Da wollte ich sofort auf "Teilen" drücken. Hochgeschätzte Facebook-Freunde hatten ihrerseits einen Artikel geteilt, der sich kritisch mit der Rolle der Medien im Zusammenhang mit der Flugzeugkatastrophe auseinandersetzt.
Doch plötzlich stockte ich. Nicht etwa, weil ich inhaltlich zu anderen Ergebnissen gekommen wäre. Die Art und Weise, in der bestimmte (und nicht nur einschlägig bekannte) Medien über den Verursacher des Absturzes und dessen Lebensgeschichte und Umfeld berichten, erfordert deutliche Kritik.
Diese Kritik teile ich. Aber nicht als "Teilen" bei Facebook. So hätte ich z.B. nie eine ekellhafte Kolumne gelesen, wenn sie nicht von zu Recht empörten Freunden verlinkt worden wäre. Wir empören uns über Dinge, die viele nie erfahren würden, wenn sich nicht schon andere empört hätten ...
Es ist eine Frage der Ethik, aber nicht nur der Medienethik, sondern auch der ethischen Verantwortung jedes Einzelnen. Die Medien bedienen sich der vielfältigen Möglichkeiten, die Ihnen heute zur Verfügung stehen. Und sie bedienen den Voyeurismus ihrer Kunden. Unseren Voyeurismus. Sie bedienen einen Markt, der zweifellos vorhanden ist.
Wir nutzen die modernen Medien, um schnell und knapp über alles informiert zu sein. Schnelligkeit besiegt Sorgfalt, Verkürzung und Verknappung schlägt Differenzierung. Journalistische Qualität unterliegt aktuellen Erwartungen und Zwängen.
Und so bauen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln weiter am Turm von Babel 2015. Wir bauen ihn schneller und höher als je zuvor. Weil wir es können.
Ethische Fragen laufen dem Baufortschritt hinterher. Sie werden gestellt, wenn wieder etwas passiert ist. Heute im Bereich der Medien, morgen in der Wirtschaft, übermorgen in der Technik und irgendwann auch in der Medizin.
Dabei wäre die Ethik so wichtig als existentieller Bestandteil des Bauplans jenes Turmes, der von Menschen gebaut wird. Dort aber finden wir sie nur im Kleingedruckten ...