Inhalt:
Kautokeino in Lappland am 10. Januar. Eine gletscherkalte Polarnacht. Morgen wird nach vierzig Tagen die Sonne wiedergeboren, zwischen 11.14 und 11.41 Uhr – und die Menschen atmen auf. Morgen aber wird es auch zu den spektakulärsten Verbrechen kommen, die Kommissar Klemet Nago von der samischen Polizei in der verschneiten Tundra je gesehen hat: Eine kostbare samische Trommel, Wahrzeichen des letzten Urvolks Europas, wird aus dem Museum gestohlen. Wenig später findet man den Rentierhirten Mattis brutal ermordet auf. Klemet und seine Partnerin Nina, frisch von der Polizeischule im Süden des Landes, ermitteln – und geraten in politische und menschliche Verwicklungen, die tief in die Geschichte Lapplands zurückreichen.
Über den Autor:
Olivier Truc, gebürtiger Franzose, ist Skandinavien-Korrespondent für "Le Monde" und lebt seit 1994 in Stockholm. Vor einiger Zeit beschloss der Autor zahlreicher Reportagen, Dokumentationen und Dokumentarfilme, den Journalismus mit literarischen Mitteln fortzusetzen - mit einem Thriller, der der bedrohten Kultur der Sami ein Denkmal setzen möchte. "40 Tage Nacht" hat bereits diverse Preise eingeheimst und wurde in ein knappes Dutzend Sprachen übersetzt.
Meine Meinung:
Der Autor hat sich viel Mühe gegeben, dem Leser das Volk der Samen näherzubringen. Seine Beschreibungen der Kultur, der Stammesrituale, Gesänge und der Lebensumstände in Vergangenheit und Gegenwart nehmen viel Raum in der Geschichte ein, sind aber so harmonisch mit der Handlung verstrickt, dass sie nie aufgesetzt oder überflüssig wirken. Da mein Wissen über die Volksgruppe so weit oben im Norden nur rudimentär war, fand ich diese Infos sehr ansprechend. Ich war als Teenager mal auf einer Reise am nördlichen Polarkreis und das Feeling dieser Landschaft kam im Buch sehr gut rüber.
Die Ermittler sind ja eigentlich "gar keine richtigen" Polizisten, sondern "Rentierpolizei" die, wie der Name schon sagt, vor allem mit den Rentierbesitzern und deren Problemen und Streitigkeiten beschäftigt sind. Auch wie die zwei so mit ihrem Schlitten rumdüsen, und zwischen Eis und Schnee nach der Lösung der Rätsel suchen, war erfrischend anders. Sie sind ausserdem so unterschiedlich in Alter und Kultur (er Same, sie nicht), dass es zu einigen Reibereien und Unstimmigkeiten kommt, die exemplarisch für die Art und Weise sind, wie die Norweger mit "ihren" Samen allgemein so umgehen. Wie viele alte Völker - ich musste hier immer wieder an die Indianerstämme Nordamerikas und Südamerikas denken - sind sie eine oft ungeliebte Randgruppe, die u.a. mit Alkohol und Armut zu kämpfen hat und die im Falle der Samen ihre alte Kultur und auch die wertvollen Kulturgegenstände - wie die verschwundene Trommel - weitgehend verloren hat.
Besonders unterhaltsam waren die kleinen Einschübe am Anfang der Kapitel, in denen steht, wann Sonnenauf- und -untergang ist. Und wie die Menschen nach 40 Tagen den ersten "Tag" mit ein paar Minuten Sonnenschein zelebrieren fand ich auch bewegend.,
Weniger überzeugt hat mich allerdings, dass die Krimihandlung für meinen Geschmack etwas lange vor sich hindümpelte. Mir fehlte es an Spannungsmomenten und einem straffen Handlungsbogen, der für mich zu einem herausragenden Krimi unbedingt dazugehört.
Fazit also: Ein interessantes Setting mit liebevoll beschriebenen Akteuren und einer etwas langatmigen Geschichte, die am Ende aber zu einem durchaus stimmigen Ende findet. Ich vergebe dafür 7 Punkte.