Klappentext:
In New York begibt sich ein junger Ukrainer in die Psychoanalyse, er will endlich seine Biografie aufarbeiten. Am Anfang des letzten Jahrhunderts starb er auf einem Schlachtfeld in Europa - nur um kurz darauf als Vampir wiederaufzuerstehen. Ein Zustand, mit dem er sich nie anfreunden konnte, der ihm zuwider war, der ihn von seiner großen Liebe entfernte und der neben dem ungemütlichen Blutsaugen auch noch andere Unannehmlichkeiten mit sich brachte. Der so höfliche, wohlerzogene Mann verliebt sich nun hundert Jahre später in seine Therapeutin. Beiden ist nicht bewusst, wie verwoben ihre Geschichten sind und in welcher Gefahr sie schweben.
Meine Meinung:
An dieses Buch bin ich mit einer völlig falschen Erwartungshaltung heran gegangen. Vom Verlag als locker-flockige Komödie im Chick-Lit-Outfit angepriesen, mit Herzchen auf dem Cover, im Klappentext von der Geschichte zwischen einem Vampir und seiner Psychotherapeutin die Rede, entpuppte sich der Roman als etwas gänzlich anderes.
Der Franzose Joann Sfar hat sich als Regisseur und Comiczeichner bereits einen Namen gemacht, vor allem abgedrehte Vampir-Comics zieren die Hitlist, wenn man im Netz nach seinen Werken sucht. Nur so lässt sich erklären, wie es zu solch einem abstrusen, durchgeknallten Roman kommen konnte. Der Autor schafft es entsprechend seiner Profession vor allem Bilder zu zeichnen, diese sehr deutlich und anschaulich dank seiner sprachlichen Gewandheit.
Mit Blut ist in jedem Vampirroman zu rechnen, was hier aber an Kopfkino erzeugt ist, gehört einwandfrei in die Kategorie Splatter. Meine persönliche Ekelgrenze wurde hier sehr schnell überschritten, aber wie das so ist: die Faszination des Schrecklichen entfaltete auch hier ihre Wirkung und liess mich trotzdem weiterlesen, obwohl ich mich manchmal nur schütteln konnte angesichts der Blutbäder und zerfetzten Kehlen. Auch die sexuelle Komponente kommt nicht zu kurz und führt zu teilweise abscheulichen Szenen. Dann wieder gibt es auch witzig-abstruse Abschnitte, mit sehr, sehr schwarzem Humor, aber immerhin.
Was dafür komplett auf der Strecke bleibt, ist ein ordentlicher Plot. Die Handlung hastet von Szene zu Szene, ohne dass ich einen durchgehenden Handlungsfaden ausmachen konnte. Zunächst befinden wir uns im ersten Weltkrieg und erleben mit, wie aus dem ukrainischen Soldaten Jonas ein Vampir wird, dann springt die Handlung in heutige New York und macht uns mit Rebecka bekannt, die als frischgebackene Witwe und erfahrene Psychotherapeutin auf Jonas stößt, der es immer noch nicht geschafft hat, endlich zu sterben....
Dazwischen jede Menge Splatterszenen, willkürlich hinein geworfene Fabelwesen und ein durchgeknallter H.P. Lovecraft lassen die Leser eine Achterbahnfahrt erleben. Ich muss wirklich sagen, dass mir das Lesen teilweise sehr schwer gefallen ist und dass ich mich manches Mal gefragt habe, ob das nun Kunst, Satire oder einfach nur Schwachsinn ist. Selten hat mich ein Buch so verstört, abgestoßen und gleichzeitig fasziniert zurück gelassen. Empfehlen würde ich es allen experimentierfreudigen Splatter- und Horrorfans, keinesfalls aber Freunden von romantischen Vampirkomödien.