x Autorin: Lilly Lindner
x Originaltitel: Winterwassertief
x Genre: Biografie
x Erscheinungsdatum: 14. Januar 2015
x bei Droemer Knaur
x 368 Seiten
x ISBN: 3426304236
x Erste Sätze: Am Abend vor Chase’ erstem Tag in der Schule saßen wir gemeinsam auf seinem bunten Spielteppich und taten so, als wäre alles wie immer. Ich schob Eisenbahnwaggons durch die Gegend, und Chase belud sie mit einem Gabelstapler. Dann schob ich sie in eine andere Gegend, und Chase entlud sie mit einem anderen Gabelstapler.
Klappentext:
“Wenn ein Fremder dich in seine Arme schließt, um dich zu brechen, wenn er wütet auf deinem Körper, Mahnmale hinterlässt auf deinem Dasein und Blutbilder zeichnet auf deiner viel zu weichen Haut. Dann wird alles in ein blindes Licht gerückt. Und dann musst du. Du. Die Schande, die auf deiner blanken Seele lauert, mit anmutigen Händen tragen, ohne sie zu berühren, dort, wo sie dich zu verschlingen droht. Und die Männer um dich herum, die glauben, sie könnten dich besitzen, flüstere ihnen zu, dass es nichts weiter als ein Schauspiel ist, denn wie könnte es anderes sein, wenn du niemandem mehr gehörst. Nicht einmal dir selbst.”
Rezension:
Lilly Lindners Bücher berühren jedes Mal aufs Neue tief mein Herz. Ihre Worte sind schmerzhaft treffend, und erscheinen vielen Lesern, die Lillys Probleme als ihre eigenen kennen, als hätte die Autorin die Gedanken aus deren Köpfen genommen, und sie in ein wunderbares Wortgewand gekleidet. “Winterwassertief” ist Lillys zweiter Teil ihrer Biografie, und steht dem Ersten in nichts nach.
Nachdem Lilly im erste Teil, “Splitterfasernackt”, ihr Leben vor der Veröffentlichung ihrer Bücher aufarbeitet, zeigt “Winterwassertief”, wie es danach weiterging. Zwar ist Lilly der Prostitution entkommen, doch ist noch lange nicht ‘alles gut’. Ana, die Magersucht, hält sie nach wie vor in ihren Klauen und auch Lillys Seele weist, wie auch ihre Haut, noch immer tiefe Schnittwunden auf.
Für mich fühlte es sich beim Lesen des Buches an, als würde ich Neuigkeiten einer Freundin in der Ferne lesen. Man lernt Lillys umstrukturiertes soziales Umfeld kennen – Chase, ihre beste Freundin Lady, die mit ihrer Tochter mittlerweile in einem anderen Land lebt, ihren Literaturagenten, der eine große Rolle einnimmt, und auch ihre Eltern, wobei die Mutter bei mir einen äußerst unangenehmen Eindruck hinterließ.
In meinem Kopf und meinem Herzen ist es eindeutig, dass “Winterwassertief” auf den Stapel meiner Lieblingsbücher wandert – doch zu erklären, warum genau das nun so ist, fällt mir schwer, da sicher nicht jeder die gleichen Empfindungen beim Lesen von Lillys Büchern hat. Ich verliere mich so wahnsinnig gerne in ihren unglaublichen Satzkonstrukten. Für mich sind ihre Texte wie ein ‘Alice-Wunderland’ in Buchstabenform, in das ich mich begeben kann, und das Gefühlsausbrüche in mir hervorruft … Außerdem fühle ich mit ihr und erkenne mich an manchen Stellen wieder.
Kurz gesagt – wer mit Lilly Lindners Büchern bisher etwas anfangen konnte, vor allem mit “Splitterfasernackt”, wird sich auch auf jeden Fall in “Winterwassertief” verlieren können. Die Triggerwarnung möchte ich allerdings auch bei diesem Werk nicht vergessen – wer Anfällig auf Themen wie Magersucht und Selbstverletzungen reagiert, sollte diese Lektüre mit Bedacht konsumieren.
Fazit:
Winterwassertiefe Worte, die am Grund das Herz berühren.
Bewertung:
10 von 10 Sternen