In der Unterstadt leben die Menschen in einem undurchdringlichen, dunklen Nebel aus Schmutz und sind gezwungen, künstliches Licht mit Hilfe ihrer Körperkraft zu erzeugen. Da ihre Lebenserwartung sehr kurz ist, verlangt das Gesetz, dass sie sehr früh heiraten und für Nachkommen sorgen müssen.
Lucen liebt Firmie, doch das Mädchen weigert sich bislang beharrlich, mit ihm den "Kompatibilitätstest" zu vollziehen. Er fürchtet, sie deswegen zu verlieren. Gleichzeitig scheinen sich seine Jugendfreundschaften aufzulösen, da sie nun alle im Erwachsenenalter, nach unterschiedlichen Zielen streben. Während Maurce sich den Terroristen anschließen will, wird Gerges von seinem Vater in die Miliz gedrängt, die nächtens die Bewohner drangsaliert.
Währenddessen lebt Ludmilla ein einsames Leben in der Oberstadt. Sie hat jeglichen, erdenklichen Komfort, doch als ihr Vater ihr Kindermädchen plötzlich entlässt und ins Ungewisse schickt, ist Ludmilla nicht bereit, es hinzunehmen und forscht eigenständig nach deren Verbleib. Dabei erlangt sie Erkenntnisse, die sie zum Handeln zwingen.
Meine Meinung:
Dem Roman vorangestellt ist eine kurze Interpretation der Handlung und ein Interview mit dem Autor. Wer sich selbst keine Ereignisse und Erkenntnisse vorwegnehmen möchte, der sollte diesen Teil überspringen und später anhängen. Beide Texte fand ich sehr interessant, hätten meiner Meinung nach aber besser ans Ende gehört.
Das Cover ist interessant und erinnert in seinem Stil an die Méto-Reihe des Autors. Die Charaktere wirken für mich gut eingefangen, ebenso wie die Atmosphäre des Buches. Der Klappentext verspricht sehr viel Spannung, die ich letztendlich auch bekommen habe.
Die Geschichte beginnt langsam und unmittelbar. Als Leser beobachtet man das Geschehen aus der Perspektive von Lucen, Gerges und Ludmilla und erhält so einen weitläufigen Einblick und Zugang zu den Charakteren. Bei der Verfolgung der drei parallelen Erzählstränge kommt es häufiger vor, dass manche Ereignisse sich wiederholen und noch einmal aus der Sicht eines anderen Protagonisten erzählt werden. Das fand ich anfänglich unheimlich interessant, doch zum Ende des Buches hatte ich das Gefühl, das sich das häufte und bei mir zu leichten Spannungsabfällen führte, da man die unterschiedlichen Sichtweisen der Charaktere oftmals erahnen konnte und somit ungewollt in eine Wiederholung kam.
Dennoch fesselte mich der eindringliche Schreibstil des Autors und ließ mich den Roman in einem Stück durchlesen. Insbesondere die männlichen Charaktere haben bei mir Eindruck hinterlassen, denn sie sind nicht einsortierbar in Schubladen von Gut und Böse, sondern ausgesprochen vielschichtig und es mangelt ihnen auch nicht an Tiefe.
Sehr interessant fand ich, dass die Menschen unten nicht die vollständigen Namen für die Dinge des Lebens benutzen. So fehlt immer ein Buchstabe, um zu zeigen, dass das Produkt im Vergleich zum herkömmlichen in der Oberstadt minderwertig ist. Auch die Namen der Bewohner sind verstümmelt, genauso wie ihre Leben, die sie nicht im Komfort fristen, sondern mit vollem Körpereinsatz und unter der ständigen Belastung durch die verschmutzte Luft.
Von klein auf lernen sie, dass sie der Oberstadt zu dienen haben, nicht aufmucken sollen und, dass sie oben im Licht gar nicht wirklich existieren könnten. Doch es gibt diverse Gruppen, die dagegen aufbegehren und im Verborgenen gegen das Regime arbeiten.
Schade fand ich, dass man noch nicht erfahren hat, wie es zu dieser Teilung gekommen ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen anfänglich ihre Existenz unten akzeptiert haben, denn diesen musste damals klar sein, dass ein Leben in der Oberstadt weder tödlich für sie war, noch irgendwelche Einschränkungen bereithielt. Aber ich hoffe sehr, dass die Fortsetzung diesbezüglich Aufschluss geben wird.
Am Schluss erreicht der Spannungspegel seinen Höhepunkt und lässt mich mit vielen Fragen und banger Erwartung zurück. Ich hoffe, dass ich nicht allzu lange auf die Fortsetzung warten muss.
Fazit:
"NOX - Unten" ist ein spannender, dystopischer Jugendroman, dessen Seiten leider viel zu schnell an mir vorüberzogen. Yves Grevet schafft es, mich mit seinem ungewöhnlichen Schreibstil und seinen interessanten Charakteren gut zu unterhalten; gerne empfehle ich den Roman weiter und freue mich schon auf die Fortsetzung.