Während die Welt schlief - Susan Abulhawa

  • Titel der englischsprachigen Originalausgabe: "Mornings in Jenin". Das Buch ist vorher bei einem anderen Verlag schon einmal unter dem Titel "The Scar of David" erschienen.


    Zum Buch (von Amazon)


    Jenin im Blumenmonat April: Früh morgens, bevor die Welt um sie herum erwacht, liest Amals Vater ihr aus den Werken großer Dichter vor. Es sind Momente des Friedens und der Hoffnung, die Amal ihr Leben lang im Herzen trägt — ein Leben, das stets geprägt ist vom scheinbar ausweglosen Konflikt zweier Nationen.


    Seit Generationen leben die Abulhijas als Olivenbauern in dem idyllischen Dorf Ein Hod. Ihr Leben ist friedlich — bis 1948 die Zionisten den Staat Israel ausrufen und sich alles verändert. Die Dorfbewohner werden mit Waffengewalt aus ihren Häusern vertrieben, müssen ihr Land, ihren Besitz und ihr Zuhause zurücklassen. Amal, geboren im Flüchtlingslager in Jenin, lernt die Heimat ihrer Vorväter nie kennen. Stattdessen erlebt sie Kriege, Gewalt und schreckliche Verluste, aber sie erfährt auch Freundschaft und Liebe in der Gemeinschaft der Vertriebenen. Weder Amal noch ihre Familie ahnen jedoch, wie eng ihr Schicksal und das von Israel und Palästina wirklich zusammenhängen …


    Über die Autorin


    Geboren als Kind palästinensischer Flüchtlinge wuchs Susan Abulhawa in Kuwait, Jordanien und Jerusalem auf. Als Teenager ging sie in die USA, wo sie heute gemeinsam mit ihrer Tochter lebt. Die Autorin engagiert sich aktiv für die Menschenrechte und die Lebensumstände von palästinensischen Kindern in besetzten Gebieten. Ihr Debüt »Während die Welt schlief« wurde in über zwanzig Sprachen übersetzt und zum internationalen Bestseller. »Als die Sonne im Meer verschwand« ist ihr zweiter Roman.


    Meine Meinung


    Das Buch schildert die Geschiche der Palästinener am Beispiel einer Familie über vier Generationen hinweg. Die Autorin hangelt sich dabei an historischen Ereignissen entlang und verknüpft diese mit dem Schicksal der Familie. Es beginnt 1941 mit Yehya, einem Olivenbauern aus Ein Hod, das heute ein israelisches Künstlerdorf ist, seiner Frau Basima und seinen Söhnen Darweesh und Hassan. Die Autorin beschreibt das Leben vor el Nakba, der Katastrophe, in der 1948 700.000 Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Vor allem schildet die Autorin das Leben der dritten Generation, die in Jenin im Flüchtlingslager aufgewachsen ist und ein Leben ohne Ausgangssperren und Passierscheine gar nicht kennt. Es ist die Geschichte von Amal, deren Name Hoffnung bedeutet, und ihrer Brüder Hasan, der sich der PLO anschließt und Ismael, der als David in Israel aufwächst, ohne seine Herkunft zu kennen, weil ein jüdischer Soldat ihn sich einfach nimmt, um den Schmerz seiner Ehefrau zu stillen, die im Holocaust ihre ganze Familie verloren hat und aufgrund von Greultaten der Nazis keine Kinder bekommen kann. Die Handlung umspannt einen Zeitraum von 1941 bis 2002, die Reise geht über Ein Hod nach Jenin, in die USA, und nach Beirut. Die Figuren sind fiktiv, jedoch so eng verwoben mit historischen Ereignissen, dass sich Fiktion und Realität vermischen. Die Autorin schildert die Geschichte überwiegend aus palästinensischer Sicht, aber sie beschreibt mehr, als dass sie anklagt, und überlässt den Lesern, sich ein Urteil zu bilden.


    Ich weiß nicht, wie meine Rezi dem Buch jemals gerecht werden soll. Schon lange hat mich kein Buch mehr so mitgenommen und berührt. Es geht um Entwurzelung, um die Sehnsucht nach einer Heimat, nach Sicherheit, um Liebe, Zugehörigkeit und den Verlust von Hoffnung. Bei aller Tragik ist das Buch ein Plädoyer für Versöhnung und gegen Entmenschlichung und Hass.


    5 von 5 Sterne = 10 von 10 Eulenpunkte
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  • Da subbt ja noch eine richtige Perlen bei mir. danke für die tolle Rezi.


    Edit: ich hab's auch auf Englisch, aber ein Weilchen nur deutsche Bücher gelesen. eignet es sich für den Wiedereinstieg?

  • Zitat

    Original von Bookworm
    Da subbt ja noch eine richtige Perlen bei mir. danke für die tolle Rezi.


    Edit: ich hab's auch auf Englisch, aber ein Weilchen nur deutsche Bücher gelesen. eignet es sich für den Wiedereinstieg?


    Keine Ahnung, ich lese seit Jahren fast nur englischsprachige Bücher. Es ist leichter als Dorothy Dunnett, aber schwieriger als Harry Potter. Ich musste vor allem inhaltlich erstmal reinkommen.

  • vielleicht fange ich erstmal wieder mit nem Krimi oder Thriller an. Habe auch sehr viel englisch gelesen, aber seitdem mein Kind da ist, nur noch deutsch gelesen. nun habe ich noch so viel reizvolles auf englisch, dass ich mich da mal dringend wieder dran wagen möchte.

  • Während die Welt schlief... ist eine mitreißende Familiengeschichte des 20. Jahrhunderts, mit realen Ereignissen. Der Leser ist über vier Jahrzehnte im Nah-Ost-Konflikt über vier Generationen mit dabei.


    Es beginnt in einem Dorf Ein Hod. Die Familie Abuhija, stolze Bauern, müssen am eigenen Leibe erfahren, wie Fremde im eigenen Land behandelt zu werden. Sie werden von den Juden vertrieben und müssen ihre Heimat verlassen. Die Protagonistin und Tochter der Familie, Amal, wird im Flüchtlingslager geboren und lernt die Heimat ihrer Eltern nie kennen. Amal und ihr Bruder Yusuf müssen bald und schon viel zu früh lernen, was es bedeutet geliebte Menschen zu verlieren, in Angst zu leben und mit einer Mutter zurecht zu kommen, die ihnen nicht das geben kann, was sie so sehr braucht: Liebe. Amal hasst sie dafür. Ihre Mutter, einst eine starke Frau, hat den Lebensmut und ihre Stärke verloren. Während der politischen Unruhen wurde ihr Kind Ismael beraubt. Zu ihrem Vater hat Amal eine ganz besondere Beziehung, da er jeden Morgen mit ihr alleine die frühen Morgenstunden bei Sonnenaufgang und mit Poesie verbringt.


    Wunderbar verknüpft wird die Geschichte der Palästinenser und der Juden durch Amals älteren Bruder. Ismael, der in einer Zeit der Angst und Unruhe den liebenden Armen seiner Mutter entrissen wurde, wird von einer jüdischen Familie, die das Kind wegen eigener Kinderlosigkeit gestohlen hatte, großgezogen. Doch David (Ismael) steht im Kampf seinem eigenen Bruder Yusuf gegenüber, der ihn aufgrund der großen Narbe auf seiner Wange erkennt. Eigentlich sind sie Feinde.



    Eine tiefbewegende und traurige Geschichte, bei der man hofft, dass das Leid ein Ende hat. Aber auch eine Geschichte über Familie, Liebe, und Freundschaft, in der Menschen alles, auch das Kostbarste was er hat, genommen wird. Der Einstieg fiel mir persönlich schwer. Am Ende des Buches war ich traurig, dass es vorbei war und ich musste mehrmals weinen. Unbedingt lesen! 10/10

  • Sehr gute Bewertungen! Okay, ich sollte das Buch wirklich mal vom SUB auf den Stapel "bald lesen" sortieren.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)