Der Duft der Muskatblüte - Laila El Omari

  • Titel: Der Duft der Muskatblüte
    Autorin Laila El Omari


    Taschenbuch: 624 Seiten
    Verlag: Knaur TB 3. März 2014


    Zum Inhalt: Klappentext


    1545: Die portugiesische Adelige Ana will um jeden Preis der Ehe mit ihrem grausamen Verlobten entgehen. Als blinder Passagier versteckt sie sich auf einem Handelsschiff ihres Bruders Alessandro. Sie hofft auf seine Hilfe, doch stattdessen droht er, sie um der Familienehre willen zurückzubringen. Erst in Goa, dem Ziel der Reise, erhält Ana Unterstützung von unerwarteter Seite: Der junge Engländer Geoffrey bietet an, sie zu heiraten – jedoch nicht ohne Hintergedanken …


    Zur Autorin
    Laila El Omari, geboren in Münster als Kind eines palästinensischen Vaters und einer deutschen Mutter, studierte Orientalistik, Germanistik und Politikwissenschaften in Münster und Bonn. Die Autorin lebt heute mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Bonn.



    Mein Leseeindruck:


    Nach den ersten Seiten dachte ich ja ich lege das Buch wieder weg. Gefühlte 200 Seiten, dabei waren es knapp 150, passierte erstmal nicht viel.


    Ana läuft ihrem Verlobten Luis de Brissac bei Nacht und Nebel weg und schleicht sich mit Hilfe des Soldaten Jaime auf das Schiff ihres Bruders das nach Goa in Indien ausläuft.
    Die behütete Tochter einer portugiesischen Adelsfamilie sollte in eine ebensolche verheiratet werden. Da sie ihren Verlobten allerdings in einer für sie erschreckenden Situation überrascht hat, wollte sie ihn um keinen Preis als Ehemann.
    Dass sie sich damit einen Feind fürs Leben gemacht hat soll sie nach und nach erfahren.


    Aber erstmal muss sie die Überfahrt überstehen, denn lange bleibt sie nicht unentdeckt.


    Ihr Bruder will sie natürlich so schnell wie möglich wieder nach Portugal und Lissabon zurückbringen. Aber sie findet unerwartet Hilfe in ihrem früheren Spielkameraden Goeffrey, einem englischen Findelkind, das in die Familie aufgenommen wurde und nun die Niederlassung der Familie in Goa leitet.
    Wutentbrannt muss ihr Bruder Alessandro sie in goa mit Goeffrey vermählen und fährt alleine zurück.
    Auf der Rückfahrt entstehen zwischen Menina Noelia, einer Passagierin und ihm zarte Bande, die nicht ohne Folgen bleiben.


    Ich will nicht zuviel verraten aber das ist ein Buch, das je länger man darin liest umso tiefer taucht man in die Geschichte ein, fasst Zuneigung und Antipathien zu den Figuren, die Laila mit ihren Beschreibungen vor einem inneren Auge entstehen lässt.


    Die Zwänge der damaligen Zeit, der Frauen wie Männer gleichermaßen ausgesetzt waren, die Zeiten der Seefahrer und Entdecker mit ihren Schätzen an Bord, aber auch die Folgen der Seereisen wie Skorbut oder stürmische See in denen Schiffe verloren gehen und sinken, beschreibt sie detailgetreu und spannend.
    Die Geschichte um Ana, Alessandro, Goeffrey und auch Don Luis lässt zum Ende alles um einen versinken, man leidet, liebt, hasst, verzeiht oder ist entsetzt, so plastisch vermag Laila El Omari das Leben ihrer Protagonisten zu schildern.


    Ich gebe 7 Punkte weil es eben doch eines langen Atems bedarf bis es einen so richtig packt. Aber dann wird man belohnt :-)

  • Laila El Omari: Der Duft der Muskatblüte, München 2014, Droemer Knaur GmbH, ISBN 978-3426506790, Softcover, 624 Seiten, Format: 12,5 x 4,3 x 19 cm, Buch: EUR 9,99, Kindle Edition: EUR 4,99.


    Manchmal muss es einfach eine volle Ladung „Love and Landscape“ sein! Und Laila El Omari versteht sich auf die Sache mit den exotischen Settings, großen Gefühlen, historischen Details und intriganten Verwandten.


    Lissabon 1545: Alle Welt weiß, dass der Edelmann Dom Luis de Brissac ein Sadist ist und dass Leichen seinen Weg pflastern. Aber da es „nur“ die Leichen von Sklavinnen und Sklaven sind, wird das als Kavaliersdelikt abgetan. Die Sklaven sind schließlich sein Eigentum, er kann mit ihnen machen, was er will. Dieses Wissen hindert die adelige Händler- und Seefahrerfamilie da Silveira nicht daran, ihm die 18jährige Ana als Ehefrau zu versprechen. Ist ja nur ein Mädchen, und Schwund ist immer.


    Flucht vor der Ehe mit Luis
    Die Betroffene, Ana de Vasconselos da Silveira, sieht das freilich ganz anders und versteckt sich mit Hilfe eines Jugendfreundes, dem Soldaten Jaume Jordao, an Bord des Flaggschiffs Capitania, das unter dem Kommando ihres Bruders Alessandro steht und zusammen mit einer kleinen Flotte nach Indien segelt. Ihr Plan: Sich in Goa von Bord schleichen und dort einen der portugiesischen Fidalgos (Edelmänner) zu heiraten. In den Kolonien sind Frauen immer Mangelware, und jeder Kerl ist besser als Dom Luis de Brissac.



    Alessandro will seine Schwester postwendend wieder nach Lissabon schaffen und ihrem künftigen Gatten ausliefern. Doch daraus wird nichts. In Goa bringt sie sich absichtlich eine kompromittierende Situation, so dass man sie Knall auf Fall mit ihrem Ziehbruder Geoffrey Glanville verheiraten und auf der Insel zurücklassen muss. Der Engländer ist als Waise im Haus der da Silveiras aufgewachsen. Weil er ein cleverer Kaufmann ist, leitet er jetzt die Geschicke ihres Handelshauses in Goa. Erben wird er mal nichts, und eine gute Partie wird er auch nicht machen. Er ist zwar wie ein portugiesischer Edelmann erzogen worden, aber in der Gesellschaft hat er so ungefähr den Status eines Findelkindes. Seine Ziehschwester Ana zu heiraten, ist für ihn ein lukrativer Aufstieg.


    Annas Flucht hat dramatische Konsequenzen für die gesamte Großfamilie und für eine Reihe Außenstehender noch dazu.


    Anas Flucht hat Folgen
    Um den düpierten Verlobten Luis de Brissac ruhigzustellen, liefern die da Silveiras ihm eine Ersatzbraut: Lucia, eine jüngere Cousine Anas. Die ist allerdings unsterblich in Rui de Vasconselos verliebt, einem Verwandten von Anas Mutter. Aus der Traum! Auch für Allessandro de Silveira. Die Ehe mit Noelia Fontoura kann er sich abschminken. Er muss die standesgemäße Celestine Pedrinho da Costa heiraten. Die sieht zwar gut aus und hat Geld, aber sie kann keine Kinder bekommen. Dass Alessandro mit allen möglichen Damen – Sklavinnen wie freien Frauen – illegitimen Nachwuchs hat, der im Haus der Familie ein- und ausgeht, verbittert Celestine noch zusätzlich. Damit hat Tais, die Frau von Rui de Vasconselos, keine Probleme. Dass es neben den zahlreichen ehelichen Kindern immer auch eine Anzahl „Bastarde“ gibt, das ist eben so.


    Die Glanvilles - also Ana, ihr Ehemann und die Kinder - leben immer noch auf Goa. Daheim in Lissabon dürfen sich sie sich nicht mehr blicken lassen. Luis de Brissac nimmt Ana die Blamage übel, Lucia de Brissac die Zwangsehe mit Luis. Alessandro konnte Geoffrey schon als Kind nicht leiden und kultiviert seine Wut auf Ana und auf ihn wegen des Skandals und der Tatsache, dass er Noelia nicht heiraten durfte. Die ist inzwischen komplett aus seinem Leben verschwunden. Erst acht Jahre nach ihrer letzten Begegnung trifft er sie – mehr oder weniger zufällig – wieder und ist erschüttert über ihr Schicksal. Und natürlich ist er auch beleidigt, weil sie ihn nicht um Hilfe gebeten hat.


    Auch wenn man als LeserIn diesen selbstgerechten Kerl am liebsten mit einem nassen Putzlappen erschlagen würde – zwischen Noelia und Allessandro flammt die alte Anziehung wieder auf. Wo die Liebe hinfällt!


    Zurück aus der Verbannung
    Erst nach neun Jahren in der „Verbannung“ dürfen Ana, ihr Mann und die Kinder nach Lissabon zurückkommen. Das heißt, wenn es nach den da Silveiras ginge, kämen nur Ana und ihre Töchter. Die Glanville-Männer könnten sich zum Teufel scheren. Auch Dom Luis und seine Frau sind mit den Glanvilles noch nicht fertig und wollen erst Ruhe geben, wenn diese finanziell und gesellschaftlich ruiniert sind und im Staub liegen. Und so kommt’s für die Goa-Rückkehrer knüppeldick …


    Meine Güte, was sind die Männer in diesem Roman für Armleuchter! Sind die mit Reisen, V*geln und Herumkommandieren nicht ausgelastet oder haben sie ein Problem mit ihrem Selbstwertgefühl? Mehr als zwanzig Jahre lang kultivieren sie ihren Hass und ihre Rachegelüste und gehen über Leichen, nur weil eine Achtzehnjährige es einmal gewagt hat, eine eigene Meinung zu haben! Hätten sie sich mal besser um ihre Geschäfte und um ihre Kinderschar gekümmert! Da liegt so manches im Argen.


    Hach! Man kann sich so richtig schön aufregen über die selbstgerechten beleidigten Leberwürste! Die Frauen in der Geschichte sind auch keine Engel, aber sie haben einfach nicht die Gestaltungsmöglichen, um wirklich Böses anzurichten. Auch wenn Luzia ihre Möglichkeiten weidlich ausreizt.


    Gesellschaft der reichen weißen Männer
    Ein paar Nebenfiguren geben Hoffnung. Sie lassen sich nicht alles gefallen. Die mit einem Portugiesen zwangsverheiratete Inderin Indira „Ester“ Moraes gibt sich passiv-aggressiv, Joana Coelho kämpft darum, ihre Ehe annullieren zu lassen, Sklavin Myrian tut wirklich alles, um mit ihrem Freund zusammen bleiben zu können. André Fontoura sagt schon im zarten Alter von sieben jedem ganz unverblümt seine Meinung und auch seine Halbschwester Lea tut, was sie will, ungeachtet der Konsequenzen. Es ist eine Gesellschaft der reichen weißen katholischen Männer. Ist man etwas anderes, hat man die A***karte gezogen und muss sich herumschubsen lassen. Oder Schlimmeres.


    Gebannt verfolgt man die Schicksale der Menschen in Lissabon, Lagos und Goa, an Bord der Schiffe und an Land. Handelskontore mit Gewürzen und Stoffen, Bazare und Gärten, Segelschiffe, Häfen und Herrenhäuser … man taucht ein in eine Welt voller exotischer Farben und Gerüche und zum Teil befremdlichen Ansichten und Traditionen. Man fiebert, hofft und leidet mit den Romanfiguren und ist am Schluss doch froh, dass hier und heute vieles nicht mehr so ist wie damals.


    Dankenswerterweise hat das Buch ein Personenverzeichnis im Anhang, weil man doch eine Weile braucht, um die große da-Silveira-Sippe sortiert zu bekommen. Es gibt außerdem ein ausführliches Glossar, das nautische Begriffe, Währungen und Maßeinheiten, geographische und portugiesische Begriffe erklärt. Das meiste ergibt sich aus dem Zusammenhang, aber wer es genau wissen will, kann hier nachsehen. Eine Zeitleiste hilft, die Ereignisse in einen größeren Zusammenhang einzuordnen. Ach ja: Egal, welche Ausgabe man liest, die von Knaur oder die von Weltbild: Nirgends passt das Gewand der abgebildeten Frau zur Epoche. Aber dafür kann ja die Autorin nichts. :-)


    Die Autorin
    Laila El Omari, geboren in Münster als Kind eines palästinensischen Vaters und einer deutschen Mutter, studierte Orientalistik, Germanistik und Politikwissenschaften in Münster und Bonn. Die Autorin lebt heute mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Bonn.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner