Stefanie Schramm und Regina Wüstenhagen: Das Alphabet des Denkens. Wie Sprache unsere Gedanken ...

  • Stefanie Schramm und Regina Wüstenhagen: Das Alphabet des Denkens. Wie Sprache unsere Gedanken und Gefühle prägt
    Rowohlt 2014. 320 Seiten
    ISBN-13: 978-3498060626. 19,95


    Verlagstext
    Dies ist ein Buch über die Macht der Worte, angefangen bei ihren kleinsten Bausteinen, den Buchstaben, bis hin zu den Sprachen dieser Welt: In drei großen Abschnitten — «Wie Wörter wirken», «Was Wörter über uns verraten», «Wie wir Wörter für uns nutzen können» — tragen die Autorinnen verblüffende Erkenntnisse aus Psychologie, Linguistik und Hirnforschung zusammen und verbinden sie mit dem intuitiven Wissen von Schriftstellern und Dichtern. Im Universum der Worte stoßen sie auf Mythen und Geheimnisse, Konflikte und große Fragen über das Wesen des Menschen: Könnten wir ohne Sprache überhaupt denken? Und denken wir in verschiedenen Sprachen unterschiedlich? Dabei ergründen sie, wie die Sprache unser Leben beeinflusst — oftmals ohne dass wir es bemerken oder uns dem entziehen können.


    Die Autorinnen
    Stefanie Schramm ist freie Wissenschaftsjournalistin und arbeitet u.a. für DIE ZEIT, ZEIT Wissen, mare, FAS, NZZ am Sonntag und den Deutschlandfunk. Sie hat die Kölner Journalistenschule abgeschlossen sowie Volkswirtschaftslehre und Politik studiert.


    Claudia Wüstenhagen arbeitet als Redakteurin beim Magazin ZEIT Wissen. Sie absolvierte die Kölner Journalistenschule, studierte Volkswirtschaftslehre und Politik an der Universität Köln sowie Public Health an der University of Auckland in Neuseeland.


    Inhalt
    Dass Eskimos eine Vielzahl von Wörtern für Schnee anwenden und Bretonen eine Vielzahl von Wörtern für die Farbtöne des Meeres, ist inzwischen populäres Wissen. Wie Wortschatz und Grammatik unserer Muttersprache die Wahrnehmung und die räumliche Orientierung beeinflussen, wird am Schnittpunkt von Psychologie, Linguistik und Kognitionswissenschaft untersucht. Schramm und Wüstenhagen berichten über diese Forschungsergebnisse populärwissenschaftlich und in übersichtlichen Kapiteln.


    Marketingexperten haben sich längst die Verknüpfung der Lautwirkung eines Markennamens mit unserer bildlichen Vorstellung zu eigen gemacht. Nicht zufällig heißt das iPhone nicht aPhone und die Supermarktkette nicht Ladl. Ein Dichter wendet dieses Phänomen unbewusst an, Neurowissenschaftler dagegen beschäftigen sich mit der Beweisführung. Hochinteressant fand ich auch die Erforschung von Sprachen und Kulturen, in denen Richtungsangaben anders als im Deutschen nicht egozentrisch (auf die Person bezogen) angegeben werden. Ob sich etwas links/rechts von mir befindet oder bergauf/bergab, bestimmt meine Vorstellung von mir und meiner Umwelt. Wenn man einem Kind, das noch nicht sicher links und rechts unterscheiden kann, beibringen will, allein eine Straße zu überqueren, wird einem die Verknüpfung von Sprache und Wahrnehmung klar. Ich könnte dem Kind beibringen, dass es erst zu Schmidts Haus und dann zu Müllers Haus guckt – spätestens auf dem Rückweg nachhause funktioniert dieses Konzept nicht mehr.


    Weitere Themen der beiden Journalistinnen sind Schimpfwörter, der kulturabhängige Gebrauch von Metaphern und die Analyse und Interpretation individueller Wortwahl durch Menschen wie PC-Programme. Man denke nur an Politiker im Wahlkampf oder die Manipulation der Öffentlichkeit durch Euphemismen oder „Unwörter“. Untersucht wurde ebenfalls, ob Empathiefähigkeit, sowie das Vorhandensein einer „Theory of Mind“ überhaupt vom Vorhandensein einer Sprache abhängt.


    Fazit
    Wie ein Mosaik aus verschiedenfarbigen Steinchen wurde dieses Buch aus einzelnen Aspekten zum Thema Sprache und Bewusstsein zusammengestellt. Mich haben die Abschnitte besonders angesprochen, die sich auf den Spracherwerb von Kindern und den Zusammenhang zwischen Sprache und Wahrnehmung beziehen. Rein rechnerisch stehen jedem Kapitel knapp 30 Seiten zur Verfügung, so dass ich mir am Ende einiger Kapitel eine Vertiefung gewünscht hätte. Die Autorinnen sind keine Linguistinnen und deutlich auf die Textlänge von Zeitschriftenartikeln konditioniert. Die Tiefe eines Fachbuchs kann man von einem populären, leicht lesbaren Sachbuch nicht erwarten.


    7 von 10 Punkten