'Die Stadt der schweigenden Berge' - Seiten 160 - 241

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    Aber solche Kombinationen passieren im echten Leben schließlich auch.


    Das wollte ich jetzt auch gerade schreiben :-). Also werde ich mich auch mit Amarna und Arman anfreunden können und gegen Mursili und Hattusili hätt ich jetzt gar nichts gehabt. Schließlich ist da die Anfangssilbe komplett anders.


    @ Charlie: Gibt es übrigens einen Grund (den du nennen möchtest), warum Arman Arman heißt? Außer, dass der Name gut für eine verlorene Seele wie ihn passt? (Ich hab mal den Namen übersetzen lassen, da spielt sehr viel von seiner vermutlichen Geschichte mit rein).


    Merten redet ihn ja mit "Artsruni" an, was mich anfangs etwas verwirrt hat, schließlich hat er beim Gespräch mit Amarnas Vater von Artsrunis Kind gesprochen. Dank Google habe ich mittlerweile herausgefunden, dass damit eine Art Familienname gemeint sein muss.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Schon wieder ewig lang geworden – warum scheibt ihr aber auch nur lauter interessante Sachen??? :grin


    Durch den Besuch bei Nathan Rosen erfährt Amarna vom Schicksal der Armenier. Was das aber alles mit ihr zu tun hat, steht noch in den Sternen (auch wenn ich denke, Amarna ist halbe Armenierin).


    Zitat

    Original von logan-lady
    Denn dieser Genozid wird viel zu wenig in der Geschichtsschreibung beachtet. Danke Charlie, dass du ihn thematisiert.


    Da kann ich mich anschließen. Die Frage, wie viel Leid passt in einen Roman, der hauptsächlich freiwillig und zum Vergnügen gelesen wird, kann durchaus kontrovers diskutiert werden. Ich fand auch, dass die Schilderungen genau richtig getroffen sind. Wer weiterdenkt (und sich weiterinformiert) kann daraus viel entnehmen, wen es nicht interessiert, überliest auch drastischeres.


    Das Gespräch war vor allem auch mit den Hintergrund unseres Wissens, was in Deutschland in den nächsten Jahren so passieren wird, sehr aufschlussreich. Die Geschichte wiederholt sich (leider) immer wieder.


    Für mich ganz besonders aufschlussreich war der Satz, in dem sie als ältestes christliches Volk der Welt charakterisiert wurden. Das war für mich völlig neu und darüber hab ich mittlerweile auch einiges nachgelesen! Ich wusste auch nicht, dass schon das AT teilweise in aramäischer Sprache abgefasst war!


    Rosen hat auch einen sehr interessanten Satz zur Beziehung von Amarna und Arman gesagt, der sehr gut ausdrückt, was in mir zwar irgendwie brummelt, ich aber nicht in Worte hätte fassen können (S. 238): „Vergessen Sie nicht, dass ein Mann von einem bezaubernden Mädchen wie Ihnen als Mann geliebt werden will, der mit geradem Rückgrat dasteht und Ihnen imponiert, nicht als misshandelter, dem Tod entrissener kleiner Junge, den Sie bedauern.“ Und genau das stört mich momentan an dieser Liebe – sie sind nicht auf einer Ebene! Amarna fühlt sich zwar körperlich von ihm angezogen und bewundert sein Wissen, aber behandelt ihn wie ein kleines Kind. Abgesehen von der Ohrfeige erzählt sie ihm dauernd, was und wie er zu denken hat. Er tut leider auch alles dafür und macht sich selber klein.


    Zitat

    Original von Booklooker
    Er ist ja ganz schön gebildet, obwohl er Amarna etwas anderes verkaufen will. Ich frage mich immer noch, ob er wirklich glaubt, dass er ein Wilder ist oder ob das seine Art des Spiels ist.


    Genau das frage ich mich auch! Wenn er wirklich so ist (was absolut verständlich wäre!) braucht er aber erstmal eine Therapie und keine Frau, die ihn umerziehen will.


    Das Geschenk Armans ans sie fand ich wirklich „süß“. Ein tolles Geschenk! Allerdings – bei aller Liebe zu ihr – verschweigt er ihr auch ganz schön viel. Genauso wie Paul. Ich weigere mich, den einen dafür zu verurteilen und den anderen nicht. Fair sind beide nicht zu ihr! Und auch hier gilt wieder das mit den unterschiedlichen Ebenen, auf denen sich die Protagonisten befinden.


    Zitat

    Original von Paradise Lost
    Äußerst positiv überrascht hat mich in dem Zusammenhang wirklich Paul.


    Das fand ich auch! Ich meine, seine Verlobte verbringt eine Nacht mit einem anderen Mann (das muss er doch gemerkt haben!)! Wenn er jetzt ausflippt, würde ihm das keiner verdenken. Aber nein, er kümmert sich sogar noch um ihn und das einzige was er von Amarna will, ist reden. Er macht vielleicht vieles aus gutgemeinten Gründen falsch, aber hier verhält er sich wie ein echter Freund! :fingerhoch


    Zitat

    Original von Schwarzes Schaf
    In der Gegenwart finde ich es unglaublich, wie Merten ausrastet, sobald es um Arman geht. Was ist da vorgefallen, dass der sonst so zivilisierte Mann so dermaßen brutal werden kann?


    Das kann ich so nur unterschreiben! Was immer in ihrer Vergangenheit passiert ist – das ist Jahrzehnte her! Und Arman war damals ein Kind!


    Was du, Charlie, auf der ersten Seite dazu geschrieben hast (ich verzichte mal aufs Zitieren, wird eh schon wieder ewig lang) fand ich ganz toll und sehr hilfreich zum Verstehen seiner Figur. Übrigens auch deine gleichzeitigen Ausführungen zu Urhi-Tesub.


    Zitat

    Original von Findus
    Puduhepa ist Amarna und Arman müsste dann Urhi-Teshub, denn die Narben auf seinem Körper könnten sehr gut Abbildungen der Rutenschläge des Dämonen sein.


    So ähnlich (ohne Puduhepas Geschichte zu kennen) denkt sich ja Amarna das auch! Ich hoffe mal, so deutlich kommt das am Ende nicht raus, das Buch ist für seine Dicke wirklich voll an Themen, da muss nicht auch noch Wiedergeburt mit rein! Oder glauben die Armenier an Wiedergeburt?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich bin jetzt gerade ganz fuerchterlich in Eile, also lass ich nur schnell hier, dass ich das, was Du geschrieben hast, absolut spannend finde und dass es mir sehr wichtig ist.


    Ich hoffe, ich schaffe es nachher noch, eine Antwort zu schreiben, die ein bisschen Zeit braucht - sonst aber als erstes morgen frueh!


    Vielen Dank, dass Du dich auf meine Geschichte und meine Figuren so sehr einlaesst.


    Herzlich,
    Charlie

  • So, jetzt ich wieder schnell ...


    entschlossen, mir ganz doll Muehe zu geben, auf die angesprochenen Aspekte angemessen einzugehen, ohne dabei den Zeitrahmen total zu sprengen und vor allem: ohne zu spoilern.
    Ganz grosse Bitte: Falls einer der "Fertigen" liest und mich erwischt - bitte schnell Mail schicken. Bin gleich unterwegs, habe Handy, kann loeschen. Tausend Dank von der Spoiler-Tante. Waere wirklich sauer auf mich, wenn ich's jemandem, der derart intensiv auf mein Buch eingeht, damit vergelten wuerde, dass ich ihm durch meine Sabbelei den Rest versaue.


    So.


    Jetzt hangele ich mich mal vom einfachen zum schweren.


    Zunaechst: Vielen Dank. Ich bin richtig umgeworfen davon, dass Du bereit bist, mein Buch so genau zu lesen und Dich damit zu beschaeftigen. Das freut mich ganz doll. Uebrigens auch, wenn Du letztlich zu dem Schluss kommst: Nee. War nicht meins.


    Zum einfachsten: Was Paul betrifft, kann ich nur wie ein Wackel nicken. Er verhaelt sich so freundschaftlich, wie man's in so einer Situation nur kann. Und wer von beiden ihr mehr vorenthaelt, ist klar. Arman sagt ihr das auch. Immer wieder. Und nicht um zu plaenkeln (was uebrigens eins meiner Lieblingsworte ist, aus der Militaertaktik stammt und zwar - selbst als Teil einer Schlachtstrategie - etwas fast Spielendes hat, aber keineswegs friedfertig gemeint ist).
    Dass sie dem einen blind traut und dem anderen jedes Wort umdreht, ist alles andere als fair.
    Dass er in seiner Gefuehlslage irgendwie vage Fairness erwartet, ist in meinen Augen ebenfalls voellig verstaendlich. Und dass das nicht klappt, ist gemein.


    Zu Merten schreib ich nix, sondern warte ab, wie's Dir weiter ergeht.


    Zu Puduhepa (hoffentlich ohne Spoiler!!!): Ich wollte gern KEINE Interpretation dieser Teile aufdraengen. Ich habe das ja einer tatsaechlich dort vorgefundenen Dokumentation "nachgedichtet", und deren Interpretation ist noch lange nicht abgeschlossen. So wollte ich es gern: Dass das dem Leser vorliegt wie einem Archaeologen oder Altorientalisten eine Zusammenstellung von Dokumenten und Artefakten: vorerst offen fuer alle moeglichen Schluesse.
    Wiedergeburt und Seelenwanderung ist zwar nicht so mein Ding (ich bin der ultimative Anti-Esoteriker), aber offen lassen moechte ich gern auch das. Persoenlich bin ich eher fasziniert vom physisch bis heute nachvollziehbaren Erbe eines "verschwundenen" Volkes in der Region. Aber wie gesagt - das ist meins, und alles andere soll auch offen bleiben. (Uff. Ich hoffe, damit habe ich jetzt weder zu viel noch nuescht gesagt.)


    Jetzt das, was schwer ist, wo ich die meiste Angst habe, entweder was auszusabbeln oder aber falsch verstanden zu werden.


    Vorab: Ich moechte bitte unbedingt NICHT als einer eingeschaezt werden, der im Mindesten toleriert, wenn ein Mensch (egal welcher Groesse, welchen Alters, welchen Geschlechts) einen anderen (dito) schlaegt. Ins Gesicht schon gar nicht. Ich schaetze mich gluecklich, mein Leben in Umstaenden verbracht zu haben, in denen das weder aktiv noch passiv je vorgekommen ist.
    Waer's anders, koennte ich das schreibend vermutlich nicht aushalten.
    So kann ich's auch nicht so gut.
    Nichtsdestotrotz interessiert mich, warum Menschen das machen. Schon immer.


    Fuer meine Amarna breche ich eine Lanze. Die ist keine Schlaegerin. Aber von hinten bis vorn beschissen worden. Und fuerchterlich allein. Physisch darauf zu reagieren, irgendwie kurz und klein schlagen zu wollen, halte ich fuer ziemlich nachvollziehbar. Vor allem in Verbindung mit Schlafmangel. Und mit dem Wunsch: Verdammt, reagier endlich mal wie ein Mensch und sag mir, was fuer ein Spiel hier gespielt wird.


    Wenn ich jetzt sage, Mann, sie ist halt eine Berlinerin, sitz ich schon wieder in Nesseln, denn ich bin ja auch eine ... und ich wollt' NICHT gesagt haben, Berliner oder innen schlagen immer gleich zu. Aber die gewisse Ruppigkeit (die hier in London auch noch nach siebzehn Jahren Anlass zu Amuesement bietet) mag ich durchaus gerne. Und ich denke, dass Arman das guttut. Weil sie an ihn drangeht, sich nicht schrecken laesst, ihn nicht schont. Dass Schlagen ein Uebergriff ist, der nicht zulaessig ist, unter gar keinen Umstaenden, muss er ihr stecken. Das kann er ja, wenn er will, er ist ihr ja physisch ueberlegen. Umgekehrt ginge es nicht (und da koennt ich's auch schreibend nicht ertragen, glaub ich). Aber daran koennen sie beide lernen.


    Dass dir der Satz von Nathan Rosen aufgefallen ist, freut mich ganz ungemein, denn mir war der ganz wichtig. Menschen mit solcher Konditionierung sind nicht auf der Welt, damit andere ihr Helfer-Syndrom dran ausleben koennen oder kleine Maedchen sich einen Mann kneten koennen, weil sie sich an Material, das Widerstand bietet, nicht trauen. Er will ihr sagen: Wenn du ihn nicht respektieren kannst, tust du ihm nicht gut. Aber das, was sie ihm antwortet, ist fuer mich auch berechtigt: Respekt und Empathie (die sehr wehtun kann) schliessen sich keineswegs aus.


    Dass Menschen, die so etwas ueberlebt haben, eine Therapie bekommen sollen, steht ausser Frage. Leider stehen aber auch 2015 nicht genug hochwertige Therapieplaetze zur Verfuegung, um alle Betroffenen zeitnah zu betreuen. Und - leider ist auch in 2015 das, was eine Therapie in aller Regel bewirken kann, eng begrenzt. In vielen Faellen muss leider die Verhinderung einer Verschlimmerung bereits als Erfolg gewertet werden. In anderen scheitert leider auch das.


    In 1931 stand - von wenigen spektakulaeren Ausnahmefaellen abgesehen - leider ueberhaupt nichts annaehernd Adaequates zur Verfuegung. Untersuchungen zum Survivor's Syndrome sind auch nach 1945 noch ausgesprochen spaerlich vorgenommen worden, und bis heute fehlen vor allem Ergebnisse zu den Schaedigungen von Kindern, mit denen man sinnvoll weiterarbeiten koennte.


    Das klingt fuerchterlich platt, ich weiss. Aber die jetzt bald ins dritte Jahr gehende intensive Beschaeftigung mit diesen Themen bringt mich ungefaehr einmal taeglich zu dem Schluss, dass Menschen zerbrechlich sind und dass wir besser alle Energien, die wir freisetzen koennen, darauf verwenden, zu verhindern, dass sie misshandelt werden, weil wir naemlich nichts haben, keine Therapie, kein Nichts, um sie hinterher zu kleben.


    Platt klingt das wirklich. Aber ich glaube, ich moecht' gern Buecher schreiben, weil mir das so wichtig ist.


    Anyway - trotz allem haben ja viele dieser Menschen nicht nur physisch ueberlebt, sondern sich ihre Lebensfreude, Lebenskraft, ihre Wuerde und ihr Selbstwertgefuehl bewahrt oder neu erkaempft. Und solchen Menschen begegnet zu sein (und noch zu begegnen), ist fuer mich beeindruckend, bereichernd, auf angenehme Weise einschuechternd und praegend.


    Was dazu notwendig ist, ist viele - nicht abschliessbare - Diskussionen wert (finde ich). In meinen Roman wollte ich (UND JETZT HABE ICH SOLCHE GRAESSLICHE ANGST ZU SPOILERN WIE IN DIESEM GANZEN EWIG LANGEN SCHRIEB NICHT) jemanden stellen, der die Chance dazu hat, weil ihm verschiedene Faktoren zur Verfuegung stehen, die helfen: Hohe Resilienz, kuenstlerisch-kreative Ausdrucksmoeglichkeit und ein massives, ueber einen langen Zeitraum appliziertes Gegengewicht. Ich wollte auch, dass er eine Stoerung der Impulskontrolle aufweist, keine Stoerung des depressiven Spektrums, deren Folgen vermutlich wesentlich schwieriger einzudaemmen sind (ich finde das nicht gluecklich ausgedrueckt, schaffe es aber derzeit einfach nicht besser und bitte um Entschuldigung).


    Mein Liebespaar mag ich sehr gern und ich persoenlich spreche ihnen Chancen zu, sich "zusammenzuraufen", eine gemeinsame Ebene zu erkaempfen, zu lernen, nicht nur verschlingend und zaertlich, sondern vor allem respektvoll miteinander umzugehen, was ebenso ausschliesst, dass einer den anderen schlaegt, wie dass einer dem anderen Scheiss erzaehlt.


    Wenn Du zu dem Schluss kommst, dass das nicht klappt oder nicht aussichtsreich ist, liegt das also nicht an meinem Plan, sondern an einem oder mehreren Fehlern in der Ausfuehrung. Ich wollte sie ebenbuertig. Genau das hat mir an ihnen Spass gemacht.


    Die Diskussion ueber die Frage: Wie viel von einem solchen Thema kann/soll/muss/darf oder darf man nicht im Unterhaltungsroman, ist fuer mich eine staendig offene, die mich unaufhoerlich beschaeftigt, und zu der ich fuer jeden Austausch, jede Meinungsaeusserung dankbar bin. Dass Du meinen Versuch bisher als nicht respektlos, unangemessen, verletzend empfindest, erleichtert mich. Und dass Du etwas dazu nachlesen wolltest, ist ohnehin das beste, was mir passieren kann.


    Ich bedank mich nochmal. Das ist ganz unglaublich und enorm ermutigend, was hier Lesern auffaellt, wie genau ihr lest. Dafuer duerft ihr auch gern das Buch doof finden. Dass ihr euch so intensiv damit beschaeftigt, ist ein sehr schoenes Erlebnis.


    Herzlich,
    Charlie

  • Zitat

    Original von Charlie
    Zunaechst: Vielen Dank. Ich bin richtig umgeworfen davon, dass Du bereit bist, mein Buch so genau zu lesen und Dich damit zu beschaeftigen. Das freut mich ganz doll. Uebrigens auch, wenn Du letztlich zu dem Schluss kommst: Nee. War nicht meins.


    Meinst du mich? *rotwerd* Schön, wenn du dich darüber so freust. Bei meinen Beiträgen habe ich immer Angst, dass alle von der Länge abgeschreckt werden und sie eh nicht lesen. Aber wenn ich ein Buch lese (gerade in einer LR), will ich mich auch intensiv damit auseinandersetzen - zu was lese ich sonst?


    Übrigens kann ich schon jetzt sagen: "Gar nicht meins" werde ich danach sicher nicht sagen, egal, was noch kommt. Dafür habe ich schon viel zu viel daraus mitgenommen.


    Und noch was: Spoiler habe ich keine gefunden. Ich habe aber auch kein Problem damit, mit dem Lesen (vorläufig) aufzuhören wenn ich merke, da kommt jetzt was, was ich noch gar nicht wissen will. :grin Also nur keine Hemmungen!


    Zitat

    Original von Charlie
    Wiedergeburt und Seelenwanderung ist zwar nicht so mein Ding (ich bin der ultimative Anti-Esoteriker), aber offen lassen moechte ich gern auch das. Persoenlich bin ich eher fasziniert vom physisch bis heute nachvollziehbaren Erbe eines "verschwundenen" Volkes in der Region. Aber wie gesagt - das ist meins, und alles andere soll auch offen bleiben. (Uff. Ich hoffe, damit habe ich jetzt weder zu viel noch nuescht gesagt.)


    Mit offen bleiben habe ich auch überhaupt kein Problem, es muss nicht immer alles bis ins kleinste geregelt und geklärt sein.


    Zitat

    Original von Charlie Fuer meine Amarna breche ich eine Lanze. Die ist keine Schlaegerin.


    Nein, ist sie nicht! Und in ihrer Lage und Verfassung ist ihre Reaktion auch verständlich. Auch wenn sie schon 24 ist steckt sie für mich mitten in einer (verspäteten) Pubertät. Sie sucht ihre Wurzeln und damit sich selber, löst sich gleichzeitig aus ihrem gewohnten Umfeld und keiner derjenigen, der ihr helfen könnte, tut es. Von daher ist ihre Reaktion darauf verständlich, nur dass sie halt genau den falschen trifft. Und den schwächsten. :-(



    Zitat

    Original von Charlie Er will ihr sagen: Wenn du ihn nicht respektieren kannst, tust du ihm nicht gut. Aber das, was sie ihm antwortet, ist fuer mich auch berechtigt: Respekt und Empathie (die sehr wehtun kann) schliessen sich keineswegs aus.


    Ja, da hast du recht. Nur vermisse ich momentan den Respekt von ihrer Seite.


    Zitat

    Mein Liebespaar mag ich sehr gern und ich persoenlich spreche ihnen Chancen zu, sich "zusammenzuraufen", eine gemeinsame Ebene zu erkaempfen, zu lernen, nicht nur verschlingend und zaertlich, sondern vor allem respektvoll miteinander umzugehen, was ebenso ausschliesst, dass einer der anderen schlaegt, wie dass einer dem anderen Scheiss erzaehlt.


    Wenn Du zu dem Schluss kommst, dass das nicht klappt oder nicht aussichtsreich ist, liegt das also nicht an meinem Plan, sondern an einem oder mehreren Fehlern in der Ausfuehrung. Ich wollte sie ebenbuertig. Genau das hat mir an ihnen Spass gemacht.


    Den oberen Absatz finde ich wirklich wunderschön. Und ich hoffe sehr für die beiden, dass sie sich "zusammenraufen". Wir sind ja (zum Glück) erst mitten im Buch - da kann (und wird) noch viel, viel, viel passieren. Keine Ahnung, ob ich am Ende das Gefühl haben werde - ja, zwischen den beiden passt es jetzt oder eben, nein geht immer noch nicht. Hier müssen beide an sich (und vielleicht auch am anderen) wachsen. Das kann auch für beide eine riesige Chance sein. Ich bin auf alle Fälle gespannt!


    Bei der Frage nach dem Umgang mit solchen Traumas hast du natürlich recht! Damals war an eine sinnvolle Therapie nicht zu denken, zum Glück hat aber die Natur andere Formen der möglichen Verarbeitung eingerichtet.


    Zitat

    In meinen Roman wollte ich jemanden stellen, der die Chance dazu hat, weil ihm verschiedene Faktoren zur Verfuegung stehen, die helfen: Hohe Resilienz, kuenstlerisch-kreative Ausdrucksmoeglichkeit und ein massives, ueber einen langen Zeitraum appliziertes Gegengewicht.


    :write Viele Forschungen zeigen ja genau dieses Ergebnis und ich bin froh, dass du dir darüber so viele Gedanken gemacht hast, so dass Arman insgesamt schlüssig erscheint. Auch hier kann ich nur meine Hoffnung ausdrücken, dass Arman es dadurch schafft, sich von seinen extrem schlimmen Erlebnissen zumindest soweit zu lösen, um nicht nur ein gelungenes, sondern auch ein erfülltes Leben führen zu können. Momentan habe ich das Gefühl, er schlägt sich mehr schlecht als recht irgendwie durch ABER was noch ist kann ja noch werden!


    Danke für deine ausführliche Auseinandersetzung mit meinen Gedanken!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich nur ganz schnell, nicht wieder mit einem Komplett-Hirtenbrief (hoffe ich ...):


    Du, ich denk auch so ungefaehr bei jedem zweiten meiner Beitraege in dieser Runde: Oh Gott. Wer soll denn das alles lesen, Alte?
    Vielleicht lesen wir uns ja tatsaechlich nur gegenseitig, was ich bei Deinen Beitraegen extrem bedauerlich faende. Aber - so lang sind die doch gar nicht! Ich weiss nicht, ob Dir das was nuetzt, aber zumindest ich freu mich so darauf, dass sie mir bei weitem zu kurz sind.
    (Bei Paradise Lost habe ich auch ganz schlimm den Och-nee-schon-vorbei?-Effekt ...)


    Zum zweiten: verspaetete Pubertaet finde ich fuer Amarna sehr gut ausgedrueckt. Gegen den Papi, der da nur verklaert laechelnd am Schreibtisch sitzt, kann man nicht rebellieren. Schon gar nicht, wenn der doch alles ganz nett macht, man ausser ihm eh keine Verwandten hat, und nur vage spuert, dass irgendetwas faul ist.
    Dass sie mit ihrem Rundumschlag den Falschen trifft, ist unschoen, aber er braucht ihr das nur zu verbieten. Das muss er lernen. Hoer auf, zu sagen. Er macht das mit ihr manchmal. Auch als sie zum ersten Mal zusammen sind, er sagt zu ihr: Vorhin ja, jetzt nicht. Fuer mich war das ein Riesending, auch ein Zeichen von Vertrauen. Jetzt denke ich: Ich haette das deutlicher machen sollen. Das faellt (wie leider oft bei mir) gar nicht auf.


    Und letztens: Ich habe die ganze Zeit, waehrend ich das Buch geschrieben habe, gedacht (und Armana denkt das ja irgendwann auch): Er muss lernen, sich zu wehren, er muss mal die Erfahrung machen, dass das geht.


    Ich habe mich dann aber gefragt: Wie kann er denn das lernen, was muss er denn tun, um diese Erfahrung zu machen, was hiesse es denn konkret, wenn er sagt: Schluss damit. Ich halte dabei nicht mehr still.


    Muss er machen, fand ich.


    Es ist aber 1931. Plus zwei macht 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39 ...


    SPOILER:


    Ich fand, ich muesste ihm was schenken, damit er nicht mehr stillhalten muss.
    SPOILER:
    Eine Hawker Hurricane.


    Vielen Dank, Lese-rina!


    Alles Liebe von Charlie

  • Also keine Sorge, ich lese hier noch fleißig und interessiert mit und finde es auch spannend was Andere so zum Buch denken!


    Zum SPOILER von Charlie


    Darf er dass denn fliegen???

    LG Inge


    Ryle hira - Life is what it is


    Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore



  • Wie hättest du sie denn lieber genannt ?


    Ich stolpere ein wenig drüber. Muss manchmal zweimal lesen damit ich weiß von wem gesprochen wird :lache

  • Zitat

    Original von Schwarzes Schaf


    In der Gegenwart finde ich es unglaublich, wie Merten ausrastet, sobald es um Arman geht. Was ist da vorgefallen, dass der sonst so zivilisierte Mann so dermaßen brutal werden kann?


    Das frage ich mich auch. Eigentlich kommt Merten ja total angenehm und entspannt rüber, aber sobald es um Arman geht flippt er völlig aus. Ich bin der Lösung noch keinen Schritt näher gekommen.

  • Zitat

    Original von Lesebiene
    Sollte sich Arman tatsächlich als Bösewicht entwickeln, hat Charlie ihn hier in meinen Augen gut kaschiert. :lache Oder bin ich so bläuäugig mit meinen braunen Augen :gruebel


    Ne, du bist überhaupt nicht blauäugig. Ich sehe das nämlich auch so. Arman kann gar kein Bösewicht sein, das darf einfach nicht sein. Dafür mag ich ihn viel zu sehr :heisseliebe

  • Schoen!
    Knoermel ist wieder da.


    Also Amarna hiess schon 2011 im Expose Amarna. Daran liess sich nichts mehr ruetteln. (Heute denke ich: Doch. Haettest Du einfach probieren sollen, du doofe Kuh. SUSANNE!)


    Und Arman hiess schon Arman, als ich ihn in Pflege genommen habe. Daran ist gar nix zu ruetteln. Auch nicht im Nachhinein. Er hiess halt schon immer so.


    Nur:
    Er gehoerte nicht immer in meine Geschichte.


    Der, den er verdraengt hat, hatte einen Namen, der sich voellig problemfrei mit Amarna haette kombinieren lassen.
    Nur - die Geschichte war nicht problemfrei.
    Sie funktionierte nicht.


    Also musste ich den mit dem problemfreien Namen rausschmeissen.


    Und stand ploetzlich mit zwei Zirkusclowns da ...
    (Kann mir das einer glauben, dass mir das anfangs nicht mal AUFGEFALLEN ist? Erst als ich das erste Mal die zwei daemlichen Namen in einem Satz hatte ...)

  • So oft wie wir jetzt über die Beiden gesprochen haben vergesse sogar ich Arman und Amarna nicht mehr (und dabei waren sie beim Lesen A&A)

    LG Inge


    Ryle hira - Life is what it is


    Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore


  • Ja, bin wieder da. Ich habe zwar gelesen, aber bin nicht zum schreiben gekommen, daher arbeite ich jetzt meine Notizen ab.


    Susanne :wow Zum Glück war es zu spät für Änderungen. Amarna passt viel besser zu Amarna und mit gefällt der Name außerordentlich gut.


    Arman ja eigentlich auch, aber trotz allem stolpere ich drüber.


    Dämlich ist es es auf keinen Fall Charlie. Irgendwie passt es doch zueinander und die Stolperer liegen wohl eher an mir.

  • Nee!
    Die liegen daran, dass das keine leserfreundliche Entscheidung war.


    War ja halt eben gar keine ...


    Und jetzt, wo die zwei hier irgendwie mit in diesen Haushalt eingezogen sind, was meine Figuren ja sonst auch nicht machen (ich hab damit gar keine Erfahrung), kann ich denen ja nicht sagen, passt mal auf, ihr heisst jetzt Susanne und Tim. Obwohl ... ich glaube, Arman faende das ganz toll. Ich glaube, der wuerde schrecklich gern Tim heissen.


    Irgendwie geht das aber trotzdem nicht.


    Obwohl das so viele Emigranten mit aehhh im Neu-Land schwer aussprechlichen Namen gemacht haben. Stephen Vinaver faellt mir da immer als erstes ein. In seiner Geburtsurkunde hiess er Evjatar.

  • Zitat

    Original von Lese-rina
    Bei meinen Beiträgen habe ich immer Angst, dass alle von der Länge abgeschreckt werden und sie eh nicht lesen. Aber wenn ich ein Buch lese (gerade in einer LR), will ich mich auch intensiv damit auseinandersetzen - zu was lese ich sonst?


    Das Gefühl kenn ich. :lache Am Anfang überleg ich immer, was schreib ich jetzt und dann hab ich wieder alles zugetextet. ^^;;; Aber ich lese Deine Beiträge auch sehr gern. Ich trau mich jetzt bloß nicht mehr allzuviel zu schreiben, weil ich auch Angst habe, die Ereignisse nicht mehr ganz sauber zuordnen zu können und was zu spoilern.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Charlie


    Ich habe die ganze Zeit, waehrend ich das Buch geschrieben habe, gedacht (und Armana denkt das ja irgendwann auch): Er muss lernen, sich zu wehren, er muss mal die Erfahrung machen, dass das geht.


    DAS IST ES!!! Das ist genau der springende Punkt. Momentan nimmt er alles an, egal wie ungerechtfertigt und steckt alles ein. Er muss endlich mal aufstehen und NEIN, SO NICHT sagen. Leider ist es ja meistens so, dass Menschen, die sich nicht wehren, am ehesten zu Opfern werden. Eben weil sie sich nicht wehren. :-(


    Ich wiederhole mich, aber ich hoffe sehr er schafft das noch. In diesem Buch. :-)


    Zitat

    Das muss er lernen. Hoer auf, zu sagen. Er macht das mit ihr manchmal. Auch als sie zum ersten Mal zusammen sind, er sagt zu ihr: Vorhin ja, jetzt nicht. Fuer mich war das ein Riesending, auch ein Zeichen von Vertrauen. Jetzt denke ich: Ich haette das deutlicher machen sollen. Das faellt (wie leider oft bei mir) gar nicht auf.


    Leider ist das momentan so leise, dass es wirklich kaum auffällt. Zumindest mir nicht.


    Zitat


    SPOILER:
    Eine Hawker Hurricane.


    SPOILER:
    Das musste ich jetzt erstmal googeln. Aha! Heißt das, er geht in den Krieg!? NEIN, darauf brauchst/musst/solltest du jetzt nicht antworten. Ich hoffe nur, er kommt auch wieder! Und auch hier: NICHT antworten, eigentlich will ich das doch noch gar nicht wissen! :lache


    Aber was anderes würde ich gern wissen: Du hast mal geschrieben, die Fortsetzung wirst du im Eigenverlag herausbringen, irgendwo anders aber wieder vom Verlag gesprochen? Gibts da was neues?


    Ansonsten vielen herzlichen Dank für deine intensive Auseinandersetzung mit meinen Beiträgen und deine lieben Worte! :knuddel1

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Paradise Lost


    Das Gefühl kenn ich. :lache Am Anfang überleg ich immer, was schreib ich jetzt und dann hab ich wieder alles zugetextet. ^^;;; Aber ich lese Deine Beiträge auch sehr gern. Ich trau mich jetzt bloß nicht mehr allzuviel zu schreiben, weil ich auch Angst habe, die Ereignisse nicht mehr ganz sauber zuordnen zu können und was zu spoilern.


    Danke! :knuddel1 Wenn meine Beiträge also noch länger werden, seid ihr schuld! :grin

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021