Das Fest der Bedeutungslosigkeit - Milan Kundera

  • 144 Seiten
    Hanser Verlag, 2015


    Übersetzt aus dem Französischen von Uli Aumüller


    Kurzbeschreibung:
    Milan Kunderas großer Roman über die ernstesten Fragen der menschlichen Existenz – komisch, humorvoll und ironisch.


    Vier Männer streifen durch Paris, besuchen ein elegantes Fest, beobachten die erotischen Strategien ihrer Mitmenschen. Alain entwickelt komplizierte Theorien über die Lust der jungen Mädchen, den Bauchnabel zu zeigen. Ramon würde endlich gern die Chagall-Ausstellung besuchen. Charles erläutert Stalins Witze, bei denen niemals jemand lachte. Und Caliban, der Schauspieler ohne Rollen, erfindet eine eigene Sprache, über die nur er sich kaputtlachen kann – bis das junge portugiesische Hausmädchen ihn versteht. Mit seinem ersten Roman nach vierzehn Jahren hat Milan Kundera das Porträt einer Epoche gezeichnet, die komisch ist, weil sie ihren Humor verloren hat.


    Über den Autor:
    Milan Kundera, 1929 in Brünn geboren, lebt in Paris.


    Über die Übersetzerin:
    Uli Aumüller ist Übersetzerin, Journalistin und Filmemacherin. Seit 1978 übersetzt sie Belletristik, Hörspiele, Drehbücher, Theaterstücke aus dem Französischen und Englischen, u.a. Jean-Paul Sartre, Albert Camus, Milan Kundera und Siri Hustvedt. Für ihre Übersetzungen erhielt sie den Paul-Celan-Preis und den Jane Scatcherd-Preis.


    Mein Eindruck:


    14 Jahre musste man auf einen neuen Roman von Milan Kundera warten und dann folgt so ein schmales Band von gerade mal 140 Seiten, zwischendurch gibt es auch noch Leerseiten.
    Aber dennoch bietet Kundera viel, denn sein Roman ist ein Konzentrat.
    In sehr dichter Form erzählt er von vier befreundeten Männern.


    Das Buch ist nicht handlungsreich, beinhaltet aber einige bemerkenswerte kleine Episoden, angesiedelt in Paris. Das Buch hat viele kurze Kapitel.


    Die einzelnen Teile und Kapitel haben teils skurrile Titel, wie z.B. "Alain entdeckt die verkannte Zärtlichkeit Stalins", "Quacqueliques Aufruf zur guten Laune" oder "Die Welt, wie Schopenhauer sie sah". Der letzte Teil liefert dann den Romantitel.


    Auch die vielen Beobachtungen und Gedankenspielereien der Protagonisten über wichtige und weniger wichtige Themen sind beeindruckend.
    Manchmal erinnert Milan Kundera mich in dieser Form des Philosophierens an einen französischsprachigen Wilhelm Genazino für die gehobene Gesellschaft. Ich hoffe, das legt man mir nicht als Majestätsbeleidigung aus, aber Kundera ist nicht mehr der gleiche Autor wie zu Zeiten von Der Scherz, Abschiedswalzer oder Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins.
    Es ist ein lesenswertes, aber wahrscheinlich kein so wichtiges Buch und trägt Züge eines Alterswerks.


    Aber wahrscheinlich durfte man von dem inzwischen 85jährigen Autor kein rein erzählerisches Schreiben mehr erwarten. Eine Leichtigkeit in der anspruchsvollen Prosa hat er sich aber bewahrt und es ist sicher ein Buch zum mehrmals lesen.

  • Milan Kundera ist ja einer meiner Lieblingsautoren. Ich habe alles von ihm gelesen.


    Und dann hätte man denken können, dass er das Schreiben an den Nagel gehängt hat. 14 Jahre Pause ist eine lange Zeit.


    Tja, ich bin lange um das Buch herumgeschlichen, weil ich eine Enttäuschung befürchtet habe. Der Mann ist ja nun nicht mehr der Jüngste (geboren 1929) und wer weiß, wie ihn das Alter verändert hat. Manche Menschen werden ja verbittert, verbohrt und ganz unerträgliche Besserwisser.


    Jetzt habe ich mir doch einen Ruck gegeben und das Buch gelesen. Es ist anders als seine alten Sachen. Weniger greifbar, teilweise kryptisch. Aber unbestreitbar humorvoll. Ich glaube, ich muss das Gelesene noch eine Weile in mir reifen lassen und auf den Nachhall warten. Zeitverschwendung ist die Lektüre sicher nicht.


    Auch in diesem Buch hat es Aussagen gegeben, die eins zu eins das einfangen, was ich mir schon oft gedacht habe. Ich fühlte mich ziemlich wohl damit (endlich jemand, der mich versteht! *lol*), auch wenn ich andere Teile des Romans oder die Intention dahinter nicht verstanden habe.


    Aber genau das schätze ich so an Kunderas Büchern, diese Mehrschichtigkeit. Man kann seine Bücher auf verschiedenen Ebenen lesen und erleben. Das beste Beispiel dafür ist „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“, das ja im Verhältnis ein richtig kommerzieller Erfolg wurde. Grund dafür war die im Buch enthaltene Liebesgeschichte, auf die sich die meisten Leser und später auch der Film, gestürzt haben. Die in meinen Augen jedoch nur Beiwerk war. So sind Kunderas Romane nämlich aufgebaut. Die Story als Kulisse für seine philosophischen Betrachtungen und Meinungen. Die Figuren fungieren eigentlich nur als Platzhalter, aber das entgeht den meisten Lesern, habe ich den Eindruck. Sehr faszinierend, dieser Plotaufbau. Etwas Besonderes, das außerhalb gängiger Schemata liegt und gerade deshalb so faszinierend für mich ist.


    In "Das Fest der Unsterblichkeit" hat Kundera weitgehend auf dieses Prosagerüst verzichtet, das dem Leser einen flüssigen Handlungsablauf bietet. Vielmehr reiht er Episoden aneinander, reduziert und fokussiert allein auf das, was er erzählen will. Und das lässt jede Menge Interpretationsspielraum zu. Ich werde das Buch sicher noch mehrmals zur Hand nehmen.


    Ich stelle also dieses schmale Bändchen zufrieden zu den anderen Kundera-Romanen in mein Lieblingsbücher-Regal.


    9 von 10 Eulenpunkten

  • Zitat

    Original von Rosha
    Ich stelle also dieses schmale Bändchen zufrieden zu den anderen Kundera-Romanen in mein Lieblingsbücher-Regal.


    Und ich dagegen bin froh, das schmale Bändchen weiterverkauft zu haben ;-)


    Auch ich liebe eigentlich Milan Kundera. Ich weiß nicht, wie oft ich die "Unerträgliche Leichtigkeit des Seins" ganz oder abschnittweise gelesen habe. Umso mehr war ich erfreut, dass Kundera endlich wieder ein Lebenszeichen gab und habe das Büchlein auch gleich erworben.
    Ich war maßlos enttäuscht. Das war nicht der Schriftsteller, den ich mochte. Ich fand den Roman nichts sagend, inhaltsleer und improvisiert, einfach unausgegoren. Ja, es gab kurze Momente, die als Highlights durchgehen können, aber die alten Herren in ihrer Rückwärtsgewandtheit haben mich nur genervt. Auch die Riesenschrift und die vielen Leerzeilen und -seiten empfand ich als deplaziert. Im Endeffekt blieben für mich ganz wenige Seiten übrig, die Inhalt aufwiesen. Da hat ja manche Einkaufsliste mehr inhaltlichen Gehalt...


    Schade. Herr Kundera hat sich da meiner Meinung nach keinen guten Dienst erwiesen. Aber vielleicht ist er ja alt und braucht das Geld :-(

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

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