, die das ganze mit Nationalismus mischen.


    Jennifer hat Problemmme mit dem Laufen - sie verliert den Kopf und rennt zu schnell, der Körper hält das nicht lange aus. Aber was ist das? Das Bedürfnis, wegzurennen? Vor was? Aber ich glaube, wenn ihr jemand helfen kann, dann Gregory. Der gefällt mir unter den Herren bisher übrigens am besten. Abgesehen vom Whiskey - der schmeckt mir aus Schottland besser - habe ich sowieso eine extreme Schwäche für Irland, das kommt erschwerend hinzu.


    Woher allerdings kennt Gregory Alberta unter ihrem alten Namen bzw. als Olympionikin? Und warum ist der Kontakt zur Urgroßmutter so extrem dünn ... so etwas gewichtiges wie die Abstammung sollte doch eigentlich bekannt sein. Und Jennifer erscheint mir zwar sportversessen, aber doch mit Familiensinn gesegnet.


    Ich mag den Roman bisher jedenfalls sehr, ich mag seine Figuren (Albertas Papa ist ein ganz heißer Kandidat auf meinen Liebling im Buch, ich habe eine Schwäche für unkonventionelle Sportreporter im Radio) und ich mag die Geschichte. Wobei mich der historische Teil im Moment etwas mehr anzieht, aber das ist schlicht meinem Interesse an der Epoche geschuldet.


    Edit: Meine einzige Frage an Charlie habe ich natürlich vergessen :lache


    Du verwendest den Begriff Olympiade - hat mich verwundert, weil der Begriff ja, wenn man ganz korrekt ist, die Phase zwischen zwei Olympischen Spielen beschreibt - und ich bin dann im Glossar auf die Erklärung gestoßen, dass es landläufig so verwendet wird. Ging's darum, noch einen weiteren Begriff zu "Olympia" oder "Olympische Spiele" zu haben?


    Ich habe irgendwie darauf gewartet, dass Jennifer oder Alberta jemanden anschnauzen, der von der "Olympiade" spricht und ihn über den obigen Zusammenhang aufklären, so sehr wie die beiden darauf brennen :lache

    SUB 220 (Start-SUB 2020: 215)


    :lesend Susanne Michl u. a. - Zwangsversetzt. Vom Elsass an die Berliner Charité. Die Aufzeichnungen des Chirurgen Adolphe Jung (1940 - 1945)

    :lesend Antonio Iturbe - Die Bibliothekarin von Auschwitz

    :lesend Anthony Doerr - Alles Licht das wir nicht sehen (Hörbuch)

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  • Habe den 1. Abschnitt heute Vormittag beendet und, was soll ich sagen.... tolles Buch Charlie!! Genau nach meinem Geschmack :-]


    Die zwei Zeitebenen finde ich, wie immer, klasse.... sowohl Jen als auch ihre Urgroßmutter are quite headstrong, sowas gefällt mir immer. Den Unterschied zwischen Albi und Guste finde ich auch gelungen, sind eben sehr gegensätzlich, wie so oft bei Zwillingen.
    Bei Gisel bin ich mir noch nicht ganz sicher, wie ich ihn einordnen soll. Dafür muss ich erst noch bisschen mehr über ihn erfahren. Er hat ja bereits einiges durchgemacht bzw. durchlebt und scheint sich durchbeißen zu können...bisher also ein positiver Eindruck.
    Die allgemeine Stimmungslage im damaligen Deutschland nimmt so langsam eine bestimmte Richtung an.... leider weiß man ja, wo's hinführen wird *seufz*


    Bin auf jeden Fall seeeehr gespannt, wie's weitergeht.....

  • Nach einiger Ueberlegung habe ich mich entschieden, den Begriff "Olympiade" - entgegen seiner Bedeutung - so zu verwenden, wie er auch 1932 bereits verwendet worden ist. Ich habe das im Glossar erklaert.


    Dass roemische Katholiken in einem nicht saekulaer gefuehrten Land mit eigener Landeskirche - deren High Church nach wie vor Wert darauf legt, KEINE protestantische Kirche zu sein - auffallen, hat mit den konfessionellen Problemen um Irland nichts zu tun. Das ist ein interessantes Thema, aber wenn ihr nicht boese seid, wuerde ich mich auf die Diskussion jetzt gerne nicht weiter einlassen, da die mit meinem Buch nichts zu tun hat und fuer mich im Moment wirklich eine extrem andere Baustelle darstellt. Falls ich in irgendeiner Form als einer, der ein Problem mit roemischen Katholiken hat, ruebergekommen bin, ist das der Eile geschuldet und voellig unzutreffend. Mein Mann und ich sind beide roemisch katholisch getaufte Konvertiten, haben ueberwiegend roemisch katholische Verwandte, empfinden uns auch als Anglokatholiken unbedingt als katholisch und haben selbstverstaendlich keine derartigen Probleme. Ich kenne auch niemanden, der welche hat, und habe nur sagen wollen: Jemand, der sich in Bethnal Green, wo Jennifer lebt, als etwas anderes als anglikanisch oder muslimisch outet, faellt auf. NICHT faellt negativ auf.

  • Charlie, zu allererst: fühl dich gedrückt!


    Der Einstieg in dein neustes Werk war wie ein Sog. Jennifer und Alberta sind zwei tolle Figuren, die du da geschaffen hast.


    Jennifers Leben scheint vom Laufen geprägt zu sein. Und sie wirkt so, als ob der Sport ihre Chance ist aus einem eher ungemütlichen Umfeld rauszukommen. Ihre Mutter stelle ich mir ein wenig wie eine abgehalfterte Prostituierte vor, ohne der Mutter nahe treten zu wollen. So mit großen Lockenwicklern, Kippe im Mundwinkel und mehr Kinder als gut wären.


    Und Gregory finde ich hochsympathisch. Zuerst dachte ich "ach herrje, ein Stalker", aber er scheint hehre Absichten zu haben. Hoffentlich darf er Jenny trainieren.


    Alberta...hach in die spritzige Dame hab ich mich ein wenig verliebt (und das als Frau :wow :lache) Sie scheint eine starke junge Frau zu sein, das volle Gegenteil ihrer Zwillingsschwester. Die mag ich irgendwie nicht.


    Achso, eine Nachfrage: Olympiade bezeichnet die 4 Jahre zwischen zwei Spielen. Ist die häufige Verwendung im falschen Kontext (nämlich Olympiade = Spiele) Absicht oder einfach nur den allgemeinen Sprachgebrauch geschuldet?
    Edit sagt die Frage hat Charlie schon beantwortet. Danke :wave

  • Im Moment bin ich noch nicht so glücklich mit dem Buch. :-(

    Einerseits habe ich das Gefühl, dass sich die Charakterisierungen der Personen nicht sehr von denen aus "Als wir unsterblich waren" unterscheiden, aber das mag am Schreibstil liegen, und andererseits habe ich immer ein Problem damit, wenn Personen so betont auf eine einzige Eigenschaft reduziert werden, wie jetzt z. B. Alberta als egoistischer Vorschlaghammer-Charakter, Viola mit ihrem Starrsinn (der ja durchaus positiv sein kann) oder Giselher mit seinem Pech, oder extrem um Sympathie buhlen (Abe, Magnus).


    Was sehr gut rüberkommt, ist die nahende Bedrohung durch die Politik, die auf den Seiten überall zu spüren ist.


    Aber ich habe ja noch viele Seiten vor mir, um mit den Personen warm zu werden.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Das ginge mir nicht anders als Dir - Buecher, deren Figuren ich als eindimensional empfinde, breche ich nach weniger als 50 Seiten ab (von Personen, die, wie Du es sagst, um Sympathie buhlen, ganz zu schweigen. Sowas will ich nicht lesen, davon vergeht mir der Appetit).
    Vielleicht solltest Du Dich nicht weiter quaelen, Killerbienchen. Es gibt doch so viele Buecher, deren Figuren von Anfang an leben.

  • So, der erste Abschnitt ist verflogen. Ich war in beiden Zeitabschniten gleich drin in der Geschichte, auch wenn ich es bedauert habe Jennifer zu verlassen und in Albertas Geschichte einzusteigen.


    Ich bin gespannt, wie sich die Geschichte um Gregor und Jennifer weiterentwickelt. Er hat ja auch sein Päckchen zu tragen, und warum er nur noch Trainer und nicht mehr selber Aktiver ist, liegt wohl an dem Attentat. Da dürfte er wohl auch psychisch dran zu knabbern haben.


    Alberta mag ich, auch wenn ihr Verhalten Karl gegenüber mir nicht gefallen hat.
    Wobei ich ihre Beweggründe durchaus nachvollziehen kann. Zwillinge sind da ja doch nochmal anders als "normale" Geschwister. Ich bin mal sehr gespannt, wie das mal bei meinen beiden Mädels wird :lache


    Ich würde es Auguste gönnen, wenn sie doch noch zu Hause bleiben könnte, wo sie doch gar nicht mit will....


    Giselherr (was für ein Name :yikes) scheint mir ein Netter zu sein und seine Viola auch (meine Mutter heisst ja auch so, da hat sie schon mal einen Bonus :lache)


    Das Hochkommen der Nazis ist ja schon zu bemerken, und einige Protagnisten werden wohl noch ganz schön Ärger machen, fürchte ich. Um Ludger mache ich mir auch ein wenig Sorgen.....


    Jetzt bin ich gespannt, wie sich Alberta und Giselherr verstehen werden....

  • Danke Charlie für deine Erläuterungen zu den Religionen in London, eine Wertung konnte ich beim besten (oder schlechtesten?) Willen nirgends herauslesen! Für mich ist ganz neu, dass die anglikanische Kirche sich in verschiedene "Strömungen" unterteilt und ich freue mich immer, wenn ich auf solche (für mich neuen) Details, die mit dem Buch gar nichts zu tun haben müssen, stoße.


    Aber zurück zu den Religionen im Buch.

    Zitat

    Original von beowulf
    Auch Alberta ist nicht definiert, weder im heute noch in den Zwanzigern.


    Richtig. Ihre Tante Käthe ist katholisch, also wird wahrscheinlich auch Albertas Vater katholisch sein. Interessant der Nebensatz, dass ihre Mutter und ihr Vater standesamtlich getraut sind, anscheinend aber nicht kirchlich. Das lässt auf eine andere Religion der Mutter schließen, Alberta könnte also Halbjüdin sein (oder aber auch nicht :-]).


    Zitat

    Original von Susannah
    Und warum ist der Kontakt zur Urgroßmutter so extrem dünn ... so etwas gewichtiges wie die Abstammung sollte doch eigentlich bekannt sein.


    Dieser lose Kontakt kann durchaus auch ganz "normale" Gründe haben. Jennifers Mutter ist sehr in der Familie ihres Mannes verwurzelt und völlig in ihr aufgegangen, sie hat vielleicht gar kein Interesse, sich mit ihrer Familie allzusehr zu beschäftigen. Und da jeder sein eigenes Leben lebt, das auch räumlich weit auseinander liegt, trifft man sich halt nur zu besonderen Festen und ansonsten gibt es ne Karte oder einen kurzen Anruf. Auf ein gestörtes Verhältnis deutet ja nichts hin, vor allem dann nicht, wenn noch Bilder von ihr herumstehen. Nicht vergessen sollten wir auch, dass eine Generation als Bindeglied sehr früh weggefallen ist, oft brechen Kontakte zu alten Verwandten weg, wenn die, die noch näher verwandt sind, sterben.


    Dass bei solch seltenen Familientreffen nicht unbedingt über die Abstammung geredet wird, erscheint mir logisch. Wenn nicht also zufällig die Sprache draufkommt, wird das nicht angesprochen. Jennifers Mutter wusste ja, woher ihre Großmutter kommt, sie hat es nur nicht weitergegeben. Warum auch?


    Zitat

    Original von Susannah
    Dass Alberta so gemein ist, Karl als untreu hinzustellen, ging allerdings gar nicht ...


    Meine erste Einschätzung habe ich vor dem Lesen dieser Stelle geschrieben und ich stimme Susannah zu: das ist schon sehr gemein! Es stützt aber meine Theorie von einer sehr kindlichen Alberta, die sehr spontan handelt und ihr Tun überhaupt nicht überdenkt. Hier ist sie eifersüchtig (auf Karl) und neidisch (auf Auguste, da die ewige Zweite ihr jetzt etwas Wichtiges voraushat) und macht daraus ein unfaires Spiel. Leider übersieht sie dabei, dass sie nicht nur Karl schadet, sondern auch vor allem ihrer Schwester.


    Interessant fand ich in diesem Abschnitt auch die ganz unterschiedlichen Ziele und Erwartungen, die mit den Olympischen Spielen verbunden werden. Das reicht von Sport als Völkerverbindung ("wer miteinander Sport treibt, kämpft nicht miteinander") über sehr persönliche Ziele bei Jennifer und dem Rauskommen in die weite Welt bei Alberta bis hin zum Sport als Stählung für den Kampf (bei Giselhers Vorgesetzten).


    Mit Giselhers Geschichte tat ich mich etwas schwer - so einen Pechvogel fand ich etwas zu übertrieben (und vor allem stimmt es ja auch nicht!)

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Lese-rina, ich aeussere mich zu dem Thema nicht so gern in der Oeffentlichkeit, weil meine Religionszugehoerigkeit fuer mich etwas sehr Privates ist und ich keinerlei Missionseifer hege. Grundsaetzlich kann ich dazu aber sagen, dass das eine erklaerte (und im Grossen und Ganzen gut funktionierende) Eigenschaft der anglikanischen Kirche ist: dass sie die vorhandenen Stroemungen unter ihrem landeskirchlichen Dach vereint. Sie ist wie alle in die Jahre gekommenen, sehr grossen, sehr heterogenen Institutionen ein bisschen steif in den Knien, aber sie ueberdenkt und bewegt sich, sie hat sehr offene Tueren, und dafuer mag ich sie gern.

  • Zitat

    Original von Charlie
    Vielleicht solltest Du Dich nicht weiter quaelen, Killerbienchen. Es gibt doch so viele Buecher, deren Figuren von Anfang an leben.


    So schlimm ist es ja auch wieder nicht :lache
    Ich wollte dir nicht auf den Schlips treten, nur ehrlich sein. Ich bin mir sicher, dass du deinen Figuren noch viel Raum gegeben hast, um sich zu entwickeln.


    Und 1. bekommt (fast) jedes Buch von mir eine 100-Seiten-Chance und 2. komme ich gerade aus einer sehr, sehr männlichen Schreib-Lese-Welt und musste mich an das hier sehr weibliche erst wieder gewöhnen. Hört sich vielleicht komisch an, ist aber tatsächlich so :wave

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Fuer mich hoert sich das nicht komisch an und Du bist mir auf ueberhaupt keinen Schlips getreten. Ich wollte Dir eher zustimmen: Meine Figuren habe ich nicht eindimensional gestalten wollen, aber wer will das schon? Da entscheidet nicht die Absicht, sondern allein das Ergebnis, und wenn Du sie eindimensional findest, wuerde ich an Deiner Stelle nicht weiterlesen. Dafuer gibt's zu viele mit spannenden, vielschichtigen Figuren.


    Ich bin einer, der ehrlich zugibt, so gut wie ueberhaupt keine Buecher von Frauen zu lesen, ich habe da lebenslange Schwierigkeiten (sass als Studentin im Jane Austen Seminar mit ausschliesslich Frauen und war die einzige, die "Pride and Prejudice" sterbenslangweilig fand), insofern kann ich das, was Du schreibst, hundertprozentig nachvollziehen.


    Ich habe wirklich ueberhaupt keine Probleme damit, dass jemandem das Buch nicht gefaellt.

  • Zitat

    Original von Charlie
    Ich habe wirklich ueberhaupt keine Probleme damit, dass jemandem das Buch nicht gefaellt.


    Das hätte ich von einer starken Frau wie dir auch nicht anders erwartet. :kiss


    Wir lesen uns in den nächsten Kapiteln, okay? (Denn schon beim Weiterlesen auf der nächsten Seite, also Seite 98 hatte ich ein ganz anderes Lesegefühl.)

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Zitat

    Original von Lese-rina




    Meine erste Einschätzung habe ich vor dem Lesen dieser Stelle geschrieben und ich stimme Susannah zu: das ist schon sehr gemein! Es stützt aber meine Theorie von einer sehr kindlichen Alberta, die sehr spontan handelt und ihr Tun überhaupt nicht überdenkt. Hier ist sie eifersüchtig (auf Karl) und neidisch (auf Auguste, da die ewige Zweite ihr jetzt etwas Wichtiges voraushat) und macht daraus ein unfaires Spiel. Leider übersieht sie dabei, dass sie nicht nur Karl schadet, sondern auch vor allem ihrer Schwester.


    Ich muss hier mal eine Lanze für Alberta brechen. Alberta und Auguste sind Zwillinge, das ist eine deutlich engere Bindung als unter normalen Geschwistern.
    Ich denke, es ist tatsächlich schwer auszuhalten, wenn der Mensch, der einen schon das ganze Leben (und darüber hinaus) begleitet sich plötzlich einem anderen Menschen zuwendet und man selbst dabei ausgeschlossen daneben steht.
    Dass das eigentlich ganz normal ist, muss Alberta erst noch lernen, aber sie ist ja auch erst 17 Jahre alt und hat sich selbst wohl noch nie richtig verliebt.


    Von daher finde ich ihr Verhalten auch nicht toll, aber nachvollziehbar.

  • So, ich bin nun auch durch den 1.Leseabschnitt durch ud befinde mich lesetechnisch schon im zweiten Abschnitt.


    Viel Neues habe ich nicht zu sagen, die meisten meiner Gedanken beim Lesen wurden hier schon geäußert.
    Mir gefallen die beiden Protagonistinnen, Jennifer und Alberta. Mädchen und Frauen, die immer mit dem Kopf über den Wolken zu schweben scheinen - das ist mir sehr sympathisch.
    Ich glaube, dass es mit dem Nichts-über-die-deutsche-Urgroßmutter-Wissen etwas mehr auf sich hat als nur das übliche Nicht-Wissen. Ich habe es so empfunden, dass das Erstaunen darüber, dass sie Deutsche ist, ein Hinweis ist auf etwas, das noch sehr wichtig wird. Ein Geheimnis, das in der Familie gehütet wird. Also ich vermute, dass die Familie Jennifer gegenüber etwas verschweigt, auch wenn Abe ja sehr entspannt und gelassen damit umgeht.
    Auf jeden Fall ist es sehr guter Schachzug, das Ganze so aufzuziehen, dass Jenny durch einen fremden Iren im Park erst aufmerksam auf ihre große Unwissenheit über Urgroßmutter wird - das schafft eine große Portion Neugier, ein geschickt eingesetzter schöner Cliffhänger, und man muss so lange zappeln... :grin


    Ich bin sehr gespannt, wie sich das Verhätnis Jennifer - O'Reilly weiterentwickelt und
    ich freue mich, dass ich so gut in den Roman reingekommen bin, obwohl ich ein ausgesprochener Leistungssportmuffel bin und mir so gut wie nie die Olympischen Spiele ansehe.


    Eigentlich habe ich mir das Buch nur deshalb gekauft, weil ich Als wir unsterblich waren so gut fand. Das war mir vom Thema her näher und daher war ich zunächst skeptisch, ob mir mit dieser "sportliche Roman" auch etwas zu sagen hat. Es sieht so aus, als ob er genau das hat! Ich komme in diese Welt damals hinein, weil ich die Motivation der wichtigsten Figuren verstehe, mitfühlen und mitfiebern kann, enttäuscht sein kann... und zugleich entsteht ein Bild von der Atmosphäre der damaligen Zeit, ein Panoptikum. Und genug Anreize, weiterzulesen,in allen Handlungssträngen bleibt etwas offen und ich möchte wissen, wie es weitergeht.
    Außerdem sind mir Sportarten wie Bogenschießen und Reiten wesentlich sympathischer als Fußball. Gut ausgewählt, Charlie, damit dürftest du einen großen Teil der weiblichen Leser "einfangen" :lache :wave




    streifi

    Zitat

    Original von Streifi: Ich muss hier mal eine Lanze für Alberta brechen. Alberta und Auguste sind Zwillinge, das ist eine deutlich engere Bindung als unter normalen Geschwistern. Ich denke, es ist tatsächlich schwer auszuhalten, wenn der Mensch, der einen schon das ganze Leben (und darüber hinaus) begleitet sich plötzlich einem anderen Menschen zuwendet und man selbst dabei ausgeschlossen daneben steht. Dass das eigentlich ganz normal ist, muss Alberta erst noch lernen, aber sie ist ja auch erst 17 Jahre alt und hat sich selbst wohl noch nie richtig verliebt. Von daher finde ich ihr Verhalten auch nicht toll, aber nachvollziehbar.


    :write Da stimme ich dir voll zu.

  • Ich komme ganz gut voran, obwohl ich erst Freitagabend anfangen konnte und am Wochenende unterwegs war. Das ist ja immer ein gutes Zeichen! :-)


    Es liest sich schon alles sehr gut runter, aber ich habe mich mit den ersten 50 Seiten teilweise doch ein bisschen schwer getan. Mir sind die Beschreibungen zum Teil etwas zu blumig bzw. beinahe „kitschig“ oder „too much“. Das ist mir vor allem bei der Beschreibung des Hauses und der Gegen in London aufgefallen, so um den Zeitpunkt herum, als wir Momma kennen lernen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich dieses Problem bei sehr, sehr vielen Büchern habe und es mir meistens so geht, wenn ich das erste Mal seit längerer Zeit mal wieder ein Buch auf Deutsch lese. Die englische Sprache kann mir solche Beschreibungen irgendwie besser „verkaufen“ als die deutsche.
    Auch bei den Charakteren bin ich noch nicht von allen überzeugt. Killerbinchen hat da sehr gut zusammengefasst, was ich auch gedacht habe. Witzigerweise habe ich gerade für dieses Buch „Erebos“ unterbrochen, und da hatte ich auf den ersten 100 Seiten genau dasselbe Problem. Vor allem mit den Müttern der Protagonisten. :D


    Ich hoffe die Kritik kommt jetzt nicht zu hart rüber und bitte nimm' diese nicht persönlich, Charlie. Aber ich bin bei Leserunden gerne ehrlich, auch wenn der Autor mitliest. ;-)


    Allerdings war ja definitiv nicht alles schlecht, sonst wäre ich ja nicht trotzdem so gut in das Buch reingekommen. Mir gefällt die Zeitebene in der Vergangenheit bisher deutlich besser, und ich sehe in Alberta auch das Potenzial für einen interessanten Charakterbau und für eine Art (inneren) Konflikt, welcher Charaktere für mich immer interessanter macht. Sie ist schon drei-dimensionaler angelegt als einige andere. Die Stärken hat das Buch bisher meiner Meinung nach im Plot, und das ist ja das wichtigste für mich, denn die Handlung war der Grund weshalb ich das Buch lesen wollte. Ich will unbedingt wissen, wie es weitergeht, wie Gegenwart und Vergangenheit verknüpft sind und was Alberta mit den Paralympics am Stecken hat, zumindest nehme ich an, dass die Stiftung etwas mit Behindertensport zu tun haben wird. Der Spannungsbogen wird übrigens ganz geschickt aufgebau, die verschiedenen Handlungsstränge helfen dabei natürlich.


    Ich finde übrigens auch die Dialoge gut und musste bisweilen auch mal schmunzeln, wenn jemand etwas Lustiges gesagt hat. Und das ist ein Riesenkompliment, denn ich bin da sehr wählerisch und störe mich bei Büchern ganz oft an genau diesem Punkt.


    Einige Themen, die angesprochen wurden, wurden hier ja schon diskutiert – Nordirland und solche Dinge. Die eine Sache, die ich mir aber notiert hatte war auf Seite 56, und zwar gibt es hier eine Art inneren Monolog in dem Alberta das Für und Wider der olympischen Spiele im eigenen Land diskutiert. Das ist ein Thema, dass mich sehr interessiert, nicht zuletzt weil es auch in meinem Studium immer wieder eine große Sache war. Ich weiß nicht inwiefern das Thema schon aktuell war, als du das Buch geschrieben hast, Charlie, aber es passt natürlich aktuell auch perfekt zu den sportpolitischen Themen in Deutschland und man hat sich dann ja dieses Mal gegen Berlin entschieden. Alberta argumentiert ja auch, dass Berlin wegen der schwierigen Olympia-Geschichte die Spiele austragen sollte, aber 1936 hat diese Beziehung natürlich nicht einfacher gestaltet. Das habe auch hin und wieder als Argumentation für die jüngste Bewerbung von Berlin gehört.


    Die Spiele in London waren natürlich auch extrem umstritten, trotz allen Bemühungen alle ins Boot zu holen und sie nachhaltig zu gestalten – von Inspire a Generation bis hin zu, development von East London. Ich hoffe sehr da kommt noch mehr, fände es interessant zu sehen, wie dieses Thema in literarischer Form aufgearbeitet wird. Ein teilnehmender Athlet sieht die Geschichte natürlich sicher ganz anders, als z.B. ein Journalist usw usf.
    Um zum Punkt zu kommen, meine Frage – die nicht direkt mit dem Buch zusammen hängt – resultiert einfach aus meinem persönlichen Interesse. Ich wüsste einfach gerne mal deine Meinung. Wenn ich das richtig verstanden habe lebst du ja auch in London, Charlie? Ich habe selber auch in England gelebt als die Spiele stattfanden und zum Teil Sportpolitik studiert und mich daher auch relativ konkret damit auseinander gesetzt, war aber recht weit weg von London und zu den Spielen selber leider nicht vor Ort. Aber wie hast du das damals erlebt – euphorisch, wie Jennifer oder kritisch? Und wie siehst du es jetzt, wie viel ist geblieben von der inspirierten Generation?

  • Also ums nochmal zu sagen:
    Nein, ich nehme es nicht persoenlich, wenn jemand mein Buch nicht mag (wie auch? Ich kenne euch doch ueberhaupt nicht persoenlich, ich bin hier, weil mich eure Meinung zu meinem Buch interessiert. Eure Meinung ueber mich persoenlich ist mir - ich hoffe, das nimmt jetzt keiner persoenlich - eher unwichtig). Davon, dass die Teilnehmer von Leserunden ehrlich sind, gehe ich aus, denn ansonsten koennten wir uns die Muehe ja sparen, oder?
    Und nein, ich weine nicht, wenn einer mein Buch doof findet. Um ebenfalls ehrlich zu sein: Es gibt sogar Leser, von denen wuensche ich mir das und empfinde es als ausgesprochene Bestaetigung. Und ich gebe auch zu, dass ich schon bei positiven Aeusserungen von Leuten, die ansonsten Sachen lesen, die ich ganz und gar nicht schreiben moechte, gedacht habe: Au warte, da ging offenbar was daneben.


    Grundsaetzlich bin ich - der hier ist ja nicht mein erster Roman - ganz gut in der Lage, zu filtern, welches Feedback ich unter Geschmackssache/falsche Zielgruppe abhaken kann und welches ich dringend genauer analysieren und bearbeiten muss. Das hat hier immer (das muss ungefaehr meine zwanzigste Leserunde hier sein, fuercht' ich ...) voellig problemfrei funktioniert, und ich habe extrem viel mitgenommen. Motivierendes, bestaerkendes und lehrreiches.
    Verletzt fuehl' ich mich auch manchmal, das bestreite ich nicht (und das wuerde ich nicht, wenn ich hier etwas persoenlich naehme - wieso sollte es mich kratzen, wenn fremde Leute mich persoenlich nicht moegen? Nee. Kratzt mich nicht, ganz ehrlich nicht, koennt' ihr machen). Das passiert in der Regel da, wo ich sofort merke, dass Kritik ins Schwarze trifft, und da soll die auch wehtun. Dazu ist die da. Bei meinem letzten Buch war's ein bisschen anders, weil mir das so nahe ging und ja - vielleicht weil's so persoenlich war. Verletzt gefuehlt habe ich mich da aber kein einziges Mal von Kritik (von der - wie gesagt nuetzlichen - Trifft-ins-Schwarze-Kritik abgesehen), sondern eher von einer Art von Flapsigkeit, die ich grundsaetzlich respektlos und unnoetig finde. Gestorben bin ich davon aber auch nicht, denn wir sind ja hier im Internet, das man ausschalten kann, wir sitzen nicht zusammen in einen verschlossenen Wartesaal gepfercht.
    Lange Rede kurzer Sinn: Dieses ist eine Leserunde ohne Liebhabverpflichtung. Weder der Autor noch das Buch muessen gemocht werden.


    Unsere Olympischen Spiele auch nicht.
    Meine persoenliche Meinung dazu moecht ich nicht kundgeben, die steht ja hier nicht zur Debatte. Grundsaetzlich laesst sich aber sagen, dass die Spiele im Nachhinein ueberwiegend als positiv und inspirierend wahrgenommen werden (ich denke, London wuerde sich morgen neu bewerben, wenn sie duerfte. "Wenn Rio abspringt, koennten doch wir ..." hoert man allenthalben) und dass die Sustainability im Grossen und Ganzen gut ist, auch wenn nicht alles ganz wie geplant und erhofft, funktioniert hat. Zur Stimmung waehrend des Vorlaufs zu den Spielen habe ich viel im Buch
    erzaehlt, wenn da Fragen offen bleiben, beantworte ich die natuerlich gern.