Die Falle - Melanie Raabe

  • Btb 2015, 350 S.


    Über den Inhalt:
    Die bekannte Romanautorin Linda Conrads, 38, ist ihren Fans und der Presse ein Rätsel. Seit gut elf Jahren hat sie keinen Fuß mehr über die Schwelle ihrer Villa am Starnberger See gesetzt. Trotz ihrer Probleme ist Linda höchst erfolgreich. Dass sie darüber hinaus eine schreckliche Erinnerung aus der Vergangenheit quält, wissen nur wenige. Vor vielen Jahren hat Linda ihre jüngere Schwester Anna in einem Blutbad vorgefunden – und den Mörder flüchten sehen. Das Gesicht des Mörders verfolgt sie bis in ihre Träume. Deshalb ist es ein ungeheurer Schock für sie, als sie genau dieses Gesicht eines Tages über ihren Fernseher flimmern sieht. Grund genug für Linda, einen perfiden Plan zu schmieden - sie wird den vermeintlichen Mörder in eine Falle locken. Doch was ist damals in der Tatnacht tatsächlich passiert?


    Über die Autorin:
    Melanie Raabe wurde 1981 in Jena geboren, wuchs in einem 400-Seelen-Dorf in Thüringen und einer Kleinstadt in NRW auf, studierte an der Ruhr-Universität Bochum Medienwissenschaft sowie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, absolvierte anschließend ein journalistisches Volontariat bei einem Stadtmagazin in Köln, wo sie seit 2005 auch lebt.


    Meine Meinung:
    Das einzige Blut in diesem Thriller wurde bereits vor 12 Jahren vergossen, als Lindas Schwester Anna ermordet wurde und Linda den Täter flüchten sah. Der Polizei gelang es nicht, ihn zu fassen. Seitdem ist Linda schwer traumatisiert, lebt völlig zurückgezogen und verlässt ihr Haus nicht mehr. Durch Zufall sieht sie den damaligen Täter im Fernsehen und denkt sich einen raffinierten Plan aus, um ihn in die Falle zu locken. Als Bestsellerautorin hat sie die Mittel dazu: Zeit, Geld, Phantasie, Beziehungen.


    Die Geschichte erinnert mich anfänglich an „Copykill“, einen spannenden Thriller mit Sigourney Weaver, die wegen einer starken Agoraphobie ihre Wohnung nicht verlassen kann.


    Melanie Raabes beinahe schon literarischer Sprachstil hat mir ausgesprochen gut gefallen. Der Großteil der Geschichte wird von Linda in der Ich-Perspektive und im Präsens erzählt. Der Einstieg fiel mit nicht ganz leicht, ich musste mich zunächst an die schwierige Art der Protagonistin gewöhnen, die das Aufkommen von Sympathie trotzig verweigert. Sie ist privilegiert, finanziell unabhängig, anmaßend, arrogant – kurz gesagt, ich konnte Linda nicht ausstehen. Auf jeder Seite spürt man ihre starke Psychose, aber mein Mitgefühl mit ihrem Zustand hielt sich in Grenzen.
    Da die Polizei in ihren Augen so offensichtlich versagt hat, will nun Linda mit Hilfe eines eigens zu diesem Zweck geschriebenen Romans den vermeintlichen Täter in ihr Haus locken und zu einem Geständnis zu bringen. Ein Vorhaben, das auf den ersten Blick vor Selbstüberschätzung strotz. Die eigentliche Handlung wird denn auch immer wieder unterbrochen durch Kapitel aus dem „Roman im Roman“, der sich wie eine kitschige Liebesgeschichte entwickelt, doch zusammen mit Lindas Gedanken langsam ein Bild entstehen lässt, was damals vor 12 Jahren passiert ist.
    Obwohl es eigentlich nur zwei Möglichkeiten gibt, wie die Geschichte enden kann, macht das die Handlung einerseits recht vorhersehbar, andererseits verblüfft es aber um so mehr, welche Wendungen die Autorin sich noch hat einfallen lassen.

    Ein leichter Schwachpunkt ist in meinen Augen, dass Linda in ihrer Arroganz versäumt, sich ein paar Fragen über den Journalisten zu stellen, die mir sofort in den Sinn kamen und die die gesamte Situation in einem anderen Licht hätten erscheinen lassen. Allerdings wäre dann wohl das unerträgliche Gefühl der Überheblichkeit, das Linda ausstrahlt, schon früher in sich zusammengefallen. Es kommt zu einem Schlagabtausch zwischen ihr und dem Journalisten, der es in sich hat und das Interview entwickelt sich so gar nicht wie geplant.


    Viele der meist kurzen Kapitel enden mit einem Cliffhanger und es gelingt der Autorin mühelos, die Geschichte bis zum Ende spannend zu gestalten. Geschickt hält sie die Fäden in der Hand und ließ mich immer wieder in die eine oder andere Richtung mit meiner Meinung schwanken. Am Ende gibt es eine Auflösung, die in Ordnung geht, aber sicher nicht das Beste an dem Roman ist. Ich habe eine Weile über den Schluß nachgedacht und hätte mir auch einen komplett anderen Ausgang gut vorstellen können.

    Melanie Raabe hat mit sparsamen Zutaten – ein Handlungsort, keine Nebenhandlung, an einer Hand abzuzählende Personen, keine Action, aber dafür ein Pschospiel, das es in sich hat – einen spannenden und atmosphärischen Pageturner geschrieben, der mit seiner eindringlichen, Unbehagen erzeugenden Atmosphäre punkten kann und nur zum Ende hin leicht schwächelt.

  • Wie schon bei anderen Büchern war ich durch den Klappentext angefixt und wollte es unbedingt lesen. Leider habe ich keinen Zugang zu der Story gefunden und es nach ca. 100 Seiten beendet.


    Ich dachte eigentlich, daß eine Protagonistin mit einem solchen Trauma in dem Leser irgendein Mitgefühl auslöst. Sorry, das konnte ich nicht empfinden. Wie schon JaneDoe schrieb, sie war unsympathisch, arrogant und ich weiß nicht, wie sie mit 38 Jahren als Autorin schon so viel Geld verdient hat, daß sie bereits seit 10 Jahren ein Haus und Angestellte hat. Manche unserer Autoren würden sich sehr darüber freuen :chen


    Auch gefiel mir der Roman im Roman nicht.


    Vielleicht finden sich noch Leser, die das anders sehen? :gruebel
    Mein Fall wars einfach nicht :-(

  • Linda Conrads ist Romanautorin. Seit dem Mord an ihrer Schwester vor 12 Jahren lebt sie zurückgezogen in ihrer Villa am Starnberger See und verlässt das Haus nicht mehr. Sie ist mit ihren Büchern höchst erfolgreich, trotz ihrer Phobie vor der Außenwelt, und kommt eigentlich gut zurecht.


    Doch dann sieht sie eines Tages im Fernsehen das Gesicht des Mannes, den sie damals vor 12 Jahren gesehen hat, als sie in die Wohnung ihrer Schwester Anna kam und diese tot aufgefunden hat. Der Mörder wurde nie gefasst und nun ist Linda überzeugt, dass sie ihn nach all den Jahren gefunden hat. Linda ist fest entschlossen, ihn in eine Falle zu locken und zu überführen. Ihr Ziel ist die Wahrheit – doch was ist die Wahrheit, was ist wirklich damals in dieser Nacht geschehen?


    Linda wechselt das Genre, schreibt ihren ersten Thriller – auf der Basis der realen Ereignisse damals. Sie lockt den Mann, den sie für den Mörder hält, in ihr Haus und will ihn dazu bringen, ein Geständnis abzulegen. Alles ist genauestens geplant, doch wird die Falle wirklich zuschnappen? Und hat Linda überhaupt recht mit ihrem Verdacht?


    Dieses Debut von Melanie Raabe bietet wirklich spannende Unterhaltung. Neben der eigentlichen Handlung sind immer wieder Kapitel aus dem fiktiven Thriller, den Linda geschrieben hat, eingestreut. So erfährt der Leser nach und nach aus verschiedenen Perspektiven, was sich in der Tatnacht vor 12 Jahren abgespielt hat. Ich persönlich hätte die Roman-im-Roman-Abschnitte nicht unbedingt gebraucht, ich fand die eigentliche Handlung rund um Linda viel spannender, habe die Abschnitte aber als interessante Ergänzung gesehen.


    Die Geschichte lässt sich Zeit, beschreibt ausführlich Lindas Gemütszustand, ihre Lebensumstände, ihre Gedanken und Gefühle. Man ist als Leser hautnah an der Protagonistin dran und erlebt das Geschehen unmittelbar mit ihr mit.


    Die Frage nach dem Täter und nach Schuld oder Unschuld zieht sich durch das ganze Buch. Erst scheint alles eindeutig, dann kommen Zweifel auf, nicht nur am Täter, auch an der Figur des Opfers. Linda muss sich die Frage stellen, ob sie selbst die Ereignisse von damals wirklich richtig im Gedächtnis hat oder sich eventuell alles ganz anders abgespielt hat.


    Das Buch wurde in Kritiken viel gelobt und im Internet massiv beworben. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen und wurden nicht ganz erfüllt. Es war ein spannendes und gut geschriebenes Buch, für mich aber nicht das erwartete Highlight. Dennoch bin ich auf jeden Fall neugierig auf weitere Bücher der Autorin!

  • Psychokrimis sind jetzt eigentlich nicht so mein Fall, aber der Klappentext hat mich neugierig gemacht. Melanie Raabe hat einen fesselnden Schreibstil, wenn man nicht nüchtern und sachlich bevorzugt. Sie beschäftigt sich fast ausschließlich mit dem Innenleben der Protagonistin, die sich selbstgenügsam mit einem Leben abgefunden hat, das nicht viel Interaktionen mit der Welt außerhalb ihres Hauses zulässt. Aufgrund einer Angststörung, die sie nach dem Tod ihrer Schwester entwickelt hat, verlässt sie ihr Haus, das glücklicherweise in einer Traumlage zwischen Starnberger See und einem Wäldchen liegt, nicht mehr und das schon über ein Jahrzehnt lang. Dabei ist sie durchaus am Leben draußen interessiert und hält hauptsächlich durch das Fernsehen ihren Bezug zur Realität aufrecht.


    Die Autorin zeichnet durch die Icherzählerin sehr geschickt ein Bild und manipuliert den Leser, einen bestimmten Verdacht zu entwicklen. Wo mich das bei anderen Autoren aber schon mal gerne verärgert, lasse ich mich von Melanie Raabe gerne auf vermeintlich falsche Fährten locken, denn ich bin mir irgendwie sicher, so einfach, dass ein Krimirookie wie ich, der Autorin auf die Schliche kommt, kann das nicht sein. Einer Margarite gleich, der man im Refrain "ich liebe dich, ich liebe dich nicht" die Blütenblätter einzeln ausreißt und am Ende ein eindeutiges, nicht vohersagbares Ergebnis bekommt, wechselt meine Meinung von "die war´s, die war´s nicht".


    Lindas Geschichte wird einige Male durch kurze Abschnitte ihres fiktiven Romans unterbrochen, in dem sie den Mord an ihrer Schwester beschreibt, um dadurch den Mörder aus der Reserve zu locken. Das fand ich sehr gelungen, da es mir ab und zu eine Pause vom doch sehr intensiven Innenleben der Protagonistin verschafft hat. Gegen Ende wird es sehr spannend und die endgültige Auflösung wurde von mir dringend erwartet und begrüßt, wobei ich mir genauso auch ein total anderes Ende hätte vorstellen könne. 9 Punkte für "Die Falle".

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

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  • Inhalt


    Linda lebt seit dem Tod ihrer Schwester seit Jahren zurückgezogen in ihrem Haus. Was ist damals wirklich passiert? Plötzlich glaubt sie, den Mörder im Fernsehen wiederzuerkennen und will ihm eine Falle stellen um endlich Ruhe zu finden und zu erfahren, warum ihre Schwester Anna sterben musste



    meine Meinung


    Ich habe den Roman im Rahmen einer Leserunde gelesen.


    Der Schreibstil ist etwas gewöhnungsbedürftig, hat mir aber gut gefallen. Vor allem am Anfang vermittelt er sehr gut die Isolation, in der Linda lebt. Es erscheint einem eher wie ein Dahinvegetieren, nicht wie ein richtiges Leben... auch wenn Linda das Beste aus ihrer Situation macht und sich mit den Umständen arrangiert zu haben scheint


    Man kommt beim Lesen ganz schön ins Grübeln. Zunächst einmal ist das Buch sehr spannend geschrieben. Es findet ein Wechsel zwischen Lindas Handlung und ihrem geschriebenen Roman statt. Das Kapitel endet meist an einer spannenden Stelle, sodass man gar nicht anders kann als weiter zu lesen.


    Linda glaubt, den Mörder ihrer Schwester gefunden zu haben und will ihm eine Falle stellen, damit er gesteht. Doch es kommt anders als erwartet und man teilt Lindas Zweifel, glaubt an sein Alibi, glaubt plötzlich an Lindas Schuld... oder vielleicht gibt es doch einen unbekannten Dritten.


    Zeitweise glaubt man selbst, dass Linda vielleicht verrückt sein könnte... so traumatisiert ist, dass sie vielleicht einfach nur verdrängt, was sie getan hat.


    Das Ende war für mich völlig unerwartet, aber genau das macht einen guten Roman aus.... wenn nicht genau das passiert, was ich annehme... wenn er mich noch überraschen kann. Erschreckend, wie schnell man sich doch manipulieren lässt... Dinge für wahr hält, die gar nicht wahr sind... bloß weil sie einem als Wahrheit verkauft werden.


    Leider kam mir das Ende etwas zu rasant, da hätte man vielleicht noch ein bisschen mehr rausholen können.


    Linda lernt man als Charakter gut kennen. Zu allen anderen Personen habe ich leider keinen richtigen Bezug gefunden.


    Ich scheine nicht allein mit der Meinung zu sein, dass die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Linda und dem im Mordfall ihrer Schwester ermittelnden Polizist völlig überflüssig ist. Nettes, nebenher plätschernedes Beiwerk.



    Fazit


    Durchaus unterhaltsam, spannend und empfehlenswert. Das Ende und die Ausgestaltung der Charaktere hätte nur durchaus noch mehr Potential geboten.

  • Linda Conrads ist 38 Jahre alt und Bestsellerautorin. Sie lebt sehr zurückgezogen mit ihrem Hund Bukowski am Strausberger See, besser gesagt: sie hat seit 11 Jahren keinen Fuß mehr vor die Haustür gesetzt. Damals wurde ihre Schwester Anna brutal ermordet, und sie hat als Einzige den Mörder kurz zu Gesicht bekommen, als er vom Tatort floh. Er wurde jedoch nie gefasst, und als Folge dieses Traumas, das sie nie verarbeitet hat, spielt sich Lindas komplettes Leben nur noch in ihrem Haus ab. Sie kommuniziert nur über Telefon und Internet; Besuch erhält sie lediglich von ihrem Verleger und guten Freund Norbert und ihrer Assistentin Charlotte.


    Doch dann sieht sie eines Tages einen Reporter im Fernsehen und erkennt in ihm auf Anhieb Annas Mörder. Durch Recherche im Internet findet sie seine Identität heraus, und sie beginnt, einen Plan zu schmieden, um ihn zu entlarven und ihm ein Geständnis abzuringen. Sie beginnt, ein neues Buch zu schreiben: ihren ersten Thriller. Und in diesem wird haargenau die Geschichte ihrer Schwester erzählt. Damit will sie den Reporter anlocken, unter dem Vorwand, ihm eines ihrer äußerst seltenen Interviews zu gewähren. Sie bereitet sich penibel darauf vor, und tatsächlich: er beißt an. Wird er in ihre Falle tappen?


    Mir hat das Buch außerordentlich gut gefallen. Das lag sicherlich zum großen Teil daran, dass dieser Roman quasi zweigeteilt ist. Immer im Wechsel erzählt zum einen die Protagonistin in der Ich-Form ihre Geschichte, dann wieder werden Kapitel aus ihrem Buch abgedruckt. Somit erhält der Leser einerseits tiefe Einblicke in die verwundete Seele der Linda Conrads; andererseits erfährt er genau, was damals Anna zugestoßen ist. Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig; als Leser wurde ich sofort in die Geschichte hineingezogen. Und diese entwickelt einen richtigen Sog; ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.


    Fasziniert hat mich dann, wie das Treffen zwischen Linda und dem Reporter abgelaufen ist. Es keimen in ihr nämlich dann doch große Zweifel, ob sie wirklich dem Mörder ihrer Schwester gegenüber sitzt. Noch schlimmer: sie muss sich plötzlich die Frage stellen, ob sie nicht sogar selbst ihre Schwester umgebracht hat. Dieses Psychoduell zwischen den beiden zerrt wirklich an den Nerven des Lesers, und spätestens da ist dieser total verwirrt. Ist hier nichts so, wie es scheint? Entwickelt sich diese Geschichte doch ganz anders als erwartet?


    Ich will jetzt nichts weiter verraten; wer wissen will, wie es ausgeht, muss dieses Buch einfach lesen.


    Und wenn man bedenkt, dass es sich bei diesem Buch um den ersten Krimi der jungen Autorin handelt, kann man ihr nur Respekt zollen für diesen absolut raffiniert gesponnenen Plot.


    Volle Punktzahl.

  • Mich hat das Buch leider auch nicht überzeugen können.
    Es war mir teilweise doch zu konfus. Und auch diese häufigen Wechsel in den Zeiten gefielen mir nicht, auch wenn sie durch die Überschrift klar zu erkennen waren.
    Von mir leider nur 7 Punkte

  • Melanie Raabes Werk "Die Falle" war eines der meist beachteten Debüts im Genre der Krimis/Thriller vom Jahr 2015. Ich hatte das Buch ewig lange auf meiner Wunschliste und nun hat es die Taschenbuchausgabe endlich zu mir nach Hause geschafft. Ich kann die Begeisterung vieler Rezensenten im Feuilleton und auf Amazon bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen stimme aber selbst nicht in die hymnischen Bewertungen mit ein. Es ist zweifellos ein gutes Buch dessen Inhalt zu fesseln vermag aber mir fehlt das letzte Quentchen an literarischer Qualität und inhaltlicher Ausgestaltung.


    Der Einstieg bereitete mir keinerlei Mühe in Sachen Verständnis. Allerdings ist die Hauptfigur Linda keine grosse Sympathieträgerin. Was sie vor mehr als 10 Jahren mitansehen und erleben musste ist schlimm und ihre Entscheidung sich erstmal aus dem sozialen Leben zurückzuziehen kann man verstehen. Das die ehemals lebensfrohe Frau aber keinen Schritt mehr aus ihrer Villa nach draussen macht und in einer Art selbstgewähltem Gefängnis lebt erinnert an Selbstkasteiung. Die Leere in ihrem Leben füllt sie mit Phantasie und dem Schreiben von Büchern. Sie wird zu einer gefeierten Schriftstellerin. Eines Tages glaubt Sie den Mörder ihrer Schwester, einen gestanden Journalisten, im Fernsehen zu erkennen. Sie verarbeitet den schwärzesten Tag in ihrem Leben samt Tatnacht in einem Thriller und bittet den vermeintlichen Täter zu einem exklusiven Interview in ihre Villa. Es beginnt ein psychologisches Katz und Maus Spiel bei dem man als Leser bis zum Schluss im Unklaren bleibt, wer nun wem eine Falle stellt.


    Die Autorin kommt in diesem Buch mit wenigen Personen und Schauplätzen aus. Dadurch wirkt das ganze Setting etwas karg und es dreht sich auf den rund 350 Seiten alles um sich selbst. Ab der Mitte des Buches beginnt Melanie Raabe bei den Lesern Zweifel an den sicher geglaubten Fakten der Geschichte zu streuen. Was ist vor vielen Jahren tatsächlich geschehen und was spielt sich nur im Kopf von Linda ab? Nicht nur der Protagonistin wird der feste Boden unter den Füssen weggezogen sondern auch den Lesern. Die Idee die Geschichte mit einem "Buch im Buch" aufzupeppen ist nicht neu wird aber von Schriftstellern eher selten verwendet. In Anbetracht, dass die Hauptfigur Linda angeblich "hochliterarische" Bücher schreibt sind die eingestreuten Auszüge vom Buch im Buch aber sehr einfach geschrieben. In der Tonlage und im Wesen ist ein Unterschied zur Kerngeschichte spürbar. Wertungsmässig sehe ich das Buch bei 7 bis 8 Eulenpunkten.


    Ich bin gespannt, was die junge und talentierte Schriftstellerin in ihrem 2. Thriller "Die Wahrheit" bietet der Ende August 2016 erscheinen wird.

  • Ich hatte das Buch gerade aus der Onleihe und bin ähnlich zwiegespalten wie einige andere hier auch.
    Die Lebensart der Erzählerin ist zwar in sich stimmig und glaubhaft beschrieben, aber auch ich habe mich gefragt, wie sich eine solche Autorin, die zudem selbst keinerlei PR macht, diesen aufwendigen Lebensstil leisten kann - Villa am Starnberger See, hat sich die Autorin da mal informiert? - persönliche Bedienstete, mal eben zwischendurch die komplette Installation eines Überwachungssystems ... na gut, für Kleidung u.ä. muss sie natürlich weit weniger ausgeben als der Durchschnittsmensch, da reichen zwei Jogginganzüge :-]
    Es klingt, als hätte Linda, ähnlich wie Mrs. Rowling, ein besonderes Kabinettstückchen erfunden, in der Art, wie es einen Autoren mit einem Schlag reich und berühmt macht. Der "Roman im Roman" ist aber weder besonders spannend noch originell, und man fragt sich, ob nicht alles glaubwürdiger rübergekommen wäre, wenn Frau Raabe für ihre Linda ein etwas kleineres Brötchen gebacken hätte ...


    Was mir aber gefallen hat und was in meinen Augen vieles aufwiegt, ist der Schreibstil der Autorin. Ich mag es inspiriert und einfühlsam formuliert; die meisten deutschen Krimiautoren und -autorinnen schreiben mir viel sachlich und nüchtern runter. Melane Raabe versteht es, ungewöhnliche persönliche Situationen darzustellen. Das Treffen zwischen Linda und dem Journalisten ist großartig geschildert, und auch die Szene, als Linda nach vielen Jahren zum ersten Mal das Haus wieder verlässt, hat mich bewegt. Ich werde mir das nächste Buch von Melanie Raabe auf jeden Fall besorgen.

  • Ich habe das Buch gerade auch beendet. Zum Inhalt wurde ja schon einiges gesagt. Mir hat das Buch aber durchaus gut gefallen, weil der Plott spannend ist und es immer wieder einen spannenden Wandel gibt, der so nicht zu erwarten ist und es sehr interessant ist, was letztlich in der eigentlichen Mordnacht wirklich geschah. Allerdings stören mich ein paar Figuren wie z.B. Charlotte. Stattdessen hätte ich gern mehr über das Elternverhältnis erfahren (hinterher). Die Liebesgeschichte hingegen war für mich auch nur ein netter Beigeschmack. Von mir gibt es 8/10 Punkte, weil es sehr flüssig zu lesen ist und sich vom Einheitsbrei doch deutlich unterscheidet.