'Bis ich dich finde' - Kapitel 39 - Ende

  • Offenbar schafft Irving durch die Filmwirtschaft und auch durch behandelnde Psychiater zunächst ein künstliches Bild von Jack, aus dem seine Figur sich erst zum Ende des Buches befreien kann. Nach dem sehr gut recherchierten Einstiegskapitel, das Alice bei ihrer Arbeit als Tätowiererin zeigte, habe ich viel über Jack erfahren, das mich nicht interessierte und nicht erfahren, was mich interessiert hätte. Irving geht von der Manipulierbarkeit kindlicher Erinnerungen aus, eine Ansicht, die ich nicht teile. Die Verknüpfung der Vatersuche Jacks mit sexuellem Missbrauch und seinen späteren Filmrollen als Transvestit fand ich sehr sonderbar. Ein anstrengender Roman.

  • Ich komme zu einem anderen Urteil.
    Zugegeben, Irving gerät öfter mal ins Schwätzen. Das hat mich aber nicht gestört. Zumal er die Begebenheiten quasi aus zwei Perspektiven erzählt, was mich sehr überrascht hat und ich sehr gut gemacht fand. Außerdem hat mich überzeugt, wie Irving es schafft, äußerst schwere Themen wie Missbrauch, Verlassensein, Störungen, verdrehte Sexualität so leicht zu beschreiben, ja, fast als Selbverständlichkeit in seinen Roman zu thematisieren.


    Gerade im letzten Abschnitt blitzte alles durch, was ich an Irving so schätze. Ich habe mich köstlich über William amüsiert, der alle an der Nase herum führt. Dann die Beschreibung der Ärzteschaft- grandios.
    Das Ende ist superdick aufgetragen, fast kitschig, für mich aber stimmig.
    Im letzten Teil schafft es Jack, seine Maske abzunehmen und sich selbst wahrzunehmen. Das hat mich sehr berührt.


    Mit Genuss habe ich gelesen, welche Tattoos William gesammelt hat. Überhaupt hat mir das Zusammenspiel der Milieus, "Tätowier-Szene" und "Kirchenmusik" sehr gefallen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Und ich bin jetzt auch mit dem Buch fertig. Über 2 Jahre habe ich dafür gebraucht. Das ist ein Beweis dafür, dass ich mir meistens schwer damit tat, das Buch zu lesen. Aber mit der Zeit wurde es besser, weil ich in dieser Zeit im Deutschunterricht Erkenntnisse über Literatur sammeln durfte. Ich würde deshalb behaupten: Ein wenig bin ich mit dem Buch gewachsen. Deshalb freue ich mich schon darauf, gleich das nächste Buch von Irving anfangen zu dürfen. :-]

    Sasaornifee :eiskristall

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    "Ich habe nicht mehr Ambitionen zum Fliegen als ein verdammter Strandlöper!" - Die Insel der Tausend Leuchttürme - Walter Moers