Karin Alvtegen - Eine zweite Chance

  • Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
    eBook: 258 Seiten
    Verlag: btb Verlag
    erschienen am 15. April 2013
    Originaltitel: En sannolik historia (A Probable Story)


    zur Autorin: Quelle: Randomhouse
    Karin Alvtegen, geboren 1965 in Stockholm, hat als Großnichte von Astrid Lindgren sozusagen literarisches Blut in den Adern. Sie lebt mit ihrer Familie in Stockholm und arbeitete in der Filmbranche, zuletzt als Drehbuchautorin, bevor sie ihren ersten Roman schrieb.


    zum Inhalt:
    Helena und Martin sind von Stockholm in die Abgeschiedenheit Schwedens gezogen, um dort einen Bauernhof zu einem Hotel umzubauen. Längst ist nicht alles fertig und das Paar scheint nur noch zu funktionieren. Langsam haben sich beide auseinander gelebt. Als Martin zurück in die Stadt zieht, leidet vor allem ihre gemeinsame Tochter darunter und zieht sich immer mehr zurück.


    Eines Tages verschlägt es den Investor Anders in die Gegend. Er sammelt Raritäten und möchte dem Eremiten Verner eine Gitarre der Beatles abkaufen. Nach seinem Autounfall beschließt er, sich noch ein paar Tage in diesem ruhigen Hotel zu erholen. Doch es kommt anders. Helena bietet dem Fremden einen unterbezahlten Job als Renovierungshelfer an, den er für einen Monat annimmt.


    meine Meinung:
    Bisher war die schwedische Autorin Karin Alvtegen ob ihrer spannenden Krimis bekannt. Dass sie auch tiefsinnige Romane schreiben kann, beweist sie mit diesem Buch. Sie greift gutbekannte Themen auf und beleuchtet sie von allen Seiten durch ihre Figuren. Zum einen ist da Helena, die nach fast zwei Jahrzehnten von ihrem Mann verlassen wird. Das Paar hatte sich schon geraume Zeit nichts mehr zu sagen. Für Martin war es die einzige Konsequenz, für Helena bedeutet es vielleicht das Ende ihres Traums vom eigenen Hotel. Auch Anders steht an einem Scheideweg des Lebens. Der vielbeschäftigte Banker erkennt, dass Arbeit nicht alles im Leben ist und nimmt sich diese Auszeit. Während er sonst nur am Schreibtisch gearbeitet hat, muss nun sein Körper etwas tun.


    Es geht aber auch um andere Formen der Beziehungen. Helena erkennt, dass die bisher so tiefe Freundschaft zu Anna-Karin durch einen einzigen Streit Risse bekommen hat. Beide Frauen erkennen, dass sie nur dem Idealbild einer Freundschaft gefolgt sind, vom anderen aber wohl nicht richtig verstanden wurden. Auch ihre Vorstellung vom Muttersein muss Helena überdenken. Jede Sache hat mindestens zwei Ansichten und jeder Mensch hat davon eine eigene Wahrnehmung.


    Es geht in dieser Geschichte vor allem um Trennungen, Verletzungen, Trauer, Angst, Liebe und Vorurteile. All diese Emotionen wirken auf den Umgang mit anderen Menschen. Die komplex gezeichneten Charaktere werden in ihren Positionen glaubhaft dargestellt. Sie regen mit ihren Erfahrungen dazu an, dass auch der Leser gewisse Dinge überdenkt. Vor allem Wünsche und Erwartungen anderer werden hier in Frage gestellt und geben dem Handlungsverlauf die nötige Tiefe. Das eBook ist zwar mit 258 Seiten in kurzer Zeit gelesen, jedoch nicht schnell vergessen. Die Großnichte von Astrid Lindgren schafft eine lebendige und gleichzeitig nachdenkliche Stimmung. Der Erzählstil ist dabei ganz leise und kann doch so viel bewegen. (8 von 10 Punkten)