Die Stadt der schweigenden Berge - Carmen Lobato

  • Autorin: Carmen Lobato (alias Charlotte Lyne/Roth)
    Titel: Die Stadt der schweigenden Berge
    Seitenanzahl: 571
    Erscheinungsdatum: Februar 2015


    Inhalt
    Berlin 1931: Die junge Amarna ist fasziniert von der Kultur der Hethiter und vor allem von deren alter, versunkener Hauptstadt. Sie träumt davon, selbst einmal dorthin zu fahren, und vertieft sich in die Lektüre der Schriften jener Zeit. Doch ihr Vater, ein Altorientalist, verweigert ihr die Reise, obwohl er die Leidenschaft seiner Tochter teilt. Was ist auf jener Expedition passiert, die ihn einst in die verlorene Stadt führte? Und warum spricht er nie von der Mutter, an die Armana kaum eine Erinnerung hat? Mit Hilfe ihres Freundes Paul, der Amarna schon lange liebt, gelingt es ihr schließlich, ihren Traum zu verwirklichen – der sich jedoch bald als Alptraum entpuppt ...


    Meine Meinung
    Ich muss gestehen, dass ich vor der Anmeldung zur Leserunde noch nie von Hattuša gehört hatte, die Hethiter waren mir zumindest aus dem Alten Testament nicht gänzlich unbekannt, zuordnen konnte ich sie jedoch nicht. Schon allein deshalb war die Begegnung mit dem Land Hatti unglaublich spannend und nur durch sehr wenig Recherche im Vorfeld belastet. Das habe ich inzwischen jedoch intensiv nachgeholt. ;-)


    Ich war wie Amarna (die ich am Anfang stets Armana genannt habe) von der ersten Seite an fasziniert von der vergessenen Geschichte des hethitischen Volkes. Da kann man dann auch mal Gilgamesch drüber vergessen, die Abschlussarbeit sowieso. Gerade das geringe Wissen um die vergessene Kultur machten es so spannend, kleine Fitzelchen zu erfahren und zu einem großen Ganzen zusammenzusetzen.
    Amarna lebt mit ihrem Vater in Berlin in den frühen 30ern und erlebt bereits die ersten Anzeichen des drohenden Nationalsozialismus, die sie aber eher unbewusst wahrnimmt und nicht richtig zu deuten weiß. Diese unterschwellige Drohung wird vor allem durch Paul vermittelt, der einen ganz anderen Kontakt zum Volk hat und die Bewegung viel deutlicher wahrnimmt als Amarna es kann.


    Zum Glück verlassen die Beiden Deutschland sehr schnell und der größte Teil des Buchs spielt in Istanbul, dem ehemaligen Konstantinopel, das einen fantastischen Schauplatz für Amarnas erste Begegnungen mit Hattuša und ihren Zeugnissen bietet. Besonders das Museum Istanbuls hat es mir angetan, durch das würde ich unheimlich gerne mal schlendern.
    Die Beschreibungen der Städte, Dörfer oder im Falle des letzten Drittel im Buch, von Hattuša, fand ich sehr beeindruckend und lebendig geschildert. Amarna erlebt alles zum ersten Mal und durch ihre Augen reisen wir mit ihr von Berlin ins anatolische Hochland, was alles andere als trocken und hart erscheint, wenn man nur nach den richtigen Dingen Ausschau hält – was auch Amarna am eigenen Leib erfährt.


    Auf der Reise lernen wir immer mehr Charaktere kennen, die nicht alle das sind, was sie auf den ersten Blick zu sein scheinen. Da wäre Paul, der Arbeitersohn dem nichts wichtiger ist, als seine Bildung und sein hart erarbeiteter Stand. Merten, der einerseits hoch gebildet und zivilisiert wirkt und gleichzeitig furchtbar grausam sein kann. Die drei Türken (meine Lieblinge), die als Vertreter einer ganzen Nation eine Bürde tragen. Amarnas Vater Tilman, den man selten persönlich trifft und der dennoch unverzichtbar für die Auflösung und Amarnas Geschichte ist. Und schließlich Arman. Über den habe ich mir über 500 Seiten den Kopf zerbrochen, weswegen ich hier niemandem die Verzweiflung/Freude nehmen will, dasselbe zu tun.


    Die Geschichte hat mir unglaublich gut gefallen, allerdings gab es eine Sache, die mich doch mehrmals gestört hat, über die ich hier aber nicht ins Detail gehen kann, ohne zu viel zu verraten. Ich werde spoilern, und tut euch wirklich den Gefallen, der Versuchung zu widerstehen!


    Übrigens: meine Lieblingsszenen waren in Hattuša selber, also vor 3000 Jahren. Puduhepas (hat ebenfalls gedauert, bis ich mir das merken konnte..) Geschichte habe in jedem Abschnitt entgegen gefiebert!


    Fazit
    Eine farbenprächtige Reise in die Vergangenheit, auf der man Zitronen schmeckt und den Muezzin rufen hört, auf der man Amarna auf der Suche nach ihrer eigenen und der hethitischen Geschichte begleitet und die Seiten gar nicht schnell genug umblättern kann, weil man so in den Sog der Mauern von Hattuša gerät, der aber (in meinen Augen) ein bisschen weniger Leid besser gestanden hätte. 9 Punkte.

    SuB: 276


    :lesend
    Kaufman/Spooner - Their Fractured Light
    Joe Abercrombie - The Blade Itself

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Schwarzes Schaf ()

  • Nachdem die Leserunde nun offiziell läuft, habe ich meine Rezension ebenfalls wieder eingestellt:


    Auch ich habe dieses Buch ausnahmsweise bereits vor der Leserunde gelesen, denn ich befürchtete, ich wäre zum Beginn dieser LR offline.


    Schwarzes Schafs Rezension deckt sich weitgehend mit meinem Empfinden.
    Ich wusste von Hattusa nichts, vom Zweistromland hatte ich vage Erinnerungen aus dem Religionsunterricht im Kopf, Gilgamesch hab ich irgendwann mal angefangen, irritiert hatte mich lange Zeit der Hinweis auf Echnatons Stadt, denn die ist ja in Ägypten. Die beiden Zeitebenen (Amarna und Puhudepa) irritierten mich ebenfalls - das geschieht mir leider sehr häufig -zumal Amarnas Geschichte ja wiederum zwei Zeitebenen (Kindheit und Erwachsensein) umfasst, schließlich ließ ich den Puhudepateil erst einmal beiseite und las nur die Armana Geschichte.


    Bei der habe ich das Ende erst einmal nicht so recht verstanden und fand auch meine Erwartungen, viel hinsichtlich des Schicksals des am armenischen Volk begangenen Unrechts zu erfahren, nicht so recht erfüllt.
    Schwarzes Schafs Spoilertext schließe ich mich an, außerdem:


    Beim zweiten Durchlauf konnte ich mich, von der Last der Spannung sozusagen befreit, auch auf die ältere Geschichte einlassen, die mir nun ebenfalls gefiel.
    Gefallen hat mir auch das Cover sehr gut.


    Einige Fragen sind noch offen, die sich bestimmt in der Leserunde werden klären lassen.


    Allerdings hätte ich eine Landkarte gut gefunden.
    Ich vergebe ebenfalls 9 Punkte.


    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von maikaefer ()

  • Du bist ein ganz schön gemeines Schaf ... Ich armes Schwein... Bin unterwegs, am Handy und kann den Spoiler nicht öffnen!!!
    Das ist der siebente Grad ...
    Ich bedanke mich aber schon einmal herzlich und freu mich, dass Du's gern gelesen hast.


    Herzlich
    Charlie

  • Hmm, vorhin hatte das Buch bei 3 Stimmen 9,25 Punkte. Jetzt 7,75 ohne Kommentar. Ich finde es schade, wenn bei einer niedrigen Zahl nicht geschrieben wird, wieso das Buch nicht gefallen hat.

    SuB: 276


    :lesend
    Kaufman/Spooner - Their Fractured Light
    Joe Abercrombie - The Blade Itself

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Schwarzes Schaf ()

  • Zitat

    Original von maikaefer


    Bei der habe ich das Ende erst einmal nicht so recht verstanden und fand auch meine Erwartungen, viel hinsichtlich des Schicksals des am armenischen Volk begangenen Unrechts zu erfahren, nicht so recht erfüllt.


    Dazu gibt es eine sehr gute Buchempfehlung.

  • Ich empfehle, wenn es denn ein Roman sein soll:
    Franz Werfel: "Die vierzig Tage des Musa Dagh"
    Varujan Vosganian: "Das Buch des Fluesterns"
    Antonia Arslan: "Das Haus der Lerchen"
    Thomas Hartwig: "Die Armenierin"


    Wenn es kein Roman sein muss, empfehle ich - trotz des Streits um die Fotos - an allererster Stelle (und unter vielen anderen) das von Tessa Hoffmann im Auftrag der Gesellschaft fuer bedrohte Voelker herausgegebene Buch zum Prozess Talaat Pascha "Der Voelkermord an den Armeniern vor Gericht", das die Originaldokumente enthaelt.

  • Danke, ihr Lieben! :anbet
    Ich werde es wohl... irgendwann... bald... nach 4 Leserunden-, 2 Leih- und 2 Warteschleifenbüchern und dem Gilgameschrevivalversuch... zuerst mit dem Prange versuchen. :wave


    EDIT ändert die Warteliste nach oben :lache

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von maikaefer ()

  • Carmen Lobato erzählt in ihrem Roman „Die Stadt der schweigenden Berge“ die Geschichte der jungen Archäologie-Studentin Amarna, die mit ihrem Vater im Berlin der 1930er Jahre lebt und gerade ihre Magisterarbeit über das „Gilgamesch-Epos“ schreibt. Bei der Recherche hierzu stößt sie auf die Hethiter und ihre alte Hauptstadt Hattusa. Fasziniert von diesem Thema versucht sie mehr darüber herauszufinden und setzt alle Hebel in Bewegung, um die Ruinen dieser Stadt besuchen zu können.
    Gegen den Widerstand ihres Vaters begibt sie sich allerdings doch auf diese abenteuerliche Reise, an deren Ende vielleicht auf viele ihrer beruflichen, aber auch persönlichen Fragen Antworten warten.


    Diese Begeisterung sprang auch auf mich als Leserin sofort über. Ich habe lange schon kein Buch mehr gelesen, bei dem ich selbst so viel nebenher recherchiert habe, einfach weil es Lust darauf macht, mehr wissen zu wollen.


    Dieses Buch ist voller Faszination für Gilgamesch, Hattusa, die Hethiter, die Archäologie an sich und die Autorin schafft es auf eindringliche und spannende Weise dies nahe zu bringen. Gleichzeitig ist die aktuelle Politik dieser Zeit und die damit verbundenen Geschehnisse immer präsent. Man erfährt also nicht nur etwas über alte Kulturen, sondern auch über die Ereignisse, die sich damals 1931/1932 in Deutschland, aber auch in der Türkei abgespielt haben. Und das auf eine eindringliche Weise, ohne belehrend zu sein, sondern unterhaltsam und niemals oberflächlich oder gar kitschig.


    Mir hat es unglaublich viel Freude gemacht, dieses Buch zu lesen. Die Geschichte entwickelt einen Sog, dem man sich schwer entziehen kann und die Figuren wirken auf mich sehr authentisch. Es gibt hier keine einseitigen Figuren, man kann sich an fast allen reiben, mit ihnen hadern, aber auch mitfühlen. Ihr Schicksal hat mich sehr berührt.


    Ich wünsche diesem besonderen historischen Roman jedenfalls noch ganz viele Leser.
    Die Autorin schreibt übrigens u. a. auch unter dem Pseudonym Charlotte Roth. Wer ihren, ebenfalls großartigen Roman, „Als wir unsterblich waren“ gern gelesen hat, wird auch dies Buch sehr, sehr mögen.
    Dieser besondere historische Roman, ein "Archäologie-Roman", macht Lust auf mehr und bekommt von mir 10 Punkte.

  • Berlin 1931: die junge Amarna studiert Altorientalik und beschäftigt sich für ihre Abschlussarbeit mit dem Gilgamesch-Epos. Doch je mehr sie in die Geschichte eintaucht, desto mehr verspürt sie den Drang etwas über das wenig erforschte Volk der Hethiter zu lernen. Ihr Vater und ihr Patenonkel sind strikt dagegen, obwohl beide auf diesem Gebiet große Errungenschaften vorzuweisen haben. Warum verweigern sie Amarna weitere Forschungen? Und was hat der schöne unbekannte Jüngling, den die junge Frau im Pergamon-Museum trifft, im Sinn?


    Mit "Die Stadt der schweigenden Berge" entführt Carmen Lobato ihre Leser in die Zeit der 30er Jahre und in die aufblühende Türkei. Die Autorin beschäftigt sich dabei aber nicht nur mit den Ausgrabungen von Hattusa, sondern zeigt auch, welches Schicksal die Armenier zu Beginn des 20. Jahrhunderts aushalten mussten. Der gesamte Roman hat mir sehr gut gefallen.


    Die Geschichte wird aus der Erzählerperspektive berichtet. Dabei folgt man zum Einen Amarna und ihrem Drang, ihre Vergangenheit und Hattusa zu erforschen. Zum Anderen darf man die spannende und zugleich anrührende Geschichte des alten Hattusa verfolgen, in der es um Liebe, Verbundenheit und harte Entscheidungen geht. Diese Mischung aus 2 verschiedenen Zeitebenen hat mir sehr gut gefallen, denn Carmen Lobato führt die beiden Schienen gekonnt zusammen.


    Die handelnden Personen, allen voran Amarna, sind mit sehr viel Liebe zum Detail beschrieben und auch mit genügend Zeit zum Kennenlernen ausgestattet. Innerhalb des Romans schwankte meine Sympathie bei jeder Figur, so dass ich mich mit ihnen noch mehr verbunden fühlte. Denn keine Figur ist nur gut oder böse, nur tragisch oder glücklich. Jeder, auch die kleinste Randfigur, hat Ecken und Kanten, Ausraster und lichte Momente. Und auch wenn ich über einige Reaktionen von Amarna oder ihrem Verlobten Paul den Kopf geschüttelt habe, so konnte ich sie doch nachvollziehen.


    Der Roman ist ruhig, unaufgeregt und mit sehr vielen wissenswerten Details gespickt. Wer hier einen rasend spannenden Archälogie-Thriller erwartet, ist falsch gewickelt. Carmen Lobato legt ihr Hauptaugenmerk nicht auf das Abenteuer, das ihre Figuren bestehen müssen, sondern auf die Erkenntnisse und Entdeckungen, die sie dabei machen. Hattusa war mir bisher gar kein Begriff, doch durch den Roman bin ich auf den Geschmack gekommen mehr darüber zu erfahren. Auch der Genozid an den Armeniern macht die Autorin zum Thema. Dieses tut sie mit sehr viel Fingerspitzengefühl, dem nötigen Feingefühl und dem richtigen Blick für Details und wo sie lieber verschwiegen werden. Ich finde es grandios, dass Lobato sich diesem leider immer wieder vergessenen Thema angenommen hat.


    Und etwas ist sehr auffällig an diesem wundervollen Buch: ich merkte bei jeder Zeile, wie viel Herzblut und Recherche die Autorin in ihr Werk gelegt hat. Alle Details wirken sehr fundiert und gut rausgearbeitet, nirgendwo bleibt eine offene Lücke. So wünsche ich mir einen Roman, der sich mit dem Thema Archälogie beschäftigt.


    Der Stil der Autorin ist sehr gut und flüssig zu lesen. Ihre Erzählweise ist gefühlvoll, manchmal poetisch und sie hat mich mit ihren tollen, bildhaften Vergleichen immer wieder verzaubert. Normalerweise mag ich den geradlinigen, schnörkellosen Stil, aber für Hattusa wäre dieser nicht angemessen gewesen. Carmen Lobato beweist das richtige Gespür für Sprache um ihrer Geschichte gerecht zu werden.


    Fazit: ein Buch, das zum Träumen und Forschen einlädt. Ich kann es nur empfehlen.

  • Die Stadt der schweigenden Berge


    Autor: Carmen Lobato
    TB,Knaur-Verlag, 573 Seiten
    Covertext:
    Armarna ist fasziniert von der Kultur der Hethiter und möchte in deren alter, versunkener Hauptstadt. Sie träumt davon dorthin zu fahren. Ihr Vater verbietet es ihr, obwohl er die Leidenschaft seiner Tochter teilt. Was ist auf jener Expedition passiert? Warum spricht er nicht über ihre Mutter, an die Amarna keine Erinnerung hat?
    Mit der Hilfe ihres Freundes Paul,der sie liebt, kann sie ihren Traum doch noch verwirklichen.


    Es sind viele Fragen zu beantworten und man macht sich auf zu einer Reise mit Hindernissen und vielen Wendungen von Berlin nach Hattusa in Anatolien.
    1930: Durch ihr Studium beschäftigt sich Amarna mit dem Gilgamesch-Epos, die Geschichte von Gilgamesch und Enkidu zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman. Dabei stößt sie auf die Hethiter. Sie versucht weitere Informationen über diese damals noch unbekannte Hochkultur,die den ersten Friedensvertrag mit ihrer Keilschrift herstellten, imposante Steinskulpturen hatten,zu bekommen.
    Diese findet sie nur in Istanbul und Hattusa mit Begleitung von Paul und Merten, ihrem Patenonkel. Hier trifft Amarna auf einen Unbekannten zu dem sie sich sofort hingezogen fühlt.
    Arman und Amarna, beide mit traumatischer Vergangenheit, entwickeln eine Seelenverwandschaft mit ihren Höhen und Tiefen. Bei manchen überzogenen Reaktionen möchte man beide an den Schultern packen und schütteln.
    Alle Protagonisten haben ihre Ecken und Kanten. man leidet und hofft mit ihnen.
    Merten, ein sonst ruhiger Zeitgenosse, entwickelt sich zu einem von Hass verzehrenden Menschen.
    Paul aus einfachen Verhältnissen stammend, versucht mehr zu sein,als er ist und merkt, das er noch weit von diesem Ziel entfernt ist.
    Viele kleine Szenen und liebevolle gezeichnete Nebenfiguren bereichern den Roman zusätzlich.
    Eingebetet in den Roman ist die Legende von Putuhepa,Hattuseli und Urhi-Telub, eine sehr schöne Geschichte passend zum Inhalt des Romans.
    Der Schreib - und Sprachstil der Autorin nimmt den Leser gefangen und der Spannungsbogen bleibt bis zum Finale erhalten.
    Die mitfühlende und würdige Erzählung über das Leid der armenischen Bevölkerung bei den Progromen und dem Genozid lassen den Leser nachdenklich zurück.
    Ein berührender und gefühlvoller Roman, der den Leser dazu bringt sich mit der Kultur der Hethiter, den Ausgrabungen, sowie die leidvolle Geschichte der Armenier im Jahre 1915 näher zu befassen.
    Ein rundum gelungener Roman, den man unbedingt lesen sollte und nur weiter empfehlen kann.


    Ich vergebe 10 Eulenpunkte und freue mich auf den Nachfolger.

  • Ehrlich gesagt habe ich mich jetzt ein paar Tage vor einer Rezension gedrückt und bin mit Bauchschmerzen aufgestanden weil ich nicht weiß, wie ich dem Buch und den vorhergehenden schönen Rezensionen gerecht werden soll.


    Aber ich versuch mein Bestes.


    Die junge Archäologiestudentin Amarna forscht für ihre Abschlussarbeit zum Gilgameschepos. Schon seit früher Kindheit ist sie, bedingt durch ihren Vater einen Altorientalisten im Ruhestand interessiert sie sich für die Geschichte der Hetither. SChon eine geraume Weile plagen sie auch Alpträume, deren Ursprung sie in ihrer Kindheit vermutet. Die Erinnerung setzt erst mit der Schulzeit ein. Was ist damals passiert? Ihre Mutter ist schon lange gestorben und ihr Vater verweigert ihr jegliche Auskunft. Auch ihr Mentor, Merten Schobert, der mit ihrem Vater an den Forschungen in Vorderasien beteiligt war, schweigt.
    Auf der Suche nach einer speziellen Tontafel im Pergamonmuseum stößt sie auf einen geheimnisvollen Fremden, der anscheinend dasselbe Interesse daran hat wie sie.
    Nach dem Fund ist sie davon überzeugt, dass Hattusa, die Hauptstadt des Hetitherreiches mit ihren Alpträumen zu tun hat. Sie überredet Paul, der in sie verliebt ist und sie als seine Verlobte betrachtet mit ihr dorthin zu fahren. Denn erst wenn sie weiß, wer sie ist, kann sie ihn zum Mann nehmen. Das zumindest ist die Ansage.
    Dass es auf dem Weg dorthin und bis zur endgültigen Aufklärung ziemlich viele Stolperstein und auch Tote geben wird, wissen weder Pau noch Amarna.


    Carmen Lobato hat sich mit diesem Buch wieder in die Herzen ihrer Leser geschrieben.


    Nicht nur, dass alle Personen durchweg außergewöhnlich gut beschrieben sind, versetzt sie den Leser mit einer zweiten Zeitebene in die Zeit, als Hattusa von dem Großkönig Urhi - Tesub regiert wurde. Seine und die Geschichte des Bruders Hattusili und seiner schönen Frau Puduhepa ist eng mit Amarnas Geschichte verknüpft. Die Gefühlswirren und Handlungen aller Beteiligten und auch die tiefe Liebe zwischen Arman, dem geheimnisvollen Fremden aus dem Museum und Amarna, sind so wunderbar in Worte gesetzt, dass man mitfiebert und weint und hofft, dass alles zu einem guten Ende findet.


    Arman, Überlebender des Genozids am armenischen Volk, den Carmen Lobato sehr dezent aber doch eindringlich anklingen lässt, verfolgt jedoch seine eigenen Ziele.


    Ein Buch das inhaltlich sowie sprachlich überzeugt und noch lange im Leser nachhallt.



    Außerdem faszinieren mich die Verse aus dem Gilgamesch-Epos die den einzelnen Teilen vorangestellt sind. Ein rundum gelungenes Werk.


    Eine Landkarte habe ich eher nicht vermisst, weil ich das am PC besser sehe und das Glossar ist sehr ausführlich gehalten.
    Wer gerne geschichtliches gepaart mit spannenden menschlichen Schicksalen liest für den ist dieses Buch fast Pflicht. Für weitere Informationen und Ergänzungslektüre ein Ansporn.

    "Leute die Bücher lesen, sind einfach unberechenbar." Spruch aus "Wilsberg "
    smilie_winke_039.gif

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Findus ()

  • Ihr Lieben, ich bedank mich jetzt mal bei Euch allen zusammen, ganz, ganz herzlich.
    Mir gehen die Worte aus und ich hab ein bisschen Angst, mit meinem Ueberschwang hier maechtig auf Senkel zu gehen.


    Glaubt mir das bitte, dass ich mich so sehr freue, wie sich's nicht beschreiben laesst (jedenfalls nicht mit den Woertlis, die mir so einfallen) und dass ich das, was Ihr geschrieben habt, bei mir behalte und mich daran vollfresse. Jeden Tag!


    Und mein Ararat und ich werden euch so laut wie moeglich becircen, damit ihr uns erhalten bleibt.


    Alles Liebe und tausend Dank.
    Wir vier:
    Charlie, Carmen, Hatti und Ararat
    (und Lotti eigentlich auch)

  • Vorab möchte ich euch sagen, dass es mir unheimlich schwer fällt, zu diesem Buch eine Rezension zu schreiben, weil es mir so gut gefallen ist, dass ich fürchte, meine Worte reichen nicht aus. So geht es mir im übrigen fast immer bei Büchern von Carmen Lobato (bzw. Charlotte Lyne7Charlotte Roth).


    Amarna ist in Berlin aufgewachsen und lebt bei ihrem Vater. Es ist das Jahr 1930, Amarna studiert Archäologie, möchte eine Arbeit über den Gilgamesch-Epos schreiben und ist fasziniert von der Stadt Hattusa. Ihr Traum ist es, dort endlich einmal hinzureisen. Aus für sie unerfindlichen Gründen hat ihr Vater damit ein Problem, aber letztendlich kann sie sich dann doch durchsetzen und reist dort hin. Was sie dort erlebt, stellt ihr Leben komplett auf den Kopf.


    Anfangs hat mich Amarna total genervt. Ganz verwöhntes Töchterchen, die von ihrem Vater doch alles bekommt, was sie sich wünscht - außer diese Reise nach Hattusa. Im Laufe des Buches hat sich das aber verflüchtigt, denn Amarna ist ein wenig wie ich. Wenn sie etwas tut, dann tut sie das zu hundert Prozent. Also auch bei ihrer Liebe zu Gilgamesch und Hattusa. Die zweite Hauptperson in dem Buch - Arman - hat mich von Beginn an fasziniert. Er hat irgendwas an sich, was wohl nur Männer aus Charlotte Lyne/Carmen Lobato/Charlotte Roth - Romanen an sich haben. Falls ihr Bücher von ihr kennt, werdet ihr wissen, was ich meine.


    Das zentrale Thema ist der Gilgamesch-Epos von dem ich genauso wie von Hattusa vorher noch nie gehört habe. Die Autorin hat vor jeden Teil des Buches ein Zitat aus dem Epos einfließen lassen und den Leser damit auf Amarnas Faszination dafür eingestimmt. Immer wieder werden Bezüge dazu hergestellt, weil dieser Epos dauernd in Amarnas Gedanken ist. Damit hat Carmen Lobato den perfekten Grundstein für ein weiterführendes Interesse an Gilgamesch bei mir gelegt.


    Im Buch wird es auch geschichtlich und zwar geht es wieder um Figuren, die ich gar nicht kannte: Hattusili und Puduhepa, ein hetithisches Großkönigspaar aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. Die Autorin hat den beiden und dem König Urhi-Teshub, auch bekannt als Mursili III, so viel Leben eingehaucht, so dass die eingeschobenen Teile mir genauso viel Spass gemacht haben wie die Geschichte um Amarna.


    Ich mag es, wenn Figuren ausführlich vorgestellt werden und genau das finde ich bei der Autorin in jedem Buch. Was mich aber noch näher an das Geschehen herangebracht hat, waren die armenischen und türkischen Begriffe, die immer wieder mal eingestreut wurden. Das macht irgendwie ein Gefühl von Dabei-Sein, Miterleben.


    Ich kann euch das Buch uneingeschränkt empfehlen. Falls ihr euch in der Geschichte der Hetither gar nicht auskennt ist das gar nicht schlimm, denn die Erklärungen im Buch reichen aus um zu verstehen worum es geht. Im Herbst 2015 wird der zweite Teil, über den aber noch nicht so wirklich viel bekannt ist, erscheinen. Ich freue mich drauf!

  • Das ist so so nett von Dir!
    Obwohl Du eigentlich gar keine schreiben wolltest und ich das ERNST gemeint habe, dass das bitte keine Verpflichtung sein soll und Ihr schon genug fuer mich gemacht habt.
    Ich freu mich aber umso mehr.


    Alles Liebe von Charlie&Hatti
    (und Ararat!!!)