Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
Verlag: Loewe
Erscheinungsdatum: 9. März 2015
Sprache: Deutsch
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre
Preis TB: 12,95 €
Preis Kindle: 11,99 €
Klappentext:
Die berührende Liebesgeschichte zwischen einem Mädchen, das vor ihrem Leben flieht, und einem Jungen, der für sein Leben kämpft. Jo zählt die Tage, bis sie nach Kreta auswandern kann – endlich 18 Jahre alt, endlich unabhängig, endlich frei. In Kreta möchte sie ein neues Leben anfangen, mit Koch, ihrem Kumpel aus dem Restaurant, in dem sie kellnert. Doch als dieser verschwindet, sieht Jo, dass Koch nicht der einzige Mensch ist, dem Jo am Herzen liegt. Der unscheinbare, geradezu unsichtbare Amar ist es, der sich nun um Jo kümmert, bei ihr bleibt, egal, wie sehr sie ihn von sich stößt. Der ihr die Schönheit des Lebens zeigt, wie nur er sie sehen kann. Sabine Both alias Franziska Moll trifft den Ton der Jugendlichen auf den Punkt und zeigt, dass Hoffnung und Lebensmut nicht nur aus Liebe, sondern auch aus Freundschaft erwachsen kann.
Meine Meinung:
"Egal wohin" ist keine seichte Liebesgeschichte der Kinder- und Jugendliteratur. Sie kann wegen ihrer psychologischen Tiefe auch Erwachsenen ein bereicherndes Leseerlebnis bereiten. Die "Hauptaussage" liegt gewiss nicht bei der eigentlich so gut wie nicht vorhandenen Liebesgeschichte, wie es der Klappentext suggeriert und jugendliche Leser, die das Buch nur deswegen kaufen, dürften enttäuscht sein. Für mich geht es in dieser Geschichte um einen tragischen Verlust, wie eine Familie und Menschen darüber zerbrechen und an welch ungewöhnlichem Ort und bei welch ungewöhnlichen Menschen das 17jährige Mädchen Jo, den Halt findet, den es braucht, um weiterleben zu können.
"Egal wohin" ist anspruchsvoll, da nicht jedes Ereigniss und Motiv auf dem Silbertablett serviert wird. Etliches bleibt ungeschrieben, aber man treibt deswegen nicht ahnungs- und orientierungslos durch die Zeilen, sondern macht sich seine eigenen Gedanken und ist mit dem Kopf ganz dabei. Es ist keine unterhaltsame Geschichte zum runterlesen und vergessen, sie wirkt lange nach und hat großen Eindruck auf mich gemacht. Der besondere Sprach- und Erzählstil entwickelt eine Sogwirkung, der einen das Buch, einmal angefangen, nur schwer wieder aus der Hand legen lässt.
224 Seiten sind nicht viel, aber trotzdem reichen sie Franziska Moll aus, das Bild einer zerstörten Familie zu zeichnen und die Bemühungen eines 17jährigen Mädchens nach einem Selbstmordversuch wieder Boden unter den Füßen zu bekommen. Halt bekommt sie aber nicht zu Hause oder beim Psychologen, sondern in der Küche der Gaststätte Paradies, vom Koch. Dieser hat am Anfang einen Kurzauftritt, um dann gleich zu verschwinden. Küchenhilfe Amar hingegen ist zu Beginn der Geschichte für Jo so gut wie unsichtbar, obwohl er anwesend ist und schält sich erst im Lauf der Ereignisse aus der Unsichtbarkeit heraus. Jo und der junge Afghane Amar nähern sich auf der Suche nach Koch fast unmerklich einander an. Ein ungewöhnliches Pärchen, dass den Eltern und jedem vorurteilsbehafteten Dritten verdächtig vorkommen muss.
Jo ist auf den ersten Blick kein Sympatheträger, sondern ein unperfekter Charakter mit einer guten Menschenkenntnis und Hang zur schonunslosen Ehrlichkeit und Direktheit. Das bekommen alle zu spüren, denn Jo hat die kaputte Scheinheiligkeit ihres Elternhauses satt und erträgt es nicht mehr so zu sein. Dadurch wirkt sie biestig und verletzend. Sie distanziert sich emotional und örtlich so weit es ihre Rechte als 17jährige zulassen von ihren Eltern und plant sich noch viel weiter zu entfernen, genau genommen bis nach Kreta. Ob es allerdings dazu kommt, bleibt offen, wie so manches in "Egal wohin", aber das ist nicht wichtig. Für mich ist das Buch von Franziska Moll eine kleine Perle in der Literatur, mein bisheriges Jahreshighlight.