Warum spielen historische Romane...

  • Hallo liebe Eulen,


    ist Euch auch schon mal aufgefallen das viele historische Romane in England spielen???
    Oder habe ich bis heute immer nur zufällig solche erwischt. Ich habe natürlich auch schon andere gelesen aber wie gesagt die meisten spielen in England.
    Frage auch an die Autoren unter uns:
    Habt Ihr schon einen Roman geschrieben der in England (Schottland usw.) spielt und wenn ja, warum ?

  • Hallo His,
    das habe ich mir ja auch gedacht, aber was ist mit Deutschland, Frankreich und Italien (außer natürlich MP aber der war ja dann doch mehr woanders unterwegs). Es ist ja nicht gerade so als ob dort im Mittelalter nichts los war oder ?

    Viele Grüße vom Saltator :wave


    Ich lese gerade: Ausgebrannt von Andreas Eschbach

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  • Hi, saltator,
    ich halte das für eine neuere Entwicklung und zwar eine, die in Nachahmung der jüngeren englischen Unterhaltungsromane, Krimis wie sog. historische, geschieht.
    Die haben offenbar den Eindruck erweckt, daß England etwas 'Romantisches' hat. Filme tragen zweifellos zu dem Eindruck, denk an die Robin Hood -Renaissance vor ca. 20 Jahren.
    Aber wenn ich den Markt so überblicke, fällt mir auf, daß das deutsche Mittelalter sich gewaltig ausbreitet. Eine beträchtlich Anzahl der AutorInnen allein hier im Forum lassen ihre Figuren im Deutschland des Mittelalters agieren.


    @His: im sog. Mittelalter war in ganz Europa eine Menge los, nicht bloß auf der Insel. Auch im Deutschen Reich tobte da der Bär!
    Willst du mir weismachen, Rudolf von Habsburg habe ein langweiliges Leben geführt ;-)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Hallo Saltator,


    Zitat

    Habt Ihr schon einen Roman geschrieben der in England (Schottland usw.) spielt und wenn ja, warum ?


    Auf diese Frage kann ich mit einem entschiedenen Nein antworten.


    Ich weiß, dass viele andere Autoren eine Vorliebe für England haben. Auch ich finde die Insel und ihre Bewohner niedlich, aber darüber schreiben würde ich erst, wenn der Verlag mir keine andere Wahl lässt, als mich diesem Trend anzuschließen.


    Für mich ist Kontinentaleuropa weitaus interessanter, da weiträumiger, facettenreicher und voller unterschiedlicher Kulturen. Wer weiß, vielleicht lieben lieben jene Autoren England gerade deshalb, weil es das nicht ist.


    Viele Grüße


    Eric :write

    Eric Maron
    "Die Fürstin", Knaur 2005
    "Die Rebellinnen von Mallorca", Knaur 2006

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  • ich kann das eigentlich so nicht bestätigen.
    okay, die geschichten um robin hood, ivanhoe, artus und lancelot - aber selbst wenn wir sagen zu den historischen romanen rechnen - finden sie dann nicht ihr gegenstück in den nibelungen? dietrich von bern? roland?...
    was ist zB mit dahn... kampf um rom, gelimer, chlodwig, julian, attila und karl der große, um nur die ersten zu nennen, die mir einfallen.?
    die romane um die pharaonen (stichwort jacq und gedge...)?
    um die päpste, die einflussreichen familien?
    wenn wir jetzt mal die qualität vernachlässigen, haben auch benzoni (die "cathérine de montsalvy" reihe, "marianne - ein stern für napoleon" und zig fortsetzungen) und golon ("angelique und der könig" ff.) bezug zum historischen geschehen. darüber hinaus gibt es viele romane, die zzt der französischen revolution und während der beiden bonapartistischen kaiserreiche spielen.
    auch australien und afrika holen langsam auf.
    man darf nicht die ganzen romane über die besiedlung amerikas vergessen, über den unabhängigkeits- und den bürgerkrieg, die indianer.
    zyklen über kelten, über die bewohner ostpreussens, bis hin zu romanen über die zaren...
    also, zumindest in meinem bücherschrank gibt es keine englische übermacht...
    :wave


    nach edit:
    auch ein blick auf die aktuelle seite des forums für historische romane deutet eigentlich eher auf eine papst- als eine britannia-lastigkeit hin*)


    Die Waldgräfin - Dagmar Trodler


    Freyas Töchter - Dagmar Trodler


    Die Abenteuer des Röde Orm - Frans G. Bengtsson


    Wir sind das Salz von Florenz


    Der geheime Faden - Kylie Fitzpatrick


    Teeclipper - Johannes K. Soyener


    Robert Schneider: Kristus


    Michael Wilcke: Hexentage


    Silber im Saum - Katja von Glan


    'Die Goldhändlerin' - Iny Lorentz


    Peter Berling/Franziskus oder Das zweite Memorandum


    Die Wanderhure von Iny Lorentz


    'Pompeji' - Robert Harris


    Jörg Kastner - Die Farbe Blau


    "Die Päpstin" - Donna Woolfolk Cross


    'Die Puppenspieler' v. Tanja Kinkel


    Tod eines Gladiators - Danila Comastri Montanari


    Tod im Apothekerhaus von Wolf Serno


    Der Fluch des Orakels - Danila Comastri Montanari


    Eric Maron: Die Fürstin


    Die Kinder des Papstes von Jeanne Kalogridis


    Die Bruderschaft der Runen


    Die Schiffbrüchigen - Gabriele Hoffmann


    louis de wohl: der fröhliche bettler(franz von assisi)


    die sieben Monde des Jakobus von Brigitte Riebe


    Die Kastratin“ von Iny Lorentz


    louis de wohl: attila-könig der hunnen


    König Artus - Heinz Ohff


    Die Geliebte des Papstes von Frederik Berger


    *) sehe ich da eine verschwörung? :lache :wave

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

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  • Hi!


    Falls das wirklich so ist liegt das vielleicht einfach an der Nationalität der AutorInnen? Ich habe zumindest den Eindruck, daß weit mehr englischsprachige (ergo, auch britische) Autoren übersetzt werden, als aus anderen europäischen Ländern.
    Ich habe zwar unter meinen historischen Romanen eine Niederländerin (Alders - die zumindest einen englischen Helden hat :grin) und einen Schweden (Guillou), aber wenn ich jetzt niemanden übersehe, nur je ein/e. Ansonsten eigentlich nur Deutsche, wenig Franzosen und Italiener und eben die Anglo- und Amerikaner.
    Sicher noch die eine oder andere andere Nationalität, aber vereinzelt.
    Ich denke also, daß es da genug mit anderen Schauplätzen gibt, daß das aber nicht übersetzt wird.


    Bye,


    Grisel

  • Zitat

    Original von saltator
    ist Euch auch schon mal aufgefallen das viele historische Romane in England spielen???


    Kein Wunder, wenn ein erheblicher Teil der in Deutschland veröffentlichten Belletristik Lizenzausgaben aus dem englischsprachigen Raum sind. Genau wie sich deutschsprachige Krimis zum allergrößten Teil in deutschsprachigen Längern abspielen, spielt die Handlung originär englischsprachiger Krimis sich in deren Mutterland ab.


    Zitat

    Habt Ihr schon einen Roman geschrieben der in England (Schottland usw.) spielt und wenn ja, warum ?


    Ich wüßte derzeit keinen Grund dazu.
    Im Übrigen schließe ich mich Eric an -- da die Vorarbeiten für die Veröffentlichung eines Romans mindestens 12, wenn nicht eher 18 Monate betragen, würde ich mich auch keinem Trend anschließen, der ohnehin schon mehrere Jahre läuft. Da zockelt man dann wie ein halbverhungerter Hund einem Tren hinterher und kriegt von den Lesern zu recht zu hören: "Och nöö, bitte nicht noch eine ermittelnde englische Nonne!" :lache

  • Zitat

    Original von Pelican
    Vielleicht hat es auch etwas damit zu tun, daß die diversen Schauplätze in Großbritannien noch sehr gut erhalten sind? (Thema Recherche)


    Bye
    Pelican :wave


    Das habe ich jetzt nicht ganz verstanden? Oder bin ich vom Mittagsschlaf noch nicht richtig wach geworden :gruebel

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • @ magali


    Wenn Du in Großbritannien bist, fällst Du im 2 Meilenabstand über irgendein Castle, Landsitz o.ä., die meistens in einem sehr gut erhaltenen Zustand sind. Ebenso sind in Hülle und Fülle Originaldokumente gut erhalten und verfügbar. D.h. die Recherche gestaltet sich vielleicht nicht ganz so mühevoll wie auf dem Festland, wo viel im Laufe der Kriege zerstört wurde.


    War aber nur so eine Idee.


    Bye
    Pelican :wave


  • Ich denke es hat viel mit der Atmosphäre dort zu tun, denkt nur mal an dunkle Wälder, alte Burgen usw. Außerdem ist England ja dafür bekannt das es oft neblig ist. Habe ich zwar während meiner Zeit dort nicht festgestellt, aber man munckelt ja derartiges :grin

  • ja, saltator, das war es, was ich in meinem Beitrag oben meinte.
    Wir haben so ein Bild von England im Kopf, das aus romantischen Versatzstücken besteht. Und das fließt halt auch in den Buchmarkt ein.
    Bei Burgen denken wir weniger an Frankreich oder Italien, obwohl es dort auch jede Menge von derartigem Gemäuer gibt.
    Der 'Nebel' in englischen Städten hat mit dem Ende der Kohlenfeuerung allerdings nachgelassen.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Wir haben so ein Bild von England im Kopf, das aus romantischen Versatzstücken besteht. Und das fließt halt auch in den Buchmarkt ein.


    Das ist inzwischen aber schon self-fulfilling prophecy. Bis in die 1950er Jahre sahen wir Deutschen eigentlich Deutschland als Burgen- und Sagenland par excellence. :grin
    Man denke nur mal an die Rheinromantik, die Moselromatik ...


    Im Bereich Belletristik wird der Buchmarkt inzwischen dominiert von Lizenzen aus dem englischsprachigen Raum. Seither spielt im historischen Roman vor allem das Repertoire der Sagenwelt um König Artus und die englische Geschichte eine Rolle -- bzw. eine bunte Kulisse, die mit der realen europäischen Geschichte nicht allzuviel zu tun hat. In den USA z.B. wird offenbar auch nicht zwischen historic fiction und fantasy unterschieden. Das liegt einfach an den jeweiligen Lesevorlieben und am Geschichtsverständnis.

  • na, und ob, Iris! Siehst du völlig richtig.
    Trotzdem spielte die Unterhaltungsliteratur schon nicht mehr hier. Ich kenne das höchstens noch aus Kinder - und Jugendbüchern aus der Zeit. Ritter Fritz, der große Held, etwa oder Andrea und das Schloßgespenst, beide aus den Sechzigern, wenn ich recht weiß.
    England dagegen...
    Warum fällt mir jetzt Danny Kaye und der Becher mit dem Fächer und der Kelch mit dem Elch ein?
    :lache

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Zitat

    Original von magali
    Trotzdem spielte die Unterhaltungsliteratur schon nicht mehr hier. Ich kenne das höchstens noch aus Kinder - und Jugendbüchern aus der Zeit. Ritter Fritz, der große Held, etwa oder Andrea und das Schloßgespenst, beide aus den Sechzigern, wenn ich recht weiß.
    England dagegen...


    Es hängt auch mit der Vergangenheitsbewältigung seit den 1970er Jahren zusammen. Ich habe im Geschichtsunterrricht ein Sprenkerl Antike gehabt, 1 Unterrichtsstunde Mittelalter, in der auch Karl der Große gestreift ward, und dann ging 's schwupp! zu Louis XIV, Frz. Revolution, Napoleon, Manchester Kapitalismus und 1. Weltkrieg und Weimarer Republik. Hitler haben wir insgesamt 4 Halbjahre lang gemacht -- nicht eingerechnet das Pflichtprogramm aus der Oberstufe, und spätestens da hatten die Fotos einen abgestumpft.
    Deutsche Geschichte? Nie gehört. Als hätte dieses Land vor seinem Kriegseintritt 1914 nicht existiert. Das mußte ich mir komplett selbst aneignen.


    Der Boom an verfolgten weisen Frauen auf dem Buchmarkt widerspiegelt ja auch nur ein Bild, daß durch die esoterisch angehauchten Teile der Frauenbewegung in die Öffentlichkeit sickerte. Und mit dem aktuellen Stand der Forschung zum Hexenwahn hat das auch nichts zu tun. :rolleyes