'Bella Clara' - Seiten 001 - 104

  • Zitat

    Original von Regenfisch



    Anscheinend war das damals geltendes Recht.


    Ich unterstelle Petra jetzt einfach mal, dass sie gerade solche Details sorgfältig recherchiert hat. Und hätte Clara dann ein väterlich, mitfühlender Richter geholfen? Wahrscheinlich auch nicht, denn Recht bleibt Recht, da mögen wir heute noch so sehr drüber schimpfen. Wie war das damals eigentlich mit den Männern? Konnten dies sich so einfach scheiden lassen oder brauchte es da auch Gründe?


    Deine Anmerkung Regenfisch zu heutigen Scheidungen fand ich sehr interessant. Ich könnte mir vorstellen, dass Frauen wesentlich emotionaler in so eine Auseinandersetzung gehen und das Finanzielle nicht den Stellenwert hat. Und dann ziehen sie leider oft den Kürzeren.


    Entscheidungsfreiheit hätte der Richter sicher bei den Kindern gehabt! Als Mama zerreißt es einem natürlich das Herz, wenn man von dieser Trennung liest. Andererseits kann ich die Sichtweise des Richters auch nachvollziehen, hier war er ja nicht bewusst hartherzig, sondern hätte die Kinder 1 : 1 geteilt. Matthias hätte in der jetzigen Situation wahrscheinlich sowieso nicht zu Clara gewollt, das sieht man ja schon bei Sophia. Und ein halbes Jahr Trennung ist für Kinder eine wahnsinnig lange Zeit.


    Claras Entscheidung, Sophia (erstmals) beim Vater zu belassen, ist äußerst schmerzhaft, aber wahrscheinlich im Sinne von Sophia. So wird sie nicht aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen und hat zumindest noch ihren Bruder und ihre Freunde. Ich kann mir vorstellen, dass hier aber das Herz ganz was anderes sagt als der Kopf!


    Abgesehen davon, hätte Clara als geschiedene Alleinerziehende wohl überhaupt keine Chance, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Das ist ja heute, trotz aller Betreuungsangebote, oft schwierig, wie hätte es damals, ohne Familie im Rücken klappen sollen? Sicher hätten sie ihre Freundinnen unterstützt, aber über Monate, Jahre? Das hätte Clara sicher nicht gewollt.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Regenfisch


    Allerding erinnere ich mich, dass meine Oma, Jahrgang 1912, erst als Rentnerin schwimmen gelernt hat.


    Noch bei meinen Eltern war es nicht selbstverständlich, dass sie schwimmen lernten...........


    Clara ist nun in Meersburg angekommen - diese Stadt ist einfach wunderschön. Ich muss da unbedingt bald mal wieder hin. :-)

  • Ja, es ist wie ein Heimkommen. Zwar ist der Anlaß im Gerichtssaal alles andere als schön, aber mir hat gefallen, daß die Freundinnen Clara beistehen. Es war damals für Clara nicht möglich, sich "normal" scheiden zu lassen, sondern sie mußte diesen Umweg des Fremdgehens nehmen, um von dem gewalttätigen Ehemann loszukommen. Jetzt muß sie diese bittere Pille schlucken - Sohn und Apotheke weg :fetch
    Und dann entzieht ihr Gerhard auch noch durch Tricksereien die Tochter
    :schlaeger


    Jetzt kann es wirklich nur noch aufwärts gehen mit einem Neuanfang am Bodensee :-]


    Edit: ... und ich vergaß noch diese frustrierenden und deprimierenden Vorstellungsgespräche in Berliner Apotheken :fetch

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    Um so erstaunlicher, dass sie sich gefühlsmäßig am Bodensee doch recht schnell wieder fängt- ich weiß nicht, ob ich das realistisch finde. :gruebel


    Das habe ich mir auch überlegt. Schon der Weggang aus Berlin geschah sehr schnell, schließlich ist es doch ganz war anderes, ob ich meine Kinder zumindest aus der Ferne sehen kann oder durch mehrere Tagesreisen von ihnen getrennt bin. Und dann wird sehr schnell aus der unterdrückten Ehefrau eine eigenständige Persönlichkeit, die es damals wohl nicht so oft gab.


    Andererseits ist es mir ganz recht, dass die Geschichte doch recht schnell fortschreitet und wir nicht kapitellange Selbstzweifel über uns ergehen lassen müssen.


    Inspieriert vom Ausdruck "Badekostüm" habe ich mal gegoogelt, was Frau denn um diese Zeit beim Schwimmen überhaupt getragen hat. Diese Seite finde ich sehr interessant, nicht nur, was Bademode betrifft!


    Etwas schockiert hat mich die Aussage von Frau Weingarten, sie würde ihre Wohnung nie verlassen. Und das bei den beengten Verhältnissen! Mir ist schon klar, dass die meisten Leute keine Zeit für stundenlanges Spazierengehen oder Flanieren - anders als Clara - hatten, aber so gar nicht rauszukommen (und vor allem nicht zu wollen!) Das stelle ich mir furchtbar bedrückend vor!


    Danke Petra für diese Zusatzinfos, da gibts ja noch etliches zu gucken und zu lesen!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Die Apothekerfamilie habe ich auch als seltsame Eigenbrötler empfunden. Nun gut, er hat Kontakt zu Kunden. Die Ehefrau lebt auch schon seit Jahren in Meersburg und hat keinerlei Kontakt nach außen oder vielleicht will der Apotheker auch, daß sie mehr zu Hause ist. Das spricht beides nicht für eine Integration bzw. Ankommen im neuen Wohnort :-(

  • Mit ein paar Tagen Verspätung könnte ich jetzt auch beginnen...


    Den Anfang es Buches sprich die Gerichtsverhandlung und Claras Trennung von ihren Kindern, hatte ich schon in einer Leseprobe gelesen und war entsprechend erschüttert und gleichzeitig erleichtert, im 21. Jahrhundert zu leben. Was für ein Schritt !! Ich glaube, ohne den emotionalen Rückhalt ihrer Freundinnen hätte Clara den Mut nicht aufbringen können. Sie verliert alles, was ihr Leben bisher ausgemacht hat. Selbst die Apotheke ihrer Eltern fällt in den Besitz ihres Mannes.
    Die niederschmetternden Bewerbungsgespräche zeigen ihr deutlich, dass ein harter Weg vor ihr liegt. Zum Glück trudelt Lilos Brief ein.
    In Meersburg beginnt sie neu und erst mal wieder ganz unten. Doch wer nicht mehr viel hat, kann auch nicht viel verlieren... Also Augen zu und durch. Es scheint aufwärts zu gehen. Clara findet eine Anstellung bei den Weingartens, die sich etwas merkwürdig benehmen, aber nette Menschen zu sein scheinen. Clara hilft bei der Geburt des Sohnes, lernt von Lilo schwimmen und findet auch langsam den Mut, ihren eigenen Körper zu entdecken. Ihr Selbstbewusstsein wächst langsam....


    Das Verhältnis zwischen den Freundinnen untereinander hat mich sehr berührt. Ich kenne die ersten beiden Bände leider nicht - werde das aber fix nachholen....


    Bis hierhin gefällt mir das Buch ausgesprochen gut und ich bin gespannt, wie Claras Selbstfindung weitergeht....


    :wave
    Sweetie

  • Ich hatte zwar direkt mit dem Lesen gestartet, aber leider vorher keine Zeit zu posten.


    Zitat

    Original von chiclana
    Das Buch hat mich von der ersten Seite in seinen Bann gezogen. Was für ein Beginn, ich habe mitgelitten bis zur Urteilsverkündung und fand die Trennung der Kinder eine schreckliche Entscheidung. Und dann bleibt Clara letztlich ganz ohne ihre Kinder. Was für eine schreckliche Vorstellung!


    Ich mag es sehr, wenn ein Buch direkt losgeht und man sich nicht erst durch ewiglange Beschreibungen und Vorstellungen lesen muss! :-)


    Das ging mir genauso. Schön fand ich den Zusammenhalt der Freundinnen. Aber die arme Clara! Ohne Kinder, und dann auch noch ohne die elterliche Apotheke - wirklich furchtbar!


    Zitat

    Original von Richie


    Jetzt kann es wirklich nur noch aufwärts gehen mit einem Neuanfang am Bodensee :-]


    Den ich Clara wirklich gönne! Keiner kennt sie und sie kann unbeschwert neu starten. Das Apothekerehepaar kann ich nicht verstehen! Das die Wohnung nichts ist, scheint klar zu sein. Und dann immer nur drinnen zu sein - furchtbar!


    Die Schwimmszene hat mir richtig gut gefallen! Hier fängt Clara an, mutiger zu werden!

  • das ist mein erstes Buch von Frau Durst-Benning und es gefällt mir sehr gut.Leider kenne ich die zwei "Vorgänger" auch nicht...werde es aber auch nach holen.
    Ja Frauen hatten es nicht leicht und haben fast immer den Kürzeren gezogen. Man schaue sich nur die armen Sufragetten an, was die für ihre Meinung bestraft wurde...oft auch ihre Kinder verloren usw. GsD gab es auch Männer die Frauen mit Verstand und eigener Meinung und Selbstbewußtsein schätzten und so können wir heute doch recht frei von vielen Zwängen leben und die unselige Schuldfrage ist auch abgeschafft.
    Den schrecklichen Ehemann von Clara hätte ich ja gern bißchen gewürgt :grin ihr auf so gemeine und hinterlistige Art auch noch die Tochter zu nehmen...dem Kind war ja nicht klar was sie mit der Entscheidung wegen des Kätzchen da zu bleiben anrichtete...das merkt man ja an der Bemerkung die Mutter könne ja am nächsten Tag vorbei kommen und das Kätzchen bewundern. Ob der Widerling wirklich nicht Hand an die Kinder legt kann ich mir kaum vorstellen. Denn wer so cholerisch veranlagt ist und wo jetzt die Ehefrau weg ist an der er sich abreagieren kann...
    Die Apotheker sind schon seltsam...es gibt ja viele Menschen die sich schwer in eine neue Gemeinde einleben und für sich bleiben, aber das Haus nicht verlassen. Denke die Apotherksfrau hat eine psychische Erkrankung und evt ne postnatale Depression.
    Ich bin gespannt wie Claras Creme bei der Dame ankommt.
    Wenn man sich so alte Filme ansieht in denen die Leute noch so um die vorletzte Jahrhundertwende in die Sommerfische gefahren sind kann man ja auch die lustigen Badekostüme bewundern die sie an hatten, mit den Badehauben mit Rüschen dran.
    In den letzten 100 Jahren hat sich die Welt ja rasant verändert. In vielem ja zum Guten
    So,nun bin ich gespannt wie es weiter geht.

  • Ich habe nun auch angefangen und bin schon ganz gefangen von dem Roman. Schon der Beginn ist toll, die Atmosphäre im Gerichtssaal gut eingefangen. Man fühlt direkt mit Clara, zuerst dachte ich, sie sei doch recht naiv, zu glauben, sie könne die Apotheke und die Kinder bekommen. Sie hatte eben die Hoffnung, doch ihr Ex-Mann trickst sie schnell aus und hat leider auch die Justiz hinter sich. Viele andere Frauen wären verzweifelt, doch Clara erscheint mir ein bisschen wie ein Stehaufmännchen, sie ist eine wahrhaft starke Frau. Natürlich hat sie auch ihre Freundinnen auf ihrer Seite, ohne sie ginge es ihr sicher schlecht (ich mag mir gar nicht ausmalen, wie sie dann zurecht käme - zurecht kommen müsste, wahrscheinlich hätte sie sich dann nie scheiden lassen).


    Die Reise an den Bodensee war wohl das Beste, was sie machen konnte, raus aus allem, fort von allen, die sie kennen - und, es scheint, als ginge es jetzt richtig mit ihr bergauf. Sie bekommt schnell Arbeit, sicher wird sich auch das Cremeherstellen lohnen. Clara erscheint mir sehr zupackend, wenn ich z. B. an die Geburt denke (ich hoffe, sie kann der Apothekerfamilie auch insoweit helfen, dass diese sich in Meersburg wohler fühlt). Sehr gut hat mir auch die Sache mit dem Schwimmen gefallen.


    Meersburg ist eine tolle Stadt, schön, dass sie als Kulisse dient. Ich muss auch direkt wieder an Annette von Droste-Hülshoff denken, die dort ja auch lebte.


    Ich gestehe, dass ich die beiden ersten Teile der Trilogie nicht kenne, die sich wahrscheinlich um die Freundinnen Isabelle und Josephine (oder auch um Lilo?) drehen, sie fehlen zum Verständnis nicht, aber ich habe schon Lust, sie auch noch zu lesen.


    Wie schon gesagt, es gefällt mir bisher sehr gut und ich bin gespannt, was uns der Roman noch beschert.

  • Endlich konnte ich weiterlesen. :-)
    Die Schwimm-Szene war ja einfach zu köstlich beschrieben "vielleicht kann ich ja ein Bein am Boden lassen?". Ich musste echt laut heraus lachen.........


    Petra, es ist echt witzig: Wenn ich Szenen lese, die du in der Lesung vorgetragen hast, höre ich immer im Kopf deine Stimme. ;-)

  • Zitat

    Original von Rosenstolz
    Endlich konnte ich weiterlesen. :-)
    Die Schwimm-Szene war ja einfach zu köstlich beschrieben "vielleicht kann ich ja ein Bein am Boden lassen?". Ich musste echt laut heraus lachen.........


    Petra, es ist echt witzig: Wenn ich Szenen lese, die du in der Lesung vorgetragen hast, höre ich immer im Kopf deine Stimme. ;-)


    Das sagen viele, liebe Frau Rosenstolz! Manche hören meine Stimme sogar die ganze Zeit beim Lesen ... Ich verfolge euch quasi wie ein Geeeeist, hihihi ...


    Gestern hatte ich die letzte Lesung vor den Osterferien, war wieder wunderschön. Aber eine kleine Pause kommt mir jetzt auch gelegen.


    Liebe Grüße in den Rems-Murr-Kreis von Petra