'Die Stadt der schweigenden Berge' - Seiten 482 - Ende

  • In meiner Schule (die war leider ein bisschen speziell) wurden die Dreissiger und Vierziger Jahre in der Schule in absolut unadaequater Form abgehandelt. Eigentlich ein bisschen aehnlich wie De bello Gallico im Lateinunterricht: Wie viele Schiffe auf der und wie viele Flugzeuge auf der anderen Seite. Und das war's dann. Allen Protesten zum Trotz.


    Aber zum Glueck waren wir in dem Alter diesbezueglich von der Schule schon nicht mehr abhaengig. Und zum Glueck hatte ich Eltern, die mir nicht verboten haben (was Klassenkameraden leider passierte), nach Auschwitz und Buchenwald zu fahren. Die Geschi-Lehrerin mit ihren Schiffslisten brauchte ich dann nicht mehr.


    Ich moecht hier nicht als der in die Geschichte eingehen, der unentwegt Rule Britannia sing (mach ich nicht. Da brauche ich nur an syrische Fluechtlingszahlen zu denken, und mir steckt's im Hals fest). Aber der Geschichtsunterricht, den meine Kinder hier haben und hatten, war und ist ganz ganz toll. Voller Leben. Geschichte zum Anfassen und - zum Lachen! Horrible Histories. Das waere in meiner Schule ein Sakrileg gewesen.


    Als mein Sohn im Alter von fuenf Jahren zum ersten Mal die Victorian Era durchgenommen hat, hat die Lehrerin ein Paket mit lauter haptisch erfahrbaren Dingen bereitgestellt, das wochenlang den Kindern einfach zur Verfuegung stand. Mitten drin war ein stinkendes Stueck victorianischer Seife.


    "Du victorianische Seife" war noch zwei Jahre spaeter die Lieblingsbeleidigung meines Sohnes und seiner Freundin. Wer von den zweien als victorianische Seife beschimpft wurde, der hatte wirklich verkackt ...

  • Das Schwierige mit den historischen Romanen ist immer nur welche zu finden, die sauber recherchiert sind und nicht nur das historische Mäntelchen umgehängt bekommen.


    Ich möchte dann auch ein Gefühl für die Zeit bekommen. Bei mir hat das leider dazu geführt, dass ich bei Historischem lieber auf bekannte Autoren setze und mich selten auf neue einlasse.


    Ich hatte das große Glück einen Geschichtslehrer zu haben, der mehr über das Leben in der Vergangenheit erzählt hat, anstatt uns nur Zahlen lernen zu lassen.
    Aber ich hab auch schon immer zu den Leuten gehört, die in irgendeinem Schloss stehen und sich versuchen vorzustellen, wie das wohl war, als da noch keine roten Absperrungen waren und Sisi noch ihre Turnübungen gemacht hat :-)
    Ganz still bin ich geworden, als ich im Forum Romanum auf eine Stein sass, dessenInschrift man noch lesen konnte. Die anzufassen hat mir echt Gänsehaut beschert ....

  • Zitat

    Original von streifi


    Ganz still bin ich geworden, als ich im Forum Romanum auf eine Stein sass, dessenInschrift man noch lesen konnte. Die anzufassen hat mir echt Gänsehaut beschert ....



    Kann ich so so so nachfuehlen, Streifi!


    Guck mal, was ich in Erebuni umarmt hab:


    Edit: Schade - Datei ist zu gross.
    Ich stell's auf meine Facebook-Seite.

  • Und das hier ist aus dem Vorderasiatischen.
    Da war eine nette Mitarbeiterin mit uns vorbei gegangen, weil wir in den zu der Zeit nicht zugaenglichen Yazilikaya-Saal wollten, in dem wir gern Lesen wuerden. Ich blieb stehen und grabschte.


    Die Mitarbeiterin machte mich sehrfreundlich darauf aufmerksam, dass man das in Berlin nicht darf (dachte die, in unserem Museum duerfen wir das???). Ich hab ihr gesagt, ich haette befuerchtet, dass sie das sagen wuerde - aber mir halt gedacht, wenn sie das sagt, hab ich's ja schon gestreichelt ...

  • Ich hatte noch das Pech auf einer Realschule zu sein, will heißen es war alles eh schon so kurz, und kam zu kurz, und dann waren von den 4 Jahren Geschichtsunterricht auch noch 2,5 mit der Nazi-Zeit belegt, und dazu noch im Religionsunterricht. Das war einfach zuviel, viel zu viel...


    Ich glaube das die Engländer mit ihrer Geschichte anders umgehen liegt einfach daran das sie es können und dann eben auch genau so zelebrieren.... bei uns traut sich das keiner...
    Nichts darf vergessen werden, ich glaube da sind wir uns alle einig!! Doch es gibt auch viele Kapitel deutscher Geschichte auf die auch wir durchaus Grund haben genau so stolz zu sein, wie die Engländer auf die ihre.... diese Dinge muß man sich hierzulande aber komplett selber erarbeiten, wenn man Interesse dran hat, wenn nicht lässt man es und hat dann halt keine Ahnung. Das tut mir irgendwie weh...

  • Zitat

    Original von streifi
    Das Schwierige mit den historischen Romanen ist immer nur welche zu finden, die sauber recherchiert sind und nicht nur das historische Mäntelchen umgehängt bekommen.


    Ich möchte dann auch ein Gefühl für die Zeit bekommen. Bei mir hat das leider dazu geführt, dass ich bei Historischem lieber auf bekannte Autoren setze und mich selten auf neue einlasse.


    Ich hatte das große Glück einen Geschichtslehrer zu haben, der mehr über das Leben in der Vergangenheit erzählt hat, anstatt uns nur Zahlen lernen zu lassen.
    Aber ich hab auch schon immer zu den Leuten gehört, die in irgendeinem Schloss stehen und sich versuchen vorzustellen, wie das wohl war, als da noch keine roten Absperrungen waren und Sisi noch ihre Turnübungen gemacht hat :-)
    Ganz still bin ich geworden, als ich im Forum Romanum auf eine Stein sass, dessenInschrift man noch lesen konnte. Die anzufassen hat mir echt Gänsehaut beschert ....


    Abgesehen davon, dass ich selbst noch nie im Forum Romanum war (leider), hätte dieser Text auch von mir sein können. Ich bekomme immer Gänsehaut und werde ganz klein und ehrfürchtig, wenn ich etwas Altes berühren darf. Geschichte war in der Schule "mein Fach" und ich hatte ebenfalls einen solchen Geschichtslehrer. Leider wurde bei uns die Zeit vor dem 1. Weltkrieg und dieser selbst etwas vernachlässigt, die Weimarer Republik und das 3. Reich haben wir dagegen sehr intensiv durchgesprochen, was ich heute immer noch für immens wichtig für mich persönlich betrachte.

  • Zitat

    Dieses ist meins (das lustigste daran ist, dass ich der Happy-Ending-Hasser No 1 bin. Ich schau mir bis heute viel zu oft das Ende zuerst an, und wenn es happy erscheint, verliere ich die Lust, das Buch zu lesen.) Das naechste wird wieder fuer die Leser. Hoffe ich. (Aber Ararat ist auch noch meins, ja? Das gehoert ja noch dazu. Das Ende gelingt diesmal aber hoffentlich trieffreier! Das wuerde ich mir sonst sehr uebel nehmen. Und auch nicht moegen. Wirklich nicht. Dieses hier ... na ja. Also irgendwie ...)


    Jetzt habe ich Angst ...
    Es muss ja nicht Alles mit Sahnetuff sein aber auf ein bisschen Liebe und Hoffnung darf ich hoffen, oder ?


    In Rom war ich auch bereits zweimal und es stimmt ... man wird erführchtig
    Auch ich hatte Gänsehaut, besonders im Pantheon ...

    LG Inge


    Ryle hira - Life is what it is


    Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore


  • Zitat

    Original von Maharet


    Ich glaube das die Engländer mit ihrer Geschichte anders umgehen liegt einfach daran das sie es können und dann eben auch genau so zelebrieren....


    Das ist ein interessanter Punkt.


    Und der hat durchaus Berechtigung - hier zelebriert auch keiner die Highland Clearances oder die Aufteilung des Mittleren Ostens am Kaffeetisch.


    Das sind in allen Geschichtsverlaeufen die Felder, an die ich ran will, wobei mir mein eigener naturgemaess am meisten wehtut. Fuer immer. Das ist fuer mich aber richtig so.


    Stolz auf Geschichte ist eher ein Beduerfnis, das mir fremd ist, aber ich glaube, ich verstehe ein bisschen, was Du vielleicht meinst.
    Ich beschaeftige mich zum Beispiel lebenslang mit deutschem und italienischem Widerstand. Dass ich darauf stolz bin, kann ich nicht behaupten, denn ich hab das ja nicht gemacht. Aber ich finde das troeestlich. Und ich habe auch erlebt, dass meine Kinder es sehr troestlich fanden.


    Und - ganz ehrlich, obwohl ich das auch nicht gemacht hab: Ihr koennt euch nicht vorstellen, wie STOLZ ich hier drueben bin, wenn ich hoere, dass hueben bei euch ein Buergermeister das Licht im Dom abschaltet, damit da Koegida und Co im Dunkeln marschieren. In solchen Momenten moecht' ich mein Land umarmen.

  • (NUR FUER INGE:
    SPOILERSPOILER
    Tante Frieda kann doch gar nicht anders.
    Sie versucht nur, den Boden hinterher n bisschen gruendlicher aufzuwischen, nachdem ihr das Schmalzfass umgekippt ist.)

  • Zitat

    Original von Charlie
    (NUR FUER INGE:
    SPOILERSPOILER
    Tante Frieda kann doch gar nicht anders.
    Sie versucht nur, den Boden hinterher n bisschen gruendlicher aufzuwischen, nachdem ihr das Schmalzfass umgekippt ist.)


    Ich mag Tante Frieda, die kannst Du öfter auspacken ...


    Aber OK, nicht zu oft , ich geb´s ja zu

    LG Inge


    Ryle hira - Life is what it is


    Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore


  • Zitat

    Original von Charlie
    Das sind in allen Geschichtsverlaeufen die Felder, an die ich ran will, wobei mir mein eigener naturgemaess am meisten wehtut. Fuer immer. Das ist fuer mich aber richtig so.


    Das ist auch richtig so, und dafür mag ich deine Bücher auch so sehr, Charlie! ich hoffe du machst weiter so!
    Ich kann für mich sagen das ich historische Romane lese um was draus zu lernen! Das klappt nur bei gut recherchierten Romanen, wo der Autor sich wahnsinnig viel Arbeit gemacht hat, und ich glaube ich kann sagen - als geübter Leser merkt man das irgendwann einfach! Romane mit historischem Mäntelchen (wie von Streifi so schön gesagt) werden schnell enttarnt und fliegen bei mir schonungslos in die Ecke....


    Zitat


    Original von Charlie:
    Stolz auf Geschichte ist eher ein Beduerfnis, das mir fremd ist, aber ich glaube, ich verstehe ein bisschen, was Du vielleicht meinst.


    geht mir genau so, ich tu mir auch schwer das nachzuvollziehen, egal ob hier oder auf der Insel. Natürlich können die Engländer ganz anders mit ihrer Geschichte umgehen, weil sie da keinen so riesengroßen, tiefschwarzen, ekelhaften Flecken haben wie wir, das ist auch okay, ich finds nur manchmal ein kleines bisschen süß, vor allem wenn es um Shakespeare geht.... :chen

  • Zitat

    Original von Maharet


    Das ist auch richtig so, und dafür mag ich deine Bücher auch so sehr, Charlie! ich hoffe du machst weiter so!
    Ich kann für mich sagen das ich historische Romane lese um was draus zu lernen! Das klappt nur bei gut recherchierten Romanen, wo der Autor sich wahnsinnig viel Arbeit gemacht hat, und ich glaube ich kann sagen - als geübter Leser merkt man das irgendwann einfach! Romane mit historischem Mäntelchen (wie von Streifi so schön gesagt) werden schnell enttarnt und fliegen bei mir schonungslos in die Ecke....


    Vielen Dank, Maharet.


    Darueber freue ich mich sehr.

  • (Oh Hilfe, hilft er dir dann beim Kostüm und Rüstung basteln? Von einer Freundin weiß ich das das schon in normalen Proportionen keine einfache Arbeit ist, aber wenn du noch auf Henry - Größe und Breite ausgepolstert werden musst könnte das ne ziemliche Aufgabe werden :gruebel ;-)....)

  • Zitat

    Original von Inge78


    1913 ??


    Das ist ja nun mal wieder typisch ...


    Ararat erscheint auch unter dem Namen von der Carmen.
    Gemein oder?
    Dabei schreibt die den jetzt nicht mal.
    Das mach alles ich ... (aber ich lass auch keinen ran hehehe).


    Die Frage zur Lotti merk ich mir. Aber ich kann sie noch nicht beantworten (jedenfalls nicht offen), weil die Vorschau zu Ararat und Lotti III (Kampfname Knautschke) noch nicht draussen ist.
    Doch so vielleicht: Vier von fuenfen wollen einen Aspekt zum gleichen Thema aufgreifen.
    Und der fuenfte, der der erste ist, also "Als wir unsterblich waren" ist der Weg dahin.

  • Eine Henry Maske ... super


    Ich könnte das für´s Krimi Dinner gebrauchen, dann muss ich mir eine Geschichte um Henry dazu ausdenken

    LG Inge


    Ryle hira - Life is what it is


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