'Ismaels Orangen' - Seiten 160 - 249

  • Ach, noch keiner da???


    Judit und Salim versuchen sich ihren Familien vorzustellen, was zuerst and Hassan misslingt.
    Judit hat sich ihrem Onkel anvertraut aber der meint auch, dass sie sich da verrenne und eine Verbindung zwischen einer Jüdin und einem Araber nie und nimmer gut ginge.


    Es scheint ausweglos, Judit macht Salim in der Verzweiflung das Angebot, mit ihm nach Palästina zu reisen, gemeinsam nach Wurzeln zu suchen aber er missversteht sie.


    Nachdem er einen Brief seines verschollenen Bruders bekommen hatte aber noch nicht reagiert, fliegt er kurzerhand nach Beirut.


    Ein ihm fremder Bruder, erwachsen und weltmännisch und anscheinend zu Geld gekommen, begrüßt ihn überschwänglich. Zeigt ihm das Nachtleben Beiruts, macht ihn mit Freunden, die Verbindung zur PLO zu haben scheinen, bekannt und erwartet, dass Salim sich ihnen anschließt und kämpft.
    Die Mutter ist ihm ebenfalls fremd geworden und überall, wo er Heimat sucht erscheint ihm Judits Bild vor Augen so dass er schnurstracks packt und zurück nach London fliegt.


    OB sie sich selbst genug sein können?? Kein Mensch ist einen Insel und kann ohne Unterstützung der Familie oder Freunde auskommen, zumindest nicht auf Dauer.


    Und doch haben sich da zwei gefunden, heimatlos in ihren Herzen und versuchen sich nun Heimat zu sein. Traurig, aber man hofft, es möge ihnen gelingen.

  • Hab nur ich das Gefühl oder geht die Liebesgeschichte zwischen den beiden sehr schnell voran? Sie hatten sich kaum kennengelernt, schon gab es einen Zeitsprung. Das fand ich schade, denn ich hätte die beiden gern beim Kennenlernen begleitet.


    Der Hass der Familien und das Geschimpfe erinnerte mich an Romeo & Julia. Mal sehen, ob ich den Gedanken noch loswerde.


    Die Reise Salims in den Libanon war für mich schon erschreckend. Denn dort konnte ich richtig spüren, wie sein kleiner Bruder versucht hat ihn für seine Sache zu gewinnen. Das Ganze klang mir gefährlich nach Terror. Zum Glück ist Salim nach England zurückgekehrt.


    Ich finde es erstaunlich, wie tief verwurzelt der Hass in den Familien ist. Obwohl keine der beiden Familien den verhassten Feind persönlich zu kennen scheint, schreien sie Blut und Tod. Krass!

  • Jetzt fesselt die Geschichte mich sehr. Ein Satz auf Seite 172 hat mich sehr nachdenklich gemacht und zwar:


    "Warum" war das Wort, das Jude sich schon vor langer Zeit ganz bewusst abgewöhnt hatte- so wie alle anderen Juden auf der Welt.


    Ein wenig "out off topic", aber aus dem ganz aktuellen Fall des Flugzeugabsturzes, glaube ich, dass man manchmal die Frage nach dem Warum nicht klären kann. Und dass es dennoch immer den Wunsch gibt, eine Handlung zu verstehen....


    Judit wirkt wie ein schüchternes Mäuschen, aber es hat mich beeindruckt, wie sie für Salim eintritt. Die beiden haben es schwer, wie soll man eine solche Beziehung der Familie erklären?

  • Salims Begegnung mit seinem jüngeren Bruder im Libanon fand ich sehr gut dargestellt. Da konnte man hautnah miterleben, wie unterschiedlich sich die beiden entwickelt haben.


    Im ersten LR Abschnitt hatte ich den Eindruck, dass Salims Mutter eine sehr starke Frau sei, dieser Eindruck hat sich hier jedoch revidiert, sie kommt mir ziemlich egoistisch vor, was aber daher rühren kann, dass sie bisher kein sehr glückliches Leben geführt hat. Sowohl bei Salim, als auch bei seiner Mutter, kam so wirklich keine Wiedersehensfreude auf.


    Judit hat sich zu einer Frau mit starker Persönlichkeit entwickelt, es gehört schon eine ganze Menge Mut dazu, Salim vorzuschlagen mit ihm gemeinsam nach Palästina zu reisen.


    Was Hassans und Tonys Meinung zu der Beziehung der beiden betrifft, muss ich sagen, dass ich mir von Tony mehr Toleranz erhofft habe. Und Hassan verhält sich unmöglich als Judit und Salim ihn und seine Familie besuchen, so viel offene Ablehnung...


  • Ich habe mal gelernt, dass warum fragen nicht lösungsorientiert ist. Man soll den Blick eher auf die Richtung lenken, wie kann ich etwas besser machen oder in dem Fall, mit dem was da ist, leben.


    Und ich denke, in der langen Geschichte der Verfolgung der Juden, hat sich jedes warum als nutzlos erwiesen. Was Sache war, sie mussten sich immer anpassen und waren trotzdem nie sicher ob sie damit auch richtig lagen. Ich habe gelesen, dass sich dieses Leben in der Diaspora und die ständigen Pogrome sogar auf ihre Gene ausgewirkt hat.

  • Zitat

    Original von Findus


    Ich habe mal gelernt, dass warum fragen nicht lösungsorientiert ist. Man soll den Blick eher auf die Richtung lenken, wie kann ich etwas besser machen oder in dem Fall, mit dem was da ist, leben.


    Und ich denke, in der langen Geschichte der Verfolgung der Juden, hat sich jedes warum als nutzlos erwiesen. Was Sache war, sie mussten sich immer anpassen und waren trotzdem nie sicher ob sie damit auch richtig lagen. Ich habe gelesen, dass sich dieses Leben in der Diaspora und die ständigen Pogrome sogar auf ihre Gene ausgewirkt hat.


    Es gibt ja einen Unterschied zwischen "warum" und "warum" Fragen, finde ich. Für die klassichen Kinderfragen "warum ist das Gras grün und warum muss ich in die Schule gehen" gibt es durchaus schlüssige Erklärungen. Aber bei einem tragischen Ereignis nach dem "Warum" zu fragen, führt meistens zu keinem Ergebnis.
    Dann ist das, was du sagst, Findus, wirklich ein guter Denkansatz :knuddel1


    Kannst du doch noch erinnern, wo du das mit den Genen gelesen hast oder das vielleicht verlinken? Würde mich echt interessieren, weil ich mir das nicht vorstellen kann :gruebel

  • Romeo + Julia - das waren hier auch meine Gedanken und von einer Annäherung der Familien sind sie ganz, ganz weit entfernt.


    Der Vorschlag von Jude, mit Salim nach Israel zu reisen fand ich sehr mutig.


    Salims Besuch in Beirat fand ich sehr ernüchternd. Er hatte sehr oft an die Mutter und den Bruder gedacht. Jetzt bei dem Besuch wird er geerdet, denn die Mutter glänzt nicht durch Liebe bzw. liebevolle Gesten oder entschuldigt sich gar für ihren grußlosen Abschied und das Zurücklassen eines Kindes. Nein, sie erklärt, daß sie sich bei niemandem entschuldigt. Daraufhin reist Salim ab, sehr verständlich für mich.

  • Den Vorschlag von Judit nach Israel zu reisen fand ich auch sehr mutig, aber auch ziemlich unüberlegt. Wie soll ihre Liebe ausgerechnet dort, wo sich die beiden Gruppen tagtäglich Leid zufügen eine Chance haben?


    Von Salims Besuch in Beirut hatte ich nicht mehr erwartet. Warum sollte eine Mutter, die ihren siebenjährigen Sohn ohne Not sondern aus Egoismus im Stich lässt, nach so vielen Jahren auf einmal eine liebevolle Mutter sein?
    Natürlich war ihr Leben an der Seite von salims Vater nicht das Beste, trotzdem, dass sie sie verlassen hat, ist für mich purer Egoismus.
    Den hat sie an Rafan auf jeden Fall schon mal weiter gegeben, er wirkt nicht so auf mich, als würde ihm etwas an den palästinensichen Flüchtlingen liegen, sondern als hätte er immer zuerst seinen eigenen Vorteil im Kopf und versteckt das hinter der scheinbaren Unterstüzung für den Kampf der Palästinenser.


    Zitat

    Original von logan-lady
    Hab nur ich das Gefühl oder geht die Liebesgeschichte zwischen den beiden sehr schnell voran? Sie hatten sich kaum kennengelernt, schon gab es einen Zeitsprung. Das fand ich schade, denn ich hätte die beiden gern beim Kennenlernen begleitet.


    Für mich haben wir die beiden lange genug beim Kennenlernen begleitet, das erste zögerliche Annähern, dass sie nicht übers Küssen hinausgehen wollen, solange sie ihren Familien ihre Beziehung noch nicht gebeichtet haben und dann das misslungene "Outing" beim Bruder bzw. Cousin, das hat mir die ganze Problematik ausreichend nahegebracht und mehr Liebesgeschichte brauche ich jetzt hier nicht.

  • Zitat

    Original von Roma
    [quote]Original von Findus


    Es gibt ja einen Unterschied zwischen "warum" und "warum" Fragen, finde ich. Für die klassichen Kinderfragen "warum ist das Gras grün und warum muss ich in die Schule gehen" gibt es durchaus schlüssige Erklärungen. Aber bei einem tragischen Ereignis nach dem "Warum" zu fragen, führt meistens zu keinem Ergebnis.
    Dann ist das, was du sagst, Findus, wirklich ein guter Denkansatz :knuddel1


    Kannst du doch noch erinnern, wo du das mit den Genen gelesen hast oder das vielleicht verlinken? Würde mich echt interessieren, weil ich mir das nicht vorstellen kann :gruebel


    Kinderfragen mit warum sind natürlich ausgenommen.


    Hier der link zur Veröffentlichung, ich bin nur zufällig drauf gestoßen als ich die Geschichte der Judenverfolgung nochmal nachgeschlagen hatte.


    Ist aber sehr wissenschaftlich und auf englisch
    http://www.sciencedirect.com/s…cle/pii/S0002929710002466

  • Zitat

    Original von Findus


    Hier der link zur Veröffentlichung, ich bin nur zufällig drauf gestoßen als ich die Geschichte der Judenverfolgung nochmal nachgeschlagen hatte.


    Ist aber sehr wissenschaftlich und auf englisch
    http://www.sciencedirect.com/s…cle/pii/S0002929710002466


    Danke für die Mühe des Raussuchens. Leider reicht mein eingerostetes Schulenglisch nicht für so einen schwierigen Text. :knuddel1

  • Zitat

    Original von Zwergin


    Von Salims Besuch in Beirut hatte ich nicht mehr erwartet. Warum sollte eine Mutter, die ihren siebenjährigen Sohn ohne Not sondern aus Egoismus im Stich lässt, nach so vielen Jahren auf einmal eine liebevolle Mutter sein?
    Natürlich war ihr Leben an der Seite von salims Vater nicht das Beste, trotzdem, dass sie sie verlassen hat, ist für mich purer Egoismus.
    .

    .


    Ich war ziemlich enttäuscht von der Mutter.
    Ob sie es in Beirut wirklich besser dran ist, sieht mir nicht so aus.
    Und Rafan kommt mir irgendwie zwielichtig vor.


    Ich bin froh das Salim zurückfliegt, hatte schon Angst er lässt sich von Rafan einwickeln.

  • Zitat


    Original von Zwergin
    Warum sollte eine Mutter, die ihren siebenjährigen Sohn ohne Not sondern aus Egoismus im Stich lässt, nach so vielen Jahren auf einmal eine liebevolle Mutter sein?


    Als die Mutter die Familie verließ, war Salim bereits 15 Jahre alt, und ihren Augen ein erwachsener Mann.
    Dennoch empfinde ich dieses Verhalten genauso egoistisch wie du.

  • Klar hat die Mutter egoistisch gehandelt als sie mit dem Sohn geflohen ist, aber deswegen kann sie sich doch freuen, wenn der zurückgelassene Sohn sie nach so vielen Jahren besucht. Da darf sie ihn schon mal umarmen. Für mich war sie einfach nur herzlos, so sollte keine Mutter sein. Er hat m. E. auf etwas Liebe gehofft, auf eine Entschuldigung und vielleicht hätte eine Erklärung von ihr ihm seinen Frieden gegeben.

  • Ich sehe Salims Mutter nicht ganz so kritisch.
    Ja, sie hat die beiden älteren Söhne zurückgelassen, aber diese waren in ihren Augen (fast) erwachsen. Man darf hierbei nicht vergessen, dass sie an der Seite ihres Ehemanns nicht glücklich war. Mit 15 (ich meine so stand es im ersten Teil?!) an einen vermutlich deutlich älteren Witwer mit Kind verheiratet zu werden, war bestimmt kein leichtes Schicksal für ein junges, hübsches Mädchen.
    Und den Rat, den sie ihm gibt (" Lauf los, und höre auf, dir Dinge zu wünschen, die nie möglich waren.") ist eigentlich genau richtig für Salim.


    Irgendwie werde ich mit Salim nicht richtig warm. Er ist mir zu sprunghaft, zu unsicher und hat eine gewisse Arroganz (weiß nicht, wie ich das sonst benennen soll...) an sich.
    Mein Typ wäre er sicher nicht. :grin


    Judit empfinde ich hingegen als sehr reife und starke Persönlichkeit.

  • Mir geht es ähnlich wie Schneehase.


    Sie hatte doch sowieso keinen Einfluss mehr auf ihre Söhne und mit ihrem Mann war sie schon lange nicht mehr oder vielleicht nie glücklich.
    Und den Kleinen hat sie ja mitgenommen.


    Salim ist schwach und geht immer den Weg des geringsten Widerstandes.

  • Zitat

    Original von Findus
    Mir geht es ähnlich wie Schneehase.


    Sie hatte doch sowieso keinen Einfluss mehr auf ihre Söhne und mit ihrem Mann war sie schon lange nicht mehr oder vielleicht nie glücklich.
    Und den Kleinen hat sie ja mitgenommen.


    Salim ist schwach und geht immer den Weg des geringsten Widerstandes.


    :write


    Über Eure Warum-Diskussion müsste ich noch etwas nachdenken. Spontan geantwortet: Ein geklärtes "Warum" kann bei späteren Entscheidungen zielführend sein, ein nicht zu klärendes und trotzdem krampfhaft weiter umdachtes "Warum" wiederum genau das Gegenteil bewirken.
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von maikaefer


    Über Eure Warum-Diskussion müsste ich noch etwas nachdenken. Spontan geantwortet: Ein geklärtes "Warum" kann bei späteren Entscheidungen zielführend sein, ein nicht zu klärendes und trotzdem krampfhaft weiter umdachtes "Warum" wiederum genau das Gegenteil bewirken.
    :wave


    Ein guter Gedanke! Darüber muss ich jetzt nochmal nachdenken :grin


    Liebe Grüße,


    Roma :wave



    ~~Versäume nicht das kleine Glück, um auf das Große zu warten.~~

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  • Zitat

    Original von Schneehase
    Irgendwie werde ich mit Salim nicht richtig warm. Er ist mir zu sprunghaft, zu unsicher und hat eine gewisse Arroganz (weiß nicht, wie ich das sonst benennen soll...) an sich.
    Mein Typ wäre er sicher nicht. :grin


    Judit empfinde ich hingegen als sehr reife und starke Persönlichkeit.


    Ich glaube, dass die Figur "Salim" auch gar nicht unbedingt symphatisch sein soll und auch sein kann. Solch innere zerissene und entwurzelte Menschen tun immer Dinge, die viele nicht verstehen werden, sind sprunghaft und wirken oft arrogant.


    Als ich eben den Abschnitt über "Beirut" las, konnte ich diese Zerissenheit sehr gut spüren. Ich fand das sehr schmerzhaft zu lesen und das hat mich sehr traurig gemacht. Denn ich denke, dass die Entscheidung zu Judith zurückzukehren nicht endgültig ist. Seine Zerissenheit ist damit nicht geheilt. Ich ahne nichts Gutes.


    Judith ist dagegen die bodenständige, sympathische Person. Hier kann man sehr, sehr deutlich sehen, wie unterschiedlich Menschen sich entwickeln, wenn sie in einer liebevollen Familie aufwachsen oder eben nicht. Judith ist in der Lage die Liebe, die sie als Kind bekommen hat, ihr Urvertrauen weiterzugeben (der Brief der Großmutter hat viel dazu beigetragen, ihre Wurzeln zu entdecken). Salim nicht, weil er all das nie hatte. Und hier kommt auch seine Mutter ins Spiel, die ihn verlassen hat und wohl auch nie wirklich so geliebt hat, wie er es geglaubt hat. Die Begegnung der beiden hat Salim eigentlich nur noch mehr zerrissen und ihm noch mehr den Boden unter den Füssen weggezogen.
    Judith wird überall ein Zuhause finden können, Salim wird sein ganzes Leben danach suchen, sich nach seinem Orangenbaum, seinen Wurzeln sehnen und wahrscheinlich nicht erkennen, was er mit Judith an seiner Seite wirklich hat. Ich finde das sehr traurig.


    Wenn man das im übertragenen Sinne auf diesen uralten Konflikt hin betrachtet, hält die Autorin Juden und Palästinensern einen Spiegel vor. Es kommt nicht auf das Land an, um das sich alle streiten. Ein friedliches Miteinander wäre möglich gewesen, wenn nicht immer nur der Ort im Mittelpunkt gestanden hätte und immer noch steht, sondern die Menschen, egal welcher Herkunft. Das macht sie sehr, sehr gut. Ich muss nochmal betonen, wie sehr mich beeindruckt wie und was sie erzählt, wie gut sie Bescheid weiß.
    Dies ist definitv kein Roman über die Liebesgeschichte zwischen Judith und Salim, sondern viel mehr.