Der Löwensucher - Kenneth Bonert

  • Gebundene Ausgabe: 800 Seiten
    Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (25. März 2014)
    Originaltitel: The Lion Seeker


    Klappentext:
    Was steckt in dir? Hast du das Zeug dazu, im Leben ein Löwe zu sein? Isaac Helger, wilder, kluger Sohn jüdischer Einwanderer in Südafrika, ist hin- und hergerissen zwischen Tradition und Aufbruch. In den späten 1930er Jahren trifft er eine schicksalhafte Entscheidung. Eine universelle Geschichte über einen jungen Menschen auf der Suche nach Erfolg und nach seinem Platz im Leben. Atmosphärische Familiensaga und literarischer Schelmenroman – eine grandiose literarische Entdeckung.


    Der Autor:
    Kenneth Bonert, geboren 1972 in Johannesburg, wo er auch aufwuchs, bis er 17-jährig mit den Eltern nach Kanada emigrierte. Er studierte Journalistik an der Ryerson University in Toronto, wo er heute als Reporter und Schriftsteller lebt. Sein Romanerstling ›Der Löwensucher‹ gewann 2013 den National Jewish Book Award und den Edward Lewis Wallant Award und war auf der Shortlist für den Governor General’s Award.


    Meine Meinung:
    Isaac ist fünf Jahre alt, als er mit seiner Mutter "Mame" Gitelle und seiner Schwester Rively nach Johannesburg geht. Dort lebt Vater Abel, der "die Zeit repariert" - er betreibt eine Uhrmacherwerkstatt und sinniert über seine Heimat, die er nicht mehr hat. Sie sind jüdische Einwanderer, haben ihre Wurzeln in Litauen. Und da sind auch viele Familienangehörige, die nun in der Ferne leben.
    Gitelle ist eine eiserne Frau, die mit strenger Hand regiert, träumt sie doch von besseren Zeiten, von einem Domizil, in dem auch die gesamte Familie Platz hätte - und darauf arbeitet sie hin. Ihre Schwestern sollen der Verfolgung der Juden in Litauen entkommen.
    Isaac, der anfangs noch überaus sensibel ist, tut alles für den Traum seiner Mame. Denn wie sagt sie immer zu ihm: "Gehörst du zu den Klugen oder den Dummen?" Er hat keine Wahl, sucht sich später verschiedene Arbeiten, um die Anforderungen der Mutter zu stillen. Doch auch er verändert sich immer mehr, wird härter und setzt sich durch.


    Doch die Zeiten ändern sich, denn der Antisemitismus wächst, und bald ist die Einreise der jüdischen Menschen aus Europa nur noch unter Vorbehalt möglich. Die Grauhemden werden immer stärker. Gitelle hat Angst um ihre Familie und versucht mit der Hilfe des "Löwensuchers" Avrom, ihrem Neffen, eine Lösung zu finden.


    Durch ein Vierteljahrhundert begleitet man die Familie Helger in all ihrem Bestreben, ein neues, erfülltes Leben zu führen, zu kämpfen, zu gewinnen und zu verlieren.
    Kenneth Bonert zeigt auf, was Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus anrichten.


    Interessant fand ich, dass immer wieder die jüdische und afrikanische Sprache eingeflechtet wurde und es auch ein Glossar im Anhang gab.


    Manchmal verlor sich der Autor in zu vielen Details und die Geschichte kam nicht so recht voran, was bei der Seitenzahl auch nicht verwunderlich ist.
    "Der Löwensucher" ist mitunter grausam, voller Wahrheit und keine leichte Kost.


    8 Punkte.

  • Die Randdaten des Buches hat Minusch ja schon angeführt deshalb mache ich mich gleich an meinen Eindruck.



    Im ersten Teil erfahren wir, dass Isaac mit Mutter und Schwester aus einem kleinen Dorf in Lettland zu seinem Vater, der in Südafrika lebt und dort bereits eine Uhrmacherwerkstatt betreibt, auswandert. Was dazu geführt hat erfahren wir nach und nach im Lauf der Geschichte.


    Isaacs Mutter Gitelle ist sehr ehrgeizig und will für ihren Sohn alles erreichen. So verbietet sie ihm Kontakt mit den Einheimischen Schwarzen, denn Weiße haben diese zu verachten um anerkannt zu werden.
    Energisch vertreibt sie die in ihren Augen faulen nichtsnutzigen Freunde ihres Mannes, die sich täglich in der Werkstatt auf dem Sofa breit machen und trinken.


    Isaac kommt mehr schlecht als recht durch die Schulzeit, muss mehrmals wechseln da er sich nicht anpasst und landet nach ein paar Ausflügen in die fliegende Händlerszene von Hugo Bleznik in einer Werkstatt als Karrosseriebauerlehrling.


    Issac muss immer wieder Rückschläge hinnehmen, da auch in Südafrika und mit aufkommen des Nationalsozialismus verstärkt die Juden diskriminiert werden.
    Durch Intrigen verliert er seine Lehrstele und geht, nachdem er noch mit Hugo eine Recyclingfirma gegründet hat aus Enttäuschung über seine erfolglosen Versuche anerkannt zu werden in den Krieg.


    Kenneth Bonert hat mich mit seiner Schilderung über das Leben eingewanderter Juden und da speziell Isaacs Familie völlig überzeugt.
    Er nimmt kein Blatt vor den Mund, schildert alles sehr deutlich, manchmal brutal aber so ist das Leben und vor allem das Leben als Außenseiter der Gesellschaft.


    Bonert hat mit diesem Buch seinem Großvater, der aus der gleichen kleinen Gemeinde, nämlich Dusat, stammt wie die Helgers, ein Denkmal gesetzt. Wir erfahren die Gräuel, der Pogrome, die auch in Lettland schon vor den Nazis an der Tagesordnung waren aber auch von der Auslöschung der Familien auf grausamste Weise.
    Das Buch ist keines, das man an einem Nachmittag am Strand lesen kann oder sollte sondern eines das zum Nachdenken und nachforschen anregt. Der Stil ist nie langweilig, Orts- oder Landschaftsbeschreibungen werden en passant mit eingeflochten, dass man sich die Gegend gut vorstellen kann.
    Die Personen sind charakteristisch ob man sie mag oder nicht, man kann sie sich bildlich vorstellen und auch ihr Handeln sehr gut nachvollziehen, wenn auch nicht immer verstehen.


    Das Buch hat den Anspruch eines meiner Jahreshighlights zu werden und bekommt 10 Punkte.

  • Unter Verzicht auf bereits genannte Basisdaten und ausführliche Inhaltsangaben komme ich gleich zu meiner Lesemeinung.



    Ich habe aus diesem Buch viel Neues erfahren. Beispielsweise war mir neu, dass Südafrika ein Einwanderungsland für Juden auf der Flucht vor der Verfolgung gewesen ist. Ebenso neu war mir übrigens, dass und besonders, wie stark sich leider auch der Nationalsozialismus - hier unter der Bezeichnung "Grauhemden" - dort ausgebreitet hat. Aus "Exodus" von Leon Uris
    (Wiederaufnahme der alten privaten Leserunde ab 3. Juni 2015)
    wusste ich zwar schon von Verfolgungen auf dem Gebiet der späteren UdSSR, aber deren Intensität wurde mir erst jetzt bewusster.


    Aber nicht nur die große Geschichte, nein, auch die Geschichte der "kleinen Leute", der "Menschen wie Du und ich" versteht es Autor Kenneth Bonert seinen Lesern nahezubringen, er weckt Anteil, ohne je in Kitsch abzugleiten.
    Er zeigt den Zwiespalt auf, in dem Protagonist Isaac aufwächst. Seine Mutter, die nach oben gelangen will, treibt den Jungen an und die beim Ehemann herumlungernden Tagediebe aus dem Laden. Sie blickt auf die eingeborene Bevölkerung herab, dabei vergessend, wie sie sich früher selbst bei Diskriminierung fühlte. Besonders interessant gestaltet ist auch die Figur des "die Zeit reparierenden" Vaters, er ist als Uhrmacher tätig.
    Isaac hat eine schwere Jugend, in der er oft Lehrgeld zahlen muss, denn seine erste große Liebe bereitet Probleme, seine Ausbildung wird durch Mobbing und Verrat gestört und erste Versuche, in der Geschäftswelt Fuß zu fassen, missraten wegen seines Partners, eines unzuverlässigen Möchtegern-Schlitzohrs mit Spielambitionen. Isaac geht in den Krieg...


    Streckenweise hat es mich im Lesefluss gestört, dass bei wörtlicher Rede erst der fremde Text (Slang/Dialekt/Fremdsprache) und dann die deutsche Übersetzung zu lesen war.


    Ich vergebe 9 von 10 möglichen Eulenpunkten

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Isaac verlässt als kleiner Junge seine Heimat und zieht mit seiner Mutter und seiner Schwester zum Vater nach Südafrika. Isaac ist ein quirliges Kind und umso schwieriger zu bändigen, je älter er wird. Seine Lehrer und der Vater kämpfen auf verlorenem Posten, weil die Mutter alles dafür tut, damit ihr Sohn so schnell wie möglich viel verdient. Und in Schule und Lehre verdient man nicht genug für das grosse Haus, das die Mutter sich für die Grossfamilie wünscht. Der Vater ist ein stiller, ruhiger Mann, der sich gegen seine Frau nicht so recht durchsetzen kann. Er versucht es, möchte dass sein Sohn in die Schule geht oder wenigstens eine Lehre macht, aber Isaac ist leichter für die Gaunereien zu begeistern, zu denen seine Mutter ihn drängt.


    Das Buch ist stellenweise sehr schlimm zu lesen, es ist schockierend wie brutal und grausam Menschen miteinander umgehen. Umso unverständlicher, warum Isaac und besonders seine Mutter nicht verstehen können, dass der Hass dem sie als Juden ausgesetzt sind, identisch ist mit dem gegen Menschen mit dunklerer Hautfarbe, und warum sie selbst diesen Menschen nicht helfen, in Momenten in denen sie es gefahr- und problemlos tun könnten.


    Das Buch ist gut, es hat sehr starke Szenen und wichtige Informationen. Aber ich musste mich hartnäckig zwingen weiterzulesen. Gepackt hat das Buch mich leider nie, warum genau kann ich nicht sagen. Gestört hat mich der Schreibstil, der mir immer etwas rauh vorkam und manche ausschweifende Stellen.

  • Der Löwensucher - Kenneth Bonert


    Mein Eindruck:
    Der Löwensucher ist ein epischer, komplexer Roman einer neuen Stimme der Literatur! Kennth Bonert hat einen eigenständigen Stil und verfügt über sprachliche Qualitäten. Zudem kann er realistische, glaubhafte und vielschichtige Figuren entwickeln.


    Der Löwensucher ist auch deswegen ein so wichtiger Roman, weil er ein Stück Geschichte beschreibt, die bisher wenig beleuchtet wurde.
    Das Schicksal jüdischer Auswanderer von Europa nach Südafrika Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. 1924 kommt Gitelle mit ihrem Sohn Isaac und der Tochter Rively nach Südafrika. Ihr Mann Abel ist bereits dort.
    Zurück liegen schreckliche Erlebnisse in Litauen, deren Bedeutung sich auch auf die Zukunft auswirkt. Isaacs Aufwachsen und der Alltag wird gezeigt. Die Handlung erstreckt sich über viele Jahre, bis nach dem Krieg und noch danach.
    Es gibt auch Antisemitismus in Südafrika unter dem Isaac zu leiden hat. Doch die Familie nimmt ihr neues Leben an und besonders die durchsetzungsfähige Gitelle erweist sich engagiert und erhofft von ihrem Sohn Erfolg für eine besseres Leben.


    Der Roman ist kein “Schmöker”, lässt sich aber eigentlich gut lesen, wehrt sich jedoch (zu Recht) gegen zu schnelles Lesen. Einige Male musste ich zurückblättern, um folgen zu können. Dafür wurde man auch mit einer abwechslungsreichen Handlung entschädigt. Isaac ist zielstrebig, aber es gibt auch immer Rückschläge. Nicht wenige Szenen zeigen unglaubliche Härten.
    Kenneth Bonert schreibt mit so hoher Intensität, das man als Leser nah dran ist.


    Fazit: Ein großartiger Roman! Ein wichtiges Buch, das ein Stück wenig bekannte südafrikanische Geschichte lebensnah erzählt und unbedingt lesenswert ist!

  • Südafrika, kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges: der jüdische Junge Isaac wächst in einem eher armen Viertel zusammen mit farbigen Kindern auf. Je älter er wird, desto größer werden die Ansprüche seiner Mutter an ihn und desto mehr muss er sich auch von seinen alten Freunden distanzieren. Denn die Welt befindet sich in Aufruhr und da hat Isaac es als Jude schon nicht leicht. Daher versucht er auf vielen, manchmal illegalen Wegen, sein Glück zu machen. Kann er es schaffen?


    "Der Löwensucher" ist das Debüt von Kenneht Bonert und international gerühmt und ausgezeichnet. Mich konnte der Roman um den jüdischen Jungen Isaac nur zu Beginn mitreißen. Ab der Hälfte habe ich dann vollkommen den Faden und Mut verloren.


    Die Geschichte wird aus der Erzählerperspektive wiedergegeben und folgt zu Beginn Isaacs Mutter, bevor sie sich vollkommen auf den Jungen selbst konzentriert. Und Isaac hat wahrlich kein leichtes Leben. Er wächst in einer Welt auf, in der die Diskriminierung von Schwarzen Gang und Gebe und auch die Unterdrückung der Juden normal ist. Seine Mutter stellt an ihn sehr hohe Ansprüche und möchte, dass er Erfolg in seinem Leben hat. Wo er dabei bleibt, ist ihr fast egal.


    Zu Beginn konnten mich diese Konflikte um die jüdische Familie auch mitziehen. Ich wollte wissen, was der Mutter zugestoßen ist, warum der Vater so zurückhaltend und sein Sohn so ein Mamakind ist. Und vor allem war ich neugierig auf die Schwester, die zwar Karriere macht wie keine zweite, aber kaum Erwähnung fand. Doch so sehr mich der Anfang mitgerissen hat, so sehr ist die Begeisterung dann auch abgeflacht. Ab circa einem Viertel wurde der Roman nichtssagend, alltäglich, flach und die Probleme, die dort gewälzt wurden, waren für mich so weit weg und verwirrend geschrieben, dass ich ab und an nicht mal mehr wusste, was Kenneth Bonert nun von mir möchte.


    Zudem habe ich gemerkt, dass ich in die Geschichte nach einer Pause von nur wenigen Stunden nicht mehr beziehungsweise nur schwer hinein fand. Ich wusste nicht mehr, wie die Gefühlslage von Isaac, seinem Vater und anderen Figuren war noch konnte durch das Lesen der ersten Sätze meine Erinnerung geweckt werden. Das ist bei mir ein Todesurteil für ein Buch. Und so habe ich den Roman bei der Hälfte entnervt und traurig zur Seite gelegt. Denn die Story klang super, aber was nützt eine gute Geschichte, wenn der Autor sich in seiner Sprache verliert?


    Der Stil von Kenneth Bonert ist gut zu lesen, auch wenn man sich in seine Sprache hineinfinden muss. Dennoch ließ er zu Beginn Bilder vor meinen Augen erscheinen. Doch je weiter sein Roman fortschritt, desto abgehobener wurde er. Für mich passte es einfach nicht mehr!


    Fazit: es hätte was werden können mit dem Löwen und mir. Doch leider entpuppte er sich als Kätzchen. Schade!

  • Nein, das Leben ist kein Kindergeburtstag. Isaac- Kind jüdischer Südafrika Einwanderer lernt das schon früh, spätestens als seine Mutter, die Schnorrer und Müßiggänger mit einem Beil aus dem Haus vertreibt, welche sich um ihren in Nostalgie versinkenden Ehemann versammeln. Knapp den litauischen Pogromen entkommen will die Mutter nur nach vorne blicken und den sozialen Aufstieg schaffen, um ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Isaac denkt derweil nur an Yvonne. Es ist die aufkommende Nazizeit, die alte Wunden aufbrechen lässt und vergangenes nach oben spült.


    Isaac kämpft nun an allen Fronten des Lebens, der Liebe, dem erwachsen-werden, dem Job und täglichen Rassismus, der oft gar nicht die Juden, sondern die Menschen mit schwarzer Hautfarbe trifft. Schon bald steht Isaac einer ganz archaischen Frage gegenüber Herrscher oder Diener zu sein, Sieger oder Verlierer, wie auch immer. Ein innerer Konflikt der Symbolträchtig am Lions Rock seinen Höhepunkt findet. Man kann sich denken, wozu sich Isaac entscheidet.


    Doch Kenneth Bonert wäre kein guter Autor, wenn er seinem Protagonisten nicht zahlreiche Hindernisse auf dem Weg ins Glück oder Unglück legt. Der Roman strotzt nur so von tragischen Ereignissen und schicksalhaften Wendungen, getragen von einem stetig pulsierenden Erzählstrom, der den Leser kaum los lässt. Er lotet sein Romanpersonal, bis in den letzten Winkel der Seele aus und da kommt beileibe nicht nur Gutes zu Tage. Es sind diese vielen kleinen und großen Grausamkeiten des Alltags, die Isaac formen uns seine Mutter besser verstehen lässt. Ein Lesegenuss schon aufgrund des Erzählstils. Das liest sich alles so flüssig weg und hat dennoch Tiefe.


    Dabei hat der Roman durchaus leichte Schwächen im betulichen Aufbau und manchmal litt bei mir die Glaubwürdigkeit speziell im Verhalten zu seinem umtriebigen Geschäftspartner und einer weiteren tragenden Figur, die am Ende etwas überzeichnet auf mich wirkt. Was man aber so oder so empfinden kann und der Lesefreude keinen Abbruch tut. Ein richtig gutes Buch, das wichtige Fragen aufwirft. Lamm oder Wolf?


    9 Punkte

  • Zum Inhalt wurde bereits alles gesagt, deshalb mein Fazit zu dem Buch.


    Dieser Debütroman hat mich mehr als positiv überrascht. Der Autor beschreibt darin die 1930er Jahre und die Einwanderung der jüdischen Familie Helger. Bislang war mir nicht bekannt, daß Südafrika damals ein Einwanderungsland war. Die Bestrebungen sich in der neuen Heimat einzuleben, erfolgreich und glücklich zu werden, werden durch viele Rückschläge begleitet und behindert. Bonert beschreibt dies auf fast 800 Seiten vielschichtig, ohne Längen, aber sprachgewaltig und lebendig. Die Figuren werden sehr detailliert und authentisch beschrieben und ich hatte stets ein Bild vor Augen.


    Es war kein Buch, das man einfach zu wegliest, dazu waren viele Begebenheiten zu grausam, brutal und bewegend. Die Politik, insbesondere die Pogrome und auch die Rassendiskriminierung haben ihren Teil dazu beigetragen.


    Es ist ein Buch, das ich auf jeden Fall gerne weiter empfehlen werde!


    DANKE nochmals an Wolke und den Verlag für das zur Verfügung gestellte Buch!



    Edit: die Seitenzahl von 700 auf 800 erhöht :chen

  • Meine Meinung:


    Dieser Roman trifft mitten ins Herz. Isaac kommt mit seiner Mutter und seiner Schwester nach Südafrika, wo sein Vater bereits lebt. Hier erlebt er Fremden- und Judenfeindlichkeit, Unterdrückung der Schwarzen, Wechsel in der Politik, Grausamkeit – all dies verteilt über ein Vierteljahrhundert. Ansonsten wurde hier zum Inhalt genug geschrieben, so dass ich mich auf meine Eindrücke beschränken möchte:


    Am Anfang war ich noch nicht so begeistert, denn 800 Seiten, die nicht so spannend begannen, erschienen mir als unüberwindliches Mammutprojekt. Doch spätestens nach 100 Seiten hatte mich Kenneth Bonert in seinen Fängen. Er schreibt sehr bildgewaltig und eindringlich, und man klebt förmlich an den Seiten. Nur wenige Stellen im Buch empfand ich als langatmig, die meiste Zeit war ich gefesselt vom Schicksal Isaacs und seiner Familie.
    Als positiv empfand ich die Einflechtung der jiddischen und afrikaansen Sprache in kleinen Happen (Übersetzung wurde gleich mitgeliefert, so dass man nicht jedesmal zum angehängten Glossar blättern musste).
    Durch diesen Roman habe ich erst erfahren, dass Afrika ein wichtiges Zufluchtsland für Juden war, das war mir vorher nicht bewusst. Daraus folgte meine Fassungslosigkeit darüber, dass in einem Land, in dem bereits die schwarze Bevölkerung unterdrückt wurde, auch die Juden untergeordnet wurden, obwohl sie ja auch „weiß“ waren.


    Alles in allem ein Buch, welches für mich zu den lohnenswerten Romanen in diesem Jahr gehört, ich vergebe daher 9 Eulenpunkte und bedanke mich bei Wolke und dem Verlag dafür, dass ich dieses tolle Buch in der Leserunde mitlesen durfte!

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

  • Der Löwensucher - das Romandebüt des gebürtigen Südafrikaners Kenneth Bonert.


    Erzählt wird Isaacs Geschichte....das Auswandern im Kindesalter mit Mutter und Schwester von Litauen nach Südafrika, das schmerzliche Zurücklassen der restlichen Familie in Litauen.
    Warum wählt man diesen Weg? Dieser Weg ist eine Flucht, eine Flucht litauischer Juden auf einen anderen Kontinent. Dorthin, wo sie als "Weiße" und nicht als Juden gelten werden. Glauben sie. Die Realität .... sie sieht jedoch ganz anders aus. Längst werden auch in Südafrika Juden lediglich geduldet. Je mehr Jahre vergehen, desto mehr wandelt sich das Geduldet-sein in ein Nicht-Willkommen-sein.
    Die Judenverfolgung im Europa der 1930er Jahre strahlt selbst bis nach Südafrika. Isaacs Leben ist geprägt davon. Er wird sein Leben lang versuchen, ein Löwe zu sein. "Ein Löwe nimmt sich, was er will...."


    Sprachlich sehr eindringlich, intensiv und dennoch anspruchsvoll geschrieben, hat mich dieses Buch sehr berührt. Das Schicksal Isaacs und seiner Familie in einem von Apartheid geprägten Südafrika jener Tage stimmte mich zutiefst nachdenklich.


    Der Löwensucher ist thematisch kein einfaches Buch, aber unbedingt lesenswert!


    Auch ich bedanke mich bei Wolke und dem Diogenes Verlag für diese tolle LR und vergebe 9 Pkt.

  • Der Roman hat Atmosphäre und ist mit einer Intenstät geschrieben, das man beim Lesen alles sehr mitempfindet.


    Isaac ist der Protagonist dieses Romans.
    Als er 5 Jahre alt ist, zieht die Mutter Gitelle mit ihm und seiner Schwester Rively von Litauen nach Johannesburg in Südafrika. Sie glaubt dort sind sie als Juden sicherer, da sie da dann als Weisse gelten.
    Der Vater Abel ist Uhrmacher und schon vorher angekommen.
    Gitelle setzt auf Isaac, das er mal groß wird und ein Haus für sie alle baut.


    Isaac ist erst nicht unbedingt ein liebenswerter Charakter, aber er war realistisch geschildert.
    Sein Werdegang war ein stetiger Kampf und eine Suche auf einen guten Platz im Leben.
    Die nationalistische Gesinnung vor und während dem zweiten Weltkrieg macht auch vor Südafrika nicht halt.
    Das Rassenproblem ist in Südafrika immer schon ein Problem. und wird auch hier abgewickelt.


    Der Roman verlangt mir einiges ab, aber ich war fasziniert von dieser Sprache.
    Ein guter Debütroman, den Namen Kenneth Bonert muss ich mir merken.

  • Isaac Helger, Sohn jüdischer Auswanderer, wächst in einem der ärmeren Vororte von Johannesburg auf. Seine Familie lebt in bescheidenen Verhältnissen und seine Mutter Gitelle träumt davon, eines Tages ihre Schwestern aus Litauen nachzuholen und zusammen mit ihnen in einem richtigen Haus zu wohnen. Ihr Mann Abel hat es nur zu einer einfachen Hütte gebracht, doch Isaac soll Geld machen und für den Wohlstand und damit die Erfüllung der Wünsche der Mutter sorgen.


    Die großen Erwartungen, die auf dem Jungen lasten, veranlassen die Mutter dazu, ihm immer wieder verschiedene Jobs vorzuschlagen und treiben ihn in die Arme des windigen Geschäftsmannes Bleznik, der selbst in dem drohenden zweiten Weltkrieg die Gelegenheit sieht, sich zu bereichern. Egal, welche Jobs und welche Lebenssituationen bei Isaac eintreten; irgendwann hat er gelernt, dass er kämpfen muss, wie ein Löwe, um etwas aus seinem eigentlich schon vorgezeichneten Lebensweg zu machen. Doch selbst der Kampf und das Erreichen bestimmter Lebensziele geben keine Garantie auf das Glück, wie er eines Tages feststellen wird.


    Diese große Familiensaga braucht einige Zeit, bis man als Leser in die Handlung so eintauchen kann, dass sie einen einfängt. Anfangs gewinnt die Geschichte nur ganz langsam an Fahrt und der auktoriale Erzähler hält den Leser auf Distanz. Es wird häufig mit indirekter Rede gearbeitet und viele Dinge werden sehr unkonkret geschildert. Trotzdem wird man nach ca. 100 Seiten dann endlich für das Durchhalten belohnt, denn die Handlung wird interessant und Isaac kämpft sich durch allerhand Widrigkeiten.


    Die politischen Verhältnisse in Südafrika zu der Zeit sind für die Familie von Isaac schwierig. Das Land geht gegen die Einwanderung von Juden vor und die christliche nationalsozialistische Bewegung, die Greyshirts, machen den Juden ebenfalls zu schaffen, wie Isaac hautnah erleben muss.


    Es ist nicht nur das problematische Umfeld, das es Isaac erschwert, vernünftig Fuß zu fassen und so reich zu werden, dass er die Wünsche seiner Mutter erfüllen kann.
    Es ist Isaac selbst, der irgendwann erwachsen werden muss, um im Leben anzukommen. Dass das Schicksal ihm dabei immer wieder in die Quere kommt, lässt ihn zutiefst menschlich erscheinen.


    Als Leser nimmt man Teil am Kämpfen und Gewinnen, am Lernen und Scheitern des Protagonisten. Liebe, Hass, Erfolg, Misserfolg, ein altes Familiengeheimnis und eine große Schuld – alles, was eine spannende Geschichte, pardon - ein Leben zu bieten hat, erlebt man gemeinsam mit Isaac und seiner Mutter, die weiterhin einer der wichtigsten Menschen in seinem Leben bleiben wird.


    Ich habe lange überlegt, worin genau der Reiz dieses Buches bestand, warum es mich so gefangen genommen hat. Es mag an der düsteren Atmosphäre einer vergangenen Zeit, eines unbekannten Landes gelegen haben, oder an den detailreich geschilderten Figuren, möglicherweise an der Hauptfigur, dessen Lebensweg das ganze Spektrum an Glück und Unglück zu bieten hat. Vielleicht sind es aber auch alle diese Zutaten zusammen, die dieses Buch so perfekt abrunden, dass es einen so tiefen Eindruck hinterlässt. Von mir die volle Punktzahl dafür.

  • „Der Löwensucher“ ist ein starkes Buch mit starken Figuren.
    Im Vordergrund steht eine jüdische Familie, die 1924 aus Litauen nach Südafrika flieht. Sehr vorrauschauend erweist sich dieser Entschluss, denn schon kurze Zeit später machen verschärfte Einreisegesetze es Juden unmöglich, nach Südafrika einzureisen. So bleiben weitere Verwandte Gitelles im fernen Litauen.
    Während Gitelle eisern daran arbeitet, ihre übrige Familie nachzuholen und versucht, die nötigen Geldmittel zu verschaffen, ist Abel, ihr Mann, ganz in der jüdischen Gemeinde in Johannisburg angekommen. Er hat sich eine Uhrmacherwerkstatt aufgebaut. Der wilde rothaarige Junge Isaac wächst im jüdischen Viertel auf, seine Spielgefährten sind schwarze Kinder. Allmählich schiebt sich ein Rassenbewusstsein wie ein Schatten über das kindliche Leben. Als Isaac schließlich eines Tages von der Schule fliegt, scheint sein großes Ziel, seiner Mutter ein Haus in einem angesehenen Viertel zu kaufen, in weite Ferne gerückt. Doch Isaac kämpft wie ein Löwe, um seiner Mutter diesen Traum zu erfüllen.
    Bonert schildert in diesem Buch sehr eindrücklich das Erwachsenwerden eines jungen Mannes, dessen Mutter ihm von Kindesbeinen an eine Bürde auferlegt hat, die viel zu schwer ist, um von einem Jungen getragen zu werden. In ihm wüten die Geschichten der Vergangenheit, die Sorge um die kranke Mutter, die Sehnsucht, der geliebten Mutter ein besseres Leben zu ermöglichen und zugleich die Erkenntnis, für all dies nicht gut genug zu sein.
    Zugleich wird ein Bild von Johannisburg in den 30ger und 40ger Jahren des letzten Jahrhunderts gezeichnet, das mir gänzlich unbekannt war. Ebenso wie das Schicksal der litauischen Juden. Bonert beschreibt die politischen und geschichtlichen Zusammenhänge, ohne zu dozieren und legt den Finger auf einen dunklen Fleck in der Geschichte, der durch sein Buch beleuchtet wird.
    Besonders gut gefallen hat mir Bonerts Geschick, seine Figuren mit allen Facetten des Lebens auszustatten. Das ist eine ehrliche Art des Schreibens, eine entblößende und manchmal kaum auzuhaltende Art. Keine einzige Figur ist vor Fehlern gefeit. Das macht dieses Buch für mich zu einem nachhaltigen Leseerlebnis. Ein eindrückliches Buch.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin


  • Vorher keine anderen Rezis lesen. :lache

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch


    Vorher keine anderen Rezis lesen. :lache


    Das stimmt, das ist nicht gut, ich lasse mich dann auch beeinflussen oder rätsle rum was ich jetzt noch schreiben soll, ist ja schon gesagt was ich davon halte.


    Aber die Rezi hat mir auch gut gefallen.

  • Diese Geschichte um Isaac, den Löwensucher, hat mich von der ersten Seite an gepackt und bis zum Ende nicht mehr losgelassen.


    Kenneth Bonert schreibt mit schonungsloser Kompromisslosigkeit und einer Intensität, die fesselt und abstößt zugleich. Manchmal glaubt man nicht mehr weiterlesen zu können – und kann doch nicht aufhören.


    Isaac ist gebürtiger litauischer Jude und folgt als kleiner Junge gemeinsam mit Mutter und Schwester dem bereits früher nach Südafrika ausgewanderten Vater. Sie leben auch dort, in Doornfontein/Johannisburg, als Juden unter Juden.


    Man bleibt beim Lesen die meiste Zeit eng an den wechselvollen Geschicken Isaacs. Als Liebling der Mutter wird er stark von ihr geprägt, macht sich auf der einen Seite ihre Werte zu eigen- und ist doch bestrebt sich von ihr zu lösen. Vom Leben gebeutelt, wird sein vom Grundsatz her fröhliches Naturell arg auf die Probe gestellt. Isaac muss ordentlich einstecken und viele Rückschläge hinnehmen, teils durch eigenes Verschulden, teils durch das Schicksal, wenn man den auch in Südafrika immer stärker aufkeimenden Antisemitismus als solches bezeichnen will.


    Das Buch ist nicht derart geschrieben, dass man sich in den oder die Protagonisten hineinversetzen und einfühlen kann. Man liest mit einer gewissen Distanz und wird zugleich von der erzählerischen Wucht dieser Geschichte mitgerissen. Es ist keine leichte Kost, stellenweise brutal und schmerzlich, geschrieben in einer sehr direkten Sprache, ohne Beschönigung, mit vielen klugen Gedanken und zeitlosen Weisheiten.


    Politische und persönliche Dramen fließen ineinander in einem spannenden und hochinteressanten Wechsel von weltpolitischem Geschehen und Isaacs Leben. Rassismus, Apartheid, Nationalsozialismus, Kommunismus und Antisemitismus – mit all diesen Themen wird Isaac auf manchmal sehr schmerzhafte Weise konfrontiert.


    Sprachlich ist dieser Roman von unglaublicher Tiefe und Intensität. Die anfängliche heitere Leichtigkeit, die noch mit seinen jugendlichen Abenteuern einhergeht, verfliegt mit den an allen Fronten zunehmend tragischer werdenden Geschehnissen.


    Der Löwensucher ist ein Buch, das zu lesen mich viel Kraft gekostet hat, das ich aber nicht missen wollte.
    10 Punkte

  • Vieles zu dem Buch ist ja bereits geschrieben worden.


    Ich habe den Schreibstil als leicht leserlich empfunden. Die Geschichte, vorallem mit ihren geschichtlichen Aspekten hat mir sehr gut gefallen. Mit aber etwas gefehlt, ich kann nicht mal so genau sagen was es war, nur so ein Tick der das Buch für mich perfekt gemacht hätte. Ich glaube es war so ein Stück Atmosphäre die mir gefehlt hat. Vielleicht lag es auch an dem distanzierten Schreibstil der mich aber sonst nicht gestört hat, er paßte sonst sehr gut. Trotzdem so ein Quäntchen mehr wäre es einfach gewesen.
    Die Entwicklung der Figuren war gut beschrieben, es gab nur ein Loch in der Erzählung. Da wäre es einfach schön gewesen wenn da noch mit einigen Sätzen übergeleitet worden wäre, oder am Ende noch eine kurze Erklärung gekommen wäre.



    Gut wurden auch die rassischen Probleme angeschnitten die sich aus dem Zusammenleben der einzelen Hautfarben, Religionszugehörigkeiten und Kulturen ergaben.


    Erschreckt oder bestürzt hat mich das Buch nicht, ich habe viel über das was Menschen tun gelesen, erlebt so dass mich die Ereignisse in diesem Buch nicht erstaunt haben.


    Insgesamt ein gelungenes Buch ohne Längen.

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    c0624.gif Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg--Jenny Colgan

    Chroniken von Deverry 2 --Katharine Kerr
    Drachenelfen , die Windgängerin -- Bernhard Hennen

  • Ich hätte dieses Buch möglicherweise völlig ignoriert, da mir der Titel nicht so gut gefällt, aber Dank einer Eule, die mich explizit auf das Buch aufmerksam gemacht hat :kiss, ist dies nicht passiert.


    Mich hat die Geschichte sehr berührt, aufgewühlt, ich habe mitgelitten und mich mitgefreut. Isaac ist mir so sehr ans Herz gewachsen, auch wenn ich ihn manchmal hätte ohrfeigen können.


    Und doch gab es hier und da mal ein paar Längen, mit denen ich leben konnte.


    9 Punkte für diese bemerkenswerte Geschichte.