Peter Richter - 89/90

  • Titel: 89/90
    Autor: Peter Richter
    Verlag: Luchterhand Literaturverlag
    Erschienen: März 2015
    Seitenzahl: 411
    ISBN-10: 3630874622
    ISBN-13: 978-3630874623
    Preis: 19.99 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Das Lebensgefühl einer rebellischen Generation am Ende der DDR. Sie sind der letzte Jahrgang, der noch alles mitmachen darf - damals in Dresden vom Sommer vor der Wende bis zur Wiedervereinigung: die lauen Freibadnächte und die Ausweiskontrollen durch die "Flics" auf der "Rue", die Konzerte im FDJ-Jugendklub "X. Weltfestspiele" oder in der Kirche vom Plattenbaugebiet, wo ein Hippie, den sie "Kiste" nennen, weil er so dick ist, mit wachsamem Blick Suppe kocht für die Punks und ihre Pfarrerstöchter. Sie sind die Letzten, die noch "vormilitärischen Unterricht" haben. Und sie sind die Ersten, die das dort Erlernte dann im Herbst 89 erst gegen die Staatsmacht anwenden. Und schließlich gegeneinander. Denn was bleibt dir denn, wenn du zum Fall der Mauer beiträgst, aber am nächsten Tag trotzdem eine Mathe-Arbeit schreiben musst, wenn deine Freundin eine gläubige Kommunistin ist und die Kumpels aus dem Freibad zu Neonazis werden?


    Der Autor:
    Peter Richter wurde 1973 in Dresden geboren. Er studierte Kunstgeschichte in Hamburg und Madrid und arbeitet als Redakteur im Feuilleton der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Peter Richter lebt in Berlin.


    Meine Meinung:
    Peter Richter verarbeitet in diesem – mit persönlichen Erinnerungen gespickten Roman über pubertierende Jugendliche in der ehemaligen DDR – offenbar seine eigene Erfahrungen und Eindrücke der damaligen Wendezeit. Leider bleibt vieles schon im Ansatz stecken; da wo man als Leser vielleicht etwas mehr erfahren möchte, da bremst der Autor und biegt in eine andere Richtung ab. Der Autor scheint hier auch in erster Linie als „jugendlicher Chronist“ unterwegs zu sein. Er beschönigt nichts, er beschreibt, er kritisiert seine DDR-Landsleute aber auch die „Wessies“ - trotzdem bleibt er in vielen Anmerkungen politisch „irgendwie hängen“. Da wird nicht alles konsequent zuende gedacht. Das eine und andere Mal hätte man sich als Leser schon über einen klaren Standpunkt gefreut. Vielleicht hindert aber auch der lakonische Erzählstil des Autors ihn selbst daran, mehr „klare Kante“ zu zeigen.
    Die FAZ hat es schon ganz richtig erkannt, als sie schrieb, dass dieses Buch, dieser Roman – eher wie eine „Sammlung autobiographisch relevanter Anekdoten“ wirken würde. Zudem erinnert dieses Buch in vielen Punkten und Szenen an einen jungenhaften Abenteuerroman.
    Trotz aller Kritik ist dieses Buch sehr lesenswert. So erfährt man als Leser durchaus etwas über das Denken der jungen Menschen zurzeit der Wende, man lernt ihre Verwirrung und ihre Suche nach Orientierung kennen, man erlebt ihre Hilflosigkeit als sie ohne Vorbereitung und Vorwarung von dem Neuen überrannt wurde und man ihnen die Luft zum atmen nahm.
    Die jungen Menschen in der DDR mussten plötzlich damit leben, das man ihnen den Boden unter den Füssen wegzog – und ihnen zu verstehen gab, alles was für sie Normalität war, das wäre schlecht und gelte nicht mehr.
    Man packte ihre Kindheit und Jugend einfach so auf den Müll und machte ihnen klar, dass ihr bisheriges Leben nichts wert gewesen sei.
    7 Eulenpunkte für ein interessantes Buch. Ein Buch das geradezu ein intensives Streitgespräch herausfordert.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.