Als der Himmel uns gehörte von Charlotte Roth

  • Wie schon der Vorgänger "Als wir unsterblich waren" spielt auch dieser Roman auf 2 Zeitebenen. Zuerst lernen wir die junge Jennifer kennen, deren Traum es ist bei den olympischen Spielen im eigenen Land teilzunehmen. Dann treffen wir Alberta, Jennifers Urgroßmutter. Auch sie hat den großen Traum von Olympia, doch es ist 1936 in Berlin, und das Nazi-Regime ist allgegenwärtig, bald wird Sport zur Nebensache, und es gilt geliebte Menschen die nicht ins Bild des Regimes passen zu schützen. Als starke Persönlichkeit kämpft Albi, und der Leser erlebt mit ihr diese dunkle Zeit, wie es dazu kam, und wie so vielen Menschen erst bewusst wurde was geschieht als es schon zu spät war....


    "Als der Himmel uns gehörte" ist, wie auch der Vorgänger ein besonderes Buch, von dem ich von Anfang an einfach mitgerissen wurde. Die Geschichte um Alberta ist toll erzählt, man liest meistens mit Gänsehaut und einem dicken Kloß im Hals, trotzdem kommt mir hier nichts nervend ausführlich oder überzeichnet und unnötig grausam vor, wie es in Geschichten um das 3. Reich so oft der Fall ist.


    Genau wie "Als wir unsterblich waren" hat mich auch dieses Buch sehr beeindruckt, die Figuren waren mir zwar nicht ganz so nahe wie im Vorgänger, aber das tat dem Lese"vergnügen" (kann man das bei dem Thema so nennen??) keinen Abbruch!


    Ich vergebe 10 Punkte und hoffe bald wieder einen Charlotte Roth Roman lesen zu dürfen!

  • Ganz herzlichen Dank, Susannah und Maharet.
    Ich freue mich ueber eure Einschaetzung meines Buches sehr, bin froh, dass es da ankommt, wo ich es hinschicken wollte. Das ermutigt mich bei dem, was ich schreibe. Und das, was ich als Minus wahrnehme - "nimmt dem Buch die Schaerfe" zum Beispiel - hilft mir, haerter zu zeichnen oder es zumindest zu versuchen.


    Besonders freut mich, dass Du, Susannah, dieses Buch als reifer empfunden hast, denn, um ehrlich zu sein, so geht es mir auch. Es ist das erste Buch, das ich nach meiner Hatti geschrieben habe, und, so pathetisch das klingt, das hat die ganze Welt fuer mich veraendert. Ich hatte endlich MEIN Buch geschrieben, ich musste ihm nicht mehr krampfhaft nachjagen, sondern konnte mich ruhig hinsetzen und zum Schreiben den Kasten auf meinem Kopf und die Erfahrung von Jahren benutzen. Das Buch hat sich sicher geschrieben, es kommt mir nicht so fuerchterlich aufgedreht und ueberdreht vor wie die alten, einfach unverkrampft und dramaturgisch zwar beileibe nicht fehlerlos (wie bei mir ueblich ist es vorn viel zu lang, die Gewichtung stimmt nicht), aber gelungen. Sprachlich ist auch dieses von dem, was ich gern haette, noch weit weg. Vielleicht bleibt's dabei auch, vielleicht ist mir da einfach weit weniger Entwicklung moeglich, als ich erhofft hatte. Aber noch gebe ich nicht auf. Im Moment zumindest fuehlt es sich an, als waere nochmal ein halber Schritt nach vorn drin, und der waer' mir ziemlich viel wert.


    Vielen Dank!
    Ich habe mich sehr gefreut.
    Alles Liebe von Charlie&Mandi

  • Auch mit ihrem neuen Roman wird Charlotte Roth mit Sicherheit wieder die Leserherzen im Sturm erobern. Wer „Als wir unsterblich waren“ (erschienen Mai 2014, ebenfalls Knaur TB) gerne gelesen hat, wird von diesem Buch restlos begeistert sein. Denn dieses Buch ist noch viel mehr, als es das erste war: tiefgründiger, berührender, authentischer und atemberaubender.
    Wie das erste Buch der Autorin, spielt auch dieses wieder auf zwei Zeitebenen. Wir tauchen ein in die Geschichte der Ur-Großmutter und Enkelin, deren Leben sich so ähnlich und doch verschieden ist. Beide haben eine große Liebe, den Sport: Alberta darf die Olympischen Spielen in Los Angeles und Berlin erleben, die Enkelin Jennifer will unbedingt an den Spielen in London 2012 teilnehmen. Der Geist des Sports und der Olympischen Spiele ist grandios beschrieben, wer schon immer mal wissen wollte was Sportlern vor einem Wettkampf so durch den Kopf geht, der sollte sich diese Zeilen nicht entgehen lassen. Der Sport ist es, der die Menschen verbindet über Generationen hinweg.
    Aber auch die Liebe kommt in diesem Buch wieder nicht zu kurz, sowohl Ur-Großmutter als auch Enkelin müssen einen langen Weg gehen bis sie erkennen, zu was Liebe wirklich in der Lage ist. Die Liebe ist das stärkste Band unter den Menschen, auch ein Krieg kann es nicht trennen. Alberta erlebt die Zeit des Nationalsozialismus und des zweiten Weltkrieges hautnah. Charlotte Roth zeigt alle Facetten der Menschlichkeit in dieser Zeit. Ein wahrlich berührendes Buch, das einem immer wieder staunen und hoffen lässt, dass einen zu Tränen rührt, aber auch das eine oder andere Lächeln abringt.
    Besonders gelungen finde ich in diesem Buch die verschiedenen Protagonisten, sie sind noch ausgereifter und facettenreicher als in dem ersten Buch der Autorin. Viele machen eine Entwicklung durch, die man am Anfang nicht für möglich gehalten hätte. Besonders einige Nebenfiguren wie z.B. Jennifers Ziehvater Abe sind mir sehr ans Herz gewachsen.
    Der Schreibstil dieser Autorin ist wie immer sehr flüssig und gut zu lesen, im Laufe des Romans entwickelt die Sprache eine solche Sogwirkung, dass man sich nur schwerlich von den Seiten trennen kann. Sehr schön finde ich, dass der Titel immer wieder im Roman aufgegriffen wird.
    Für mich hat Charlotte Roth wieder ein Buch geschrieben, dass unter die Haut geht und einem auch noch lange, nachdem man die letzte Seite umgeblättert hat, nicht loslässt. Denn was wirklich im Leben zählt ist oft nicht das Offensichtliche, es ist gerade das was verborgen vor einem liegt und das man erst entdecken muss, um seinen wahren Wert zu begreifen.


    Von mir gibt es 10 von 10 möglichen Eulenpunkten :wave

  • Mit „Als der Himmel uns gehörte“ erzählt die Autorin eine vielschichtige Geschichte. Es geht um Sport, um den olympischen Gedanken, um Liebe, Freundschaft, Treue und um Angst. Für mich der überzeugendste und bestechendste Aspekt, war das Eindringen der immer düsterer werdenden politischen Realität in das Leben der absolut unpolitischen Protagonisten in der Zeit ab 1932. Auch diejenigen, die dachten, es ginge sie nichts an, es würde sie nicht betreffen, es wird wohl schnell wieder vorübergehen oder die es schlicht nicht zur Kenntnis nehmen wollten. Das machte das Grauen für mich besonders spürbar, da es einem plötzlich um so vieles näher und verständlicher erscheint. Hier geht es nicht um diejenigen die fanatische Nazis sind und die Ideologie verinnertlich haben, hier geht es um Menschen die lernen müssen in diesem Deutschland zu leben, die trotzdem ihre Träume verwirklichen wollen oder einfach nur ihre Familien beschützen müssen und somit gezwungen sind immer mehr und immer forderndere Kompromisse zu schließen. Und so verkauft manch einer Stück für Stück seine Seele.


    Der Charakter der Figuren Alberta, Auguste, Hannes, James und Giselher ist für mich gut gezeichnet und glaubhaft. Jede hat ihren eigenen Hintergrund und Beweggründe, die ihr Handeln bestimmen und es nachvollziehbar (in manchen Fällen sogar unausweichlich) machen. Auch viele liebenswerte Nebenfiguren, in beiden Zeitebenen, bevölkern den Roman, wie z.B. die Hauswirtin Jette Sabotke mit ihrem Hans Albers-Tick oder Jennifers Stiefvater, der ruhende Pol der Familie Feldman.
    Dagegen muss ich leider sagen, sind Jenny und Gregory etwas unscheinbar geblieben. Sie dienten als Rahmen für Albis Geschichte und haben uns eine Möglichkeit geboten zu sehen, wie Albis Leben weiter verlaufen ist. Ihre Probleme und Erlebnisse verblassten für mich neben der starken Erzählebene der Vergangenheit.


    Das eingestreute Wissen rund um die olympischen Spiele und einige der dort ausgetragenen Sportarten war sehr interessant und hat für mich Fakten beinhaltet, dass mir noch nicht bekannt waren, z.B. dass der uns bekannte Fackellauf eine Erfindung der Spiele von 1936 war. Der olympische Gedanke und die Idee, mit dem Sport die Völker der Welt zu verbinden wurde ebenso vermittelt wie die von der NS-Ideologie pervertierte Variante, die den deutschen Athleten zum Kriegshelden-Ersatz machte, für den nur das Siegen zählen sollte, um der Welt die Überlegenheit der deutschen Rasse zu demonstrieren.


    Fazit: Bewegende Geschichten und Schicksale, die uns eine leise Ahnung davon vermitteln, wie es so weit kommen konnte, wie es gekommen ist.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Als der Himmel uns gehörte - Charlotte Roth


    Mein Eindruck:
    “Als der Himmel uns gehörte” ist ein umfangreicher Roman, den ich gerne gelesen habe. Er bietet viel Lesefutter und dass ein Stück deutsche Geschichte rund um Olympia und verschiedenen Sportdiziplinen (Reiten, Bogenschießen, Langstreckenlauf) erzählt wurde, interessierte mich sehr.
    Der Roman lebt außerdem von seinen lebendigen, kraftvollen Figuren, allen voran die Hauptfigur Alberta.


    Die Idee, die Geschichte der Vergangenheit, rückblickend in einem heutigen Handlungsraum zu erzählen ist nicht neu, funktioniert aber sehr gut.
    Der Zeitbezug wirkt ebenfalls überzeugend. Es gibt in den Kapiteln der dreißiger Jahre einige Referenzen an deutsche Filme dieser Zeit, z.B. von Hans Albers. Da ich solche Filme oft gesehen hatte, konnte ich mir einzelne Passagen des Romans gut bildlich und szenisch vorstellen. Dazu passt auch das Pathos des Romans.


    Die verschärfte Stimmung der Zeit nach den olympischen Spielen 1936 wird spürbar und einigen Szenen fehlt es nicht an Deutlichkeit. Die Schikanen gegen die Juden nehmen immer mehr zu.
    Natürlich wird noch viel mehr in diesem Roman erzählt, aber diese Passagen bleiben hängen.


    Eine dichte, packende Handlung kennzeichnet den Roman!

  • Lieber Herr Palomar.


    Darauf ganz fuerchterlich stolz zu sein, gebe ich jetzt mal freimuetig zu.
    Dich verfolg' ich hier seit Jahren, weil so viele Buecher, die Du empfiehlst, mich zumindest interessieren, fuer etwas neues oeffnen, in etwas hineinziehen, zumeist aber ganz und gar fuer mich geschrieben sind. Das geht so weit, dass ich die meisten Deiner Empfehlungen blind kaufe und noch keinmal gedacht habe: Haett' ich mal nicht.


    Dass Du meines gelesen hast, wirft mich ein bisschen um und "made my day".


    Danke.


    Und wenn ich ganz ehrlich bin, haett' ich das - Deine Lesezeit - eigentlich gern aufgehoben fuer das, was ich fuer mein bestes halte.
    Darf ich bitte aufdringlich sein und es dir - natuerlich ohne Verpflichtungen - im naechsten Maerz schicken? Ich wuerde mich sehr freuen.


    Nochmal danke.
    Charlie

  • Als der Himmel uns gehörte - Charlotte Roth


    London 2011. Für Jennifer bedeutet Laufen einfach alles im Leben. Der Traum, einmal an Olympischen Spielen teilzunehmen, nimmt vage Gestalt an. Die nächsten Spiele werden in London stattfinden, ihrer Heimatstadt. Und dennoch...ihre instabile Psyche macht die Vorbereitungen und das Training für Jennifer zu einer Tortur. Als sich ihr ein Unbekannter beim täglichen Lauftraining im Park als Trainer anbietet und Jennifer gleichzeitig rät, mit ihrer Urgroßmutter Alberta Kontakt aufzunehmen, wird Jennifer stutzig. Warum gerät ihr Leben so langsam aber sicher aus den Fugen? Welche Hilfestellung könnte ihr die über 90jährige Urgroßmutter schon geben?


    Jennifer beherzigt den Ratschlag und taucht alsbald tief ein in die eigene Familiengeschichte. In die Geschichte von Albi mit dem Bogen, die einst selbst Olympiateilnehmerin der Nazi Spiele in Berlin 1936 war. Albi mit dem Bogen, die Vorzeigesportlerin der Nationalsozialisten, die lernen musste, was Schmerz und Niederlagen wirklich bedeuten, was Menschen für Freundschaft und aus Liebe zu tun bereit sind.


    Das Buch gleicht einer emotionalen Achterbahnfahrt der Gefühle. Die intensive und feinfühlige Erzählweise der Autorin geht einem durch und durch.
    Besonders gelungen ist der Teil der 1930er und 40er Jahre. Die Veränderungen, die der Rassenwahn der Nationalsozialisten mit sich brachte, sind authentisch und sensibel dargestellt. Fassungslos und traurig liest man vom durch Hitler manipulierten deutschen Volk.


    Ein ganz starker Roman, der es schafft, ein so wichtiges Thema der deutschen Geschichte interessant und spannend zu erzählen, ohne in schnulzenhafte Gefühlsduselei abzudriften.


    Von mir gibts eine klare Leseempfehlung und 9 Pkt.

  • Als der Himmel uns gehörte habe ich tatsächlich in zwei Tagen verschlungen. Es war mir unmöglich, das Lesen für andere Tätigkeiten zu unterbrechen.


    Zum Inhalt wurde wirklich schon alles ausgeführt, deshalb mein kurzer Eindruck.


    Als Cover und das Erscheinungsbild wieder sehr schön gestaltet und erinnert auch gleich an das erste Buch von Charlie als Charlotte Roth. Das Glossar bzw. das Verzeichnis der tatsächlich gelebten Personen runden das positive Erscheinungsbild ab.


    Der Schreibstil ist wie gewohnt flüssig zu lesen, die Geschichte absolut aufwändig und genau recherchiert. Mich persönlich hat der Albi-Teil mehr fasziniert und bewegt, so daß am Ende auch ein paar Tränchen fließen mußten.


    Es wurden die olympischen Spiele - sowohl die in Los Angeles als auch die in Berlin - aus einer Sicht erzählt, die mir unbekannt war - einfach nur fantastisch.


    Es ist ein Buch, das ich mit Sicherheit weiter empfehlen werde und das mir noch lange im Kopf herumspucken wird. :-)

  • In dem Buch steckt so wahnsinnig viel drin, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Es gibt zwei Zeitebenen: die Geschichte der Langstreckenläuferin Jennifer kurz vor den Olympischen Spielen 2011/2012 in London sowie die ihrer deutschen Urgroßmutter Alberta 1932 – 1945. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf der historischen Ebene. Das war einer der beiden Punkte, die mich – zumindest anfangs – gestört haben. Ich hätte gern mehr von Jennifer gelesen, habe dies nach der Buchbeschreibung auch erwartet, doch sie ist mehr oder weniger nur der Aufhänger für Alberta. Auch wenn ich dies schade fand ist der Hauptstrang rund um Alberta und ihre Zeit derart vielseitig, dass für Jennifer wirklich kein Platz mehr bleibt.


    In Albertas Geschichte geht es nicht nur um Sport, sondern vor allem um das Leben von „ganz normalen“ Menschen vor und während der Zeit des Nationalsozialismus. Ihr persönliches Erleben dabei, wie sie ganz unvermittelt in diesen Strudel hineingezogen werden, wie sie sich mitreißen lassen, aber auch dagegen ankämpfen. Neben vielen weiteren Themen empfinde ich das als sehr wichtigen Kernpunkt der Geschichte und finde es toll, dass diese Zeit in dieser Art aufgearbeitet wird. Nicht die großen Helden stehen im Mittelpunkt sondern Menschen wie du und ich.


    Ein solches Buch lebt von den Personen, die es bevölkern. Dabei sind vor allem Alberta und Jennifer zu nennen, die tragenden Charaktere ihrer jeweiligen Zeit. Sie und viele andere Figuren fand ich sehr gut ausgearbeitet, mit Ecken und Kanten, mit Höhen und Tiefen – Menschen wie im richtigen Leben. Anfangs enttäuschend dagegen die Männer des Buches – zunächst fand ich sie sehr einseitig und auf einen Aspekt reduziert. Doch auch sie dürfen im Laufe des Buches eine Entwicklung durchmachen.


    Mit dem Buch kann man sehr gut in den Handlungszeitraum eintauchen. Dabei verbindet sich die fiktive Geschichte der Charaktere mit den historischen Ereignissen. Ganz unweigerlich erfährt man sehr viel aus der deutschen Geschichte, manches bekannt, manches neu – vieles aber aus einem anderen Blickwinkel.


    Fazit: Ein tolles „Geschichts“buch mit einer bunten Mischung an den verschiedensten Themen. Ich musste mich erst hineinfinden, dann aber hat es großen Spaß gemacht und so vergebe ich doch 9 Punkte.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Da mich der erste Roman "Als wir unsterblich waren" schon so begeistert hat, war dieses Buch natürlich auch wieder Pflicht für mich. Olympia ist eigentlich nicht mein Thema, doch Olympia 1936 finde ich unheimlich spannend, denn die Nazizeit ist bei mir noch lange nicht ausgelutscht.


    Ich mag Geschichten, die auf zwei Zeitebenen spielen, stelle ich immer wieder fest.


    Zu lesen, wie es der Urgroßmutter von Jennifer als junges Mädchen zunächst als Zaungast 1932 in Los Angelas erging und schließlich nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland und als Mitglied des deutschen Olympia-Kaders, fand ich wirklich fesselnd.


    Hier hat der Gegenwarts-Zeitstrang für mich nur die Untermalung der eigentlichen Geschichte gebildet, denn die historischen Ereignisse, aber auch die damaligen Protagonisten waren für mich einfach spannender. Eben auch wegen der Ereignisse, die den Rahmen bilden. Die Umstände, wie Juden und Kommunisten systematisch ausgegrenzt wurden, wurden hier anschaulich beschrieben, ebenso, wie die deutsche Bevölkerung damit umgegangen ist, war aus der Sicht verschiedener Personen zu lesen. Alle Personen waren lebendig vor meinen Augen, ich hab mitgelitten und mich gefreut, so wie ein Buch sein soll.


    Mein Monatshighlight, 10 Punkte

  • Hach, das war ein tolles Leseerlebnis!


    Auf beiden Zeitebenen fühlte ich mich mitten im Geschehen. Von den beiden Frauenfiguren war Alberta für mich eindeutig die Stärkere und hat mich fasziniert.
    Der Handlungsstrang, der im Berlin Mitte der 30er Jahre angesiedelt ist, stellt die politischen Ereignisse eindeutig in den Vordergrund, hier fehlte mir etwas die Sicht der Sportler. Dennoch wurde der Bogen von einer Familiengeschichte zum Sport und zum olympischen Grundgedanken grandios gespannt.
    Dazu kam noch der lebendige Schreibstil, der das Lesevergnügen perfekt machte!
    Eine gelungene Mischung aus Sport, Liebe und Historie.

  • In nicht mal 24 Stunden habe ich dieses Buch verschlungen. Sowohl die Zeitebene um Jennifer, als auch die Geschichte um Gusti und Albi hat mich sehr schnell gefangen genommen. Zum Inhalt wurde hier schon viel gesagt, daher belasse ich es bei meiner persönlichen Meinung. "Als der Himmel uns berührte" ist ein Buch, das mich sehr berührt hat. Jeder Charakter hat seine eigene Geschichte und eigene Beweggründe für sein Handeln. Fast ausnahmslos gewinnt man die Personen lieb und leidet mit ihnen oder freut sich mit ihnen. Charlotte Roth ist es gelungen, die deutsche Geschichte in der starken Erzählebne der Vergangenheit zu verarbeiten und den Bogen zur Gegenwart zu schwingen. Das Buch hat mir gut gefallen, wie auch schon der erste Roman von Charlotte Roth und ich hoffe, es folgen noch viele weitere!


    10/10 !

  • Inhalt:


    London 2011: Die junge Läuferin Jennifer trainiert für Olympia 2012 in ihrer Heimatstadt. Sie ist talentiert, hat jedoch regelmäßig mit Panikattacken während der Läufe zu kämpfen, die sie dazu zwingen, die Wettkämpfe abzubrechen. Ein neuer Trainer, Gregory rät ihr, ihre Großmutter aufzusuchen, die 1936 als Bogenschützin selbst an den Olympischen Spielen in Berlin teilgenommen hat. Bei dem Besuch bei ihrer Großmutter Alberta erzählt diese ihrer Enkelin ihre Erlebnisse, vor und während der damaligen Spiele.


    Meine Meinung:


    Dieses Buch erzählt eine fesselnden Geschichte einer jungen Frau, die 1932 durch eine Reise zu den Olympischen Spielen in Los Angeles von einer absoluten Begeisterung für den olympischen Gedanken infiziert wurde und in den folgenden Jahren an ihrer Teilnahme an den Spielen in Berlin arbeitet. Sehr interessant sind hierbei nicht nur ihr persönlicher Kampf um Qualifikationen etc. sondern auch die politischen Umstände, die sie zu einer Werbeikone des Nazi-Regimes macht. Viele kritische Aspekte der damaligen Spiele werden beleuchtet, die von Judenverfolgung und Rassismus überschattet wurden. Aber die Geschichte endet nicht mit den Spielen sondern beleuchtet auch die weiteren Schicksale der Protagonisten im 2. Weltkrieg.


    Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet und es macht Spaß, ihnen durch die Geschichte zu folgen. Der Schreibstil ist flüssig und gut zu lesen. Besonders spannend ist es mit der jungen Alberta an den Spielen teilzunehmen. Erschreckend ist es, wie stark diese Spiele von den Nazi zur Aussendarstellung benutzt wurden und einzelne Menschen von dem Regime benutzt wurden, was Alberta auch am eigenen Leib erleben mußte.


    Positiv möchte ich hier noch das Glossar erwähnen, in dem man nachlesen kann, was von der Geschichte Fakten sind und wo die Fiktion einsetzt. Das finde ich bei einem historischen Buch immer besonders interessant.


    Ein lesenswertes Buch für jeden, der mehr über die Ereignisse rund um die Ereignisse der Spielen in Berlin 1936 erfahren möchte und dabei noch eine interessante Lebensgeschichte lesen möchte, die von Dramatik und Liebe gekennzeichnet ist.

  • Auf ARTE gab es am Samstag eine Dokumentation:
    Der Traum von Olympia - Die Nazi-Spiele von 1936


    Diese wird heute auch in der ARD ab 21:45 gezeigt Link und am
    Freitag, 05. August um 9:25 Uhr (89 Min.) erneut bei ARTE. Auch in der Mediathek von ARTE ist der interessante Beitrag zu finden. (vermutlich bald auch bei ARD-Mediathek)Link


    Zitat

    Als Adolf Hitler am 1. August 1936 die Olympischen Sommerspiele von Berlin eröffnet, ist das zugleich der Startschuss für eine perfekte Inszenierung. Die Spiele werden zum Propagandafest der Nationalsozialisten. Das Dokudrama zeichnet die Ereignisse nach. Im Mittelpunkt der Dokumentation steht Wolfgang Fürstner (Simon Schwarz), der Kommandant des Olympischen Dorfes. Als Adolf Hitler am 1. August 1936 die Olympischen Sommerspiele von Berlin eröffnet, ist das zugleich der Startschuss für eine perfekte Inszenierung. Zwei Wochen lang präsentiert sich das Deutsche Reich als modernes Land, in dem sich Teilnehmer, Zuschauer und Berichterstatter aus der ganzen Welt wohl fühlen sollen. Die knapp 4.000 Athleten aus 49 Nationen erleben ein Sportfest der Superlative: der Olympische Fackellauf feiert ebenso Premiere wie der Medaillenspiegel. Erstmals überträgt das Fernsehen die Wettkämpfe live. Das Olympische Dorf ist eine eigene, komfortable Stadt. In den Restaurants und Kneipen von Berlin wird ausgelassen Swing und Jazz getanzt. Der "Führer" hat die Fassade des NS-Reichs auf Hochglanz polieren lassen. Zum ersten Mal in der Geschichte des Sports werden die Spiele von der Politik missbraucht. Die Nazi-Diktatur inszeniert sich unter dem Deckmantel des olympischen Gedankens. Seit den Spielen in Berlin weiß die Politik, welche Propaganda-Möglichkeiten ein sportliches Großereignis bietet. "Der Traum von Olympia" erzählt diese Geschichte konsequent aus der Sicht von zwei Menschen, die damals dabei waren - und deren Traum sich in einen Alptraum verwandelte. Wolfgang Fürstner - gespielt von Simon Schwarz -, Kommandant des Olympischen Dorfes, ist eigentlich ein überzeugter Anhänger des Systems. Doch im Zuge seines Einsatzes für Hitlers Olympia-Projekt fällt sein Weltbild schleichend in sich zusammen. Das System, das er so verehrt, richtet sich gegen ihn, als herauskommt, dass er jüdische Vorfahren hat. Nach dem Ende der Spiele schießt Fürstner sich am Ufer des Teichs im Olympischen Dorf eine Kugel in Kopf. Gretel Bergmann - gespielt von Sandra von Ruffin - gehört zu den besten Hochspringerinnen im Deutschen Reich. Obwohl die Jüdin ihren Sportverein aufgrund ihres Glaubens schon früh verlassen musste, wird ihr in Aussicht gestellt, in Berlin für Deutschland starten zu dürfen. Erst wenige Tage vor der Eröffnung erfährt Bergmann, dass man sie nicht aufstellen wird. Ihr Traum von einer Teilnahme zerplatzt von einer Minute auf die andere. Wolfgang Fürstner und Gretel Bergmann erzählen ihre persönlichen Geschichten von Olympia 1936. Aus ihrer Perspektive sieht der Zuschauer, was in Berlin damals wirklich geschehen ist und wie perfide die Nazis das Sportfest missbrauchten. Der Film macht die enorme Diskrepanz zwischen der perfekten Inszenierung und der erschreckenden Realität deutlich.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Jennifers Leben ist das Laufen. Ohne Laufen fühlt sie sich nicht wohl. Es hilft ihr Gedanken zu ordnen und sich zu finden. Aber es ist auch ihr Feind, denn immer, wenn sie an einem Wettbewerb teilnehmen möchte, versagen ihre Beine. Sie hätte das Zeug für Olympia, aber dieses Problem macht ihr so sehr zu schaffen, dass sie drauf und dran ist, die Flinte ins Korn zu schmeißen.


    Ein junger Ire, hübsch, nett, aber durch einen Unfall nicht mehr in der Lage selbst zu laufen, nimmt sich ihrer an. Bietet ihr an, sie zu trainieren. Durch ihn erfährt sie, dass sie nicht die erste Frau in der Familie ist, die das Zeug zu einer Olympiateilnahme hat.


    Schon ihre Großmutter Alberta war eine begabte Sportlerin. Leidenschaftliche Pferdenärrin und begabte Bogenschützin. Auf dem besten Weg zu Ruhm und Ehre. Doch dann kommt der Krieg, der nicht nur ihr persönliches Schicksal beeinflusst, sondern das ganzer Nationen, kultureller Güter und eben auch das des Sports.


    „Als der Himmel uns gehörte“ hat sich schon jetzt einen Platz in der Liste meiner Leshighlights 2016 ergattert. Obwohl mir bereits Charlotte Roths Roman „Als wir unsterblich waren“ sehr gefallen hat, bin ich völlig geplättet, wie gut die Geschichte der beiden Frauen ist, die sich dem Sport verschrieben haben.


    Roth erzählt auf verschiedenen Zeitebenen, die inhaltlich miteinander verknüpft werden. Dadurch entsteht ein mitreißender Sog, der dafür sorgt, dass ich die über 600 Seiten inhaliere. Leicht fliege ich durch die Seiten und bemerke nicht, wie ich eine nach der anderen verschlinge. So sehr interessieren mich die Schicksale der beiden Frauen, die sich ähnlicher sind, als sie es vielleicht geglaubt haben.


    Ganz besonders gern bewege ich mich in der Vergangenheit. Alberta hat es mir angetan. Fröhlich, mutig, sportlich und mit einem großen Herz, das manchmal jedoch so übermütig ist, dass sie gar nicht merkt, dass sie anderen auf die Füße tritt. Für sie jedoch die einzige Chance sich durchzukämpfen, in einer Zeit, in der Menschen vom Wahnsinn getrieben jegliche Realität und Gerechtigkeit aus den Augen verlieren.


    Ich liebe es wie Charlotte Roth wieder einmal persönliche Geschichten mit historischen Begebenheiten verknüpft. Ihre Protagonisten sind so interessant konzipiert, dass ich sie gern begleite. Nicht nur Alberta, sondern auch den sehr charmanten und erfrischenden James Seaton-Carew, der Jungspund, der nichts ernst zu nehmen scheint, außer die Liebe zu seinem Pferd und der ebenso von der Härte des Kriegs getroffen wird, wie Hannes von der Weydt, Kavallerist und Albertas erste Liebe.


    Nicht nur Protagonisten werden mit viel Leben gefüllt, sondern auch Nebencharaktere. Roth verdeutlicht damit nochmals, dass jedes menschliche Leben zählt, in einem Krieg, der Menschen als wertlos deklariert. Wieder einmal schockiert mich die Tatsache, dass Menschen aufgrund einer geringen optischen Andersartigkeit, aufgrund anderer Glaubensvorstellungen, aufgrund anderer Denkweise, ausgestoßen und umgebracht werden. Eine Tatsache, die immer und immer wieder angesprochen werden muss, da es immer noch genügend Personen gibt, die daraus nichts gelernt haben.


    Besonders gefallen hat mir die Verbindung zum Sport. Ich wusste zwar schon einiges über die Historie des Reitsports, aber weniger über die des olympischen Sports im allgemeinen. So sehr mich Mord und Totschlag des zweiten Weltkriegs betrübt, so sehr schockiert mich auch immer wieder, dass ebenso kulturelle Entwicklungen gehemmt wurden.


    „Als der Himmel uns gehörte“ bekommt von mir eine klare Leseempfehlung. Charlotte Roth konnte mich mit ihrem Roman, der persönliche Schicksale zweier interessanter Frauen und ihrer Leidenschaft zum Sport, mit Weltgeschehen, insbesondere dem zweiten Weltkrieg, verknüpft, restlos begeistern.