Der Tiger in meinem Herzen - P. McCormick (ab 14 J.)

  • "Seine Augen sind leer, er spricht mit einer komischen Stimme, nicht traurig, wie ein Roboter. 'Sie haben ihn getötet', sagt er. 'Die roten Khmer töten alle.'"


    1975 begann der Völkermord in Kambodscha. Herbeigeführt durch kambodschanische Guerillas, die eine Art "Agrarkommunismus" aus ihrem Heimatland machen wollte. Um ihren Willen durchzusetzen, nutzten die Roten Khmer alle Mittel die ihnen Recht waren. Rund 2 Millionen Kambodschaner fielen ihnen zum Opfer.


    "Am nächsten Tag geht es weiter. Wir sehen mehr Tote. Ein Baby, in einen alten Sarong gewickelt, nicht mal begraben, liegt einfach am Straßenrand."


    Arn Chorn-Pond war einer von ihnen. Gefangen genommen von den Guerilla Kriegern, getrennt von der Familie, gezwungen zur Arbeit auf den Reisfeldern. Sonne, Anstrengung und mangelnde Nahrung haben viele seiner Mitmenschen - egal ob Kind, Frau oder Mann - das Leben gekostet. Wer sich dagegen aufgelehnt hat, wer gebeten, gebettelt oder verhandelt hat, wer nicht in der Spur der Roten Khmer lief, wer zu viel wusste und zu viel erkannte oder wer einen Aufseher mit schlechter Laune erwischte wurde getötet. Gnadenlos und ohne Reue. Zum Wohle des Volkes, zu dem aber scheinbar nur andere Menschen gehörten - wie so oft in der Geschichte der Erde.


    "Eines abends stirbt das Mädchen, das neben mir sitzt. Sie sitzt da und stirbt. Ohne Geräusch. Sie hört einfach auf zu atmen. Wir essen alle weiter. Wir sehen sie nicht. Ich nehme mir schnell ihre Schale Reis und esse sie auf."


    1984 bricht Arn Chorn-Pond sein Schweigen, hält eine Rede, bei der er interessierte Amerikaner über die Gräueltaten der Roten Khmer aufklärt. Es ist das erste Mal, dass er weint. Kann seinen Tränenfluss kaum stoppen, bei der Erinnerung an all die verlorenen Seelen, die Opfer eines Fanatismus geworden sind. Wie ihm ging erging es auch mir, als ich an seiner Geschichte, von Patricia McCormick mit gewohnter Sorgfalt zu einem Roman verpackt, teilgenommen habe.


    "Man denkt, man kann sich niemals daran gewöhnen, dass ein Kind stirbt, aber man tut es. Ich denke, ich will auch sterben. Aber ich sterbe nicht. Ich lebe nicht und ich bin nicht tot. Ich bin ein lebender Toter."


    Historische Ereignisse wie dieses dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Zu schlimm um es mit eigenen Worten auszudrücken ist das, was Menschen einst widerfahren ist und noch heute Generationen danach beeinflusst. Ich glaube kaum, dass ein Mensch wie Arn je vergessen kann was er erlebt hat. Situationen, die sich von uns nur erahnen lassen, die mir nicht nur Trauer, sondern auch Übelkeit und Hass ins Herz treiben und Arn dazu bringen das Leben mehr zu fürchten, als den Tod. Patricia McCormick hat dieses sehr bewegende Schicksal eines Mannes, der als Kind durch die Hölle gegangen ist, eindrucksvoll zu einem Roman zusammengefasst, der mehr als unter die Haut geht. Der tief in mich greift und mich sicher dazu bringen wird, Arn Chorn-Pond für immer im Gedächtnis zu halten.