Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
Verlag: Rowohlt Berlin; Auflage: 2 (24. Oktober 2014)
ISBN-13: 978-3871347085
Preis Gebundene Ausgabe: Euro 24.95
Preis Kindle E-Book: Euro 21.99
Autor
Melvin Lasky, geboren 1920 und Sohn polnischer Juden, lebt in New York, als er 1943 als «Combat Historian» in die US-Army einberufen wird. Ein Jahr darauf bereist er das kriegszerstörte Deutschland. Nach der Kapitulation prägt er als Kulturbeauftragter der amerikanischen Besatzung in Berlin das intellektuelle Leben entscheidend mit. Er gründet die Zeitschrift «Der Monat» und wird damit zu einem der bedeutendsten Publizisten der Nachkriegszeit. 2004 stirbt er in Berlin. Sein Tagebuch wird von dem Historiker Wolfgang Schuller herausgegeben, der ein langjähriger Freund der Familie Lasky ist.
Kurzbeschreibung / Klappentext
«Selbst als ein Ungläubiger stand ich demütig und beschämt vor den Ruinen dieses fremden Landes», notiert Melvin Lasky, als er im letzten Kriegsjahr mit der US-Army nach Deutschland kommt. Hier soll der Oberleutnant Material für eine Geschichte der Invasion sammeln, doch was er sieht, lässt sich nicht schematisieren: Chaos, Trümmer, Unmenschlichkeit überall. Fassungslos reist er durch tote Ruinenlandschaften, vom Elsass über Bayern, Kassel und Braunschweig bis in die versehrte Reichshauptstadt, skizziert die Anfänge der Besatzungspolitik und, vor allem, hört den Menschen zu, die er trifft. Ihre Stimmen – von KZ-Überlebenden, Widerstandskämpfern, alliierten Soldaten, Kriegsgefangenen, Nazis, Mitläufern und Ausgebombten – fügen sich zu einem beeindruckenden Mosaik des Jahres 1945 und machen das bislang unveröffentlichte Tagebuch zu einem einzigartigen Zeitzeugnis. Doch Lasky, Fremder, Feind und Freund zugleich, ist nicht nur ein genauer Beobachter und Chronist, sondern auch ein großer Erzähler. Ein Erlebnisbericht voll eindrucksvoller Szenen und Bilder, das Panorama eines zerstörten Landes zwischen totaler Niederlage und ungewisser Zukunft.
Meine Meinung
Darf man ein Buch kritisieren das vom Schrecken des 2. Weltkriegs handelt? Mal ganz ehrlich, ist man nicht in einer gefühlsmässigen Zwangslage, in Anbetracht des heiklen aber wichtigen Themas in latent demütiger Ehrfurcht zu versinken und kritiklos zu akzeptieren und abzunicken was einem zur Lektüre vorgesetzt wird? Ich bin der Meinung, man darf Kritik üben und wenn ich dies tue, so gilt das dem literarischen Werk das ich gelesen habe und nun beurteile und nicht dem historischen Inhalt.
Der Klappentext war es der mich zum Kauf und Lesen verführt hat. Ein amerikanischer Oberleutnant der weit hinter der Hauptkampflinie, sozusagen als Nachzügler, vom französischen Elsass aus sich immer tiefer, immer weiter ins zerstörte Deutschland bewegt und das antrifft was die Frontkämpfer zurückgelassen haben. Die überlebende Bevölkerung im Trauma, in der Hoffnungslosigkeit, in Niedergeschlagenheit oder in trotzigem Überlebenswillen und der Kraft aus dem buchstäblichen Nichts der baulichen Ruinen, aus Schutt und Asche vieles wieder neu aufzubauen und eine funktionierende Zivilordnung ins Leben zu rufen. Melvin Lasky ist ein gebildeter Armeeangehöriger und ein versierter Schreiber der Tag für Tag in seinem Tagebuch das festhält was er antrifft und schildert was ihn bewegt. Wie die Kurzbeschreibung sagt, ein Beobachter der zum Chronisten wird beginnend im Februar 1945.
Gleich auf den ersten Seiten fällt der wortgewandte Erzählstil auf den ich in dieser Form bei einem Sachbuch nicht erwartet habe. Einerseits beeindruckend andererseits zu geschliffen. So schreibt kein Mensch am Abend seine Gedanken nieder. Dieser Text wurde wohl immer und immer wieder überarbeitet, mit Passagen ergänzt oder gekürzt, mit Worten angereichert und an ihm so lange gefeilt bis er so dasteht wie er in diesem Buch zu lesen ist. Der Tonfall ist über die ganzen rund 480 Seiten besonnen und der Autor beherrscht seine Gefühle. In Anbetracht vom Leid und der Zerstörung die er gesehen haben muss schreibt er mit einer bemerkenswert disziplinierten Nüchternheit. Beim Lesen bin ich recht früh und etwas übertrieben ausgedrückt in eine lethargische Gleichmütigkeit verfallen. Ich nahm zur Kenntnis was ich gelesen habe aber vierzig Seiten später war vieles vom Inhalt wieder aus dem Sinn. Punktuell sicherlich interessant aber insgesamt brachte mir das Buch zu wenig neue Erkenntnisse und hat meine Erwartungen nicht erfüllt. Ich muss aber erwähnen, dass ich eher der klassische "Roman-Leser" bin und nur gelegentlich zum Sachbuch greife. Vielleicht ist es auch der falsche Ansatz das Buch in ein paar Tagen durchzulesen. Als Zweitbuch über zwei oder drei Wochen mit Pausen gelesen erhöht möglicherweise die Nachhaltigkeit und führt zu einer positiveren Bewertung als die meine. Wertung: 6 Eulenpunkte
Edit: Text leicht überarbeitet