"Man stand im Mittelpunkt, von allem - dem Lob, der Aufregung, den Neidern. Hatte man keine - auch wenn nichts daran beschämend war und es Gründe gab, gute Gründe, warum ein Mann, so mutig und tapfer er auch war, noch keinen Luftsieg errungen hatte -, war man letztlich doch nur einer der losen Truppe, in deren vorderster Reihe das Triumvirat erstrahlte."
Wie fasse ich meine grenzenlose Begeisterung über die Worte eines großartigen Schriftstellers wie James Salter, in meinen eigenen dagegen geradezu banalen Worten zusammen ohne den Zauber, die Atmosphäre, die Gefühle, die er erzeugt, zu verlieren? Damit haben Protagonist Cleve Connell und ich eins gemeinsam: die Angst zu versagen. Die Angst unsere Aufgabe nicht zu erfüllen. In meinem Falle hängen "nur" Leser davon ab, in Cleves sind es die Leben seiner Kameraden, als Anführer, als "Leader" seines Schwarms, in seine Hände gelegt.
"Er fühlte sich elend. So konnte es nicht weitergehen. Er war noch nie geschlagen worden, und es durfte es auch jetzt einfach nicht passieren; und doch stand ihm etwas bevor, das alles zu gefährden schien, für das er in sich gekämpft hatte. Das mystische Gewebe, das die Seele des Menschen zusammenhält, er spürte, wie es zerfiel."
"Jäger" ist ein autobiografisches Werk des 1925 in Washington D.C. geborenen Amerikaners. Er selbst hat der Air Force gedient und dort über 100 Einsätze im Korea Krieg geflogen, bis er 1957 Abscheid nahm und Schriftsteller wurde. Protagonist Cleve Connell ist dicht an Salters eigener Person angelehnt, was ihn in meinen Augen noch beachtlicher erscheinen lässt, denn auch wenn er zunächst mit dem Wunsch nach Ruhm in den Krieg zog, geht er als Ehrenmann daraus hervor.
"Er war gekommen, um sich mit Siegen zu krönen, aber in gewisser Weise wollte er das gar nicht mehr, er wollte darüberstehen, davon unabhängig sein, es erreichen zu müssen. Und er wusste mit fast absoluter Sicherheit, dass er das nicht schaffen würde. Er war ein Gefangener des Kriegs."
Im Roman treffen wir auf Figuren mit verschiedenen Charakterzügen, deren Namen im Verlauf der Jahre noch mal geändert wurden. Salter hat sicher seine Gründe dafür. Einen gewissen Mut muss man jedem Mann zusprechen, der sich freiwillig in die Todesgefahr eines Krieges begibt. Manch einer macht allerdings auch den Eindruck als steckten Leichtsinn, Übermut und eine gewisse Spur von Gier dahinter. Entworfen wurden alle Protagonisten mit feinen, detaillierten Linien, ohne dass Salter dafür eine große Menge Worte benötigt. Grund genug sich auf einige Charaktere einzulassen und jene zu hassen, deren eigener Ruhm noch vor dem Wohl der Kameraden steht.
"In einer Staffel zu sein war wie der Abriss eines ganzen Lebens. Man war ein Kind, wenn man eintrat. Es gab endlose Möglichkeiten, und alles war neu. Nach und nach, fast unbemerkt, zogen die Tage der schmerzlichen Lehre und Freuden an einem vorbei; man erreichte das Mannesalter; und dann plötzlich war man alt, zwischen neuen Gesichtern und Beziehungen, die man nicht verstand, die stetig um einen wuchsen, bis man sich schließlich in ihrer Mitte nicht mehr willkommen fühlte; die Männer aber, die man gekannt, mit denen man gelebt hatte, waren verschwunden, und der Krieg kaum mehr als die Erinnerung an Zeiten, die man mit niemandem mehr teilen konnte."
Ich weiß nicht, wann ich zuletzt einen Roman so sehr aufgesogen habe. Wann mich eine so hervorragend beschriebene Atmosphäre (Anmerkung: über Salters großes Können Atmosphäre zu erzeugen wird an anderer Stelle so ausführlich gesprochen, dass ich mich damit zurückhalte) so sehr eingenommen hat, dass ich das Gefühl hatte in die Handlung hinein zu schlüpfen, die Geschehnisse so sehr am eigenen Leib mitzuerleben, dass ich gelitten, den Dunst des Nebels bei morgendlichen Flügen gespürt und vor lauter Anspannung oftmals gezittert habe. Ich bin so sehr mit dem Roman verwachsen, dass es sichtbar war. Dass mein nicht lesender Freund von sich aus auf die Idee gekommen ist diese Geschichte, die nicht nur bewegt, weil sie von einem dramatischen geschichtlichen Ereignis erzählt, sondern auch ein Roman über Menschlichkeit ist, ebenfalls zu lesen. Ich bin dankbar dafür, dass mir der große Salter und sein zeitloser Klassiker empfohlen wurden!