Klappentext:
Justin geht immer dann in „das große Nichts“ über, einen Zustand, in dem er völlig in sich selbst verschwindet, wenn er lieber nicht da wäre, wo er gerade ist.
Wenn er verdrängen will, dass sein Vater die Familie verlassen hat, sein Bruder jetzt bei der Armee ist und sein bester Freund nur noch Zeit für seine neue Freundin hat. Doch die Leere füllt sich, als er seine Mitschülerin Jemmie besser kennenlernt und Mithilfe ihrer lebensklugen Großmutter in seinem inneren Chaos schließlich ein großes Talent für Musik entdeckt.
Meine Meinung:
Justin hat es gerade wirklich nicht leicht: Sein Vater verschwindet auf eine seiner “Geschäftsreisen”. Seine Mutter vermutet, dass ihr Mann ihr mal wieder untreu ist, und schafft es kaum, aufzustehen und zur Arbeit zu gehen – geschweige denn sich um ihren Sohn zu kümmern. Normalerweise hat Justin in solchen Situationen immer zwei Stützen: seinen großen Bruder Duane und seinen besten Freund Ben. Doch der eine befindet sich in einem militärischen Ausbildungslager und steht kurz davor in den Krieg geschickt zu werden, der andere hat gerade seine erste feste Freundin und eigentlich keine Zeit mehr für Justin.
Ich lecke rasch über meine Oberlippe und tauche das Gesicht in die Schüssel. Ich tauche mit einem Schnurrbart aus Weizenflocken an meiner Oberlippe auf, wie ein Schnurrbart aus Bienen, und schaffe es endlich, dass sie lacht.
Mein Grinsen wird breiter und einzelne Körner fallen wieder ab. Mom lacht noch lauter. Sie streckt die Hand aus und drückt meinen Oberschenkel. “Du bist mein Sonnenschein”, singt sie, “mein ganzer Sonnenschein…”
“Danke für die musikalische Zugabe”, sage ich. Aber irgendwie fühle ich mich müde. Es kostet Kraft, der Sonnenschein für jemanden zu sein. (S. 68)
Und so versucht Justin ganz alleine, ausstehende Rechnungen zu bezahlen, zu kochen und seine Mutter zumindest für einen kleinen Moment aufzuheitern. Zum Glück gibt es Jemmie, die immer nett zu Justin ist – trotz seines Übergewichts und der pickeligen Haut! Und dann gibt es da noch etwas anderes: die Musik!
Ich rutsche in die Mitte des Klavierstuhls. Alles für mich! Nur für mich! (S. 61)
Kann man sich in ein Buch verlieben? Wenn ja, dann bin ich wirklich ganz verliebt in “Ein Lied für Jemmie”. Es ist einfach zauberhaft! Die Autorin beschreibt das Leben und die Gefühle von Justin unheimlich einnehmend und realistisch ohne unnötig auf die Tränendrüse zu drücken. Justin ist ein toller Protagonist und ich habe das komplette Buch über mit ihm gemeinsam gehofft, dass sich Jemmie auf DIE EINE Weise für ihn interessiert. Ich habe mit ihm mitgelitten, wenn Justin mal wieder sein eigenes Leben hintenan stellt, nur um seine Mutter zu unterhalten und aufzumuntern.
“Ein Lied für Jemmie” ist ein ganz besonderes Buch, das viele Leser verdient. Es erzählt eine berührende Geschichte, die aber durch den Galgenhumor des Ich-Erzählers niemals kitschig wird. Es ist ein Buch, das man gelesen haben sollte. 10 von 10 Sternen!