'Ein Mann will nach oben' - Seiten 001 - 097 (Ende Kap. 19)

  • Guten Morgen und herzlich willkommen in der Fallada-Leserunde "Ein Mann will nach oben"!


    Das erste Buch - mit > 100 Seiten doch etwas zu lang für einen Leseabschnitt - ist betitelt: "Der Jüngling".
    Nun merken wir ja am Ende des Abschnitts, dass wir davon jetzt schon mal mindestens 2 haben, aber hier geht es nun einmal um Karl Siebrecht, wie man auch am Buch-Untertitel erkennen kann: Die Frauen und der Träumer. Und der Träumer ist eindeutig Karl Siebrecht.
    Wovon träumt er? Was ist er überhaupt für ein Mensch?
    Wir begegnen Karl zuerst am Grab seines Vaters in einer märkischen Kleinstadt.
    Eine erste Anspielung auf Frauen: Geäugele mit der Pfarrerstochter Erika.
    Karl ist nun, 16 Jahre nach dem Tod seiner 1893 gestorbenen Mutter, Vollwaise.
    Er will nicht Verkäufer im Laden seines Onkels werden, er will "nach oben", nach Berlin.
    Ferner begegnen wir Rieke Busch, einer kleinen Erwachsenen oder auch einem erwachsenen Kind. Weniger schulisch gebildet als Karl, und doch wesentlich klüger als er im Kampf ums tägliche Überleben. Wäre sie wie Karl vom Land und nicht aus Berlin, könnte man eventuell von "Bauernschläue" reden. Auf jeden Fall ist es hart erworbene Erfahrung. Sie ist Halbwaise, vertritt Mutterstelle und beim Vater manchmal auch in gewissen Punkten die Frau, wenn er wieder einmal zuviel getrunken hat. Allerärmste Verhältnisse.
    Der dritte im Bunde ist noch ein Karl. Den aber niemand Karl nennt. Das ist Kalli Flau, von der mecklenburgischen Seenplatte einst nach Bremen durchgebrannt und von da mit nachträglich eingeholter väterlicher Genehmigung und der Weisung, sich erst wieder blicken zu lassen, wenn er etwas anständiges gelernt habe, zur See gefahren. Das war aber nicht das Rechte und so sucht auch er sein Glück in der Hauptstadt des Kaiserreiches.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von maikaefer
    Wir begegnen Karl zuerst am Grab seines Vaters in einer märkischen Kleinstadt.


    Ich fand das schon krass, dass Karl sich an der Beerdigung keine Tränen gestattet. Er will keine Schwäche zeigen. "Sei stark!" verlangt auch die Gesellschaft von ihm, einem 16-jährigen.
    Nicht viel später wird er auch gleich noch getadelt, weil er einen Blick auf seine Angebetete wirft. Dabei geht es den Angehörigen gar nicht mal so sehr um Anstand, sondern darum, dass das Mädchen einer anderen, besseren, gesellschaftlichen Schicht angehört. Da führt kein Weg hin.
    In Karls Welt gibt esgesellschaftliche Schranken, die nahezu unüberwindbar sind, nur in der Stadt hat man die Chance, sich zu verbessern. Auf dem Land bleibt man in seiner Herkunftsschicht haften.


    Zitat

    Original von maikaefer
    Er will nicht Verkäufer im Laden seines Onkels werden, er will "nach oben", nach Berlin.


    Das ist auch so etwas: Andere meinen über Karls Zukunft entscheiden zu müssen. Er selbst wird gar nicht gefragt. Doch er will seinen eigenen Weg gehen. Sein Vater hatte ihn bereits zu Lebzeiten ermuntert, in die Stadt zu gehen. Er selbst ist im Dorf gescheitert.


    Er verabschiedet sich von seiner Freundin und verspricht wiederzukommen, wenn er etwas erreicht hat. Ob er selbst daran glaubt? Auf jeden Fall weiß er, dass er nicht glücklich werden kann, wenn er hier bleibt.
    Karl weiß, was er will. Er nimmt sein Leben selbst in die Hand.


    Sehr gelungen fand ich den abrupten Stimmungswechsel im Zug: Mitten in die Abschiedswehmut über Minna und seine Heimat platzt Rieke, ein höchst lebendiges Wesen, reißt ihn aus seinen rückwärtsgewandten Gedanken und lenkt seine Aufmerksamkeit Richtung Zukunft.


    Rieke und Karl haben gemeinsam, dass sie beide auf sich allein gestellt sind. Doch Rieke hat handfeste Pläne, eine Nähmaschine, Karl jedoch große Träume.

  • War es pures Glück, dass Karl auf Rieke trifft, eine ehrliche Haut, statt auf einen Betrüger, der ihn ausnützen will? Oder hat er soviel Gespür dafür, welche Menschen gut für ihn sind?


    Ich vermute, damals sind viele Menschen, die in die Stadt gezogen sind, unter die Räder gekommen.



    6. Kapitel


    Jetzt bricht die Einsamkeit über Karl herein. Wo wäre er ohne Rieke gelandet? In einer Obdachlosenunterkunft?


    Dieser Vergleich mit den Steinen geht schon unter die Haut.
    "Er fühlte die Steine, Hunderte, Tausende unter seinen Füßen, sie wuchsen ihm zur Seite zu himmelausschließenden Mauern empor, Steine, nur Steine, nichts lebendiges mehr ... und er allein darunter, etwas Lebendiges, etwas Atmendes, mit Blut in den Adern, mit einem Herzen, etwas Gefühl - und doch nur ein Stein unter Steinen, verlassen, wertlos. Niemand wusste von ihm, wie niemand von den Steinen wusste, über die sein Fuß eben gegangen war."


    Doch was für Karl fast wie ein Kulturschock ist, ist für Rieke Heimat, die vielen Häuser, der Geruch.


    Ein ganz toller Abschnitt in diesem Buch!


    Ich will noch was hinzufügen:
    Rieke ist wirklich ein Schutzengel für Karl. Er hätte sonst sein ganzes Geld an einen Nichtsnutz verloren.

  • Tolle Analyse, made! :anbet
    Ich habe die TV-Serie gesehen, Karl Siebrecht = der junge Mathieu Carriere (der auch mein rororo-Cover ziert), Rieke Busch = Ursela Monn und Kalli Flau = Rainer Hunold (später Praxis Bülowbogen und Ein Fall für 2).
    Dazu Harald Juhnke, Edith Hancke, Günter Strack (Drombusch-Onkel und "Kallis" Vorgänger im Fall für 2), Ulli Philipp, Karl-Michael Vogler und Anita Kupsch uvam...
    Beim Lesen seh ich immer diese Bilder.
    Kennt jemand die Serie?
    Ich glaub, bei youtube ist sie gratis drin.
    Wenn ich mich recht erinnere, gefiel mir das dortige Ende besser. Schaumermal... :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • 7. Kap.


    Ich finde es schon enorm, was für Toleranz, Einfühlungsvermögen und Verständnis Rieke für ihren Vater hat.
    Wo nimmt das Kind nur die Kraft her, soviel Verantwortung für ihre Familie zu tragen?
    Ich denke, sie schöpft ganz viel Kraft aus dem Bewusstsein, was sie alles leistet. An Selbstbewusstsein fehlt es ihr nicht. Und außerdem hat sie ein Ziel: mit einer Nähmaschine ihr Leben zu verbessern.
    Und nicht zuletzt: Liebe! Sie liebt ihren Vater, sie sieht ihn als Opfer der Umstände an, für die er nichts kann.



    Ein bisschen unheimlich ist die Sache mit dem "Geist" von Riekes Mutter schon. Wohl das Ergebnis der Sauferei.

  • Wo Rieke die Kraft her nimmt, hab ich mich auch oft gefragt, aber ich denke, du hast die Antwort schon genannt. Liebe. Und Selbsterhaltungstrieb. Und "Chuzpe".
    Das mit dem Geist bescherte mir auch Überlegungen und Gruseln...

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Kap. 10 - 11


    Karl will alles richtig machen, er strengt sich auf der Baustelle an, dennoch geht alles schief. Doch auf keinen Fall will er duckmäusern oder seine Werte (Ehrlichkeit) verraten. Doch er will aus seinen Fehlern lernen. Ihm wird klar, dass er erst die Großstadt und seine Bewohner kennenlernen muss, um sich richtig verhalten zu können.


    Die Beweggründe des Herrn von Senden, Karl zu helfen, sind mir nicht ganz klar. Er sieht eine Ähnlichkeit mit sich als junger Mann. Ist es tatsächlich Unterhaltung, was er sucht? Das kann ich mir schwer vorstellen, schließlich wird er Karl nicht sehr oft treffen. Ich denke, er will Karl tatsächlich helfen, in der Hoffnung, dass der es besser macht als er selbst.
    "Ich war tausend mal glücklicher damals, als ich noch nichts war und hundert Hoffnungen hatte. Heute bin ich alles und habe nichts mehr zu erwarten."
    Auch sein Gottesbild klingt ja sehr resigniert. Und die Antwort Karls: "Aber das ist was für die Alten, die satt sind! Ich bin jung und ich bin hungrig."
    Hier ist satt und hungrig wohl nicht ganz wörtlich zu nehmen, ich vermute, es ist in Sinne von Lebenshunger gemeint.


    Zwei Wege stehen Karl zur Auswahl: ein schneller, bequemer mit Hilfe von Sendens oder ein anstrengender, langer Weg.
    Karl entscheidet sich für den anstrengenden. Er legt Wert darauf, es aus eigener Kraft zu schaffen.
    Ich denke, dabei spielt auch eine Rolle, dass Karl sich nicht ganz sicher ist, was Herr von Senden will. Er will nicht dessen Belustigungsobjekt sein. Dafür ist Karl zu stolz.


    All das ist für einen 16-jährigen eine erstaunliche Leistung, finde ich. Er wirkt sehr erwachsen. Oder ist da auch jugendlicher Trotz dabei? Alles selber machen wollen? Andererseits lässt er sich sehr gern von Rieke helfen und beraten. Aber sie ist ja auch keine Erwachsene.

  • Herr von Senden ist - neben Rieke - eine meiner Lieblingsfiguren. Obwohl (oder weil?) ich seine Motive auch nicht so recht durcheschauen konnte. (Okay, dass ich Karl-Michael Vogler ansehnlich fand, mag ebenfalls eine Rolle gespielt haben :grin)
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Das ist wohl das Spiel mit der Neugier. Gerade dass von Senden (noch?) undurchsichtig ist, macht ihn so interessant.
    Man kann sich sehr gut so etwas wie eine graue Eminenz vorstellen, die im Hintergrund Fäden zieht. Ob mit völlig uneigennützigen Absichten muss sich erst noch zeigen.
    Ich könnte mir sogar vorstellen, dass von Senden das sein will, was er sich unter Gott vorstellt: einer, der die Sterne auf seine Bahnen setzt und die Geschicke der Menschen lenkt.
    Vielleicht will er auch mal einer sein, der, wenn schon keinen Stern, dann wenigstens einen Menschen an einen Platz stellt und aus der Distanz zuschaut.
    Aber will er auch wie Gott (nach seinem Gottesbild) erkennen, dass alles egal ist? Hat er womöglich diese Überzeugung bereits gewonnen?

  • 12. Kap.
    Rieke und die Liebe
    Sie will für sich selbst nichts von Liebe wissen, liebt aber Geschichten darüber. Das ist Selbstschutz, sie hat gesehen, was es bei ihrer Mutter verursacht hat, das soll ihr nicht passieren. Aber gleichzeitig sehnt sie sich danach. Immer nur die Starke sein, ist wohl auch für Rieke zuviel.


    Rieke hat Karl wirklich sehr in Herz geschlossen. Jetzt will sie nicht, dass Karl sich mit ihr und ihrer Familie belastet. Als Karl ihr helfen will, ihren Vater aus der Kneipe heimzuholen, lehnt sie seine Hilfe ab. Er müsse morgen für seine neue Arbeitsstelle ausgeschlafen sein. In diesem Fall glaube ich nicht, dass die Begründung, sie habe immer alles alleine geschafft, ausdrücken soll, dass sie Karls Unterstützung nicht will. Sie will nur nicht nicht, dass er dadurch seine Chancen verpasst.


    13. Kap.
    Was für ein wunderschönes Kapitel! :anbet
    So eine gruselige Novembernacht! Aber endlich kann auch Karl mal Rieke helfen. Und die immer starke Rieke kann auch einmal Hilfe annehmen.
    Die Szene in der Baubude ist fast schon heimelig.
    "Sie gaben sich dem Gefühl von Entspannung, Wärme und Zufriedenheit hin, das sich langsam in ihnen ausbreitete.
    In dieser grauer, stürmischen, nassen Novembernacht hatten die Kinder etwas wie ein Daheim gefunden, nicht in der Baubude, sondern ineinander."
    Herzerwärmend!


    Und hier geht Karls erster Tag in Berlin zu Ende. Unglaublich, was alles passiert ist!

  • Kaum geht es bei Karl aufwärts ist es auch schon wieder vorbei mit seiner guten Arbeitsstelle. Aber wirklich zufrieden war er ja eh nicht. Überhaupt weiß er immer noch nicht genau, was er will. "Berlin erobern", was soll das heißen? Er weiß nur, was er nicht will: ein geregeltes Leben in einer Zeichenstube. Aber immerhin merkt er, dass er jetzt besser dasteht als vorher. Er hat viel gelernt. Und sein Geschäfts- und Verhandlungssinn ist geweckt.


    Auch bei Rieke geht es aufwärts dank ihrer Nähmaschine. Aber es bleibt ein ungutes Gefühl wegen dem Ratenvertrag. Ob das gut geht?


    Die Beziehung von Rieke und Karl scheint mir in eine gefährliche Richtung zu gehen. Sie sucht einen Bruder und er entdeckt, wie hübsch sie ist. Kann das gut gehen? Oder sucht Rieke in Wirklichkeit mehr als einen Bruder, was sie aber nicht wahrhaben will, weil es gegen ihre Philosophie geht?


    Der Rittmeister irritiert mich. Er hat Karl bei seinen Lieferdiensten gesehen. So ein Zufall! Das macht auf mich wieder den Eindruck einer Person im Hintergrund, die alles sieht. Aber warum steht er ihm nicht bei? Ist es wirklich Feigheit? Oder Resignation? Oder vielleicht sogar Absicht? Oder entspricht das wieder seiner Gottes- und Lebensauffassung "Ist eh alles egal"?
    Karls Frage gefällt mir: " Warum ist denn das unwürdig, ein Botenjunge zu sein? Warum ist es würdiger, Zeichnungen zu machen? ... Das ist das einzig Unwürdige: Brot zu essen, das man nicht verdient hat." Da rutscht ihm ein Seitenhieb auf diejenigen heraus, denen das Geld in den Schoß gefallen ist.


    Hartleben schätzt sich ehrlich ein. Er ist feige, aber er leidet darunter.
    Karl hingegen glaubt noch an das Gute im Menschen und will es später besser machen. Wir werden sehen.

  • Ich habe heute Kapitel 1 - 5 aus dem Hörbuch "Ein Mann will nach oben" gehört.


    Zitat

    Original von made
    .....
    Karl weiß, was er will. Er nimmt sein Leben selbst in die Hand....


    Ich bewundere Karls unerschütterlichen Ehrgeiz, mit dem er seine Ziele verfolgt.
    Karl möchte nicht wie sein Vater im Dorf scheitern. Er will in die Stadt. Er will "nach oben" , etwas im Leben erreichen. Und so macht er sich gegen den Willen aller, die eigentlich andere Zukunftspläne für ihn hatten, auf den Weg nach Berlin.


    Minna ist mir sehr sympathisch. Hat sie doch ihr mühsam zusammengespartes Geld Karl mit auf die Reise gegeben. Auch Riekes kecke, lebendige Art mag ich sehr.


    Die Hörbuchfassung besticht durch ihre Sprache, die stark dialektisch geprägt ist. Ich bin am schmunzeln, wenn die Sprecherin in Riekes Berliner Dialekt aus dem Buch vorliest.

    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. (Jean Paul)



  • Wäre das Buch nicht so schön geschrieben, könnte man sich fast entspannt zurücklehnen und lediglich mades tolle Kommentare geniessen! :anbet


    Wer liest denn das Hörbuch, Donaldduck?


    Bei youtube hab ich die Serie leider nicht mehr gefunden, dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass ich sie, als die Idee zu dieser LR entstand, noch habe sehen können... :-( (sorry, dass ich immer wieder davon anfange, aber ich fand die wirklich toll und habe immer noch die Titelmelodie im Kopf). :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Kapitel 6 - 9


    Rieke nimmt Karl, dem das Leben in der Reichshauptstadt fremd ist, bei sich auf. Am nächsten Tag wird Karl vom alten Busch mit auf den Bau genommen, um dort als Handlanger zu arbeiten. Nach einer verbalen Auseinandersetzung mit dem Bauherrn Kalubrigkeit über die menschenunwürdigen Zustände der Trockenmieter verliert Karl seinen ersten Job noch am selben Tag.


    Es ist ein Riesenglück für Karl, dass er Rieke im Zug begegnet ist. Ohne sie wäre er in der Großstadt bestimmt unter die Räder gekommen. Karl, der Junge vom Land, ist mit dem Großstadtleben wenig vertraut.
    Karl fühlt sich einsam. Niemand kennt ihn, niemand nimmt Notiz von ihm, noch nie hat er sich so verlassen gefühlt. Gut, dass er Rieke hat.


    Zitat

    Original von made


    Ich finde es schon enorm, was für Toleranz, Einfühlungsvermögen und Verständnis Rieke für ihren Vater hat.
    Wo nimmt das Kind nur die Kraft her, soviel Verantwortung für ihre Familie zu tragen? ....


    Stimmt, Rieke leistet für ihr Alter wirklich erstaunlich viel.


    Ich finde, die Zeit Berlins Anfang des 20.Jahrhunderts ist eine wirklich spannende, die es lohnt, mal näher betrachtet zu werden. Viele Menschen lebten in großer Not und wer eine Arbeit hatte, wußte nicht, ob er damit seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. In der Not haben damals viele ihre Wohnung untervermietet. Der Roman zeichnet wirklich ein sehr gutes Bild der Lebensumstände in Berlin Anfang des 20.Jahrhunderts.


    Den Begriff Trockenmieter hatte ich übrigens noch nie vorher gehört.

    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. (Jean Paul)



  • Zitat

    Original von Donaldduck
    Kapitel 6 - 9
    Es ist ein Riesenglück für Karl, dass er Rieke im Zug begegnet ist. Ohne sie wäre er in der Großstadt bestimmt unter die Räder gekommen.


    Das habe ich mich oft gefragt, was mit Karl passiert wäre, hätte er Rieke nicht getroffen. Sicher hätte er ganz schnell sein ganzes Geld verloren. Aber ich glaube, er hätte sich auch so durchgeschlagen. Es hätte aber sicher länger gedauert.
    Oder er wäre auf die schiefe Bahn geraten?

    Zitat

    Original von Donaldduck
    Ich finde, die Zeit Berlins Anfang des 20.Jahrhunderts ist eine wirklich spannende, die es lohnt, mal näher betrachtet zu werden. Viele Menschen lebten in großer Not und wer eine Arbeit hatte, wußte nicht, ob er damit seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. In der Not haben damals viele ihre Wohnung untervermietet. Der Roman zeichnet wirklich ein sehr gutes Bild der Lebensumstände in Berlin Anfang des 20.Jahrhunderts.


    Du hast recht.
    Diese Verhältnisse kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Diese Menschen von damals hätten für uns heute wohl kein Verständnis.


    Ich habe aber auch den Eindruck, dass es eine Zeit war, in der man tatsächlich was erreichen konnte.

    Zitat

    Original von Donaldduck
    Den Begriff Trockenmieter hatte ich übrigens noch nie vorher gehört.


    "Trockenwohnen" kannte ich schon, aber dass das so menschenverachtende Züge annehmen konnte, wusste ich nicht.

  • Ich bin wieder online und kann endlich was beitragen!


    Einfach wunderbar geschrieben, dieses Buch. Ich fand schon "jeder stirbt für sich allein" ganz großartig.
    Anfang des 20.Jh mussten die Kinder einfach früher erwachsen werden. Spätestens mit der Konfirmation, also mit etwas 14 war die Kindheit vorbei und die meisten mussten selbst für sich sorgen.


    Rieke zu treffen war wirklich ein großes Glück für Karl. Ohne sie wäre er mindestens all sein Geld losgewesen und hätte auf der Straße schlafen müssen.


    Das Verhältnis zwischen Karl und dem Rittmeister ist schon interessant. Ich stelle mir vor, dass der Rittmeister in Karl sein jüngeres Ich sieht, bevor er seine jetzige Stellung und seinen Wohlstand hatte. Heute ist er ein zynischer älterer Mann, der sich keinerlei Illusionen mehr macht. Trotzdem ist da noch ein Rest von Helfenwollen übrig geblieben.