Cynthia Swanson - Als ich erwachte

  • Broschiert: 432 Seiten
    Verlag: Diana Verlag
    erschienen am 2. März 2015
    Originaltitel: The Bookseller


    zur Autorin: Quelle: Randomhouse
    Cynthia Swanson ist Designerin und Inneneinrichterin mit einer Leidenschaft fürs Schreiben. Ihre Kurzgeschichten wurden in renommierten Zeitschriften veröffentlicht und für den »Pushcart Prize« nominiert. »Als ich erwachte« ist ihr erster Roman. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Denver, Colorado.


    zum Inhalt:
    Kitty führt mit ihrer Freundin Frieda einen Buchladen. Die beiden haben nur mäßigen Erfolg, aber viel Spaß an ihrer Arbeit. In ihrer freien Zeit kümmert sich Kitty um ihre Eltern und bringt einem Nachbarsjungen das Lesen bei. Die alleinstehende Frau führt ein geordnetes Leben und trauert nur noch gelegentlich ihrer verflossenen Liebe hinterher. Ganz anders hingegen läuft es in Katharyns Leben ab. Sie ist mit Lars, der Liebe ihres Lebens verheiratet. Das Paar hat zusammen drei Kinder. Dementsprechend turbulent geht es bei ihnen zu Hause zu.


    Beim Aufwachen das vertraute Gefühl der Geborgenheit zu haben, ist so ziemlich der beste Start in den Tag. Der erste Blick fällt auf Fotos von Paris und Verwandten. Die Tür fliegt auf und drei Kinder stürzen sich in die Arme der Mutter. Diese familiäre Situation erweckt den Anschein eines glücklichen Lebens. Doch für Katharyn fühlt es sich nach jedem Aufwachen gleichermaßen fremd und vertraut an. Sie ist eigentlich Kitty, die Buchhändlerin, die es irgendwie schafft, sehr intensive Träume zu leben. Der Mann neben ihr ist eigentlich im Alter von 34 Jahren gestorben und der Grund für ihr Alleinsein.


    meine Meinung:
    Zwei Frauen in den 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts, zwei unterschiedliche Lebensstile, zwei Schicksale? Oder doch nur eine Person und ein reales Leben? Doch welches ist das richtige? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Leser nahezu das gesamte Buch. Den Vergleich im Klappentext mit Audrey Niffenegger und S. J. Watson muss Cynthia Swanson nicht scheuen. Sie zeichnet ihre Protagonistin überaus detailliert, sodass zwei unterschiedliche Figuren entstehen. Verbunden mit etwas Magischem und den überaus nüchternen Fakten der Neurologie entsteht ein Rätselraten. Beiden Frauen nimmt man ab, dass ihr Leben das richtige ist und das jeweils andere ein Traum. Trotz ihrer Unterschiede haben beide sympathische Charakterzüge, die den Leser für ihre Sorgen und Nöte einnehmen. Es ist gleichermaßen berührend, wie sie sich um ihre Umwelt kümmern und mit den daraus entstehenden Problemen fertig werden.


    Das Debut der Autorin ist spannend und bietet eine herzerwärmende Liebesgeschichte. Abwechselnd werden die Informationen gestreut, die den Leser auf eine Spur bringen sollen. Mal ist es ein fehlender Telefonbucheintrag, mal ist es die Bestätigung eines Flugzeugabsturzes oder gar ein leeres Gebäude. Doch immer wieder werden diese Hinweise widerlegt, dass erneut alles offen ist. Die beiden Handlungsstränge winden sich immer wieder umeinander, ohne einen klaren Blick zuzulassen. Die Spannung wird hier nahezu bis zum Schluss aufrecht erhalten. Vieles erschließt sich, wenn man am Ende die Lösung kennt. Das Buch spielt mit der Was-wäre-wenn-Frage und ist vielleicht gerade deshalb so unterhaltsam. (7 von 10 Eulenpunkte)

  • Wir befinden und in den sechziger Jahren, es war bisher noch kein Mann auf dem Mond. Kitty leitet mit ihrer Freundin Frida eine Buchhandlung, die leider durch Umstrukturierungen ihrer Stadt kurz vor dem Konkurs steht. Sie ist eine alleinstehende, unabhängige junge Frau in einem Jahrhundert, in dem die meisten Frauen ihr höchstes Ziel in einer Familie sahen. Leider hat Kitty nie den Mann für ihr Leben getroffen, zweimal war sie kurz davor. Der Zweite, Lars, kam ihrem Traummann schon sehr nahe, sie hatten sich über eine Kontaktanzeige in einer Zeitung kennen gelernt und nur einmal miteinander telefoniert. Dies aber ziemlich lange und als Kitty voller Hoffnung darauf wartet, ihm endlich gegenüber zu stehen, erscheint Lars einfach nicht. Sie war ihm wohl doch nicht so wichtig - also konzentriert sie ihr Leben anschließend auf ihren Beruf und ihre kleine Buchhandlung. Aber eines Tages passiert etwas Merkwürdiges.


    Eines Morgens erwacht sie in einem fremden Schlafzimmer, in dem ein gut aussehender Mann ihr einen guten Morgen wünscht und sie bittet, nach ihrer kranken Tochter zu sehen. Der Mann ist tatsächlich Lars, ihr fast Traummann - und anscheinend hat sie in ihren Träumen eine Familie mit ihm. Dazu gehören auch noch Drillinge, die entzückende Missy, der schelmische Mitch und Michael, der irgendwie nicht so richtig in die Welt gehört. Er benimmt sich seltsam, alles muss seine Ordnung haben und wenn etwas nicht so läuft wie gewohnt, lässt er sich kaum mehr beruhigen. Autismus war damals kaum bekannt, geschweige denn diagnostiziert, die Medizin steckte hier noch in ihren Kinderschuhen. Schon bald ist Kitty hin- und hergerissen, zwischen dem Leben mit ihrer Familie und ihrem anderen Leben mit ihrer Buchhandlung. Was ist besser, eine Familie, die bei allen Entscheidungen mit einbezogen werden muss, deren Wohlergehen an erster Stelle stehen sollte - oder das Leben als Unabhängige, die ganz alleine nur für sich selber verantwortlich ist, vielleicht noch für ihre Freundin.


    Was wäre wenn - eine beliebte Frage, der bestimmt jeder auf den Grund gehen will. Wer möchte nicht wissen, wie sein Leben verlaufen wäre, wenn mal eine andere Entscheidung gefällt wurde. Kitty, bzw. Katharyn schwankt zwischen ihren Leben und schon bald kann sie sich nicht mehr entscheiden, welches ihr denn nun besser gefällt. Genauso schwankt der Leser mit ihr mit - und schnell läuft alles auf die entscheidende Frage zu, welches denn nun ihr richtiges Leben ist. In beiden gibt es Vor- und Nachteile, was es in dem einen Leben gibt, ist im anderen nicht vorhanden. Dafür gibt es dann anderes, was genauso schön oder schlecht ist. Die Autorin versteht es sehr gut, die Unterschiede der beiden Leben heraus zu stellen, ohne zu bewerten oder zu beschönigen. Zudem ist es auch noch eine Zeitreise zurück in die Sechziger, in der Frauen in ihren Entscheidungen lange nicht so frei waren wie heutzutage. Durch geschickte Wendungen ist die Geschichte niemals vorhersehbar, im Gegenteil, es sind eine Menge Überraschungen eingebaut, die den Leser genauso verwirren wie Kitty und alle bis zum Schluß nie sicher sind, was nun Traum oder Realität ist. Die Charaktere sind liebenswürdig und realistisch, ihr Leben ist nachvollziehbar genauso wie ihre Entscheidungen. Dem Leser wird dabei immer klarer, wie uns Entscheidungen prägen - genau wie die Wünsche, so manches würde anders sein.


    Fazit


    Wie würde ein anderes Leben für uns aussehen? Wäre es besser? Schlechter? Genauso gut? Was bleibt, was geht, was kommt dafür? Diesen Fragen werden in Als ich erwachte von Cynthia Swanson gestellt - und auf einer äußerst spannenden Reise in die Vergangenheit beantwortet - zumindest regen die Antworten zum Nachdenken an.


    LG
    Patty