Originaltitel: The Specimen (2013)
Droemer Verlag 2015, 407 S.
Über den Inhalt:
Cornwall, 1859. Gwen Carrick ist eine ungewöhnliche Frau. Statt sich für häusliche Dinge zu begeistern, liebt sie die Naturwissenschaften. Da ihr der Zugang zur Universität verwehrt ist, zeichnet und malt sie die Insekten ihrer Heimat. Bei einem ihrer Ausflüge lernt sie den Arzt Edward Scales kennen und verliebt sich sofort in ihn. Denn Edward verspricht ihr Freiheit, Selbstbestimmung und Anerkennung als Wissenschaftlerin. Und so lässt sie sich auf eine gewagte Reise zur Erforschung der Insekten im Amazonas-Becken ein, nicht ahnend, dass Edward ein Geheimnis verbirgt, das alles zerstören könnte.
Über die Autorin:
Martha Lea, Jahrgang 1970, wurde in Leicester geboren und studierte bildende Kunst an der Falmouth School of Art and Design. Sie lebt zusammen mit ihrem Partner und zwei Kindern in den Fens in Ostengland. "Die Entdeckungen der Gwen Carrick" ist ihr erster Roman.
Meine Meinung:
Gleich zu Beginn des Buches werden wir damit konfrontiert, dass im Jahr 1866 eine Frau des Mordes an Edward Scales angeklagt wird. Sieben Jahre zuvor lernt die junge Gwen Carrick eben diesen Edward kennen.
Zwei gegensätzliche Schwestern, beide unverheiratet, die gemeinsam in einem Haus in Cornwall leben. Die eine, Gwen, ist Künstlerin, an Wissenschaft und Literatur interessiert, während sich die andere, Euphemia, ganz dem Spiritismus hingibt. Als Gwen den Arzt Edward Scales kennenlernt und sich in ihn verliebt, sieht sie ihre Chance gekommen, an seiner Seite ein eigenes, der Wissenschaft gewidmetes Leben führen zu können und begleitet ihn auf seinen Studien in die Regenwälder Brasiliens. Doch bald muss sie erkennen, dass sie sich in Edward geirrt hat und ein Netz aus Täuschung und Lügen sie umgibt, dem schwer zu entkommen ist.
Der Drang nach Wissenschaft und Forschung, Darwinismus und Spiritismus, das Verschweigen und das exzessive Ausleben der Sexualität, die Rolle der Frau aus männlicher Sicht und ihr stärker werdendes Bestreben nach Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit, das sind die Themen des viktorianischen Zeitalters, die hier alle aufgebracht, aber dann nicht wirkungsvoll gegeneinander gesetzt werden. Statt dessen setzt die Autorin auf bizarre und verwirrende Szenen und Begegnungen. Sie lässt Figuren aus dem Kuriositätenkabinett auftreten, die in mir steckenweise das Gefühl weckten, ich befände mich in einem solchen.
Es ist nicht ganz einfach, der Handlung zu folgen. Vor allem gibt es einige verwirrende Nebenschauplätze, deren Bedeutung sich mir nicht erschlossen hat und die auch bis zum Ende hin nicht geklärt werden. Zu der seltsamen, oft bizarren Handlung kommen die merkwürdigen Charaktere. Die Frage nach der Sympathie hat sich mir hier gar nicht erst gestellt.
Was Gwen möchte, wird schnell deutlich. Dass ihre Möglichkeiten in der viktorianischen Zeit begrenzt sind, auch. Was Euphemia möchte, wird nicht deutlich. Sie nutzt alle ihre Möglichkeiten, auch die, die ihr nicht zustehen. Was Edward möchte, kann nicht deutlich werden, dazu ist sein Charakter zu widersprüchlich. Er hat alle Möglichkeiten und nutzt sie über Gebühr aus.
Martha Lea hat einen eigenwilligen Schreibstil. Während der Beginn das Ende bereits vermuten lässt und weitere Teile des Puzzles durch die Handlung offengelegt werden, bleiben andere der Phantasie des Lesers überlassen. Vieles steht zwischen den Zeilen und eine Menge davon spielt sich zwischen den Figuren ab, nur andeutungsweise erkennbar an den Aktionen und Reaktionen zueinander. Doch leider häufig so diffus, dass es große Fragezeichen in meinem Kopf hinterließ.
Ich liebe Bücher, die der Phantasie Raum lassen. Aber hier weigere ich mich, mehr in dieses Buch hinein zu interpretieren, als es selbst bereit ist, preiszugeben. Das ist es mir einfach nicht wert. Seltsame Menschen tun seltsame Dinge in einem seltsamen Buch. Es gibt keine Konsequenzen, schreckliche Taten werden begangen und bleiben ohne Folgen. Ich habe diese Aneinanderreihung merkwürdiger Szenen nicht genießen können. Immer, wenn so etwas wie Normalität in der Geschichte aufkam, machte die Autorin sie sofort wieder zunichte. Andeutungen, Bruchstücke, verrückte oder kranke Figuren, Mord, Betrug, merkwürdiger Sex an merkwürdigen Orten, das war mir dann doch alles zuviel des Guten. Eine höchst seltsame Geschichte mit teils bizarren Szenen und Details, von den Figuren ganz zu schweigen. Veilleicht hätte sie mir gefallen, wenn sie anders verpackt gewesen wäre, denn die Story an sich hätte ich interessant gefunden. Aber so, nein danke, keine Leseempfehlung von mir.
„Die Entdeckungen der Gwen Carrick“ ist der Debütroman der Autorin und ich bin nicht sicher, ob ich ein weiteres Buch von ihr lesen würde.
Ach ja: Das Cover ist wunderschön, passt aber nicht zum Inhalt. So zugeknöpft gibt sich niemand in diesem Buch. Ganz im Gegenteil.